StGB
Verweise
in § 329 StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Wer entgegen einer auf Grund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnung über ein Gebiet, das eines besonderen Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche bedarf oder in dem während austauscharmer Wetterlagen ein starkes Anwachsen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu befürchten ist, Anlagen innerhalb des Gebiets betreibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer innerhalb eines solchen Gebiets Anlagen entgegen einer vollziehbaren Anordnung betreibt, die auf Grund einer in Satz 1 bezeichneten Rechtsverordnung ergangen ist. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.
(2) Wer entgegen einer zum Schutz eines Wasser- oder Heilquellenschutzgebietes erlassenen Rechtsvorschrift oder vollziehbaren Untersagung
1.
betriebliche Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen betreibt,
2.
Rohrleitungsanlagen zum Befördern wassergefährdender Stoffe betreibt oder solche Stoffe befördert oder
3.
im Rahmen eines Gewerbebetriebes Kies, Sand, Ton oder andere feste Stoffe abbaut,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Betriebliche Anlage im Sinne des Satzes 1 ist auch die Anlage in einem öffentlichen Unternehmen.
(3) Wer entgegen einer zum Schutz eines Naturschutzgebietes, einer als Naturschutzgebiet einstweilig sichergestellten Fläche oder eines Nationalparks erlassenen Rechtsvorschrift oder vollziehbaren Untersagung
1.
Bodenschätze oder andere Bodenbestandteile abbaut oder gewinnt,
2.
Abgrabungen oder Aufschüttungen vornimmt,
3.
Gewässer schafft, verändert oder beseitigt,
4.
Moore, Sümpfe, Brüche oder sonstige Feuchtgebiete entwässert,
5.
Wald rodet,
6.
Tiere einer im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützten Art tötet, fängt, diesen nachstellt oder deren Gelege ganz oder teilweise zerstört oder entfernt,
7.
Pflanzen einer im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes besonders geschützten Art beschädigt oder entfernt oder
8.
ein Gebäude errichtet
und dadurch den jeweiligen Schutzzweck nicht unerheblich beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten in einem Natura 2000-Gebiet einen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck dieses Gebietes maßgeblichen
1.
Lebensraum einer Art, die in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7) oder in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) geändert worden ist, aufgeführt ist, oder
2.
natürlichen Lebensraumtyp, der in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) geändert worden ist, aufgeführt ist,
erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe
1.
in den Fällen der Absätze 1 und 2 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe,
2.
in den Fällen des Absatzes 3 Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
(6) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Quelle: BMJ
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Üble Nachrede (§ 186 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur üblen Nachrede (§ 186 StGB): Täter behauptet oder verbreitet eine nicht erweislich wahre, ehrenrührige Tatsache in Bezug auf einen anderen.

Bei der Nichterweislichkeit handelt es sich nach h.M. um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, die vom Vorsatz nicht erfasst sein muss.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Tatobjekt (wie bei § 185)
  5. Tathandlung: Behaupten / Verbreiten einer ehrenrührigen nicht erweislichen Tatsache
  6. Adressat: In Beziehung auf einen anderen
  7. Subjektiver Tatbestand
  8. Objektive Bedingung der Strafbarkeit / Tatbestandsannex: Nichterweislichkeit der Wahrheit
  9. Rechtswidrigkeit
  10. Schuld
  11. Qualifikation
  12. Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)

 

  • § 186 StGB ist einschlägig bei Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt.
  • § 187 StGB ist einschlägig bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten. 
  • § 185 StGB ist einschlägig in allen anderen Fällen, insb. bei Werturteilen oder Äußerungen gegenüber dem Beleidigten selbst.

Siehe auch die Übersicht: Beleidigungsdelikte (§§ 185 ff. StGB).

 

  • Rechtsgut
    Ehre → unstrittig dualistischer Ehrbegriff aus

    • innerer Ehre (personaler Geltungswert) und

    • äußerer Ehre (sozialer Geltungswert / „Ruf“)

 

Ehrbegriff

  • e.A. Faktischer Ehrbegriff
    Wertschätzung, die einem Menschen faktisch (empirisch überprüfbar) entgegengebracht wird.
    (con) Problem bei Beleidigung unter vier Augen

  • e.A. Normativer Ehrbegriff
    Wert einer Person, der sich aus ihrer Menschenwürde (Art. 1 I GG) ableitet.

  • a.A. Personaler Ehrbegriff
    Wert, den eine Person sich (aufgrund seines sittlich-sozialen Verhaltens) verdient hat.

  • h.M. Normativ / personaler Ehrbegriff
    Wert einer Person, der sich aus ihrer Menschenwürde ableitet und den sie sich verdient hat.

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Tatobjekt (wie bei § 185 StGB)

Tatobjekt kann jeder lebende individuelle Mensch (für Verstorbene § 189 StGB) sein; nach h.M. unabhängig von dessen Aufnahmefähigkeit (z.B. auch Kinder oder Geisteskranke).

