Prüfungsschema zur Geldwäsche (§ 261 StGB): Täter erschwert den staatlichen Zugriff auf auch nur die mittelbaren Vorteile einer fremden Vortat im eigenen oder Drittinteresse durch verbergen, umtauschen, übertragen, verbringen etc.
Deliktart
Systematik der Anschlussdelikte
Innerhalb der Anschlussdelikte (§§ 257 ff. StGB) regelt § 261 StGB die „sachliche Begünstigung“ (in Bezug auf die Beute)
in eigenem Interesse oder dem eines Dritten. Ziel ist es zumeist die (auch nur mittelbaren) Vorteile der Tat in den legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf einzuschleusen.
Siehe hierzu die Übersicht: Anschlussdelikte §§ 257 ff. StGB.
Normstruktur des § 261 StGB
Die Norm wurde zum 18.03.2021 durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche (Überschießende Umsetzung der EU RL 2018/1673/EU) erheblich umstrukturiert:
Abs. 1 enthält Tathandlungen, die sich auf das Tatobjekt selbst beziehen. Die Gefährdung der staatlichen Ermittlungstätigkeit und des staatlichen Einziehungsrechts erfolgt hier zumeist durch eine Veränderung des Ortes oder der Besitz-/Eigentumsverhältnisse am Tatobjekt selbst. Die Tatbestandsvarianten weißen dabei zum Teil erhebliche Überschneidungen auf und können gleichzeitig erfüllt sein.
Beispiel: Verstecken eines gestohlenen Autos in der Garage
Abs. 2 enthält Tathandlungen, die sich nicht auf das Tatobjekt selbst beziehen, sondern auf Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft des Tatobjekts von Bedeutung sein können.
Beispiel: Verbrennen der Fahrzeugpapiere
Entgegen der geläufigen Vorstellung von Geldwäsche kann taugliches Tatobjekt nicht nur Geld sein, sondern jeder Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat „herrührt“.
Gegenstand = Sachen und Rechte
Beispiele: Geldscheine; Aber auch: Yacht, Edelsteine, Forderungen, Geschäftsanteile etc.
In Frage kommt jede beliebige rechtswidrige Straftat.
Abs. 1 S. 2 a.F. enthielt noch einen abschließenden Katalog an Vortaten, aus denen das Tatobjekt herrühren muss. Es handelte sich dabei im Groben um Vortaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. Mit der Gesetzesnovelle zum 18.03.2021 wurde dieser Vortatenkatalog abgeschafft, sodass nunmehr jede (Bagatell-)Straftat umfasst ist.
Insb. im Zusammenspiel mit dem Leichtfertigkeitstatbestand (Abs. 6) hat dies Bedenken in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm ausgelöst.
Tatort der Vortat
Die Vortat kann auch im Ausland begangen worden sein, sofern sie nach deutschem Strafrecht strafbar wäre (Abs. 9).
Herrühren = Gegenstand lässt sich aufgrund einer Kette wirtschaftlicher Verwertungshandlungen auf die Vortat zurückführen
Unterbrechung des Herrührens
Es darf jedoch keine Unterbrechung des Herrührens durch straflosen Vorerwerb gegeben sein (= ein Dritter hat den Gegenstand zuvor ohne Straftat erlangt; Arg.: Blockade des Wirtschaftsverkehrs vermeiden; Abs. 1 S. 2).
Liegt ein taugliches Tatobjekt vor, wenn ein Ersatzgegenstand nur zu Teilen aus einer Vortat herrührt?
Beispiel: A raubt 1.000€ und kauft mit zusätzlichen 4.000 € ein Motorrad.
e.A.: (+) Ja, taugliches Tatobjekt
(pro) Bemakeltes Geld ‚vergiftet‘ den gesamten Gegenstand
a.A.: (+/–) Abhängig vom Anteil
Unteransichten reichen von zumindest einem „nicht unerheblichen“ bis zu einem „weit überwiegenden“ Anteil.
(pro) Keine übermäßige Ausdehnung der Strafbarkeit
(con) Schwierigkeit der klaren Grenzziehung; Umgehungsmöglichkeit bei klarer Grenzziehung (einfach 1% weniger)
§ 261 I StGB umfasst Tathandlungen, die sich unmittelbar auf das Tatobjekt selbst beziehen.
§ 261 II StGB hingegen umfasst Tathandlungen, die sich nicht auf das Tatobjekt beziehen, sondern auf Tatsachen, die für dessen Auffinden, Einziehung oder Ermittlung von Bedeutung sein können.
Verbergen = Tatsächliche Erschwerung des Zugangs zum Tatobjekts (mittels einer nicht üblichen örtlichen Unterbringung oder einer den Gegenstand verdeckenden Handlung)
Beispiel: Verstecken von Diebesgut in einer Scheune; Überweisen von Geld in Steueroasen
Umtauschen, Übertragen, Verbringen = Handlungen, in der Absicht, das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft des Tatobjekts zu vereiteln
Umtausch = Weggabe des ursprünglichen Vermögensgegenstand und die dadurch bedingte Erlangung einer Gegenleistung
Übertragung = Transfer von Rechten
Verbringung = Transfer von Gegenständen
Beispiel Umtausch: Verkauf eines gestohlenen Kunstwerks an einen Kunstsammler
Subjektiv dafür Absicht erforderlich
Im subjektiven Tatbestand (s.u.) ist dafür ausweislich des Wortlautes des Abs. 1 Nr. 2 Absicht (dolus directus 1. Grades) erforderlich.
