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VwGO  
Verwaltungsgerichtsordnung

Öffentliches RechtVerwaltungsrecht

Verwaltungsprozessrecht

(1) Die Klage ist zu richten
1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.
Quelle: BMJ
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LexMea

Vorläufiger / einstweiliger Rechtsschutz in Anfechtungssituationen (§ 80 V VwGO)

Öffentliches RechtVerwaltungsrechtVerwaltungsprozessrecht

Prüfungsschema zum Antrag nach § 80 V VwGO zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bis zur endgültigen Entscheidung in der Anfechtungsklage.

So wird verhindert, dass in der Zwischenzeit durch Vollzug (insb. Vollstreckung) des VAs vollendete Tatsachen geschaffen werden.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit 
  3. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 1 VwGO) 
  4. Aufdrängende Sonderzuweisung
  5. Generalklausel des § 40 I 1 VwGO
  6. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
  7. Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art
  8. Keine abdrängende Sonderzuweisung
  9. Statthafte Antragsart 
  10. Rechtsschutz gegen belastenden VA
  11. Aufschiebende Wirkung
  12. Grundsatz: Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 80 I VwGO) 
  13. Ausnahme: Keine aufschiebende Wirkung (§ 80 II VwGO)
  14. Entfall von Gesetzes wegen (§ 80 II 1 Nr. 1 – 3 VwGO)
  15. Entfall kraft Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die erlassende Behörde (§ 80 II Nr. 4 VwGO) 
  16. Antragsart: Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 1, 2 VwGO)
  17. Antragsbefugnis (§ 42 II VwGO analog)
  18. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 
  19. Keine Bestandskraft des streitgegenständlichen Verwaltungsakts 
  20. Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs (str.)
  21. Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens (str.)
  22. [Teilw.: Keine offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs]
  23. Antragsgegner (§ 78 VwGO analog)
  24. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO analog)
  25. Zuständiges Gericht (§§ 80 V 1, 45, 52 VwGO)
  26. Form (§§ 81 f. VwGO)
  27. Begründetheit 
  28. Nur bei Antrag auf Wiederherstellung: Formelle Fehler bei der Anordnung gem. § 80 II 1 Nr. 4 
  29. Zuständigkeit
  30. Verfahren
  31. Form 
  32. Gerichtliche Interessenabwägung
  33. Zulässigkeit der Hauptsache
  34. Begründetheit der Hauptsache
  35. Ergebnis

 

  • Das Gericht fällt kein vorläufiges Urteil, sondern ordnet lediglich die grds. nach § 80 I VwGO bestehende, aber aufgrund § 80 II VwGO entfallene aufschiebende Wirkung von Widerspruch / Anfechtungsklage an bzw. stellt diese wieder her. Es handelt sich bei § 80 V VwGO daher um einen „Antrag" und keine Klage.
  • Dieser Antrag ist akzessorisch zum Hauptsacheverfahren, darf jenes jedoch grds. nicht vorwegnehmen.
  • In dreipoligen Rechtsverhältnissen kommt zusätzlich § 80a VwGO zur Anwendung.
  • Eilrechtsschutz gegen Normen gewährt hingegen § 47 VI VwGO; in allen anderen Fällen § 123 VwGO. Siehe hierzu eingehend die Übersicht: Arten des vorläufigen Rechtsschutzes im Verwaltungsverfahren.

 

Zulässigkeit 

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 1 VwGO) 

Siehe zu den hier unter I. sehr knappen Ausführungen ausführlich das Schema: Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

 

Aufdrängende Sonderzuweisung

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn eine spezialgesetzliche aufdrängende Sonderzuweisung vorliegt.

 

Generalklausel des § 40 I 1 VwGO

Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor (zuerst prüfen), richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach der Generalklausel des § 40 I 1 VwGO.

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidenden Normen ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen bzw. verpflichten (h.M. Modifizierte Subjektstheorie, teilw. auch: Sonderrechtstheorie / Zuordnungstheorie; a.A. Subordinationstheorie; a.A. Interessentheorie).

Nur dann, wenn die Frage nicht nach der modifizierten Subjektstheorie beantwortet werden kann, ist auf die anderen beiden Abgrenzungstheorien einzugehen).

Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art

Eine Streitigkeit ist nur dann verfassungsrechtlicher Art, wenn die sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit gegeben ist:

  • Beide Seiten sind unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte (formelles Kriterium) und ...
  • Streitgegenstand sind im Kern unmittelbar verfassungsrechtliche Rechte bzw. Pflichten (materielles Kriterium).

