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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Vermögensdelikte

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Üble Nachrede (§ 186 StGB)

Prüfungsschema zur üblen Nachrede (§ 186 StGB): Täter behauptet oder verbreitet eine nicht erweislich wahre, ehrenrührige Tatsache in Bezug auf einen anderen.

Bei der Nichterweislichkeit handelt es sich nach h.M. um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, die vom Vorsatz nicht erfasst sein muss.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Tatobjekt (wie bei § 185)
  5. Tathandlung: Behaupten / Verbreiten einer ehrenrührigen nicht erweislichen Tatsache
  6. Adressat: In Beziehung auf einen anderen
  7. Subjektiver Tatbestand
  8. Objektive Bedingung der Strafbarkeit / Tatbestandsannex: Nichterweislichkeit der Wahrheit
  9. Rechtswidrigkeit
  10. Schuld
  11. Qualifikation
  12. Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)

 

  • § 186 StGB ist einschlägig bei Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt.
  • § 187 StGB ist einschlägig bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten. 
  • § 185 StGB ist einschlägig in allen anderen Fällen, insb. bei Werturteilen oder Äußerungen gegenüber dem Beleidigten selbst.

Siehe auch die Übersicht: Beleidigungsdelikte (§§ 185 ff. StGB).

 

  • Rechtsgut
    Ehre → unstrittig dualistischer Ehrbegriff aus

    • innerer Ehre (personaler Geltungswert) und

    • äußerer Ehre (sozialer Geltungswert / „Ruf“)

 

Ehrbegriff

  • e.A. Faktischer Ehrbegriff
    Wertschätzung, die einem Menschen faktisch (empirisch überprüfbar) entgegengebracht wird.
    (con) Problem bei Beleidigung unter vier Augen

  • e.A. Normativer Ehrbegriff
    Wert einer Person, der sich aus ihrer Menschenwürde (Art. 1 I GG) ableitet.

  • a.A. Personaler Ehrbegriff
    Wert, den eine Person sich (aufgrund seines sittlich-sozialen Verhaltens) verdient hat.

  • h.M. Normativ / personaler Ehrbegriff
    Wert einer Person, der sich aus ihrer Menschenwürde ableitet und den sie sich verdient hat.

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Tatobjekt (wie bei § 185 StGB)

Tatobjekt kann jeder lebende individuelle Mensch (für Verstorbene § 189 StGB) sein; nach h.M. unabhängig von dessen Aufnahmefähigkeit (z.B. auch Kinder oder Geisteskranke).

Lebende Einzelpersonen können auch unter Nennung einer Kollektivbezeichnung der üblen Nachrede ausgesetzt werden; und mehrere Personen nach h.M. unter einer Sammelbezeichnung (siehe jeweils Schema Beleidigung, § 185 StGB

 

Tathandlung: Behaupten / Verbreiten einer ehrenrührigen nicht erweislichen Tatsache

Behaupten = Als nach eigener Überzeugung wahr darstellen einer ehrrührigen Tatsache (ohne sie selbst wahrgenommen zu haben)

  • Im Zentrum der Tatsachenäußerung steht die eigene Überzeugung des Täters.
  • Unerheblich ist, dass er sich dabei auf Dritte als Informationsquellen beruft.
  • Auch das Einkleiden in (rhetorische) Fragen oder die Äußerung eines bloßen Verdachts sind umfasst (z.B.: „Hat der A etwa wirklich…?“)

Verbreiten = Weitergabe einer fremden Tatsachenäußerung

  • Im Zentrum der Tatsachenäußerung steht die Überzeugung eines Dritten. Der Täter steht dabei selbst nicht für ihre Richtigkeit ein. Dabei ist unerheblich, ob die Aussage tatsächlich durch einen Dritten getätigt wurde.
  • Erforderlich für ein Verbreiten des Grundtatbestandes ist kein größerer Empfängerkreis, sodass auch einzelne Adressaten ausreichen (Umkehrschluss aus der Qualifikation ‚öffentlich‘ und ‚durch Verbreiten‘ in HS 2 des § 186 StGB).
  • Nach h.M. ist die Weitergabe einer vom Betroffenen selbst stammenden Tatsachenäußerung nicht tatbestandsmäßig (a.A.: Strafausschließungsgrund).
  • Grds. kein Verbreiten, wenn Tatsache schon bekannt war.

