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StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
Quelle: BMJ
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LexMea

Schwere Brandstiftung (§ 306a I StGB)

Prüfungsschema zum Grundtatbestand § 306a I StGB: Strafbar ist, wer regelmäßig frequentierte oder religiöse Tatobjekte in Brand setzt oder durch Brandlegung zerstört. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1 – 3)
  5. Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient (Nr. 1)
  6. Der Religionsausübung dienendes Gebäude (Nr. 2)
  7. Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient (Nr. 3)
  8. Tathandlung
  9. Inbrandsetzen
  10. Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
  11. Subjektiver Tatbestand
  12. Rechtswidrigkeit
  13.   Schuld
  14. Strafzumessung
  15. Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)
  16. Tätige Reue (§ 306e StGB)
  17. Qualifikationen

 

  • Deliktart
    Abstraktes Gefährdungsdelikt
  • Rechtsgut
    • Leben und Gesundheit von Menschen
    • Nicht: Eigentum

 

Die Schwere Brandstiftung nach § 306a I StGB ist ein eigenständiges, abstraktes Gefährdungsdelikt, das unabhängig und selbstständig neben § 306 I StGB und § 306a II StGB steht.

Das Delikt stellt alleine die abstrakte Gefährlichkeit der Tathandlung unter Strafe. Es muss daher weder zu einer konkreten Gefährdung von Menschen gekommen sein (so beim konkreten Gefährdungsdelikt des § 306a II StGB), noch muss das Tatobjekt fremd sein (so beim das Eigentum schützenden Erfolgsdelikt § 306 I StGB).

Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB)

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1 – 3)

Die tauglichen Tatobjekte sind in Abs. 1 Nr. 1 - 3 abschließend aufgelistet.

Liegt ein taugliches Tatobjekt vor, wenn der Täter sich versichert, dass sich darin keine Menschen befinden?

  • e.A.: (+) Tatobjekt liegt auch dann vor; Ablehnung jeglicher Einschränkungen
    (pro) Systematik: § 306a I StGB ist abstraktes Gefährdungsdelikt; Einschränkung lässt Grenze zu konkreten Gefährdungsdelikten verschwimmen.
  • Rspr.: (–) Tatobjekt liegt dann nicht vor (teleologische Reduktion), wenn der Täter sich zuverlässig und lückenlos vergewissert hat, dass eine Gefährdung von Menschen nicht eintreten kann. Kommt nur bei kleinen, einräumigen, auf einen Blick überschaubaren Gebäuden in Betracht.
    (pro) Telos: Geringerer Erfolgsunwert (dann keine Gefährdung von Menschen) und Handlungsunwert (Täter will Gefährdung gerade vermeiden). Die dem abstrakten Gefährdungsdelikt zugrundeliegende Vermutung der Gefährlichkeit der Handlung wurde tatsächlich widerlegt.

 

Wann tritt die Vollendung des Delikts bei gemischt genutzten Gebäuden ein?

Gemischt genutzte Gebäude sind solche, die sowohl Wohnzwecken (Nr. 1) / dem Aufenthalt (Nr. 3), als auch gewerblichen Zwecken dienen. Generell werden gemischt genutzte Gebäude von § 306a I erfasst, wenn sie mit dem Wohngebäude nach ihrer äußeren Erscheinung und inneren Einrichtung ein einheitliches Ganzes bilden.

  • e.A.: Vollendung erst, wenn das Feuer tatsächlich den Wohn- oder Aufenthaltsbereich ergriffen hat oder durch Brandlegung teilweise zerstört hat.
  • a.A.: Vollendung bereits, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Feuer auch auf den Wohn- / Aufenthaltsbereich übergreifen kann, insbesondere wenn gewerblicher und Wohnteil ein „einheitliches Gebäude“ bilden.
    (con) Systematik: Versuchsstrafbarkeit hierfür ausreichend; Vorverlagerung der Strafbarkeit

 

Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient (Nr. 1)

„Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient“ ist der (weitere) Oberbegriff. „Gebäude“, „Schiff“, „Hütte“ (siehe für einzelne Definitionen das Schema bei § 305 StGB) sind lediglich Beispiele hierfür (Arg. Wortlaut: „oder eine andere Räumlichkeit“).

Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient = Nach allen Seiten abgeschlossener Raum, der Wohnzwecken gewidmet wurde

  • Größe
    Muss (anders als bei § 306 I Nr. 1) nicht zwingend mit dem Boden verbunden sein; kann auch beweglich sein; erforderlich ist jedoch ein Mindestmaß an Bewegungsmöglichkeit (z.B. Wohnwagen; nicht jedoch Auto)

  • Widmung
    Widmung zu Wohnzwecken bedeutet, dass die Wohnung gegenwärtig tatsächlich Wohnzwecken dient, d.h. den räumlichen Lebensmittelpunkt für mindestens eine Person darstellt (z.B. nicht der noch unbezogene Neubau); Widmung muss nicht durch Eigentümer erfolgt sein (z.B. auch widerrechtlich besetzte Häuser)

  • Entwidmung
    Entwidmung beendet Tatobjekteigenschaft (z.B. Auszug, Tod der Bewohner; Inbrandsetzen durch Bewohner selbst)

 

Der Religionsausübung dienendes Gebäude (Nr. 2)

Erneut ist „der Religionsausübung dienendes Gebäude“ der (weitere) Oberbegriff; die „Kirche“ ein Beispiel hierfür. Gleichermaßen geschützt sind demnach etwa Synagogen oder Moscheen.

Muss die Tat an dem der Religionsausübung dienenden Gebäude zu einer Zeit erfolgen, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen?

  • h.M.: (+) Ja
    (pro) Teleologische Reduktion, durch entsprechende Anwendung der Tatzeitklausel des Nr. 3. Das heißt strafbar sind nur Handlungen, die „zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen“ begangen werden.

  • a.A.: (-) Nein
    (pro) Systematik: Dann hätte die Nr. 2 keine eigenständige Bedeutung neben Nr. 3; Telos: Nr. 2 schützt nicht nur Menschen, sondern auch die Wahrung des religiösen Friedens.

 

Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient (Nr. 3)

Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient = Nach allen Seiten abgeschlossener Raum, der tatsächlich geeignet und bestimmt ist, mehreren Menschen zeitweise Aufenthalt zu gewähren

Beispiele: Geschäfte, Büros, Museen, Theater, Fähren, Autobusse; nicht: Telefonzellen 

  • Voraussetzung ist eine abstrakte Regelmäßigkeit der tatsächlichen Nutzung durch Menschen („zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient“) sowie eine grundsätzlich regelmäßige Nutzung zur Tatzeit („zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen“; Tatzeitformel).
    z.B. auch nachts von 03:00 - 04:00 Uhr in einer Tankstelle, wenn dort stets die Reinigungskräfte anwesend sind

  • Ob sich tatsächlichen Menschen in der Räumlichkeit aufhalten, ist unerheblich. Nicht ausreichend für eine Strafbarkeit ist etwa der rein zufällige Aufenthalt eines Menschen, sofern hinter diesem keine entsprechende Regelhaftigkeit steht.
    z.B. nachts von 03:00 – 04:00 Uhr, wenn ein einzelner Beamter ausnahmsweise in einer sonst leeren Behörde übernachtet

 

 

Tathandlung

§ 306a I StGB ist Erfolgsdelikt. Die Tathandlung muss daher jeweils kausal und objektiv zurechenbar zu einer Beeinträchtigung des Tatobjekts geführt haben.

Inbrandsetzen

→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)

Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung

→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)

 

 

Subjektiver Tatbestand

Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale.

Handelt der Täter lediglich fahrlässig, ist § 306d I StGB als eigenständiges Fahrlässigkeitsdelikt getrennt zu prüfen. Siehe hierzu auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

Beachte vorliegend: Anders als bei § 306 I StGB kommt eine Einwilligung von Seiten des Eigentümers nicht in Betracht (Arg.: Schutzgut ist nicht das Eigentum).

 

 

  Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung

Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)

Tätige Reue (§ 306e StGB)

  • Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
  • vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h. ...
    • bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.) und
    • bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr.

 

 

Qualifikationen

  • Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I StGB
    § 306b I StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.
  • Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b II StGB
    § 306b II StGB stellt eine Qualifikation des § 306a StGB dar. Ist die Qualifikation erfüllt, können die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes geprüft werden. Aufgrund der Komplexität der Brandstiftungsdelikte empfiehlt sich jedoch i.d.R. eine getrennte Prüfung. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich in jedem Fall eine getrennte Prüfung, um die unterschiedlichen Ergebnisse besser festhalten zu können.
  • Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB
    § 306c StGB stellt ebenfalls eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.

 

Siehe zur Systematik auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).

Siehe allgemein für den Unterschied zwischen Qualifikation und Erfolgsqualifikation die Übersicht: Qualifikation, Erfolgsqualifikation, besonders schwerer Fall.

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