 

Keine abdrängende Sonderzuweisung

Es liegt keine spezialgesetzliche abdrängende Sonderzuweisung zu anderen Gerichtsbarkeiten vor.

 

 

Statthafte Antragsart 

Es handelt sich bei § 80 V VwGO nicht um eine „Klage", sondern um einen Antrag. Daher werden die für Klagen geltenden Normen analog zitiert.

Die statthafte Antragsart bestimmt sich vor den Verwaltungsgerichten stets nach dem Begehren des Antragstellers (§§ 88 VwGO analog). Maßgeblich ist dabei, was der Antragsteller tatsächlich will und nicht der von ihm vorgebrachte Wortlaut (§ 86 III VwGO analog).

Der Antragsteller müsste vorläufigen Rechtsschutz ersuchen. Siehe hierzu auch allgemein die Übersicht: Arten des vorläufigen Rechtsschutzes im Verwaltungsverfahren.

Diesen gewährt VwGO primär in §§ 80, 80a VwGO und in § 123 I VwGO (außerdem gegen Normen in § 47 VI VwGO).

Nach § 123 V VwGO sind die §§ 80, 80a VwGO vorrangig
§ 80a VwGO kommt bei dreipoligen Rechtsverhältnissen - wenn ein VA einen Betroffenen rechtlich begünstigt, einen anderen zugleich belastet - zur Anwendung (Fälle der Drittanfechtungsklage).
§ 80 V VwGO ist einschlägig, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen vorliegen:

 

Rechtsschutz gegen belastenden VA

Der Antragsteller muss Rechtsschutz gegen einen belastenden Verwaltungsakt ersuchen. 

Hier können inzident die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes nach § 35 VwVfG zu prüfen sein.

 

Aufschiebende Wirkung

Grundsatz: Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 80 I VwGO) 

Grundsätzlich haben gem. § 80 I VwGO bereits Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der VA nach deren Einlegung nicht vollzogen (insb. nicht vollstreckt) werden darf.

Dadurch wird verhindert, dass der Staat durch den Vollzug vollendete Tatsachen schafft und so irreversible Schäden eintreten. Dies gebietet bereits das verfassungsrechtliche Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 IV 1 GG.

Ausnahme: Keine aufschiebende Wirkung (§ 80 II VwGO)

Ausnahmsweise entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage jedoch keine aufschiebende Wirkung, weil:

Entfall von Gesetzes wegen (§ 80 II 1 Nr. 1 – 3 VwGO)
  • Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 II Nr. 1 VwGO)
    • Steuern (siehe § 3 I AO)
    • Gebühren (siehe § 3 IV BGebG)
    • Beiträge
    • Sonderabgaben

 

  • Unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten (§ 80 II Nr. 2 VwGO)
    • Formell: Nur Polizei im institutionellen Sinne, nicht auch sonstige Beamte, die nach allg. Sicherheits- und Ordnungsrecht tätig werden
    • Materiell: Sofortiges Eingreifen erforderlich (insb. wg. Gefahr im Verzug)
    • Nach h.M. analoge Anwendung auf Verkehrszeichen

 

  • Bundes- oder landesrechtlich vorgeschriebener Entfall der aufschiebenden Wirkung (§ 80 II Nr. 3 VwGO)
    • Bundesebene
      z.B. § 212a I BauGB; § 84 I AufenthG; 75 AsylG; § 54 IV BeamtStG; § 126 IV BBG 
    • Länderebene 
      • BW: § 12 S. 1 LVwVG
      • BY: Art. 25 VersG, Art. 21a S. 1 VwZVG
      • BE: § 4 I 1 AGVwGO
      • BB: § 16 VwVG
      • HB: Art. 11 S. 1 AGVwGO
      • HH: § 29 I Hs. 1 VwVG
      • HE: § 16 AGVwGO
      • MV: § 111 VI VwVfG, § 110 VwVfG i.V.m. § 99 I 2 SOG 
      • NI: § 66 VwVG, § 70 I VwVG i.V.m. § 64 IV 1 SOG
      • NRW: § 112 S. 1 JustG
      • RP: § 20 AGVwGO 
      • SL: § 20 S. 1 AGVwGO 
      • SN: § 11 S. 1 VwVG
      • ST: § 9 AGVwGO, § 53 IV 1 SOG
      • SH: §§ 248 I 2, 322 I LVwG 
      • TH: § 8 S. 1 AGVwGO

Der neue § 80 II Nr. 3a ist kaum klausurrelevant.

 

Entfall kraft Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die erlassende Behörde (§ 80 II Nr. 4 VwGO) 

Ist kein Fall der Nrn. 1-3 einschlägig, bleibt es zunächst beim Grundfall, dass die aufschiebende Wirkung durch Widerspruch / Anfechtungsklage eintritt (§ 80 I VwGO).

