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VwGO  
Verwaltungsgerichtsordnung

Öffentliches RechtVerwaltungsrecht

Verwaltungsprozessrecht

(1) Die mündliche Verhandlung kann in geeigneten Fällen und soweit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen als Videoverhandlung stattfinden. Eine mündliche Verhandlung findet als Videoverhandlung statt, wenn an ihr mindestens ein Verfahrensbeteiligter per Bild- und Tonübertragung teilnimmt. Verfahrensbeteiligte nach dieser Vorschrift sind die Beteiligten, ihre Bevollmächtigten und Beistände.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten oder von Amts wegen die Teilnahme per Bild- und Tonübertragung für einen Verfahrensbeteiligten, mehrere oder alle Verfahrensbeteiligte gestatten. Die Ablehnung eines Antrags auf Teilnahme per Bild- und Tonübertragung ist kurz zu begründen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die Vernehmung eines Zeugen, Sachverständigen oder Beteiligten per Bild- und Tonübertragung gestatten. Das Antragsrecht steht den Verfahrensbeteiligten, Zeugen und Sachverständigen zu. Absatz 1 gilt entsprechend.
(4) Den Verfahrensbeteiligten und Dritten ist es untersagt, die Übertragung aufzuzeichnen. Hierauf sind sie zu Beginn der Verhandlung hinzuweisen. Das Gericht kann die Videoverhandlung oder die Bild- und Tonübertragung nach Absatz 3 für die Zwecke des § 160a der Zivilprozessordnung ganz oder teilweise aufzeichnen. Über Beginn und Ende der Aufzeichnung hat das Gericht die Verfahrensbeteiligten und im Falle von Absatz 3 auch die Zeugen und Sachverständigen zu informieren.
(5) Entscheidungen nach dieser Vorschrift sind unanfechtbar.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für Erörterungstermine (§ 87 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und § 87c Absatz 2 Satz 1).
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO [analog])

Öffentliches RechtVerwaltungsrechtVerwaltungsprozessrecht

Prüfungsschema für die verwaltungsprozessrechtliche Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 I 4 VwGO [analog]) auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten VAs (Anfechtungssituation) oder der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Unterlassung / Ablehnung eines VAs (Verpflichtungssituation).

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit
  3. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO)
  4. Aufdrängende Sonderzuweisung
  5. Generalklausel des § 40 I 1 VwGO
  6. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
  7. Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art
  8. Keine abdrängende Sonderzuweisung
  9. Statthaftigkeit der FFK (§ 113 I 4 VwGO [analog])
  10. Klagegegenstand ist erlassener oder abgelehnter / unterlassener VA i.S.d. § 35 VwVfG
  11. VA / Ablehnung / Unterlassung hat sich erledigt
  12. Erledigung vor oder nach Klageerhebung?
  13. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen der FFK 
  14. Fortsetzungsfeststellungsinteresse
  15. Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Gestaltungsklage
  16. Klagebefugnis (§ 42 II VwGO [analog])
  17. Klagegegner / Passive Prozessführungsbefugnis (§ 78 VwGO [analog])
  18. Vorverfahren / Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO [analog]) 
  19. Klagefrist (§ 74 I VwGO / § 58 II VwGO [analog])
  20. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen
  21. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO) 
  22. Zuständiges Gericht (§§ 45, 52 VwGO)
  23. Ordnungsgemäße Klageerhebung (§§ 81, 82 VwGO)
  24. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
  25. Begründetheit

 

Ziel der Fortsetzungsfeststellungsklage (häufig ‚FFK‘): 

  • ‚Anfechtungssituation‘:
    Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten VAs.
  • ‚Verpflichtungssituation‘:
    Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Unterlassung / Ablehnung eines VAs.

Siehe zum Finden der richtigen Verfahrensart auch die Übersicht: Verwaltungsprozessrechtliche Verfahrensarten.

