Suche

VwGO  
Verwaltungsgerichtsordnung

Öffentliches RechtVerwaltungsrecht

Verwaltungsprozessrecht

(1) Die Prozessakten können elektronisch geführt werden. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an die Prozessakten elektronisch geführt werden. In der Rechtsverordnung sind die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Verwahrung der elektronischen Akten festzulegen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständigen obersten Landesbehörden übertragen. Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden; wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, kann in der Rechtsverordnung bestimmt werden, dass durch Verwaltungsvorschrift, die öffentlich bekanntzumachen ist, geregelt wird, in welchen Verfahren die Prozessakten elektronisch zu führen sind. Die Rechtsverordnung der Bundesregierung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
(1a) Die Prozessakten werden ab dem 1. Januar 2026 elektronisch geführt. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Verwahrung der elektronischen Akten einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen der Barrierefreiheit. Die Bundesregierung und die Landesregierungen können jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Akten, die in Papierform angelegt wurden, in Papierform weitergeführt werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nach den Sätzen 2 und 3 auf die für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständigen obersten Landesbehörden übertragen. Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates.
(1b) Die Bundesregierung und die Landesregierungen können jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Akten, die vor dem 1. Januar 2026 in Papierform angelegt wurden, ab einem bestimmten Stichtag oder Ereignis in elektronischer Form weitergeführt werden. Die Zulassung der Weiterführung in elektronischer Form kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden; wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, kann in der Rechtsverordnung bestimmt werden, dass durch Verwaltungsvorschrift, die öffentlich bekanntzumachen ist, geregelt wird, in welchen Verfahren Akten in elektronischer Form weitergeführt werden. Die Rechtsverordnung der Bundesregierung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf die zuständige oberste Bundesbehörde oder auf die für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständigen obersten Landesbehörden übertragen werden.
(2) Werden die Akten in Papierform geführt, ist von einem elektronischen Dokument ein Ausdruck für die Akten zu fertigen. Kann dies bei Anlagen zu vorbereitenden Schriftsätzen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfolgen, so kann ein Ausdruck unterbleiben. Die Daten sind in diesem Fall dauerhaft zu speichern; der Speicherort ist aktenkundig zu machen.
(3) Wird das elektronische Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, so ist dies aktenkundig zu machen.
(4) Ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, muss der Ausdruck einen Vermerk darüber enthalten,
1.
welches Ergebnis die Integritätsprüfung des Dokumentes ausweist,
2.
wen die Signaturprüfung als Inhaber der Signatur ausweist,
3.
welchen Zeitpunkt die Signaturprüfung für die Anbringung der Signatur ausweist.
(5) Ein eingereichtes elektronisches Dokument kann im Falle von Absatz 2 nach Ablauf von sechs Monaten gelöscht werden.
(6) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, sind in Papierform vorliegende Schriftstücke und sonstige Unterlagen nach dem Stand der Technik zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches Dokument zu übertragen. Es ist sicherzustellen, dass das elektronische Dokument mit den vorliegenden Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Das elektronische Dokument ist mit einem Übertragungsnachweis zu versehen, der das bei der Übertragung angewandte Verfahren und die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung dokumentiert. Wird ein von den verantwortenden Personen handschriftlich unterzeichnetes gerichtliches Schriftstück übertragen, ist der Übertragungsnachweis mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu versehen. Die in Papierform vorliegenden Schriftstücke und sonstigen Unterlagen können sechs Monate nach der Übertragung vernichtet werden, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind.
(7) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die Übermittlung elektronischer Akten zwischen Behörden und Gerichten geltenden Standards bestimmen.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Normenkontrollverfahren (§ 47 I VwGO)

Öffentliches RechtVerwaltungsrechtVerwaltungsprozessrecht

Prüfungsschema für den Antrag zur Überprüfung von untergesetzl. Rechtsnormen der Landes- oder Kommunalebene durch das OVG auf deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht hin.

Im Unterschied zu formellen gesetzlichen Rechtsnormen, die durch die Parlamente erlassen wurden, steht dem BVerfG hierfür kein Verwerfungsmonopol zu. Sie können von den obersten Verwaltungsgerichten der Länder selbst überprüft und ggf. verworfen werden (§ 47 V 2 VwGO).