Sich oder einem Dritten verschaffen = Jedes Verhalten, das die Übernahme tatsächlicher Verfügungsgewalt im Wege des abgeleiteten Erwerbs (also mit Einverständnis des Vortäters) bewirkt
Verwahren = Inobhutnahme / -haltung eines geldwäschetauglichen Vermögensgegenstandes, um ihn für einen Dritten oder für die eigene spätere Verwendung zu erhalten
Verwenden = Der bestimmungsgemäße Gebrauch sowie Verfügungen über den Gegenstand
Mit der Gesetzesnovelle zum 18.03.2021 wurde der subjektive Tatbestand der Tathandlungen „verwahren“ und „verwenden“ in Form der Kenntnis von der (rechtswidrigen) Herkunft des Tatobjekts auf den Zeitpunkt der Sacherlangung vorverlagert. Die spätere Kenntniserlangung und das weitere Verwahren sind somit z.B. straflos.
Tatsachen = Dem Beweis zugängliche Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart (≠ Zukunft) → vgl. § 263 StGB
Verheimlichen / Verschleiern von Tatsachen = Alle irreführenden Machenschaften, die darauf abzielen, einem Tatobjekt den Anschein einer anderen – legalen – Herkunft zu verleihen oder zumindest die wahre Herkunft zu verbergen
Beispiel: Verdeckte Ermittler (§ 110c StPO)
Sozialadäquanz
Beispiel: Geschäfte des täglichen Lebens dürfen getätigt werden, um nicht noch krimineller zu werden
Die Frage der Zahlungen an Strafverteidiger war früher hoch umstritten (a.A.: keine Privilegierung der Wahlverteidiger) und wurde durch den Gesetzgeber mit der Gesetzesnovelle zum 18.03.2021, in der die Vorgaben des BVerfG aus einem vorherigen Urteil in § 261 I 3 StGB umgesetzt wurden, entschieden.
Bei der Tatvariante umtauschen / übertragen / verbringen i.S.d. Abs. 1 Nr. 2 ist ausweislich des Wortlautes zusätzlich die Absicht (dolus directus 1. Grades) erforderlich, das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft des Tatobjekts zu vereiteln.
Allgemein bedeutet Leichtfertigkeit, dass der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt. Er beachtet also nicht, was sich unter den Voraussetzungen seiner Erkenntnisse und Fähigkeiten aufdrängen muss. Dies bedeutet spezifisch in Bezug auf § 261 StGB:
Leichtfertigkeit i.S.d. § 261 VI StGB = Die Herkunft des Gegenstands aus einer rechtswidrigen Vortat (i.S.d. § 261 I StGB) drängt sich nach der Sachlage geradezu auf und der Täter handelt gleichwohl, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt.
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Aufbauhinweis: Regelbeispiele werden etwa im Unterschied zu Qualifikationen nicht im Tatbestand, sondern nach der Schuld geprüft, da sie lediglich die Strafzumessung beeinflussen (daher auch: „Strafzumessungsregeln“). ‚Besonders schwere Fälle‘ wirken sich strafschärfend aus, ‚minder schwere Fälle‘ strafmildernd.
Gewerbsmäßig → Definition wie in § 243 I Nr. 3 StGB im Schema Besonders schwerer Fall des Diebstahls (§§ 242, 243 StGB).
Bande → Definition wie in § 244 I Nr. 2 StGB im Schema Diebstahlqualifikationen (§§ 242, 244 StGB). Einziger Unterschied ist, dass sich die Bande hier zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche (nicht Diebstahl oder Raub) verbunden haben muss.
Es handelt sich bei den beiden genannten Varianten in Abs. 5 S. 2 lediglich um Regelbeispiele („in der Regel“), die nicht abschließend und nicht zwingend sind. Sie haben lediglich indizielle Bedeutung.
Es kommen zudem auch unbenannte besonders schwere Fälle in Betracht. Maßgeblich ist hierbei ist die Vergleichbarkeit mit einem der benannten besonderen schweren Fälle anhand einer Gesamtabwägung aller Umstände.
Strafausschließungsgründe liegen bereits zur Tatzeit vor, Strafaufhebungsgründe treten nachträglich ein.
Im Unterschied zum Ausschluss des Tatbestandes ist der Täter bei Vorliegen eines Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrundes zwar ebenfalls straffrei, es liegt jedoch weiterhin eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat vor, an der eine Teilnahme möglich ist.
Sie gelten beide nur für die Täter, bei denen sie persönlich vorliegen (§ 28 II StGB).
Es handelt sich um ein unechtes Sonderdelikt:
Verpflichtete nach § 2 GwG sind insb. Steuerberater; Rechtsanwälte und Notare, die für den Mandanten z.B. Immobiliengeschäfte abwickeln oder Geld verwalten