StGB Strafgesetzbuch
Nichtvermögensdelikte
- 1.
- bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
- 2.
- soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.
Prüfungsschema zu § 231 StGB: Täter beteiligt sich vorsätzlich an einer Schlägerei oder einem von mehreren verübten Angriff, bei der ein Mensch zu Tode kommt oder eine schwere Körperverletzung im Sinne des § 226 StGB erleidet.
Beim Tod eines Menschen / der schweren Körperverletzung handelt es sich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, die nicht von Vorsatz erfasst sein muss.
Schlägerei = Tätlicher Streit zwischen mindestens 3 Personen
Tätlich = Unter Zuführung gegenseitiger Körperverletzungen
Nicht mitgezählt wird, wer reine Schutzwehr übt.
Beispiel: Arme oder einen Gegenstand schützend vor sich halten, um Angriffe abzuwehren
Auch durch Notwehr gedeckte KV ist zunächst als tätlich zu werten (Arg.: erhöht die abstrakte Gefährlichkeit und schaukelt Situation weiter auf); aber dann ggf. keine Vorwerfbarkeit beim gerechtfertigten Täters (s.u.)
Von mehreren verübter Angriff = Feindselige, unmittelbar auf den Körper des Opfers abzielende Einwirkung durch mind. 2 Personen
„Beteiligung“ ist nicht technisch i.S.v. Täterschaft oder Teilnahme zu verstehen.
Beteiligung = Anwesenheit am Tatort und physische oder aktiv psychische Anteilnahme
Ausweislich Abs. 2 ist nicht strafbar, „wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.“ Die Vorwerfbarkeit richtet sich nach ganz h.M. nach dem Vorliegen von Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen. Umstritten ist, wo diese geprüft werden.
Wo werden im Rahmen des § 231 StGB die Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe geprüft?
h.M.: Im Tatbestand
Dies bedeutet, dass im Rahmen des § 231 ausnahmsweise bereits der Tatbestand entfällt, wenn Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe einschlägig sind.
(pro) Wortlaut/Systematik: Abs. 2 erhebt das Nicht-Vorliegen von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen zur Tatbestandsvoraussetzung. Abs. 2 hätte sonst keine eigenständige Funktion, da die Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe nach dem Tatbestand ohnehin stets geprüft werden.
a.A.: Im Anschluss an den Tatbestand in der Rechtswidrigkeit / Schuld
(pro) Es handelt sich lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die (separate) Prüfung der Rechtswidrigkeit / Schuld, die allerdings gerade bei Schlägereien regelmäßig komplexe Fragen aufwirft (etwa Notwehrprovokation u. dergl.)
Vorsatz bezüglich der Beteiligung an einer Schlägerei / dem von mehreren verübten Angriff
In jedem Fall ist bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (lat. dolus eventualis) bzgl. der Beteiligung an einer Schlägerei / dem von mehreren verübten Angriff erforderlich.
Ist i.R.d. § 231 StGB neben dem Vorsatz bezüglich der Beteiligung an einer Schlägerei / dem von mehreren verübten Angriff auch ein subjektives Element bezüglich des Todes / der schweren KV erforderlich?
h.M.: (-) Nein, kein Vorsatz und auch keine Fahrlässigkeit bzgl. schwerer Folge erforderlich
(pro) Systematik: Es handelt sich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, da die Voraussetzung im Wortlaut erst nach dem (grds. Vorsatz erfordernden) Tatbestand, unterbrochen durch die Rechtsfolgen, genannt wird.
a.A.: (+) Ja, zumindest Vorhersehbarkeit der schweren Folge als Element der Fahrlässigkeit erforderlich
(pro) Systematik: analoge Anwendung v. § 18 StGB, da der Wortlaut - wie bei Erfolgsqualifikationen auch - von „verursacht“ spricht.
(con) Historie: Wille des Gesetzgebers zur rein objektiven Bedingung der Strafbarkeit durch Nennung nach Strafmaß.
Die schwere Folge ist objektive Bedingung der Strafbarkeit, d.h. sie muss nicht vom Vorsatz oder der Fahrlässigkeit des Täters umfasst sein. Im Wortlaut lässt sich dies durch die Nennung nach dem Strafmaß erkennen.
Eintritt einer schweren KV (i.S.d. § 226 StGB) oder des Todes einer Person (auch z.B.: Zuschauer, Helfer, Polizei)
Ist der Täter strafbar, wenn die schwere Folge bei ihm selbst eintritt?
e.A.: (-) Absehen von Strafe (§ 60 StGB)
(pro) Systematik: Generelle Straflosigkeit der Selbstschädigung
a.A.: (+) Strafbarkeit des Täters
(pro) Telos: Auch dann ist die schwere Folge ein Indiz für die strafbegründende Gefährlichkeit des Gesamtgeschehens
Zeitpunkt - Muss der Täter bei Eintritt der Folge schon / noch beteiligt sein?
h.M.: (-) Zeitpunkt ist irrelevant
Also auch Strafbarkeit, wenn die schwere Folge vor oder nach Beteiligung des Täters eintritt.
(con) Systematik: Schuldprinzip / Verantwortungsprinzip; Wortlaut („durch“) erfordert nach e.A. Kausalzusammenhang zw. Beitrag und schwerer Folge (s.u.), der nach Austritt des Täters nicht mehr besteht.
e.A.: (+) Ja, der Täter muss schon / noch beteiligt sein
Also keine Strafbarkeit, wenn der Täter seine Beteiligung vor Eintritt der schweren Folge aufgibt.
(con) Beweisschwierigkeiten
(con) Fortwirken der durch Beteiligung des Täters erhöhten Gefährlichkeit
Die schwere Folge muss „durch die Schlägerei oder den Angriff (…) verursacht worden“ sein.
Welcher Verursachungszusammenhang muss zwischen der Schlägerei / dem Angriff und der schweren Folge bestehen?
Beispiel 1: Das Opfer eines von mehreren verübten Angriffs in Form einer Verfolgung stirbt beim Überqueren einer Straße.
Beispiel 2: Bei einer Schlägerei stehenbleibende Zuschauer, starten aus einem anderen Grund eine neue Schlägerei, bei der eine Person stirbt.
e.A.: Lediglich Kausalität (Äquivalenztheorie) zwischen der Schlägerei / dem Angriff allgemein und der schweren Folge erforderlich
→ Geringste Anforderung: (+) Beispiel 1 und (+) Beispiel 2
(con) Erfassung auch gänzlich entfernter schwerer Folgen ohne engen Zusammenhang zum Tatgeschehen wie z.B. stehenbleibende Zuschauer, die aus anderem Grund eine neue Schlägerei starten, bei der eine Person stirbt.
h.M.: Tatspezifischer Gefahrzusammenhang = Realisierung der in der Schlägerei / dem Angriff angelegten Gefahr in der schweren Folge erforderlich
→ Mittlere Anforderung: (+) Beispiel 1; (-) Beispiel 2
→ Strengste Anforderung: (-) Beispiel 1; (-) Beispiel 2
(con) Historie und Wortlaut: Klarer gesetzgeberischer Wille der Ausgestaltung als abstraktes Gefährdungsdelikt
Nach h.M. werden Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe wg. Abs. 2 (s.o. „Nichtvorwerfbarkeit der Beteiligung“) bereits im Tatbestand geprüft. Siehe zusammenfassend hierzu die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.