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit
  3. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO)
  4. Aufdrängende Sonderzuweisung
  5. Generalklausel des § 40 I 1 VwGO
  6. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
  7. Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art
  8. Keine abdrängende Sonderzuweisung
  9. Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts (OVG) bzw. Verwaltungsgerichtshofs (VGH) (§ 47 I VwGO)
  10. Statthaftigkeit des Normenkontrollverfahrens
  11. Untergesetzliche Rechtsnorm des Landesrechts
  12. Satzungen, die nach den Vorschriften des BauGB erlassen worden sind (§ 47 I Nr. 1 Alt. 1 VwGO)
  13. Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 II BauGB (§ 47 I Nr. 1 Alt. 2 VwGO)  
  14. Andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt (§ 47 I Nr. 2 VwGO)
  15. Bereits erlassene Rechtsnormen
  16. Antragsbefugnis (§ 47 II 1 VwGO)
  17. Natürliche oder juristische Personen (§ 47 II 1 Alt. 1 VwGO)
  18. Behörden (§ 47 II 1 Alt. 2 VwGO)
  19. Antragsgegner (§ 47 II 2 VwGO)
  20. Antragsfrist (§ 47 II 1 VwGO)
  21. Beteiligtenfähigkeit (§ 47 II VwGO)
  22. Ordnungsgemäße Antragstellung (§§ 81, 82 VwGO analog) 
  23. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 
  24. Begründetheit
  25. Ermächtigungsgrundlage
  26. Formelle Rechtmäßigkeit 
  27. Zuständigkeit
  28. Verfahren
  29. Form
  30. Materielle Rechtmäßigkeit 

 

  • Ziel des Normenkontrollantrags: Richterliche Überprüfung der Vereinbarkeit von untergesetzlichen Rechtsnormen des Landesrechts mit höherrangigem Recht und ggf. deren Unwirksamkeitserklärung.
  • Siehe zum Finden der richtigen Verfahrensart auch die Übersicht: Verwaltungsprozessrechtliche Verfahrensarten.

 

Die Normenkontrolle weist einige terminologische Besonderheiten auf, die sich § 47 VwGO entnehmen lassen: 

  • Sie ist keine Klage, sondern ein „Antrag" (vgl. § 47 I, II 1, V 2 HS. 2 VwGO). Unzulässige oder unbegründete Anträge werden entsprechend „abgelehnt" und nicht wie Klagen abgewiesen.
  • Anstelle des Klägers gibt es den „Antragsteller" und anstelle des Beklagten den „Antragsgegner". 

 

Zulässigkeit

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO)

Über Normenkontrollanträge entscheidet das OVG/der VGH gem. § 47 I VwGO nur „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit". Dies bedeutet, dass auch hierfür der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein muss. 

 

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges richtet sich nach § 40 I 1 VwGO. Sie wird hier gleich geprüft, wie bei den anderen verwaltungsprozessrechtlichen Verfahrensarten, für die § 40 I 1 VwGO Anwendung findet, auch. Siehe zu den recht knappen Ausführungen hier unter I. ausführlich das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

Ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, führt dies nicht zur Klageabweisung als unzulässig, sondern zu einer Verweisung an das zuständige Gericht (§§ 17a II GVG, 83 VwGO). Daher wird der Punkt „Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs“ teilweise auch nicht unter „Zulässigkeit“, sondern – dann meist gemeinsam mit dem Punkt „Zuständiges Gericht“ – unter einem vorgezogenen Punkt „A. Entscheidungskompetenz des Gerichts“ geprüft.  In der Klausur wird sich ohne Begründung für einen der beiden vertretbaren Aufbauten entschieden. 

  

Aufdrängende Sonderzuweisung

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn eine spezialgesetzliche aufdrängende Sonderzuweisung vorliegt (insb. § 32 WPflG; § 78 II ZDG i.V.m. § 32 WPflG; § 126 I BBG / § 54 I BeamtStG; §§ 46, 71 III DRiG; § 60 DRiG; § 45 BDG; § 82 SG; § 54 BAföG)

 

Generalklausel des § 40 I 1 VwGO

Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor (zuerst prüfen), richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach der Generalklausel des § 40 I 1 VwGO, wonach es sich um eine (a) öffentlich-rechtliche Streitigkeit (b) nicht-verfassungsrechtlicher Art handeln muss, für die (c) keine abdrängende Sonderzuweisung gegeben ist.

 

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Prüfungspunkt dient der Abgrenzung zum Privatrecht. 

    • Allgemeine Abgrenzungstheorien
      Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidenden Normen ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen bzw. verpflichten (h.M. Modifizierte Subjektstheorie / Sonderrechtstheorie; a.A. Subordinationstheorie; a.A. Interessentheorie).

