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VwVfG  
Verwaltungsverfahrensgesetz

Öffentliches RechtVerwaltungsrecht

Allgemeines Verwaltungsrecht

(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
Quelle: BMJ
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LexMea

Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes (§ 35 S. 1 VwVfG)

Öffentliches RechtVerwaltungsrechtAllgemeines Verwaltungsrecht

Prüfungsschema zur formellen (Zuständigkeit, Verfahren, Form) und materiellen Rechtmäßigkeit (Tatbestandsvoraussetzungen, Rechtsfolge) eines Verwaltungsaktes.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Rechtsgrundlage
  3. Formelle Rechtmäßigkeit
  4. Zuständigkeit
  5. Verfahren
  6. Form
  7. Bei formellen Fehlern
  8. Materielle Rechtmäßigkeit
  9. Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
  10. Rechtsfolge

 

Eine vorgelagerte Frage ist es, ob es sich überhaupt um einen Verwaltungsakt (oder etwa einen Realakt) handelt. Siehe hierzu ausführlich das Schema zu den Merkmalen eines Verwaltungsaktes.

 

Rechtsgrundlage

Erforderlich ist die Nennung der konkreten gesetzlichen Rechtsgrundlage zum Erlass des VAs. Neben formellen (Parlaments-)Gesetzen kommen auch Rechtsverordnungen oder Satzungen in Betracht.

Grund / Herleitung: Gesetzesvorbehalt / „Kein Handeln ohne Gesetz“; abgeleitet aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG.

Bei im Sachverhalt aufgeworfenen Problemen bezüglich der (formellen / materiellen) Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlage wären diese hier zu prüfen (Inzidentprüfung).

 

 

Formelle Rechtmäßigkeit

Zuständigkeit

  • Sachliche Zuständigkeit
    Inhaltliche Zuweisung (z.B. Baubehörde für Bauanträge); ergibt sich aus Spezialgesetz
  • Instanzielle Zuständigkeit
    Verbandskompetenz (z.B. Landkreis oder Gemeinde) sowie Organkompetenz (z.B. Gemeinderat oder Bürgermeister einer Gemeinde)
  • Örtliche Zuständigkeit
    Örtliche Zuweisung (z.B. Landkreis, in dem gebaut werden soll); ergibt sich aus Spezialgesetz, sonst: § 3 VwVfG

 

Verfahren

Hier (soweit im Klausurfall problematisch) Prüfung der allg. Verfahrensvorschriften (§§ 9 – 34 VwVfG) sowie der Folgen von Verfahrensfehlern (§§ 44 – 46 VwVfG) und ggf. spezialgesetzlicher Vorgaben. 

Häufig abgeprüft werden: 

  • Mitwirkung ausgeschlossener Personen (§§ 20, 21 VwVfG)
    Unterscheide zwischen:
    • Ausgeschlossene Personen kraft Gesetzes (§ 20 VwVfG) sowie
    • Ausschluss wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 21 VwVfG): Nach Wortlaut Behauptung/Selbstunterrichtung erforderlich und Rechtsfolge unklar; aber nach h.M.: bei Mitwirkung befangener Person VA stets formell rechtswidrig.
  • Anhörung (§ 28 I VwVfG)
    • Bei belastendem VA grds. notwendig; bei begünstigendem VA str.
    • Ggf. entbehrlich nach § 28 II, III VwVfG (z.B. Gefahr im Verzug, § 28 II Nr. 1 VwVfG)

Gefahr im Verzug = Durch die vorherige Anhörung würde auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eintreten, der mit 
hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass der Zweck der zu treffenden Regelung nicht erreicht wird. 

    • Kann auch noch im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz (§ 45 II VwVfG) nachgeholt und der Verfahrensfehler damit geheilt werden (§ 45 I Nr. 3 VwVfG).
    • Ggf. unterlassene Anhörung unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat; h.M.: Kommt nur bei gebundenen Entscheidungen in Betracht (Art. 46 VwVfG).

Nach h.M. regelt § 46 VwVfG nicht die Frage der Rechtmäßigkeit eines VAs, sondern schließt lediglich den Anspruch auf dessen Aufhebung aus. 
(pro) Wortlaut 
Daher empfiehlt es sich, den Punkt i.R.d. Anfechtungsklage nicht unter der formellen Rechtmäßigkeit, sondern unter der subjektiven Rechtsverletzung des Klägers am Ende der Begründetheit zu prüfen.