Lebende Einzelpersonen können auch unter Nennung einer Kollektivbezeichnung der üblen Nachrede ausgesetzt werden; und mehrere Personen nach h.M. unter einer Sammelbezeichnung (siehe jeweils Schema Beleidigung, § 185 StGB

 

Tathandlung: Behaupten / Verbreiten einer ehrenrührigen nicht erweislichen Tatsache

Behaupten = Als nach eigener Überzeugung wahr darstellen einer ehrrührigen Tatsache (ohne sie selbst wahrgenommen zu haben)

  • Im Zentrum der Tatsachenäußerung steht die eigene Überzeugung des Täters.
  • Unerheblich ist, dass er sich dabei auf Dritte als Informationsquellen beruft.
  • Auch das Einkleiden in (rhetorische) Fragen oder die Äußerung eines bloßen Verdachts sind umfasst (z.B.: „Hat der A etwa wirklich…?“)

Verbreiten = Weitergabe einer fremden Tatsachenäußerung

  • Im Zentrum der Tatsachenäußerung steht die Überzeugung eines Dritten. Der Täter steht dabei selbst nicht für ihre Richtigkeit ein. Dabei ist unerheblich, ob die Aussage tatsächlich durch einen Dritten getätigt wurde.
  • Erforderlich für ein Verbreiten des Grundtatbestandes ist kein größerer Empfängerkreis, sodass auch einzelne Adressaten ausreichen (Umkehrschluss aus der Qualifikation ‚öffentlich‘ und ‚durch Verbreiten‘ in HS 2 des § 186 StGB).
  • Nach h.M. ist die Weitergabe einer vom Betroffenen selbst stammenden Tatsachenäußerung nicht tatbestandsmäßig (a.A.: Strafausschließungsgrund).
  • Grds. kein Verbreiten, wenn Tatsache schon bekannt war.

Tatsachenbehauptung = Behauptung über Vorgänge, Zustände oder Ereignisse der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind

  • Wahre Tatsachenbehauptungen sind grds. nicht ehrrührig und somit straffrei (Ausnahme: Formalbeleidigung nach §§ 192, 193 jeweils 2. HS).
  • Für erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen gegenüber Dritten ist § 187 StGB lex specialis.
  • Erfasst von § 186 StGB sind somit nicht nachweisliche Tatsachenbehauptungen.
  • Keine Behauptung durch das bloße Schaffen einer kompromittierenden Sachlage (z.B. Verstecken von Diebesgut im Rucksack des Betroffenen)

Ehrenrührig = Geeignet, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öff. Meinung herabzuwürdigen (Legaldefinition)

 

Adressat: In Beziehung auf einen anderen

Die Behauptung / Verbreitung muss „in Beziehung auf einen anderen“ erfolgen. Adressat muss also ein vom Betroffenen zu unterscheidender Dritter sein (sonst: § 185 StGB).

 

Subjektiver Tatbestand

Bewusstsein und Wille zur Kundgabe gegenüber einem Dritten (nicht: bzgl. der Nichterweislichkeit der Wahrheit, siehe unten). Siehe näher Schema bei § 15 StGB.

 

 

Objektive Bedingung der Strafbarkeit / Tatbestandsannex: Nichterweislichkeit der Wahrheit

Handelt es sich bei der Nichterweislichkeit des Wahrheitsgehaltes in § 186 StGB um ein (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal oder lediglich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt?

Die Beantwortung dieser Frage ist relevant dafür, wo das Merkmal geprüft wird.

  • h.M: Unwahrheit ist lediglich objektive Bedingung der Strafbarkeit (wie bei § 186 StGB)
    → Prüfung nach subjektivem Tatbestand und vor Rechtswidrigkeit als dritter Punkt des Tatbestandes; Vorsatz muss sich nicht darauf beziehen (sondern nur auf die Ehrrührigkeit). 
    Arg.: Nennung der Voraussetzung in § 186 StGB erst im - mit „wird“ eingeleiteten - Teil zur Rechtsfolge
    (con) Schutzwürdigkeit von Tätern, die subjektiv viel unternommen haben, um den Wahrheitsbeweis zu überprüfen und daher davon ausgingen (durften)

  • a.A.: Unwahrheit ist Tatbestandsmerkmal  
    → Prüfung zunächst im obj. Tatbestand und dann erneut im subjektiven Tatbestand; Vorsatz muss sich auch darauf beziehen
    (con) Wortlaut, der das Merkmal erst nach dem Tatbestand, in den Rechtsfolgen nennt

 

Was geschieht, wenn sich der Wahrheitsgehalt nicht beweissicher feststellen lässt (sog. non liquet)?

  • hM.: Es handelt sich bei der Unwahrheit um ein Merkmal, das angenommen wird, solange der Beschuldigte nicht die Wahrheit beweisen kann
    → Die Beweislast liegt beim Beschuldigten, sodass Tatsachenbehauptungen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt strafbar sind.
    (pro) Wortlaut: § 186 StGB formuliert das Merkmal negativ ("wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist"), was als eine Umkehr der Beweislast interpretiert wird.
    (con) Systematik: Bruch mit dem in dubio pro reo-Grundsatz
  • h.M.: Es handelt sich bei der Unwahrheit um ein Merkmal, das positiv festgestellt werden muss
    → Tatsachenbehauptungen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt nicht strafbar sind
    (pro) Grundlegende Systematik des Strafrechts; ‚in dubio pro reo‘-Grundsatz

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Hier:

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Qualifikation

  • § 186 Alt. 2 StGB: Öffentlich / durch Verbreiten von Schriften
  • § 188 I StGB: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete üble Nachrede

Ist die Qualifikation erfüllt, empfiehlt es sich, die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes zu prüfen. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich eine getrennte Prüfung.

 

 

Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)

Beleidigungsdelikte setzten grds. Strafantrag voraus (§§ 194, 77 StGB).

 

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