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StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.
(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.
(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.
(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.
(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
Quelle: BMJ
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LexMea

Grundschema: Versuch des Begehungsdelikts (§§ 22, 23 StGB)

StrafrechtStrafrecht AT

Grundprüfungsschema zum Versuch (§§ 22, 24 StGB): Strafbarkeit auch bei nicht vollendetem Delikt, wenn Täter unter Tatentschluss unmittelbar ansetzt. 

Unterschiede zum normalen Aufbau sind vor allem die Vorprüfung, die Umkehr von subjektivem und objektivem Tatbestand und die Prüfung des Rücktritts am Ende. 

Der Versuch ist nur bei Verbrechen (§ 12 I StGB) strafbar, oder wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (§ 23 I StGB). 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Subjektiver Tatbestand: Tatentschluss
  4. Objektiver Tatbestand: Unmittelbares Ansetzen
  5. Rechtswidrigkeit
  6. Schuld
  7. Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt (§ 24 StGB)

 

[0. Vorprüfung]

Die Vorprüfung sollte nicht als eigener Prüfungspunkt (0.), sondern mittels knapper Einleitungssätze zwischen Obersatz und Tatbestand erfolgen.

  • Keine Vollendung
    Sofern zweifelhaft, ob Delikt vollendet wurde, ist zunächst vollendetes Delikt anzuprüfen und hier nach oben zu verweisen; andernfalls kurz feststellen, welche Elemente des objektiven Tatbestandes (i.d.R. Erfolgseintritt, aber z.B. auch obj. Zurechnung…) nicht verwirklicht wurden.

  • Strafbarkeit des Versuchs
    • Versuch von Verbrechen („rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind“, §12I StGB) gem. §23I Alt.1 StGB stets strafbar
    • Versuch von Vergehen (§12II StGB) gem. §23I Alt.2 StGB strafbar, wenn gesetzlich bestimmt; Versuchsstrafbarkeit meist in eigenem Absatz der BT-Norm geregelt (z.B. §§223II, 263II, §303III StGB)

 

Tatbestand

Objektiver und subjektiver Tatbestand sind gegenüber dem vollendeten Delikt vertauscht.

Subjektiver Tatbestand: Tatentschluss

Erforderlich ist Vorsatz bezüglich aller TB-Merkmale der in Aussicht genommener Tat (sog. Tatentschluss):

  • Vorsatzformen, wie beim vollendeten Delikt 

    • Bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (lat. dolus eventualis) grds. ausreichend
    • Besondere Form nur, wenn vorgeschrieben (z.B. Zueignungsabsicht bei § 242 StGB)

 

  • Tatentschluss muss vorbehaltslos sein; reine ‚Tatgeneigtheit‘ reicht nicht aus

    • Kein Tatentschluss, wenn Täter ihn noch überdenken möchte (h.M.)

    • Tatentschluss aber gegeben, wenn Verwirklichung von objektiven äußeren Umständen abhängen soll (h.M.)
      z.B. Mord, wenn keine Kinder anwesend sind

Wie ist die irrige Annahme von objektiven Tatbestandsmerkmalen zu behandeln?

 

  • Untauglicher Versuch
    Beispiele: Versuch am untauglichen Tatobjekt (etwa Tötungsversuch an Leiche); Versuch mit untauglichen Mitteln (etwa zu geringe Dosis Gift); Versuch des untauglichen Tatsubjekts (etwa Nichtbeamter begeht Amtsdelikt).

    Der Täter stellt sich Umstände vor, die tatsächlich gar nicht vorliegen.
    ‚umgekehrter Tatbestandsirrtum‘

    (+) Strafbarkeit
    (pro) Systematik: Strafbarkeit wird
    in § 23 III StGB vorausgesetzt (nur dann ist Strafmilderung für ihn möglich); nach § 22 StGB nur Vorstellung des Täters von der Tat maßgeblich.

 

  • Grob unverständiger Versuch
    Beispiele: A schießt mit einer Schreckschusspistole auf ein Flugzeug, um es zum Absturz zu bringen; A möchte B mit Pantothensäure (Vitamin B5) umbringen.