Die erlassende Behörde kann dann jedoch - entweder unmittelbar mit dem Erlass des VAs oder zu einem späteren Zeitpunkt - die sofortige Vollziehung anordnen, wenn sie der Auffassung ist, dass im Einzelfall das Sofortvollziehungsinteresse des Staates das Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Einzelnen überwiegt. Es handelt sich also um eine Abwägungsentscheidung, die in diesem Fall unten in der Begründetheit zusätzlich überprüft wird.

 

Antragsart: Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 1, 2 VwGO)

Auch wenn das Prüfungsprogramm sich erst in der Begründetheit unterscheidet (s.u.), sollte dem Korrektor bereits hier signalisiert werden, welche der nachfolgenden Antragsarten vorliegt. 

Der Antrag nach § 80 V VwGO kennt zwei Alternativen:

  • Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 1 VwGO) bei gesetzlich angeordnetem Entfall der aufschiebenden Wirkung in den Fällen der § 80 II 1 Nr. 1 – 3a VwGO
  • Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 2 VwGO) im Fall der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 II 1 Nr. 4 VwGO.

 

Ein Sonderproblem stellt sich in Fällen des faktischen Vollzugs durch die Verwaltungsbehörden:

Welche ist die statthafte Antragsart in Fällen des faktischen Vollzugs?

Behörde hält sich nicht an die aufschiebende Wirkung von Widerspruch / Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt nach § 80 I VwGO und vollzieht den VA. 

  • e.A.: § 123 VwGO
    (proSystematik: Kläger begehrt die Einstellung des Vollzugs bzw. die Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen und damit ein Realhandeln. Es liegt somit eine Verpflichtungssituation vor, sodass in der Hauptsache die Verpflichtungsklage einschlägig wäre. Hierfür ist der Antrag nach § 123 VwGO statthaft.
  • h.M.: § 80 V VwGO
    (proSystematik: Das Gericht muss eigentlich nur die aufschiebende Wirkung feststellen, daraus ergibt sich bereits, dass der Vollzug einzustellen ist. Hierfür ist der Antrag nach § 80 V VwGO statthaft.

 

 

Antragsbefugnis (§ 42 II VwGO analog)

Der direkt nur für die Anfechtungsklage geltende § 42 II VwGO wird analog angewendet, da Eilrechtsschutz nicht geboten wäre, wenn die Hauptsache offensichtlich unzulässig wäre. Die Prüfung erfolgt daher auch bezogen auf den Verwaltungsakt, nicht spezifisch bezogen auf die sofortige Vollziehung und daraus resultierende Nachteile. Daher Prüfung wie bei Hauptsache:

Der Antragsteller ist antragsbefugt, wenn er substantiierte Tatsachen vortragen kann, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er in einem subjektiven Recht verletzt ist (h.M., Möglichkeitstheorie).

Dies ist insb. der Fall, wenn der Kläger Adressat eines belastenden VAs ist, da dann zumindest eine Verletzung in Art. 2 I GG möglich erscheint (Adressatentheorie).

 

 

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 

Das Rechtsschutzbedürfnis spielt im Rahmen der Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 V VwGO eine deutlich größere Rolle als für Klagen.

Grund: Kaum explizite Regelungen für die Zulässigkeit des Antrags in § 80 VwGO und Möglichkeiten der analogen Anwendung der die Anfechtungsklage betreffenden Normen begrenzt (erfordert stets vergleichbare Interessenlage und planwidrige Regelungslücke). 

Im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses werden daher nach h.M. drei separate Punkte geprüft:

 

Keine Bestandskraft des streitgegenständlichen Verwaltungsakts 

  • Der Antrag nach § 80 V VwGO ist nach h.M. selbst nicht fristgebunden (keine analoge Anwendung von § 74 I VwGO).
  • Aber: Gegen einen bestandskräftigen VA gibt es keinen Rechtsschutz in der Hauptsache, sodass auch ein vorläufiger Rechtsschutz nicht in Frage kommt. Bestandskraft bedeutet dabei Ablauf der Klagefrist aus § 74 I VwGO. Über Merkmal der Bestandskraft daher inzidente Prüfung der Klagefrist. Siehe hierzu ausführlich das Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

 

Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs (str.)

Ist die vorherige Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs (Widerspruch / Anfechtungsklage) erforderlich?