 

Zulässigkeit

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO)

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges richtet sich nach § 40 I 1 VwGO. Sie wird hier gleich geprüft, wie bei den anderen verwaltungsprozessrechtlichen Verfahrensarten, für die § 40 I 1 VwGO Anwendung findet, auch. Siehe zu den recht knappen Ausführungen hier unter I. ausführlich das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

Ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, führt dies nicht zur Klageabweisung als unzulässig, sondern zu einer Verweisung an das zuständige Gericht (§§ 17a II GVG, 83 VwGO). Daher wird der Punkt „Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs“ teilweise auch nicht unter „Zulässigkeit“, sondern – dann meist gemeinsam mit dem Punkt „Zuständiges Gericht“ – unter einem vorgezogenen Punkt „A. Entscheidungskompetenz des Gerichts“ geprüft.   In der Klausur wählt man ohne Begründung eine der beiden vertretbaren Aufbauarten.

 

Aufdrängende Sonderzuweisung

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, wenn eine spezialgesetzliche aufdrängende Sonderzuweisung vorliegt (insb. § 32 WPflG; § 78 II ZDG i.V.m. § 32 WPflG; § 126 I BBG / § 54 I BeamtStG; §§ 46, 71 III DRiG; § 60 DRiG; § 45 BDG; § 82 SG; § 54 BAföG).

 

Generalklausel des § 40 I 1 VwGO

Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor (zuerst prüfen), richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach der Generalklausel des § 40 I 1 VwGO, wonach es sich um eine (a) öffentlich-rechtliche Streitigkeit (b) nicht-verfassungsrechtlicher Art handeln muss, für die (c) keine abdrängende Sonderzuweisung gegeben ist.

Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Prüfungspunkt dient der Abgrenzung zum Privatrecht. 

  • Allgemeine Abgrenzungstheorien

    Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidenden Normen ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen bzw. verpflichten (h.M. Modifizierte Subjektstheorie / Sonderrechtstheorie; a.A. Subordinationstheorie; a.A. Interessentheorie).

    Nur dann, wenn die Frage nicht nach der modifizierten Subjektstheorie beantwortet werden kann, ist auf die anderen beiden Abgrenzungstheorien einzugehen. Ausführlich hierzu das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

  • Sonderfälle
    • Widerruf / Rücknahme einer Handlung: actus-contrarius-Theorie
    • Subventionsvergabe: Zwei-Stufen-Theorie; Ausnahme: Verlorene Zuschüsse
    • Nutzung von / Zugang zu öffentlichen Einrichtungen: Zwei-Stufen-Theorie
    • Hausverbot durch Behördenleiter: Differenzierung nach Form des Hausverbotes (h.M.; a.A. Zweck des Hausverbotes; a.A. Zweck des Aufenthalts)

Jeweils ausführlich hierzu das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

 

Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art
  • Zweck: Abgrenzung zur Zuständigkeit des BVerfG

Eine Streitigkeit ist nur dann verfassungsrechtlicher Art, wenn die sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit gegeben ist:

  • Beide Seiten sind unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte (formelles Kriterium) und ...
  • Streitgegenstand sind im Kern unmittelbar verfassungsrechtliche Rechte bzw. Pflichten (materielles Kriterium).

 

Keine abdrängende Sonderzuweisung

Es darf keine abdrängende Sonderzuweisung - durch Vorschriften, die ein anderes Gericht für zuständig erklären - vorliegen (z.B. § 51 SGG; § 33 FGO; § 40 II 1 VwGO; Art. 14 III 4 GG; Art. 34 S. 3 GG; § 217 I 4 BauGB; § 49 VI 3 VwVfG; Art. 104 II 1 GG i.V.m. Polizeigesetz des Landes wie z.B. Art. 18 II 1 BayPA / § 31 II Berl ASOG; letztlich insb. § 23 EGGVG für ‚Strafrechtspflege‘ = Repressive Tätigkeit / Strafverfolgung).
Siehe jeweils hierzu das Schema Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 I 1 VwGO).