Tatsachenbehauptung = Behauptung über Vorgänge, Zustände oder Ereignisse der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind

  • Wahre Tatsachenbehauptungen sind grds. nicht ehrrührig und somit straffrei (Ausnahme: Formalbeleidigung nach §§ 192, 193 jeweils 2. HS).
  • Für erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten ist § 187 StGB lex specialis.
  • Erfasst von § 186 StGB sind somit nicht nachweisliche Tatsachenbehauptungen.
  • Keine Behauptung durch das bloße Schaffen einer kompromittierenden Sachlage (z.B. Verstecken von Diebesgut im Rucksack des Betroffenen)

Ehrenrührig = Geeignet, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öff. Meinung herabzuwürdigen (Legaldefinition)

 

Adressat: In Beziehung auf einen anderen

Die Behauptung / Verbreitung muss „in Beziehung auf einen anderen“ erfolgen. Adressat muss also ein vom Betroffenen zu unterscheidender Dritter sein (sonst: § 185 StGB).

 

Subjektiver Tatbestand

Bewusstsein und Wille zur Kundgabe gegenüber einem Dritten (nicht: bzgl. der Nichterweislichkeit der Wahrheit, siehe unten). Siehe näher Schema bei § 15 StGB.

 

 

Objektive Bedingung der Strafbarkeit / Tatbestandsannex: Nichterweislichkeit der Wahrheit

Handelt es sich bei der Nichterweislichkeit des Wahrheitsgehaltes in § 186 StGB um ein (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal oder lediglich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt?

Die Beantwortung dieser Frage ist relevant dafür, wo das Merkmal geprüft wird.

  • h.M: Unwahrheit ist lediglich objektive Bedingung der Strafbarkeit (wie bei § 186 StGB)
    → Prüfung nach subjektivem Tatbestand und vor Rechtswidrigkeit als dritter Punkt des Tatbestandes; Vorsatz muss sich nicht darauf beziehen (sondern nur auf die Ehrrührigkeit). 
    Arg.: Nennung der Voraussetzung in § 186 StGB erst im - mit „wird“ eingeleiteten - Teil zur Rechtsfolge
    (con) Schutzwürdigkeit von Tätern, die subjektiv viel unternommen haben, um den Wahrheitsbeweis zu überprüfen und daher davon ausgingen (durften)

  • a.A.: Unwahrheit ist Tatbestandsmerkmal  
    → Prüfung zunächst im obj. Tatbestand und dann erneut im subjektiven Tatbestand; Vorsatz muss sich auch darauf beziehen
    (con) Wortlaut, der das Merkmal erst nach dem Tatbestand, in den Rechtsfolgen nennt

 

Was geschieht, wenn sich der Wahrheitsgehalt nicht beweissicher feststellen lässt (sog. non liquet)?

  • hM.: Es handelt sich bei der Unwahrheit um ein Merkmal, das angenommen wird, solange der Beschuldigte nicht die Wahrheit beweisen kann
    → Die Beweislast liegt beim Beschuldigten, sodass Tatsachenbehauptungen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt strafbar sind.
    (pro) Wortlaut: § 186 StGB formuliert das Merkmal negativ ("wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist"), was als eine Umkehr der Beweislast interpretiert wird.
    (con) Systematik: Bruch mit dem in dubio pro reo-Grundsatz
  • h.M.: Es handelt sich bei der Unwahrheit um ein Merkmal, das positiv festgestellt werden muss
    → Tatsachenbehauptungen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt nicht strafbar sind
    (pro) Grundlegende Systematik des Strafrechts; ‚in dubio pro reo‘-Grundsatz

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Hier:

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Qualifikation

  • § 186 Alt. 2 StGB: Öffentlich / durch Verbreiten von Schriften
  • § 188 I StGB: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete üble Nachrede

Ist die Qualifikation erfüllt, empfiehlt es sich, die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes zu prüfen. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich eine getrennte Prüfung.

 

 

Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)

Beleidigungsdelikte setzten grds. Strafantrag voraus (§§ 194, 77 StGB).

 

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