Nur dann, wenn die Frage nicht nach der modifizierten Subjektstheorie beantwortet werden kann, ist auf die anderen beiden Abgrenzungstheorien einzugehen. Ausführlich hierzu das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

    • Sonderfälle 
      • Widerruf / Rücknahme einer Handlung: actus-contrarius-Theorie
      • Subventionsvergabe: Zwei-Stufen-Theorie; Ausnahme: Verlorene Zuschüsse
      • Nutzung von / Zugang zu öffentlichen Einrichtungen: Zwei-Stufen-Theorie
      • Hausverbot durch Behördenleiter: Differenzierung nach Form des Hausverbotes (h.M.; a.A. Zweck des Hausverbotes; a.A. Zweck des Aufenthalts)

 

Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art
    • Zweck: Abgrenzung zur Zuständigkeit des BVerfG

Eine Streitigkeit ist nur dann verfassungsrechtlicher Art, wenn die sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit gegeben ist:

    • Beide Seiten sind unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte (formelles Kriterium) und ...
    • Streitgegenstand sind im Kern unmittelbar verfassungsrechtliche Rechte bzw. Pflichten (materielles Kriterium).

 

Keine abdrängende Sonderzuweisung

Es darf keine abdrängende Sonderzuweisung - durch Vorschriften, die ein anderes Gericht für zuständig erklären - vorliegen (z.B. § 51 SGG; § 33 FGO; § 40 II 1 VwGO; Art. 14 III 4 GG; Art. 34 S. 3 GG; § 217 I 4 BauGB; § 49 VI 3 VwVfG; Art. 104 II 1 GG i.V.m. Polizeigesetz des Landes wie z.B. Art. 18 II 1 BayPA / § 31 II Berl ASOG; letztlich insb. § 23 EGGVG für ‚Strafrechtspflege‘ = Repressive Tätigkeit / Strafverfolgung).
Siehe jeweils hierzu das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

 

 

Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts (OVG) bzw. Verwaltungsgerichtshofs (VGH) (§ 47 I VwGO)

Gem. § 47 I VwGO ist das Oberverwaltungsgericht (OVG) - in BW, BY & HE Verwaltungsgerichtshof (VGH) genannt (vgl. § 184 VwGO) – instanziell zuständig für die Normenkontrolle.

Da untergesetzliche Rechtsnormen nicht vom demokratisch legitimierten parlamentarischen Gesetzgeber, sondern ‚lediglich‘ von der Exekutive erlassen wurden, hat das BVerfG für sie kein Verwerfungsmonopol. Das heißt OVG/VGH müssen sie nicht nach Art. 100 I GG dem BVerfG vorlegen, sondern können sie selbst überprüfen und für unwirksam erklären (§ 47 V 2 VwGO).

 

 

Statthaftigkeit des Normenkontrollverfahrens

§ 47 VwGO regelt die prinzipale (also nicht inzidente), abstrakte (also nicht konkrete) Normenkontrolle. 

Abgrenzung zu inzidenten, konkreten Normenkontrollen: 

  • Anfechtungsklage
    Im Rahmen einer Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO) wird zur Bestimmung der Rechtmäßigkeit eines konkreten VAs (z.B. Baugenehmigung) inzident die Rechtmäßigkeit dessen Ermächtigungsgrundlage in Form einer Satzung (z.B. Bebauungsplan) / Rechtsverordnung untersucht. Rechtsfolge ist hier jedoch maximal die Aufhebung des inter-partes wirkenden VAs, nicht jedoch der abstrakt geltenden Satzung / Rechtsverordnung.
  • Allgemeine Feststellungsklage
    Im Rahmen einer negativen Feststellungsklage auf Nichtbestehen einer sich aus einer Satzung / Rechtsverordnung ergebenden Verpflichtung (z.B. Pflicht zum Aufstellen eines Grabsteins) wird inzident die Rechtmäßigkeit der Satzung (z.B. Friedhofssatzung) / Rechtsverordnung geprüft. Rechtsfolge ist auch hier maximal die Feststellung des Nichtbestehens der Verpflichtung inter-partes, nicht jedoch der abstrakt geltenden Satzung / Rechtsverordnung.

 

Untergesetzliche Rechtsnorm des Landesrechts

Die Normenkontrolle ist statthaft gegen untergesetzliche Rechtsnormen des Kommunal- und Landesrechts (vgl. § 47 I Nr. 2 VwGO: „im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften") – nicht jedoch gegen Bundesrecht, gleich welchen Ranges (z.B. nicht gegen Rechtsverordnungen des Bundes). 