 

 

Statthaftigkeit der FFK (§ 113 I 4 VwGO [analog])

  • Zweck: Abgrenzung zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
    Wäre die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ursprünglich begründet gewesen, hat sich der VA jedoch erledigt, kann der Kläger die Umstellung in eine FFK beantragen, um nicht um die ‚Früchte‘ seines Prozesses gebracht zu werden. Diese setzt im Unterschied zur Gestaltungsklage dann jedoch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse (s.u.) voraus. 

 

  • Die statthafte Klageart bestimmt sich vor den Verwaltungsgerichten stets nach dem Begehren des Klägers (§ 88 VwGO). Maßgeblich ist dabei, was der Kläger tatsächlich will und nicht der von ihm vorgebrachte Wortlaut (§ 86 III VwGO).
  • Die FFK ist nicht einzeln in den §§ 40 ff. VwGO geregelt. Ihre Zulässigkeit wird jedoch in § 113 I 4 VwGO vorausgesetzt. Sie ist gem. § 113 I 4 VwGO statthaft, wenn sich ein Verwaltungsakt im Falle einer statthaften Anfechtungsklage ‚vorher‘ erledigt hat. In der Fallbearbeitung sind die nachfolgenden Punkte durchzuprüfen:

Klagegegenstand ist erlassener oder abgelehnter / unterlassener VA i.S.d. § 35 VwVfG

Ist Gegenstand der Klage ein VA i.S.d. § 35 VwVfG und wurde dieser erlassen (Anfechtungsklage) oder abgelehnt / unterlassen (Verpflichtungsklage)?

 

VA / Ablehnung / Unterlassung hat sich erledigt

Erledigung eines VAs = Wenn eine etwaige Aufhebung nachträglich sinnlos geworden oder nicht mehr möglich ist, insb. wenn der VA die ihm ursprünglich innewohnende rechtliche Wirkung oder Steuerungsfunktion verloren hat

Beispiele für Erledigung (siehe § 43 II VwVfG):

  • Rücknahme (§ 48 VwVfG)
  • Widerruf (§ 49 VwVfG)
  • Zeitablauf eines befristeten VAs (§ 36 II Nr. 1 / 2 VwVfG)
  • Nicht: Der bloße Vollzug (siehe § 113 I 2 VwGO, der auf S. 1 aufbaut („auch“), welcher wiederum die Aufhebung eines bestehenden – also nicht erledigten – VAs voraussetzt).

Erledigung einer Ablehnung / Unterlassung eines VAs = Wenn ein etwaiger Erlass nachträglich sinnlos geworden oder nicht mehr möglich ist

 

Erledigung vor oder nach Klageerhebung?

  • Die FFK ist gem. § 113 I 4 VwGO (direkt) statthaft, wenn sich ein Verwaltungsakt im Falle einer statthaften Anfechtungsklage ‚vorher‘ erledigt hat. ‚Vorher‘ wird dabei von der h.M. aufgrund der systematischen Stellung des § 113 I 4 VwGO im 10. Abschnitt (Urteile und andere Entscheidungen) ausgelegt als: nach Klageerhebung und vor dem Urteil.

  • Bei Erledigung des VAs vor Klageerhebung sowie in Fällen der Verpflichtungsklage bei Erledigung vor oder nach Klageerhebung wendet die h.M. § 113 I 4 VwGO (doppelt) analog an.

Dies ergibt nachfolgende Fallkonstellationen:

Ursprünglich statthafte Klageart

Anfechtungsklage

z.B. Behörde B verpflichtet den A ohne Rechtsgrund zum Abriss seiner Gartenhütte

Verpflichtungsklage

z.B. Behörde B lehnt die von A beantragte Erlaubnis zum Glühweinausschank an seiner Gartenhütte trotz Vorliegen aller Voraussetzungen ab

Erledigung

z.B. Gartenhütte brennt nach Blitzeinschlag ab

z.B. Gartenhütte brennt nach Blitzeinschlag ab.