    Täter verkennt aus grobem Unverstand, dass der Versuch überhaupt nicht zur Vollendung führen kann (= für jeden durchschnittlich informierten Menschen ersichtlich völlig abwegige Vorstellungen von Ursachenzusammenhängen). 
    → ‚grob unverständiger umgekehrter Tatbestandsirrtum‘

    (+) Strafbarkeit
    (pro) Wortlaut: Expliziter Fall des § 23 III, Gericht kann aber von Strafe absehen oder die Strafe mildern.

 

  • Irrealer / abergläubischer Versuch
    Beispiel: A möchte B töten, indem er Nadeln in eine Voodoo-Puppe steckt.

    Täter will tatbestandlichen Erfolg mit okkulten Mitteln (Magie, Zauber,…) herbeiführen.

    (–) Strafbarkeit (str.)
    (con) Wortlaut: Straflosigkeit nirgends explizit geregelt; Systematik: Abgrenzung zum grob unverständigen Versuch schwer.
    (pro) Täter stellt sich Umstände vor, die auch bei Vorliegen nicht kausal / zurechenbar für den Erfolg sein können.

  

  • Wahndelikt

    Beispiel: A geht ihrem Ehemann fremd und denkt, dies sei strafbar

    Täter stellt sich zwar den Sachverhalt richtig vor, dieser führt entgegen seines Rechtsirrtums jedoch keinen gesetzlichen Tatbestand.
    ‚umgekehrter Subsumptionsirrtum‘

    (–) Strafbarkeit
    (pro) Gesetzgeber, nicht Täter entscheidet, über die Strafwürdigkeit bestimmten Verhaltens

 

Objektiver Tatbestand: Unmittelbares Ansetzen

Es existiert nicht die eine, universalgültige, herrschende Definition des unmittelbaren Ansetzens. Die unterschiedlichen Theorien werden sowohl in der Literatur als auch in der Rspr. weniger gegeneinander ausgespielt, als vielmehr unterschiedlich miteinander kombiniert und fallbezogen gewichtet. 

 

Unmittelbares Ansetzen =

  • e.A. Subjektive Theorie / Theorie der Feuerprobe:
    Täter überwindet subjektiv die Schwelle zum ‚Jetzt geht’s los‘, wodurch der Tatplan die ‚Feuerprobe der kritischen Situation‘ bestanden hat.

  • a.A. Sphärentheorie: 
    Täter dringt in die Schutzsphäre des Opfers ein und zwischen der Tathandlung und dem angestrebten Erfolgseintritt liegt ein enger zeitlicher Zusammenhang.

  • a.A. Gefährdungstheorie / Zwischenakttheorie:
    Täter gefährdet das Rechtsgut, sodass ohne wesentliche Zwischenschritte mit einem Erfolgseintritt zu rechnen ist.

  • a.A. Kombinationstheorie:
    Der Täter überschreitet subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ und ist derart in die Sphäre des Opfers eingedrungen, sodass ohne wesentliche Zwischenschritte mit einem Erfolgseintritt zu rechnen und das geschützte Rechtsgut bereits konkret gefährdet ist.
    (pro) Verbindet die im Wortlaut des § 22 StGB angelegten subjektiven („nach seiner Vorstellung von der Tat“) und objektiven („zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“) Elemente.

 

  • Str. ab wann unmittelbares Ansetzen bei Mittäterschaft, mittelbarer Täterschaft und beim Unterlassungsdelikt erfüllt ist (siehe jeweils dort) 
  • Sonderfall Versuch der Erfolgsqualifikation und erfolgsqualifizierter Versuch (siehe Schema Erfolgsqualifikation)

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt (§ 24 StGB)

Täter bleibt straflos bleibt, wenn er, nachdem er bereits unmittelbar zu Tat angesetzt hat, freiwillig vom Versuch zurücktritt (§ 24 StGB). Welche Anforderungen an den Rücktritt zu stellen sind, hängt von den spezifischen Konstellationen ab. Siehe ausführlich hierzu das Schema Rücktritt vom Versuch (§ 24 StGB).

Im Unterschied zum Ausschluss des Tatbestandes ist der Täter bei Vorliegen eines persönlichen Strafausschließungsgrundes zwar ebenfalls straffrei, es liegt jedoch weiterhin eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat vor, an der eine Teilnahme möglich ist.

 

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