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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.
(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er
1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.
(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.
(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.
(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.
(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.
Quelle: BMJ
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LexMea

Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur falschen Verdächtigung (§ 164 StGB): Bestraft wird, wer einen objektiv falschen Tatverdacht in Bezug auf einen anderen hervorrufen, bestärkt oder umlenkt.

Subjektiv erforderlich ist nach h.M. bewusster Vorsatz (dolus directus 2. Grades) bezüglich der Falschheit des Tatvorwurfs sowie nach h.M. (entgegen des weitergehenden Wortlautes „Absicht“) lediglich bewusster Vorsatz (dolus directus 2. Grades), ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen einen anderen herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Verdächtigen
  5. Objektive Falschheit der Verdächtigung
  6. Einen Anderen
  7. Adressat der Verdächtigung
  8. Subjektiver Tatbestand
  9. Wider besseres Wissen
  10. Absicht, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen
  11.  Rechtswidrigkeit
  12. Schuld

 

  • Rechtsgut
    • Schutz der staatlichen Rechtspflege vor falscher Inanspruchnahme (soweit auch § 145d StGB), aber zusätzlich auch ...
    • Schutz des Individuums vor falscher Verdächtigung

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Neben Abs. 1 wäre Abs. 2 als eigener Tatbestand zu prüfen. Er entfaltet jedoch wenig Examensrelevanz. Das Schaffen einer falschen Beweislage genügt nach Abs. 2 nach ganz h.M. nicht („sonstige Behauptung“). Bedeutsam ist er in der Praxis als Auffangtatbestand insb. für Ordnungswidrigkeiten sowie Maßnahmen der Gewerbeaufsicht (da: keine Bezichtigung einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht erforderlich).

 

Verdächtigen

Verdächtigen = Das Hervorrufen, Bestärken oder Umlenken eines Verdachts

  • Geeignetheit
    Täuschung muss ex ante geeignet sein, die Strafverfolgungsbehörden zu unnützen Maßnahmen zu veranlassen (Arg: Schutzzweck).
    z.B. nicht bei völlig absurden Schilderungen wie A habe B verhext.

  • Modalität

    • Unstrittig: Durch falsche Tatsachenbehauptungen

    • Str., ob auch durch Schaffen verdachtserregender Beweislagen sowie durch Leugnen oder durch Leugnen unter logischer Berufung auf irgendeinen Dritten (siehe jeweils Problembox).

Ist ein „Verdächtigen“ durch Schaffen einer verdachtserregenden Beweislage möglich?

Beispiel: Verstecken einer Tatwaffe oder von Diebesgut bei einem anderen

  • e.A.: (–) Nein, keine Strafbarkeit
    (pro) Systematik: Auslegung des Abs. 1 im Lichte des Wortlautes des Abs. 2: „sonstige Behauptung“; Auslegung des Abs. 1 im Lichte des § 165 StGB: Modalität „öffentlich“ und „durch Verbreiten von Schriften“ dort nur bei Aufstellung von Behauptungen möglich, nicht bei Schaffung verdachtserregender Beweislagen.

  • h.M.: (+) Ja, strafbar
    (pro) Wortlaut: lässt weite Auslegung zu; Telos: auch durch das Schaffen einer verdachtserregenden Beweislage ist eine gleiche Gefährdung des Betroffenen möglich (Individualtheorie)

 

Ist ein „Verdächtigen“ durch Leugnen möglich?

  • (-) Einfaches Leugnen = Bloßes Negieren des Tatverdachts
    Beispiel 1: „Das war ich nicht.“
    Nach ganz h.M. (-) nicht strafbar.
    (
    pro) Systematik: Aussageverweigerungsrecht (Nemo Tenetur-Grundsatz aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 I GG und Rechtsstaatsprinzip) muss neben Schweigen auch Leugnen ermöglichen

 

  • (+/-) Modifiziertes Leugnen = Leugnen unter Berufung auf irgendeinen Dritten
    Beispiel 2: „Das war ich nicht. Das war sicher wieder jemand aus Düsseldorf.“

    • h.M.: (-) Strafbarkeit
      (pro) Systematik: Aussageverweigerungsrecht (Nemo Tenetur-Grundsatz aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 2 I GG und Rechtsstaatsprinzip) dadurch erheblich eingeschränkt; auch im Zivilrecht „Recht auf qualifizierte Lüge“ z.B. bei Frage nach Schwangerschaft im Einstellungsverfahren

    • e.A.: (+) Strafbarkeit
      (pro) Dem Täter wäre auch ein straffreies einfaches Leugnen möglich gewesen; Telos: Bereits modifiziertes Leugnen ist geeignet, die Rechtspflege durch unnütze Ermittlungen falsch in Anspruch zu nehmen.