 

Form

  • Hinreichende Bestimmtheit (§ 37 I VwVfG)
  • Sonst grundsätzlich formfrei (§ 37 II VwVfG)
  • Begründung: Bei schriftlichen oder elektronischen VAs grds. erforderlich (§ 39 I VwVfG); aber ggf. entbehrlich nach § 39 II VwVfG

 

Bei formellen Fehlern

Folge:

  • Grundsatz: (nur) formelle Rechtswidrigkeit

    VA bleibt wirksam bis z.B. Rücknahme nach § 48 VwVfG (Umkehrschluss aus § 43 III VwVfG).

  • Ausnahme: Nichtigkeit
    Unwirksamkeit (§ 43 III VwVfG) nur in den Ausnahmefällen des § 44 II Nr. 1-3 VwVfG.

 

Zudem:

  • Heilungsmöglichkeit (§ 45 VwVfG)
    z.B. Nachholung der Anhörung nach § 45 I Nr. 3 VwVfG (innerhalb des zeitlichen Rahmens nach § 45 II VwVfG)
  • Unbeachtlichkeit (§ 46 VwVfG)
    Keine Beachtung des Fehlers, wenn er die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG); Rechtsfolge: VA bleibt rechtswidrig, wird aber auch i.R.d. Anfechtungsklage nicht durch das Gericht aufgehoben.

 

 

Materielle Rechtmäßigkeit

Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage

  • Grundsatz: Volle gerichtliche Kontrolle der Definition und Subsumption der Tatbestandsmerkmale (Art. 19 IV GG). Dies gilt auch bei unbestimmten Rechtsbegriffen, z.B. ‚erforderliche Zuverlässigkeit‘, § 4 I Nr. 1 GastG.

  • Ausnahme: Beurteilungsspielraum der Verwaltung
    Hier nur Vertretbarkeitskontrolle = eingeschränkte Prüfung auf Beurteilungsfehler (Sachverhalt zutreffend ermittelt; Verfahren beachtet und anhand anerkannter Maßstäbe und ohne sachfremde Erwägungen entschieden). Herleitung: Einzigartigkeit der Überprüfungssituation und Wissensvorsprung der prüfenden Behörde; normative Anknüpfung ist nicht § 114 VwGO, s.u.; Fallgruppen:
    • Prüfungs- und prüfungsähnliche Entscheidungen
      z.B: Abitur, Staatsprüfung
    • Entscheidungen besonders wertender Art / Sachverständigengremien
      z.B. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
    • Beamtenrechtliche Beurteilungen u. Einstellungsentscheidungen

 

Rechtsfolge

  • Gebundene Entscheidung
    Verwaltung muss die vorgegebene Rechtsfolge anordnen / herbeiführen.
    Wortlaut z.B.: „ist“ / „hat“ / „muss“

  • Ermessensentscheidung
    Verwaltung hat Ermessensspielraum. Gericht überprüft nicht die Zweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung. Kontrolle beschränkt sich auf das Vorliegen von Ermessensfehlern (§ 114 S. 1 VwGO; vgl. auch § 40 VwVfG).
    Herleitung: Gewaltenteilung (Art. 20 III GG) und Erkenntnisvorsprung der Behörde.
    Wortlaut z.B.: „kann" / „ist befugt" / „darf“
    Ermessensentscheidungen sind rechtswidrig bei:

    • Ermessensnichtgebrauch / Ermessensausfall
      Behörde macht von dem gesetzlich zustehenden Ermessen keinen Gebrauch und denkt, sie muss auf eine Art entscheiden.
      Ausnahmen: Ermessensreduzierung auf Null; insb. bei drohenden erheblichen Eingriffen in Art. 2 I GG (z.B. Schuss auf Hund, der ein Kind angreift).

    • Ermessensfehlgebrauch
      Behörde stützt Entscheidung auf sachfremde Erwägungen. Unterfälle:

      • Ermessensdefizit
        Nicht alle Aspekte ermittelt oder einbezogen

      • Ermessensmissbrauch
        Irrelevante Aspekte einbezogen

      • Ermessensdisproportionalität
        Aspekte erheblich falsch gewichtet; logische Fehler oder sachfremde Abweichung von vorheriger Verwaltungspraxis (Selbstbindung der Verwaltung, Rechtssicherheit, Gleichbehandlungsgrundsatz)

    • Ermessensüberschreitung
      Behörde wählt eine nicht von der Rechtsgrundlage gedeckte Rechtsfolge.

    • Verstoß gegen höherrangiges Recht

      • Verstoß gegen Grundrechte, u.a. den Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 I GG

      • Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

 

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