Satzungen, die nach den Vorschriften des BauGB erlassen worden sind (§ 47 I Nr. 1 Alt. 1 VwGO)

z.B. Bebauungspläne (§ 10 I BauGB); Veränderungssperren (§ 16 I, 14 BauGB); Innenbereichssatzungen (§ 34 IV BauGB); Erschließungssatzungen (§ 132 BauGB); grds. nicht: Flächennutzungspläne (keine Rechtsvorschriften, sondern Rechtsakte sui generis; Ausnahme nach BVerwG: Wenn diese über § 35 III 3 BauGB eine Ausschlusswirkung für Vorhaben außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationszonen entfalten für diese spezifische Ausschlusswirkung; nicht jedoch für die positive Vorrangwirkung in der Konzentrationszone; str.)

Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 II BauGB (§ 47 I Nr. 1 Alt. 2 VwGO)  

Nur relevant in den Stadtstaaten (‚Stadtstaatenklausel‘). § 246 II BauGB sieht vor, dass diese die Satzungen nach den Vorschriften des BauGB (s.o.) in anderen Rechtsformen erlassen (können). Bremen hat hiervon keinen Gebrauch gemacht. In Berlin (§ 6 III AGBauGB) und im Regelfall in Hamburg (§ 3 I Bauleitplanfeststellungsgesetz) werden Bebauungspläne als Rechtsverordnung erlassen. In Hamburg können Bebauungspläne jedoch auch als formelle Landesgesetze erlassen werden.
Auch hiergegen ist das Normenkontrollverfahren in analoger Anwendung zulässig (str. (pro): Telos: funktionale Austauschbarkeit der Handlungsformen; Systematik: Kein unterschiedlicher Rechtsschutz [Art. 3 I GG] je nach Wahl der Handlungsform für dieselbe Materie; (con): Wortlaut: § 47 I Nr. 1 Alt. 2 VwGO spricht nur von „Rechtsverordnungen"; Systematik: Verwerfungsmonopol des BVerfG für formelle Gesetze [Art. 100 I GG]).

Andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt (§ 47 I Nr. 2 VwGO)
    • Das Landesrecht bestimmt dies in BW in: § 4 AGVwGO; BY: Art. 4 S. 1 AGVwGO; BB: § 4 I BbgVwGG; HB: Art. 7 I AGVwGO; HE: § 15 I AGVwGO; MV: § 13 Hs. 1 GerStrukGAG; NI: § 75 NJG; NRW: § 109a JustG; RP: § 4 I 1 AGVwGO; SL: § 18 AGVwGO; SN: § 24 I SächsJG; SA: § 10 AG VwGO LSA; SH: § 5 AGVwGO; TH: § 4 ThürAGVwGO.
    • Beispiele: Haushalts-, Abwasser-, Friedhofs-, Gebührensatzungen; gemeindliche Verordnungen über Ladenöffnungszeiten oder des Polizei- und Sicherheitsrechts (vgl. etwa Art. 42 ff. LStVG Bayern); Je BVerwG: auch (normkonkretisierende) Verwaltungsvorschriften, sofern diesen unmittelbare rechtliche Außenwirkung und somit „quasinormative Wirkung" zukommt (str.), sowie Geschäftsordnungen wie die eines Gemeinderates, sofern nach Sinn und Zweck der Normenkontrolle hierdurch zahlreiche Einzelprozesse verhindert werden können (str.)

 

Bereits erlassene Rechtsnormen

Die Normenkontrolle ist in allen Fällen nach h.M. nur statthaft gegen bereits erlassene Rechtsnormen (vgl. § 47 I Nr. 1 Alt. 1 VwGO: „erlassen worden sind"). D.h. sie müssen bereits verkündet, jedoch noch nicht in Kraft getreten sein. 

In Bezug auf bereits wieder außer Kraft getretene Normen fehlt ggf. das Rechtsschutzbedürfnis (s.u.).

 

 

 

Antragsbefugnis (§ 47 II 1 VwGO)

Natürliche oder juristische Personen (§ 47 II 1 Alt. 1 VwGO)

Gem. § 47 II 1 Alt. 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

Die subjektive Rechtsverletzung muss zumindest möglich erscheinen (h.M., Möglichkeitstheorie). 

Mögliche Rechtsverletzung = Diese ist nicht von vornherein und unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (Möglichkeitstheorie)

 

Behörden (§ 47 II 1 Alt. 2 VwGO)

Zudem können Behörden (i.S.d. § 1 IV VwVfG) den Antrag stellen. Sie müssen nach dem Wortlaut keine subjektive Rechtsverletzung geltend machen.