  • a.A.: (–) Nein
    • (proWortlaut: § 80 V 2 VwGO stellt klar: „Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig." 
    • (pro) Systematik: Effektivität des einstweiligen Rechtsschutzes (Art. 19 IV 1 GG) gebietet, dass mehr Zeit für eine (komplexere) Klage bleibt als für einen (einfacheren) Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz; Anderenfalls würde auch die Frist des § 70 I VwGO, die grds. als Bedenkzeit bezüglich der Einlegung eines Widerspruchs verbleibt, faktisch verkürzt werden.

  • h.M.: (+) Ja, in der Regel die Einlegung des Widerspruchs
    • (proWortlaut: Gem. § 80 V 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung „anordnen" oder „wiederherstellen". Dazu muss sie zunächst eingetreten sein. Gem. § 80 I 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Sie müssen daher vorher eingelegt / erhoben worden sein. Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens muss jedoch nicht abgewartet werden.
    • (pro) Telos: Zweck des Vorverfahrens in Gestalt der Selbstkontrolle der Verwaltung und der Entlastung der Gerichte.

 

Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens (str.)

Ist ein vorheriger Antrag bei der erlassenden Behörde nötig?

  • e.A.: (+) Ja, immer
    • (proSystematik: Gem. § 80 IV VwGO kann die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die Vollziehung aussetzen; Telos: Zweck des Antrags in Gestalt der Selbstkontrolle der Verwaltung und der Entlastung der Gerichte.
    • (con) Lange Bearbeitungszeiten der Behörden stehen dem Eilbedürfnis und somit dem effektiven Rechtsschutzinteresse (Art. 19 IV GG) entgegen.
  • h.M.: (+/-) Nur im Fall des § 80 II 1 Nr. 1 VwGO
    • (proSystematik: § 80 VI VwGO schreibt fest, dass der Antrag im Fall des § 80 II 1 Nr. 1 VwGO nur nach vorherigem (abgelehntem) Antrag zulässig ist. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss (argumentum e contratio), dass ein Antrag in den übrigen Fällen nicht erforderlich ist; Telos: Gerade in den Fällen des § 80 II Nr. 4 VwGO erscheint ein Antrag bei der Behörde aussichtslos, da diese den Sofortvollzug eben erst im Einzelfall angeordnet hat.
    • (con) Lange Bearbeitungszeiten der Behörden können dem Eilbedürfnis und somit dem effektiven Rechtsschutzinteresse (Art. 19 IV GG) entgegenstehen.

 

[Teilw.: Keine offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs]

Teile der Literatur sehen einen vierten Prüfungspunkt vor. Dieser ist jedoch überflüssig, da alle Prüfungspunkte entweder im Zuge der anderen Punkte des Rechtsschutzbedürfnisses oder i.R.d. - in der Begründetheit summarisch zu prüfenden - Erfolgsaussichten der Hauptsache angesprochen werden. 

 

 

Antragsgegner (§ 78 VwGO analog)

In manchen Bundesländern (z.B. Bayern) wird dieser Punkt als „Passivlegitimation" zu Beginn der Begründetheit geprüft.

Siehe hierzu ausführlich das Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

 

 

Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO analog)

Siehe hierzu ausführlich das Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

 

 

Zuständiges Gericht (§§ 80 V 1, 45, 52 VwGO)

Gem. § 80 V 1 VwGO Gericht der Hauptsache; dahingehende Prüfung der §§ 45, 52 VwGO. 

 

 

Form (§§ 81 f. VwGO)

Siehe hierzu ausführlich das Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

 

 

 

Begründetheit 

Hier ist unbedingt im Obersatz die Besonderheit des Antrags nach § 80 V 1 VwGO zum Ausdruck zu bringen: Es handelt sich um eine eigene Ermessensentscheidung des Gerichts („kann") – und nicht lediglich eine Kontrolle der Ermessensentscheidung der erlassenden Behörde. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist daher auch jener der gerichtlichen Entscheidung und nicht jener der vergangenen behördlichen Entscheidung. 

Hier verschiedene Obersätze je nach Antragsart: 

  • Bei Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 V 1 Alt. 1 VwGO (also in Fällen der § 80 II 1 Nr. 1 – 3a VwGO):
    "Der Antrag ist begründet, wenn die vom Gericht im Rahmen einer eigenständigen Entscheidung vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt."
  • Bei Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 V 1 Alt. 2 VwGO (also im Fall von § 80 II 1 Nr. 4 VwGO):
    "Der Antrag ist begründet, wenn entweder die Sofortvollzugsanordnung formell rechtswidrig ist oder die vom Gericht im Rahmen einer eigenständigen Entscheidung vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt.2

Wenn (je nach Bundesland) eine Prüfung von § 78 VwGO in der Begründetheit erfolgt, ist der Obersatz zu ergänzen um die Formulierung "(…) begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet und (…)"

 

Nur bei Antrag auf Wiederherstellung: Formelle Fehler bei der Anordnung gem. § 80 II 1 Nr. 4 

Zuständigkeit

Zuständig für die Sofortvollzugsanordnung ist sowohl die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat als auch jene, die über den Widerspruch zu entscheiden hat (§ 80 II 1 Nr. 4 VwGO).

