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StPO  
Strafprozessordnung

Strafrecht

Strafprozessrecht

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.
(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern
1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.
(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.
(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn
1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.
(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.
Quelle: BMJ
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LexMea

Festnahmerecht (§ 127 I StPO)

Prüfungsschema zum Rechtfertigungsgrund des Jedermann-Festnahmerechts (§ 127 I StPO), das jedermann die vorläufige Festnahme eines auf frischer Tat Betroffenen oder eines Fluchtverdächtigen erlaubt.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Objektive Voraussetzungen
  3. Festnahmebefugnis: Jedermann
  4. Festnahmelage: Auf frischer Tat betroffen
  5. Festnahmegrund: Fluchtgefahr oder Identitätsfeststellung nicht möglich
  6. Festnahmehandlung
  7. Subjektive Voraussetzungen
  8. Kenntnis der Festnahmelage
  9. Handeln in Festnahmewille

 

Objektive Voraussetzungen

Festnahmebefugnis: Jedermann

Jedermann“ ist zur Festnahme befugt.

 

Festnahmelage: Auf frischer Tat betroffen

Festnahmelage = Der Täter muss auf frischer Tat betroffen oder verfolgt sein.

    • Auf frischer Tat betroffen = Der Täter wird bei der Begehung der Tat selbst oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt (räumlich-zeitlicher Zusammenhang).

    • Auf frischer Tat verfolgt = Täter ist nicht mehr am Tatort, aber es bestehen andere sichere Anhaltspunkte für seine Täterschaft und es wurde unmittelbar nach Erkennen der Tat mit der Verfolgung begonnen.

Wann liegt eine „Tat“ i.S.d. § 127 I StPO vor?

  • e.A. materiell-rechtliche Theorie
    Tatsächlich begangene Tat i.S.d. § 11 I Nr. 5 StGB
    (pro) Wortlaut: „Tat“; Systematik: Abs. 2 verlangt Haftbefehl u. mithin dringenden Tatverdacht (Umkehrschluss).

  • a.A. prozessuale Theorie
    Ausreichend ist ein hinreichender Tatverdacht (sodass Schluss auf eine Tat ohne vernünftige Zweifel möglich).

 

Festnahmegrund: Fluchtgefahr oder Identitätsfeststellung nicht möglich

Die Festnahme ist zulässig, wenn eine Fluchtgefahr besteht oder die Identität des Täters nicht sofort festgestellt werden kann – also eine Entziehung der Strafverfolgung droht.

 

Festnahmehandlung

Gerechtfertigt sind Handlungen zur Ermöglichung der Strafverfolgung. Auch freiheitsberaubende Maßnahmen oder (einfache) Körperverletzungen, sofern sie zur Festnahme nötig sind (und nicht etwa repressiven Zwecken dienen). Die Festnahmehandlung muss stets verhältnismäßig sein. Lebensgefährdende Gewalt (z.B. Schuss mit einer Waffe) ist daher regelmäßig unzulässig.

 

 

Subjektive Voraussetzungen

Kenntnis der Festnahmelage

 

Handeln in Festnahmewille

Absicht (dolus directus 1. Grades), den Festgenommenen der Strafverfolgung zuzuführen (str.; a.A.: nicht erforderlich, da kein „um … zu“ im Wortlaut).

 

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