Zeitpunkt der Erledigung

Nach 
Klageerhebung

Vor 
Klageerhebung

Nach
Klageerhebung

Vor
Klageerhebung

Norm

§ 113 I 4 VwGO (direkt)

h.M.: § 113 I 4 VwGO analog

e.A.: § 43 I VwGO (Feststellungsklage)

Siehe Problembox unten.

§ 113 I 4 VwGO analog

§ 113 I 4 VwGO doppelt analog

 

Besteht eine planwidrige Regelungslücke im Falle der Erledigung vor Klageerhebung? 

Für den spezifischen Fall der Erledigung eines rechtswidrigen VAs (Anfechtungsklage) vor Klageerhebung ist strittig, ob eine – für eine analoge Anwendung des § 113 I 4 VwGO erforderliche – planwidrige Regelungslücke vorliegt, oder ob auf § 43 I VwGO (allg. Feststellungsklage) zurückgegriffen werden kann.

Nach h.M. handelt es sich in jedem Fall um eine ‚Fortsetzungsfeststellungsklage‘, die nur jeweils unterschiedlich normativ verankert wird. Das Erfordernis einzelner Sachentscheidungsvoraussetzungen (Frist, Vorverfahren) sollte nach h.M. für jeden Prüfungspunkt separat anhand juristischer Auslegung beurteilt werden (s. dazu unten) und hängt nicht pauschal an der normativen Verankerung in § 43 I oder 113 I 4 VwGO, sodass der Streit knapp abgehandelt werden sollte (str.).

  • e.A.: Allgemeine Feststellungsklage einschlägig 
    → Keine planwidrige Regelungslücke
  • h.M.: Allgemeine Feststellungsklage nicht statthaft; somit FFK
    → Planwidrige Regelungslücke → Analoge Anwendung des § 113 I 4 VwGO

    (proSystematik: VwGO trennt systematisch zwischen Rechtsbehelfen mit VA-Bezug (wie FFK) und sonstigen Rechtsbehelfen (wie der allg. Feststellungsklage); Telos: Sonst hinge die statthafte Klageart von Zufälligkeiten (Erledigung vor oder nach Klageerhebung) ab.

 

 

Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen der FFK 

Die Unterteilung in besondere und allgemeine (s.u.) Sachentscheidungsvoraussetzungen soll helfen zu verstehen, was nur bei der FFK und was bei jeder verwaltungsrechtlichen Klage zu prüfen ist. Sie kann auch weggelassen werden.

Fortsetzungsfeststellungsinteresse

§ 114 I 4 VwGO erfordert, dass „der Kläger ein berechtigtes Interesse“ an der Feststellung hat.

  • Wiederholungsgefahr

    Hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit eines in sachlicher und tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen gleich gelagerten Falles in zumindest absehbarer Zeit (h.M.: im Versammlungsrecht wegen der besonderen Bedeutung des Art. 8 GG geringe Anforderungen)
  • Rehabilitationsinteresse (insb. bei diskriminierenden Maßnahmen)
    Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) insb. durch diskriminierende oder ehrenrührige Inhalte
    z.B. öffentliche oder intime körperliche Durchsuchung
  • Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses
    • (+) Bei Erledigung nach Klageerhebung (direkte Anwendung § 114 I 4 VwGO) Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorhanden
      (pro) Prozessökonomie: Kläger soll nicht um die „Früchte“ der bisherigen Prozessführung gebracht werden
    • (-) Bei Erledigung vor Klageerhebung (analoge Anwendung § 114 I 4 VwGO) kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorhanden
    • (pro) Prozessökonomie: Für den Amtshaftungsprozess zuständiges ordentliches Gericht (Zivilgericht) ist kompetent, inzident die Vorfrage der Rechtswidrigkeit des erledigten VAs zu klären
  • Schwerwiegender Grundrechtseingriff
    Da jeder belastende VA auch einen Eingriff in die allg. Handlungsfreiheit darstellt, reicht nicht jeder beliebige Grundrechtseingriff aus. Erforderliche Schwere des Eingriffs str.
    Anerkannte Beispiele: Grundrechtseingriffe, die unter Richtervorbehalt stehen wie Wohnungsdurchsuchungen (Art. 13 GG); Versammlungsauflösungen (Art. 8 GG)
  • Typischerweise kurzfristig erledigte Eingriffe (str.)
    • (–) BVerfG: Auch diese Fallgruppe erfordert zusätzlich einen schwerwiegenden Eingriff und geht somit in der vorherigen Fallgruppe (s.o.) auf
    • (+) BVerwG: Kein schwerwiegender Eingriff erforderlich; Fortsetzungsfeststellungsinteresse stets gegeben bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten
      (pro) Für solche Eingriffsakte wäre sonst meist nur der Eilrechtsschutz einschlägig, aber Art. 19 IV GG erfordert auch einen wirksamen Rechtsschutz in der Hauptsache
      (con) Damit erfüllt der Prüfungspunkt des Fortsetzungsfeststellungsinteresses kaum noch eigenständige Filterfunktion 