Verfahren

Ist eine gesonderte Anhörung bzgl. der Sofortvollzugsanordnung erforderlich? 

  • h.M.: (–) Keine Anhörung erforderlich
    (proWortlaut: Die Sofortvollzugsanordnung beinhaltet keine eigenständige Rechtsfolge und stellt daher keinen eigenen Verwaltungsakt dar. § 28 I VwVfG ist daher nicht anwendbar.
  • a.A.: (+) Anhörung erforderlich
    (proSystematik: Analoge Anwendung des § 28 I VwVfG; andernfalls Anhörungserfordernis nach allg. rechtsstaatlichen Erwägungen (Art. 20 III GG). Kann aber im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden.

Form 

Nach § 80 III 1 VwGO bedarf es einer schriftlichen Begründung. Die Anforderungen sind nach h.M. vergleichsweise streng: Begründung darf nicht bloß formelhaft erfolgen oder abstrakt auf etwaige „Dringlichkeit" verweisen. Sie muss konkret auf den Einzelfall bezogen darlegen, warum es eines Sofortvollzugs bedarf – wieso also das öffentliche Sofortvollzugsinteresse das individuelle Aussetzungsinteresse überwiegt. 

Ist die Begründung nachholbar oder ergänzbar?

  • e.A.: (+) Ja
    (proSystematik: Analoge Anwendung von § 45 I Nr. 2 VwVfG; Telos: Aufhebung bloß wegen fehlender Begründung wäre sehr formalistisch, denn die Behörde könnte umgehend neue Anordnung mit ordnungsgemäßer Begründung erlassen
  • h.M.: (–) Nein, nicht möglich
    (proSystematik: Keine analoge Anwendung, da keine vergleichbare Interessenlage - Begründung hat „Warnfunktion", Auseinandersetzung mit Einzelfall vor Erlass der Sofortvollzugsanordnung ist aufgrund der erforderlichen Abwägung gewollt; wäre eine Nachholung möglich, würde dieser Zweck verfehlt werden

 

 

Gerichtliche Interessenabwägung

Das Gericht trifft eine eigene Ermessensentscheidung. Es nimmt also eine eigene Interessenabwägung vor. Dabei berücksichtigt das Gericht maßgeblich die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anfechtungsklage).

Zulässigkeit der Hauptsache

Sollte knapp gehalten werden. Es kann größtenteils nach oben verweisen werden.

Begründetheit der Hauptsache

Hier sollte i.d.R. der Schwerpunkt der Klausur liegen.

 

 

Ergebnis

  • Verwaltungsakt noch nicht vollzogen
    • Hauptsache nach summarischer Prüfung begründet: 
      • Kein öffentliches Interesse am Vollzug rechtswidriger Verwaltungsakte 
      • Antrag dann begründet → Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
    • Hauptsache nach summarischer Prüfung unbegründet:
      • Grds. öffentliches Sofortvollzugsinteresse in den Fällen der § 80 II 1 Nr. 1-3a VwGO
      • Aber: Jedenfalls in Fällen des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO nach h.M. trotzdem besondere Dringlichkeit erforderlich, damit öffentliches Interesse am Sofortvollzug überwiegt (in der Klausur kurz anprüfen)
        (pro) Systematik: Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen § 80 I VwGO und § 80 II VwGO (aufsch. Wirkung als Regelfall) würde sonst ausgehebelt
      • Antrag dann unbegründet → Keine Anordnung / Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
    • Bei Zweifeln
      Folgenabwägung: Einzelfallabwägung der Folgen bei Sofortvollzug gegen Folgen bei Aussetzung und späterer Erfolglosigkeit der Hauptsache.

Dieser Fall sollte in der Klausur nicht eintreten. Es sollte sich entweder für eine Begründetheit oder eine Unbegründetheit entschieden werden.

  • Verwaltungsakt bereits vollzogen
    Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 80 V 3 VwGO, also auch der aktiven Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen, setzt nach h.M. einen Folgenbeseitigungsanspruch voraus. Dieser dürfte bei Begründetheit des Antrags nach § 80 V 1 VwGO jedoch regelmäßig gegeben sein.

 

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