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StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Die Verjährung ruht
1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.
(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem
1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).
(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.
(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat
1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.
(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.
Quelle: BMJ
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LexMea

Entschuldigender Notwehrexzess (§ 33 StGB)

StrafrechtStrafrecht AT

Prüfungsschema zum Entschuldigungsgrund des Notwehrexzesses (§ 33 StGB), bei dem der Täter nicht bestraft wird, wenn er die Grenzen der Notwehr wegen asthenischer Affekte überschreitet.

Strittig ist vor allem, ob nur der intensive oder auch der extensive Exzess erfasst sind.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Übersicht und Systematik unterschiedlicher Notwehrexzesse
  3. Intensiver Notwehrexzess
  4.  Objektive Voraussetzungen
  5. Bestehen einer Notwehrlage (§ 32 StGB)
  6. Überschreiten der Grenzen der Notwehr
  7. Asthenischer Affekt
  8. Subjektive Voraussetzungen (str.)
  9. Extensiver Notwehrexzess
  10. Putativnotwehrexzess

 

§ 33 StGB knüpft begrifflich an die Notwehr (§ 32 StGB) an, sodass jene stets zuvor (auf der Ebene der Rechtswidrigkeit) zu prüfen ist. Fehlt dort ein Element, kommt ggf. ein Notwehrexzess in Betracht.

Der Gesetzgeber hat sich nicht eindeutig entschieden (nur: „wird nicht bestraft“), nach heute ganz h.M. wird der Notwehrexzess jedoch auf der Ebene der Schuld geprüft.
(pro): Die persönliche Vorwerfbarkeit des individuellen Täters ist reduziert, wenn dieser aus einem asthenischen Affekt (s.u.) heraus handelt, sich also in einem psychischen Ausnahmezustand befindet.

 

Übersicht und Systematik unterschiedlicher Notwehrexzesse

Die zuvor zu prüfende Notwehr (§ 32 StGB) setzt im Rahmen der objektiven Voraussetzungen eine Notwehrlage sowie eine (erforderliche und gebotene) Notwehrhandlung voraus. Je nachdem, welches Merkmal der Notwehr fehlt, wird in verschiedene Arten des Notwehrexzesses (§ 33 StGB) unterschieden:

  • Intensiver Notwehrexzess
    Liegt eine Notwehrlage vor, überschreitet der Täter jedoch die Grenzen der Notwehrhandlung (nicht erforderlich und / oder geboten) aufgrund zu intensiver (daher der Name) Gegenmaßnahmen kommt nach dem Wortlaut des § 33 StGB ein intensiver Notwehrexzess in Betracht.
    Beispiel: A geht mit einem Schlagstock auf B zu und will ihn ausrauben. Als lokaler Schützenkönig könnte B den Angreifer durch gezielte Schüsse in die Beine mit genügend Abstand zu Fall bringen. Aus heftiger Furcht heraus entscheidet er sich jedoch für einen tödlichen Schuss in den Kopf.

 

  • Extensiver Notwehrexzess
    Liegt keine Notwehrlage vor, weil der Angriff noch nicht oder nicht mehr vorliegt, überdehnt der Täter also die zeitlichen Grenzen (daher der Name), kommt nach e.A. über den Wortlaut des § 33 StGB hinaus ein extensiver Notwehrexzess in Betracht.
    Beispiel: A geht mit einem Schlagstock auf B zu und will ihn ausrauben. Als B seine Pistole zieht und einen Warnschuss abgibt, dreht A postwendend um und rennt davon. B ist kurz verwirrt und feuert aus starker Verwirrung, auf den bereits weit geflüchteten A.

 

  • Putativnotwehrexzess
    Liegt keine Notwehrlage vor, weil ein Angriff nie vorlag / nicht vorliegt, irrt der Täter jedoch hierüber (daher der Name; „putativ“ = lat. vermeintlich, eingebildet, irrtümlich) und überschreitet der Täter zudem selbst die Grenzen einer potenziellen Notwehr, kommt nach e.A. über den Wortlaut des § 33 StGB hinaus ein Putativnotwehrexzess in Betracht.
    Beispiel: B denkt, der A geht mit einem Schlagstock auf ihn zu und will ihn ausrauben, weshalb er ihm einen tödlichen Schuss in den Kopf verpasst. In Wirklichkeit floh der A lediglich mit seinem Knirps (Regenschirm) in der Hand vor dem plötzlichen Starkregen. 

 

II. Rechtfertigung
Notwehr (§ 32 StGB)

III. Schuld
Entschuldigender Notwehrexzess
(§ 33 StGB)

 

1. Objektive Voraussetzungen

 

 

 

a) Notwehrlage

- gegenwärtiger

- rechtswidriger

- Angriff auf ein notstandsfähiges Rechtsgut

Angriff liegt noch nicht oder nicht mehr vor.

e.A. über Wortlaut hinaus:
extensiver Notwehrexzess

 

Angriff liegt / lag nie vor,

aber Täter irrt hierüber und überschreitet zudem die Grenzen einer potenziellen Notwehr.

e.A. über Wortlaut hinaus:
Putativnotwehrexzess

 

b) Notwehrhandlung

- erforderliche

- gebotene

- Verteidigungshandlung (ggü. Angreifer)

 

Notwehrhandlung ist nicht erforderlich und / oder geboten (aufgrund zu intensiver Gegenmaßnahmen).

Regelfall des Wortlauts:
Intensiver Notwehrexzess

 

2. Subjektive Voraussetzungen (str.)

- Kenntnis der Notwehrlage

- Verteidigungsabsicht

Dem Täter fehlen die subjektiven Elemente der Notwehr.

Kein Entschuldigungsgrund (§ 33 StGB), aber nach ...