 

  • (+) Qualifiziertes Leugnen
    Beispiel 3: „Das war ich nicht. Das war doch sicher wieder der Hans K. Müller! Ich hab den gestern sogar am Tatort gesehen.“
    Nach ganz h.M. (+) strafbar.
    (pro) Telos: Nimmt die Rechtspflege durch unnütze Ermittlungen falsch in Anspruch.

 

Objektive Falschheit der Verdächtigung

Kern der Mitteilung muss objektiv falsch sein. Dies folgt aus (1) Überschrift „falsche Verdächtigung“ und (2) Wortlaut „wider besseren Wissens“.

Muss der Verdächtige tatsächlich unschuldig sein?

Beispiel: A beobachtet B bei einem Einbruch und erstellt mit Photoshop Bilder des Einbruchs.

  • e.A.: (+) Ja
    (pro) Wortlaut: Verdächtigung ist sonst nicht objektiv falsch.
    Beispiel (-) nicht strafbar.

  • a.A.: (–) Nein
    (pro) Telos: Auch der Schuldige ist schutzbedürftig gegenüber falschem Beweismaterial und auch durch falsche Beweistatsachen wird die Rechtspflege unnötig beansprucht (da sie nicht verwertet werden dürfen).
    Beispiel (+) strafbar.

 

Einen Anderen

Die falsche Verdächtigung muss eine bestimmte, identifizierbare, verfolgbare (= noch lebende) Person bezichtigen.

Nicht ausreichend ist die Selbstbezichtigung oder ein falscher Verdacht gegen Unbekannt (dann § 145d StGB).

 

Adressat der Verdächtigung

Die Verdächtigung kann erfolgen:

  • gegenüber einer Behörde (§ 11 I Nr. 7 StGB; nach h.M. – im Unterschied zu § 145d StGB – auch eine ausländische Behörde (pro) Telos: Schutzgut hier auch Individualrechtsschutz und nicht nur deutsche Rechtspflege);
  • gegenüber einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle oder einem militärischen Vorgesetzten (insb. Staatsanwaltschaft, Polizeistelle, Disziplinarvorgesetzte), oder
  • öffentlich (= vor einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis)

 

Subjektiver Tatbestand

Wider besseres Wissen

Erforderlich ist bewusster Vorsatz (dolus directus 2. Grades) bezüglich

  • h.M.: der Falschheit des Tatvorwurfs
  • a.A.: der Falschheit der vorgetragenen Tatsachen (sonst kein Vorsatz des Täters, der Bilder vom beobachteten Einbruch fälscht)

 

Absicht, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen

  • Entgegen dem Wortlaut „Absicht“ ist nach h.M. keine Absicht im rechtstechnischen Sinne (dolus directus 1. Grades) notwendig.

  • Direkter Vorsatz / Wissentlichkeit (dolus directus 2. Grades) ist demnach ausreichend.

  • Eventualvorsatz (dolus eventualis) reicht hingegen nicht aus.

Siehe zu den jeweiligen Unterschieden ausführlich die Übersicht: Vorsatz und Fahrlässigkeit.

 

 

 Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

Speziell hier stellt sich das Problem:

Ist eine (rechtfertigende) Einwilligung möglich?

Beispiel: Fahrer A und Beifahrer B tauschen nach einem Verkehrsunfall kurz vor einer Polizeikontrolle die Sitzplätze.

Ergebnis ist abhängig vom geschützten Rechtsgut des § 164 StGB:

  • e.A.: (+) Einwilligung möglich
    (pro) Individualtheorie (Rechtsgut ist nur Schutz des Individuums) & Kumulationstheorie (Rechtsgut ist auch Schutz der Rechtspflege, aber beide Rechtsgüter müssen verletzt sein)
  • a.A.: (–) Einwilligung nicht möglich
    (pro) Rechtspflegetheorie & Alternativitätstheorie

  

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

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