 

Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Gestaltungsklage

Die Fortsetzungsfeststellungklage ist statthaft, als Fortsetzung des hypothetischen Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehrens. Daher sind nach h.M. grds. auch die jeweiligen Zulässigkeitsvoraussetzungen der ursprünglich erhobenen Gestaltungsklage zu erforderlich (die h.M. wendet diese direkt an, wenn § 113 I 4 VwGO direkt anwendbar ist und in den anderen Fällen analog): 

Klagebefugnis (§ 42 II VwGO [analog])

Siehe zu den hier knappen Ausführungen ausführlich, je nach Konstellation, das Schema für die Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO) oder die Verpflichtungsklage (§ 42 I Alt. 2 VwGO).

 

  • Bei ursprünglicher Anfechtungsklage: 
    Der Kläger ist klagebefugt, wenn er substantiierte Tatsachen vortragen kann, die es zumindest möglich erscheinen lassen (h.M., Möglichkeitstheorie), dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war und er dadurch in einem subjektiven Recht verletzt wurde. (Insb. wenn der Kläger Adressat eines belastenden VAs ist; Adressatentheorie).

  • Bei ursprünglicher Verpflichtungsklage: 
    Der Kläger ist klagebefugt, wenn er substantiierte Tatsachen vortragen kann, die es zumindest möglich erscheinen lassen (h.M., Möglichkeitstheorie), dass die Ablehnung oder Unterlassung des VAs rechtswidrig war und er dadurch in seinen Rechten verletzt wurde. Dies ist der Fall, wenn er möglicherweise einen Anspruch auf den Erlass des begehrten VAs hatte. (Keine Adressatentheorie, sondern mögliche Anspruchsgrundlage nennen.)

Mögliche Rechtsverletzung = Diese ist nicht von vornherein und unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (Möglichkeitstheorie)

 

Klagegegner / Passive Prozessführungsbefugnis (§ 78 VwGO [analog])

In manchen Bundesländern (z.B. Bayern) wird dieser Punkt als „Passivlegitimation“ zu Beginn der Begründetheit geprüft.

Klagegegner ist...

  • Grundsätzlich: Rechtsträger (Bund / Land / Gemeinde) der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat (§ 78 I Nr. 1); Aber: Da der Rechtsträger einer Behörde für juristische Laien nicht immer einfach zu ermitteln ist, genügt gem. § 78 I Nr. 1 Hs. 2 VwGO für die Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde
  • Ausnahme: Behörde ist selbst Beklagte, wenn das Landesrecht dies anordnet: 
    • BB: § 8 II 1 BbgVwGG
    • MV: § 14 II GerStrukGAG
    • NI: § 79 II NJG & § 8 II AG VwGO
    • SA: § 8 S. 2 AG VwGO LSA;
    • SH: § 69 LJG SchlH und § 6 S.2 AGVwGO SH
    • SL: § 19 II AGVwGO

 

Vorverfahren / Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO [analog]) 

Nach der h.M. bleibt die Klage auch nach Umstellung in eine FFK ihrer Natur nach Anfechtungs- / Verpflichtungsklage und teilt damit grds. deren Erfordernis eines Vorverfahrens. Hat der Kläger die Widerspruchsfrist versäumt, kann aus einer unzulässigen Anfechtungsklage später nicht zufälligerweise durch Erledigung eine zulässige FFK werden. Das Widerspruchsverfahren ist daher grds. erforderlich.

Zeitpunkt der Erledigung

Nach 
Klageerhebung

Vor 
Klageerhebung

Widerspruchs-verfahren

(+) Widerspruchsverf. erforderlich
Keine Umgehung der
Zulässigkeits-voraussetzungen der Anfechtungsklage durch FFK (i.d.R. unproblematisch, wenn Klage bereits erhoben wurde)

  • e.A.: (+) Widerspruchsverf. immer erforderlich
  • h.M.: (+/-) Widerspruchsverf. erforderlich, außer Erledigung tritt innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) oder während des Vorverfahrens ein

 

 

 

 

 

 

 

Strittig ist, ob ein Widerspruchsverf. noch sinnvoll ist und in Gänze durchlaufen werden muss, wenn Erledigung vor Klageerhebung innerhalb der Widerspruchsfrist der während des laufenden Verfahrens eintritt.

Erfordernis eines Widerspruchsverf. bei Erledigung innerhalb der Widerspruchsfrist oder während des laufenden Verfahrens

  • e.A.: (+) Widerspruchsverfahren immer erforderlich
    (proSystematik: FFK bleibt auch nach Umstellung ihrer Natur nach Anfechtungs- / Verpflichtungsklage und teilt damit deren Erfordernis eines Widerspruchsverf. Hat der Kläger die Widerspruchsfrist versäumt, kann aus unzulässiger Anfechtungsklage später nicht zufälligerweise durch Erledigung eine zulässige FFK werden.
    Telos des Widerspruchsverf. ist lediglich Selbstkontrolle der Verwaltung, die auch noch nach Erledigung stattfinden und mit Feststellung der Rechtswidrigkeit enden kann; so auch Entlastung der Gerichte
  • h.M.: (+/–) Widerspruchsverfahren bei Erledigung innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) oder während des Vorverfahrens nicht erforderlich
    (pro) Wie zuvor, aber Telos des Widerspruchsverf. ist sowohl Selbstkontrolle als auch Selbstkorrektur. Letztere ist nach Erledigung innerhalb der Widerspruchsfrist oder während des laufenden Verfahrens nicht mehr möglich und dem Kläger ist dies nicht vorzuwerfen. Auch begehrt der Kläger dann i.d.R. gerichtliche und nicht behördliche Feststellung der Rechtswidrigkeit. Daher entfällt in diesen Fällen das Erfordernis eines (weiteren) Durchlaufens eines Widerspruchsverf.

Auf die Frage, ob das Widerspruchsverfahren grds. erforderlich ist sollte nur ausführlich eingegangen werden, wenn es nicht ohnehin unstatthaft / entbehrlich ist – insb. weil das Landesrecht dies anordnet (§ 68 I 2 HS 1 VwGO; siehe dazu ausführlich das Schema Widerspruchsverfahren / Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO):

  • BE: § 63 II JustG
  • BW: § 15 AGVwGO
  • BY: Art. 12 II AGVwGO
  • HE: § 16a AGVwGO
  • HH: § 6 II AGVwGO
  • MV: §§ 13a, 13b GenStrukGAG
  • NI: § 80 NJG
  • NRW: § 110 JustG
  • SA: § 8a AGVwGO
  • TH: §§ 8a ff. AGVwGO

 

Klagefrist (§ 74 I VwGO / § 58 II VwGO [analog])

Bei Erledigung nach Klageerhebung gilt nach h.M. die reguläre Monatsfrist des § 74 I VwGO. Hat der Kläger die Klagefrist versäumt, kann aus einer unzulässigen Anfechtungsklage später nicht zufälligerweise durch Erledigung eine zulässige FFK werden. 

Strittig ist, ob die Klagefrist noch sinnvoll ist, wenn Erledigung vor Klageerhebung und innerhalb der Widerspruchsfrist oder während des Vorverfahrens eintritt.

 

 Zeitpunkt der Erledigung

Nach 
Klageerhebung

Vor 
Klageerhebung

Frist

Normale Monatsfrist des § 74 I VwGO (i.d.R. unproblematisch, wenn Klage bereits erhoben wurde)

  • e.A.: (+) Normale Klagefrist § 74 I / ggf. 58 II VwGO
  • BVerwG: (-) Keine Klagefrist aber ggf. Verwirkung

 

Klagefrist bei Erledigung vor Klageerhebung innerhalb der Widerspruchsfrist oder während des laufenden Verfahrens

  • e.A.: (+) Klagefrist § 74 I / 58 II VwGO
    (proTelos der Frist: Kein zeitlich unbegrenzter Rechtsschutz und Schaffung von Rechtssicherheit
    Aber beachte: In aller Regel wird die hypothetische Möglichkeit der Erledigung eines VAs und die sich dann nach h.M. ergebende Möglichkeit der sofortigen FFK ohne Erfordernis eines Widerspruchsverf. (s.o.) nicht vorhergesehen und in die Rechtsbehelfsbelehrung mit aufgenommen, sodass nicht die Monatsfrist des § 74 I VwGO, sondern die Jahresfrist aufgrund unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung nach § 58 II VwGO greift.
  • BVerwG: (–) Keine Klagefrist aber ggf. Verwirkung
    (pro): Telos der Frist ist die rechtliche Schaffung von Rechtssicherheit (Bestandskraft), die mit Erledigung aber bereits faktisch eintritt (Urteil kann nur noch feststellend, aber nicht mehr gestaltend wirken);
    Systematik: Kein zeitlich unbegrenzter Rechtsschutz, da Fortsetzungsfeststellungsinteresse die Filterfunktion der Frist bereits erfüllt (Wiederholungsgefahr nur bei zeitlicher Nähe; nur bei anderen besonderen Fallgruppen ist auch ohne enge zeitliche Nähe ausnahmsweise noch Feststellung geboten) und i.R.d. Rechtsschutzinteresses bei Bestandskraft vor Erledigung eine Verwirkung anzunehmen ist.

 

 

Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen

Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61, 62 VwGO) 

Siehe Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

Zuständiges Gericht (§§ 45, 52 VwGO)

Siehe Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

Ordnungsgemäße Klageerhebung (§§ 81, 82 VwGO)

Siehe Schema Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO).

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis = Dem Kläger steht kein einfacherer und schnellerer Weg zur Verfügung, um sein Ziel zu erreichen und der angestrebte Rechtsschutz ist für ihn nicht nutzlos.

Nach Ansicht des BVerwG bei Erledigung vor Klageerhebung keine Frist (s.o.), aber das Rechtsschutzbedürfnis entfällt (Verwirkung), wenn der Kläger bei ursprünglicher Anfechtungsklage den VA bzw. bei ursprünglicher Verpflichtungsklage einen etwaigen Ablehnungsbescheid vor Erledigung bestandskräftig werden ließ – die Klagefrist also bei Erledigung bereits abgelaufen war.

 

 

 

Begründetheit

Die FFK führt die ursprüngliche Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage fort, sodass deren (ursprüngliche) Begründetheit geprüft wird. Siehe zu den hier recht knappen Formulierungen daher ausführlich mit weiteren Unterpunkten die Schemata Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO) und Verpflichtungsklage (§ 42 I Alt. 2 Var. 1 / 2 VwGO).

Bei ursprünglicher Anfechtungsklage: Die FFK ist begründet, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wurde.

Bei ursprünglicher Verpflichtungsklage: Die FFK ist begründet, soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wurde.

Beachte, dass in einigen Bundesländern die Passivlegitimation in der Begründetheit geprüft wird (z.B. Bayern) und somit in den Obersatz mit aufgenommen werden muss.

 

 

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