  • e.A. geringere Strafzumessung

  • a.A. nur Versuchsstrafbarkeit (siehe Schema zu § 32)

 

 

 

 

Intensiver Notwehrexzess

 Objektive Voraussetzungen

Bestehen einer Notwehrlage (§ 32 StGB)

Siehe das Schema zur Notwehr (§ 32 StGB).

 

Überschreiten der Grenzen der Notwehr

Die Notwehrhandlung des Täters überschreitet in ihrer Intensität die Grenzen des § 32 StGB. Sie ist also nicht erforderlich und / oder geboten

Findet § 33 StGB auch Anwendung, wenn die Notwehrhandlung nicht geboten ist?

 

  • Fall1: Krasses Missverhältnis zwischen zu schützendem und angegriffenem Rechtsgut (siehe § 32 StGB)

    • h.M.: (-) Nein
      Notwehrexzess mit Rechtsfolge der gänzlichen Strafbefreiung nicht anwendbar
      (pro) Keine hinreichende Unrechtsminderung durch Handlung des Täters.

    • a.A.: (+) Ja
      Notwehrexzess mit Rechtsfolge der gänzlichen Strafbefreiung auch hier anwendbar.
      (pro) Wortlaut nimmt keine Einschränkung vor.

 

  • Fall 2: Notwehrprovokation

    • h.M.: (+/-) Differenzierend
      Notwehrexzess mit Rechtsfolge der gänzlichen Strafbefreiung ist...

      • (-) nicht anwendbar in Fällen der absichtlichen Notwehrprovokation. 

        (pro) Hier wurde bereits die Notwehrlage vorwerfbar herbeigeführt.

      • (+) anwendbar in Fällen der sonst vorwerfbaren Notwehrprovokation.

    • a.A.: (-) Nein
      Notwehrexzess mit Rechtsfolge der gänzlichen Strafbefreiung in beiden Fällen nicht anwendbar.
      (pro) Der Täter startet die Provokation noch ohne asthenischen Affekt und kann sich dann nicht auf seine durch den Angriff ausgelöste Furcht o.ä. berufen (vgl. die Argumente zur actio libera in causa).

 

Asthenischer Affekt

  • Anforderung

    • Asthenische Affekte
      Der Täter muss aus hochgradiger Furcht, Verwirrung oder Schrecken (asthenische Affekte; lat. heftige Gemütsbewegung der Schwäche) handeln.

    • Nicht: sthenische Affekte
      Nicht entschuldigt sind hingegen Handlungen aus Wut, Hass, Zorn (sthenische Affekte; lat. heftige Gemütsbewegung der Stärke / Kraft).

  • Begründung
    Besondere, durch den Ursprungstäter verursachte psychische Ausnahmesituation; heftige Emotionalität kann kognitive Entscheidungs- und Steuerungsprozesse beeinträchtigen (emotionale Kurzschlussreaktion).

  • Indizien dafür
    Keine Vorbereitung oder Ankündigung, impulsive Tathandlung, widersprüchliches Nachtatverhalten.

  • Indizien dagegen
    Längerer Konflikt mit dem Opfer, lange andauernde Tathandlung, konsequentes Nachtatverhalten.

 

 

Subjektive Voraussetzungen (str.)

  • e.A.: Die exzessive Notwehrhandlung des Täters muss in Verteidigungsabsicht (dolus directus 1. Grades) erfolgen.
    (pro)
    „um … zu“ im Wortlaut der Notwehr (§ 32 StGB) und hier Verweis auf diese

  • a.A.: Keine subjektiven Elemente erforderlich
    (pro) Erforderlichkeit subjektiver Elemente ist bereits i.R.d. Notwehr nach § 32 StGB strittig.; beim vorliegenden § 33 StGB zudem kein „um… zu“ im Wortlaut.

 

 

Extensiver Notwehrexzess

Gilt § 33 StGB auch in Fällen des zeitlich extensiven Notwehrexzesses (zu frühes oder zu spätes Handeln)?

  • h.M.: (-) Nicht anwendbar
    (pro)
    Wortlaut: Ohne Notwehrlage ist das Notwehrrecht gar nicht erst entstanden. Existiert dieses Recht nicht (mehr) können auch seine Grenzen nicht überschritten werden.

  • a.A.: (+/-) Nicht anwendbar auf das zu frühe Handeln, anwendbar auf das zu späte Handeln
    (pro)
    Wortlaut: Bei zu spätem Handeln lag die Notwehrlage mal vor und ihre (zeitlichen) Grenzen werden überschritten.

  • a.A.: (+) Stets anwendbar
    (pro) Telos: Das etwas zu frühe oder zu späte Handeln (keine gegenwärtige Notwehrlage) ist psychologisch ebenso auf einen Affekt zurückzuführen wie z.B. das zu intensive Handeln (keine gebotene Notwehrhandlung).

 

 

Putativnotwehrexzess

Es handelt sich um eine Kombination aus einem Erlaubnistatbestandsirrtum (Täter stellt sich irrig Gründe vor, die zum Vorliegen eines Notwehrrechts führen würden) und einem Notwehrexzess (Täter würde selbst in diesem Fall die Grenzen der Notwehr überschreiten).

Gilt § 33 StGB auch in Fällen des Putativnotwehrexzesses?

  • h.M.: (-) Nicht anwendbar, stattdessen ggf. indirekter Verbotsirrtum (§ 17 StGB).
    (pro
    Wortlaut: Notwehr muss objektiv vorliegen (nicht: „die vorgestellten Grenzen der Notwehr“).
  • a.A.: (+) § 33 StGB analog anwendbar, wenn der Irrtum unvermeidbar war oder das Opfer den Irrtum mitverschuldet hat.
    (pro) Telos: Auch dann geringer Schuldvorwurf an den Täter.

 

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