Nach e.A. müssen die Behörden jedoch bei der Ausübung ihrer behördlichen Aufgaben anwenden müssen (str.). (con) Telos der Vermeidung von Popularklagen bei Behörden von vornherein nicht einschlägi. 

Teilweise wird dies auch i.R.d. Rechtsschutzbedürfnisses der Behörden als ‚Normenkontrollinteresse‘ geprüft.

 

 

Antragsgegner (§ 47 II 2 VwGO)

Gem. § 47 II 2 VwGO ist Antragsgegner die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat.

In manchen Bundesländern (z.B. Bayern) wird dieser Punkt als „Passivlegitimation" zu Beginn der Begründetheit geprüft.

 

 

Antragsfrist (§ 47 II 1 VwGO)

  • Gem. § 47 II 1 VwGO ein Jahr ab Bekanntmachung der Rechtsvorschrift. Berechnung wie bei anderen Verfahren auch nach § 57 VwGO.
  • Nach e.A. gilt dies aufgrund des Wortlautes auch, wenn die Rechtswidrigkeit erst einige Zeit nach der Bekanntmachung eintritt (Stichwort: „funktionslose" Bebauungspläne). Nach a.A. dann Fristbeginn ab späterem Ereignis (pro) Systematik: Gebot des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 IV GG.
  • Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 60 VwGO ist nicht möglich, da es sich um eine Ausschlussfrist handelt, auf die § 60 VwGO keine Anwendung findet.

 

 

Beteiligtenfähigkeit (§ 47 II VwGO)

Die allg. Regelungen zur Beteiligtenfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO) finden auch auf die Normenkontrolle Anwendung, werden jedoch durch § 47 II 1 VwGO dahingehend modifiziert, dass auch Behörden aktiv beteiligungsfähig sind.

Somit kann Antragsteller neben natürlichen und juristischen Personen auch jede Behörde sein. Er muss sich gem. § 67 IV 1 VwGO vor dem OVG/VGH durch einen Prozessbevollmächtigten (§ 67 II VwGO) vertreten lassen.

Antragsgegner ist die erlassende Körperschaft, Anstalt oder Stiftung

 

 

Ordnungsgemäße Antragstellung (§§ 81, 82 VwGO analog) 

Analoge Anwendung der Vorschriften für die Klageerhebung (§ 81, 82 VwGO).

 

 

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis = Dem Antragsteller steht kein einfacherer und schnellerer Weg zur Verfügung, um sein Ziel zu erreichen und der angestrebte Rechtsschutz ist für ihn nicht nutzlos. 

Im Rahmen der Normenkontrolle ausnahmsweise nicht gegeben, wenn

    • die Rechtsfolgen der Norm bereits eingetreten sind oder
    • die Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten ist; außer diese entfaltet noch Rechtswirkungen „weil in der Vergangenheit liegende Sachverhalte noch nach dieser Rechtsvorschrift zu entscheiden sind" (BVerwG).

 

 

 

Begründetheit

Das Normenkontrollverfahren ist begründet, wenn die zur Überprüfung gestellte Norm gegen höherrangiges Recht verstößt und daher ungültig bzw. rechtswidrig ist.

Gehört zum „höherrangigen Recht" auch das Europarecht?

  • h.M.: (+) Ja
    (pro) Telos: „Bündelungsfunktion" der Normenkontrolle (soll zahlreichen Einzelprozessen vorbeugen)
  • a.A.: (–) Nein
    (pro) Systematik: Unionsrecht genießt lediglich Anwendungs- und keinen Geltungsvorrang. Das OVG / der VGH kann die Rechtsvorschrift in diesem Fall nicht für unwirksam erklären, sondern nur für unanwendbar.
    (con) Das OVG / der VGH kann die Rechtsvorschrift in diesem Fall jedoch für unanwendbar erklären.

In der Begründetheit der Normenkontrolle als objektives Beanstandungsverfahren ist das Gericht nicht mehr auf die Rechtsverletzung aus der Antragsbefugnis beschränkt, sondern nimmt eine umfassende objektive Rechtmäßigkeitskontrolle vor. 

Ermächtigungsgrundlage

 

Formelle Rechtmäßigkeit 

Zuständigkeit

Verfahren

Form

 

Materielle Rechtmäßigkeit 

In Bayern (§ 47 III VwGO i.V.m. Art. 98 S. 4 BV, Art. 2 Nr. 7, 55 VfGHG) sowie in Hessen (§ 47 III VwGO i.V.m. Art. 132 HV) keine Prüfung auf Vereinbarkeit mit der Landesverfassung.

Zuletzt bearbeitet: