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StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Das Gericht kann die verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,
1.
den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
2.
sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
5.
bestimmte Gegenstände, die ihr Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
6.
Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die sie nach den Umständen zu Straftaten missbrauchen kann,
7.
sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle, einer bestimmten Dienststelle oder der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer zu melden,
8.
jeden Wechsel der Wohnung oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden,
9.
sich im Fall der Erwerbslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden,
10.
keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird, und sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,
11.
sich zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abständen bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen oder
12.
die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist, unbeschadet des Satzes 5, nur zulässig, wenn
1.
die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist,
2.
die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde,
3.
die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und
4.
die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten.
Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist. Abweichend von Satz 3 Nummer 1 genügt eine Freiheits- oder Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, wenn diese wegen einer oder mehrerer Straftaten verhängt worden ist, die unter den Ersten oder Siebenten Abschnitt des Besonderen Teils fallen; zu den in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Straftaten gehört auch eine Straftat nach § 129a Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1.
(2) Das Gericht kann der verurteilten Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, insbesondere solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. Das Gericht kann die verurteilte Person insbesondere anweisen, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung). Die Betreuung und Behandlung kann durch eine forensische Ambulanz erfolgen. § 56c Abs. 3 gilt entsprechend, auch für die Weisung, sich Alkohol- oder Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind.
(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung der verurteilten Person keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(4) Wenn mit Eintritt der Führungsaufsicht eine bereits bestehende Führungsaufsicht nach § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 endet, muss das Gericht auch die Weisungen in seine Entscheidung einbeziehen, die im Rahmen der früheren Führungsaufsicht erteilt worden sind.
(5) Soweit die Betreuung der verurteilten Person in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 11 oder ihre Behandlung in den Fällen des Absatzes 2 nicht durch eine forensische Ambulanz erfolgt, gilt § 68a Abs. 8 entsprechend.
Quelle: BMJ
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LexMea

Anstiftung (§ 26 StGB)

StrafrechtStrafrecht AT

Prüfungsschema zur Anstiftung (§ 26 StGB), bei der ein Anstifter für das Hervorrufen des Tatentschlusses eines anderen, der eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat begangen hat, bestraft wird. 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat
  5. Bestimmen zur Tat (§ 26 StGB)
  6. Subjektiver Tatbestand
  7. Vorsatz bzgl. Bestimmen zur Tat
  8. Vorsatz bzgl. Haupttat (TB & RW)
  9. Ggf. Tatbestandsverschiebung (§ 28 II StGB)
  10. Rechtswidrigkeit
  11. Schuld (beachte § 29 StGB)
  12. Ggf. Strafmilderung (§ 28 I StGB)

 

 

Unterschied:

  • Anstiftung
    Bestimmen =
    Hervorrufen des Tatentschlusses
  • Beihilfe
    Hilfeleisten = Jeder Tatbeitrag, der die Rechtsgutsverletzung ermöglicht, erleichtert oder verstärkt. Ausführlich hierzu das Schema Beihilfe (§ 27 StGB).

 

Auch strafbar sind:

  • Kettenanstiftung (Anstiftung zur Anstiftung oder zur Beihilfe)
    Prüfungsschema der Anstiftung; die Rechtsfolgen richten sich nach der schwächsten Beteiligungsform in der Kette (bei Anstiftung zur Beihilfe also Strafmilderung nach § 27 II 2 StGB).

  • Anstiftung zum Versuch
    Dann bei I. 1. a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat den Versuch prüfen oder darauf verweisen.

  • Versuchte Anstiftung zum Verbrechen (§ 30 I StGB)
    Dann Schema des Versuchs (I. Vorprüfung, ob strafbar; II. Tatbestand; 1. Tatentschluss; 2. Unmittelbares Ansetzen)

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat

  • Anstiftung ist akzessorisch zur Haupttat. Daher ist stets erst eine vorsätzliche, rechtswidrige (nicht notwendigerweise schuldhafte, s. § 29 StGB; ‚limitierte Akzessorietät‘) Haupttat festzustellen.
  • Zumindest strafbarer Versuch der Haupttat (dann: Anstiftung zum Versuch); wenn bereits die Anstiftung im Versuch stecken bleibt, kommt bei Verbrechen § 30 I StGB in Betracht
  • Möglich ist auch die Anstiftung zur Anstiftung ('Kettenanstiftung'); Haupttat soll dann aber für alle Beteiligten die letztlich begangene Tat sein, nicht die weitere Anstiftung zur Tat
  • Auch die Anstiftung zur Beihilfe ist möglich, dabei findet die Milderung des § 27 II StGB Anwendung

 

Bestimmen zur Tat (§ 26 StGB)

Bestimmen = Hervorrufen des Tatentschlusses

In welcher Form muss der Anstifter den Tatentschluss hervorrufen?

  • h.M. Kommunikationstheorie
    Willensbeeinflussung im Wege eines offenen geistigen / kommunikativen Kontakts.

  • a.A. Verursachungstheorie
    Willensbeeinflussung durch beliebige Mittel.
    z.B. durch Schaffen einer sozial-inadäquaten Anreizsituation
    (pro) Erfasst auch geschickte Kriminelle mit subtileren Methoden
    (con) Systematik: Erfasst eine enorme Vielzahl von Beiträgen ohne Möglichkeit der Strafmilderung (kein § 27 II 2 StGB)

  • a.A. Kollusionstheorie
    Willensbeeinflussung in Form des kollusiven Zusammenwirkens von Täter und Anstifter im Rahmen eines Unrechtspaktes.
    (con) Systematik: Schwere Abgrenzung zur Mittäterschaft; Unbestimmtheit (Art. 103 II GG) und Beweisschwierigkeiten

 

Tatentschluss des Täters steht bereits fest (omnimodo facturus), wird verringert (Abstiftung), verstärkt (Aufstiftung) oder auf eine andere Tat umgelenkt (Umstiftung)

 

  • Omnimodo facturus (lat. etwa ‚unter allen Umständen entschlossen, die Tat zu begehen‘)
    Der Täter ist bereits fest und unter allen Umständen zur Begehung der Tat entschlossen (nicht: reine Tatgeneigtheit), zu der auch der Anstifter ihn zu bestimmen versucht. Der Anstifter ruft dann keinen (neuen) Tatentschluss hervor.

    (–) Anstiftung,
    aber nach h.M. ggf. psychische Beihilfe (§ 27 StGB) und bei Verbrechen Versuch der Anstiftung (§ 30 I StGB).

 

  • Aufstiftung / Umstiftung
    Auch hier ist der Täter bereits zur Tatbegehung entschlossen. Der Anstifter ruft jedoch einen weitergehenden Tatentschluss hervor.

    → (+) Anstiftung
    aber str., was als ‚weitergehender' Tatentschluss zu werten ist:

    • e.A. Umstiftung
      Anstiftung nur bei Hervorrufen eines Tatentschlusses einer anderen Tat.
      z.B. Diebstahl statt Körperverletzung

    • a.A. Mittlere Aufstiftung
      Anstiftung bereits bei Hervorrufen des Tatentschlusses einer Qualifikation (mittlere Aufstiftung).
      z.B. § 224 statt § 223 StGB

    • h.M. Leichte Aufstiftung
      Anstiftung bereits bei jedem beliebigen „Bestimmen“ zu eigenständigem Unrecht (leichte Aufstiftung).
      z.B. 4 Schläge statt nur 2 im Rahmen einer Körperverletzung oder andere Tatbestandsalternative wie KV mittels Gift statt Waffe

 

  • Abstiftung
    Auch hier ist der Täter bereits zur Tatbegehung entschlossen. Der Anstifter verringert durch sein Einwirken den Tatentschluss jedoch, sodass nur das leichtere Grunddelikt begangen wird.

    (–) Anstiftung
    da kein neuer Tatentschluss hervorgerufen wird. Str. ist jedoch, ob psychische Beihilfe zum Grunddelikt vorliegt:

    • h.M.: Objektive Zurechnung entfällt aufgrund einer ‚Risikoverringerung‘

    • a.A.: Psychische Beihilfe kommt in Betracht, kann aber wegen Notstand (z.B. § 34 StGB, § 228, 904 BGB) oder mutmaßlicher Einwilligung gerechtfertigt sein

 

Subjektiver Tatbestand

Erforderlich ist sog. „doppelter Anstiftervorsatz“:

Vorsatz bzgl. Bestimmen zur Tat

Vorsatz bzgl. Haupttat (TB & RW)

  • An Vorsatz des Gehilfen sind dieselben Anforderungen zu stellen wie beim Haupttäter selbst = Vorsatz bezüglich Ausführung und Vollendung einer bestimmten, in wesentlichen Grundzügen konkretisierten Tat.

  • Unwesentliche Abweichungen gelten als unerheblich. Wesentliche Überschreitungen bei der Tatausführung (z.B. Mord bei Aufforderung, eine ‚kleine Abreibung‘ zu erteilen) sind nicht mehr vom Vorsatz umfasst 
    → keine Haftung für den Exzess des Täters.

Wie wirkt sich ein error in persona vel objecto des Haupttäters auf den Anstifter aus?

Wenn Haupttäter unbeachtlichem error in persona vel objecto unterliegt, stellt sich die Frage nach der Auswirkung auf den Anstifter.

Beispiel: Anstifter A bezahlt T dafür, seinen Erzfeind A zu erschießen. Im Dunkeln erschießt T den B, den er für A hält.

  • e.A. Unbeachtlichkeitstheorie
    Unbeachtlichkeit der Abweichung beim Täter führt auch zur Unbeachtlichkeit beim Anstifter.
    (pro) Akzessorietätsgedanke; keine Besserstellung durch Anstiftung
    (con) Tötet der Täter nach Bemerken seines Fehlers auch noch das eigentliche Opfer, wäre der Anstifter strafbar wegen zweifacher Anstiftung zum Mord („Blutbadargument“), obwohl er von vornherein nur den Tod eines Opfers wollte.

  • a.A. Wesentlichkeitstheorie
    Unbeachtlichkeit der Abweichung beim Täter führt nur dann zur Unbeachtlichkeit beim Anstifter, wenn die Abweichung unwesentlich war.
    (pro) Parallele zur Behandlung des Exzesses eines angestifteten Täters
    (con) ‚Wesentlichkeit‘ zu unbestimmter Rechtsbegriff (Art. 103 II GG)

 

Vorsatz ist nicht auf Vollendung / endgültige Rechtsgutverletzung gerichtet (Lockspitzelfälle / agents provocateurs / verdeckte Ermittler)

Beispiel: A vermutet, dass B ein Seriendieb ist und fordert ihn daher auf, in den Laden des C einzubrechen, vor dem der A wartet, um den B nach Vollendung der Tat verhaften zu lassen.

Ziel: A soll hier nicht gleich bestraft werden wie der B

  • e.A. Rechtsgutgefährdungstheorie
    Kein Vorsatz des Anstifters, wenn er das Rechtsgut nicht gefährden möchte (z.B. nur sehr frühes Versuchsstadium ohne Gefährdung für Rechtsgut will).

  • a.A. formelle Vollendungstheorie
    Kein Vorsatz des Anstifters, wenn er nicht möchte, dass das Delikt formell beendet wird (= alle Merkmale irgendeines Straftatbestandes liegen vor; z.B. spätes Versuchsstadium, bei dem auch schon eine Gefährdung für das Rechtsgut vorliegen kann).

  • a.A. materielle Vollendungstheorie
    Kein Vorsatz des Anstifters, wenn er nicht möchte, dass das Delikt materiell beendet wird (= tatsächlicher Abschluss des Tatgeschehens; z.B. fassen des Täters vor dem Laden wie im Bsp.)

 

ggf. Tatbestandsverschiebung (§ 28 II StGB)

Sofern besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen (nicht aber begründen; dann § 28 I StGB) ist diesbezüglich nicht auf den Haupttäter sondern auf den Teilnehmer abzustellen, sodass es zu einer Tatbestandsverschiebung kommen kann.

Beispiel: Amtsräger G leistet H bei dessen Körperverletzung Beihilfe. Währen es sich bei der Haupttat von H um eine Körperverletzng (§ 223 I StGB) handelt, wird G gem. §§ 340, 27 StGB bestraft.

Sofern, wie bei den subjektiven Mordmerkmalen (§ 211 II, 1. und 3. Gruppe), umstritten ist, ob es sich um strafschärftende (h.L.) oder strafbegründende (Rspr.) Merkmale handelt, ist an dieser Stelle eine Streitentscheidung erforderlich.

 

Rechtswidrigkeit

 

Schuld (beachte § 29 StGB)

 

Ggf. Strafmilderung (§ 28 I StGB)

 

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