Prüfungsschema zur Begünstigung (§ 257 StGB): Täter erschwert den staatlichen Zugriff auf die unmittelbaren Vorteile einer fremden Vortat im Vortäterinteresse durch Hilfeleisten.
Hilfeleisten bezeichnet hier jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die durch die Vortat erlangten Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten der Verletzten entzogen werden.
Innerhalb der Anschlussdelikte (§§ 257 ff. StGB) regelt § 257 StGB die „sachliche Begünstigung“ (in Bezug auf die Beute) im Interesse des Täters der Vortat. Siehe hierzu die Übersicht: Anschlussdelikte §§ 257 ff. StGB.
Vortat = Rechtswidrig, nicht notwendigerweise schuldhaft begangene Tat eines anderen (Selbstbegünstigung ist straflos), die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht (§ 11 I Nr. 5 StGB) und dem Täter einen Vorteil verschafft hat
Beispiele: Bankraub mit Erbeutung von Goldbarren; aber auch andere als Vorteile aus Vermögensdelikten, z.B. durch Bestechung erlangte Baugenehmigung
Abgrenzung zwischen sukzessiver Beihilfe (Vortat i.V.m. § 27 StGB) und Begünstigung (§ 257 StGB)
Beispiel: Bankräuber B stürmt samt Beute aus einer Bank und flüchtet im Tatwagen zum bis dahin unwissenden A nach Hause. Um die verfolgende Polizei abzuschütteln, bittet er den A schnell in dessen Garage Unterschlupf finden zu dürfen, was dieser auch ermöglicht.
Problem 1: Gibt es eine sukzessive Beihilfe (= Beihilfe zw. Vollendung und Beendigung)?
h.L.: (-) Nein, nach Vollendung immer Begünstigung
(pro) Wortlaut: „vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat“ i.S.d. § 27 StGB ist mit Vollendung abgeschlossen; Systematik: Nach Vollendung ist kein kausaler Beitrag mehr möglich; die Anschlussdelikte sind hierfür ausreichend und abschließend; Zeitpunkt der „Beendigung“ ist zu unbestimmt (Bestimmtheitsgebot, Art. 103 II GG);
Rspr.: (+) Ja, bei Förderung zw. Vollendung und Beendigung
(pro) Wortlaut: „Hilfeleistung“ auch noch dann möglich; Systematik: die Beihilfe erfordert keinen kausalen Beitrag (siehe den Streit dort); Telos: Zeitpunkt der Vollendung ist oft zufallsabhängig; auch danach trägt die Beihilfe zur Stabilisierung des dauerhaften Schadenseintritts bei.
Problem 2 (wenn man der Rspr. folgt): Abgrenzung zwischen sukzessiver Beihilfe (zur Vortat) und Begünstigung mittels Hilfeleisten zw. Vollendung und Beendigung der Vortat
Rspr. Abgrenzung nach innerer Willensrichtung des Helfenden
(con) Innere Willensrichtung in der Praxis kaum ermittelbar bzw. Täter kann selbst durch seine persönliche Motivation über Anwendung von § 27 oder § 257 StGB entscheiden
Helfender will, dass Vortat erfolgreich zu Ende gebracht wird
→ sukzessive Beihilfe
Helfender will dem Vortäter das Erlangte darüber hinaus sichern
→ Begünstigung
a.A. Immer Beihilfe
(pro) Wortlaut: Gesetzlich angeordnete Subsidiarität (§ 257 III 1 StGB); Systematik: Wille, dem Vortäter das Erlangte langfristig zu sichern, darf einer ggf. strengeren Strafbarkeit als Gehilfe nicht entgegenstehen.
Hilfeleisten = Jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die durch die Vortat erlangten Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten der Verletzten entzogen werden (h.M.)
e.A.: tatsächlicher Eintritt einer objektiven Vorteilssicherung erforderlich
(con) Wortlaut: „in der Absicht … die Vorteile der Tat zu sichern“ (überschießende Innentendenz)
h.M.: nach subjektiver Vorstellung des Täters zur Besserstellung geeignet
(con) Systematik: Dann nur Versuch, der gerade nicht strafbar ist
Vorteile = Jede Verbesserung der rechtlichen/wirtschaftlichen/tatsächlichen Lage des Vortäters, die im Widerspruch zu den Rechten des Vortatopfers steht
Bloße Sacherhaltung ≠ Hilfeleisten (da keine Verhinderung des Entzugs zugunsten der Verletzten)
z.B. nicht bloßes füttern gestohlener Tiere
Sind mittelbare Vorteile aus der Vortat (sog. Ersatzvorteile) umfasst?
Beispiel: Täter T klaute aus einem Museum ein Bild. Eine Woche später verkauft er es auf dem Schwarzmarkt und bittet den A das Bargeld für ihn sicher zu verwahren.
h.M.: (-) Nein
(pro) Telos: Restitutionsvereitelungsdelikte sollen allg. vor der Verhinderung der Wiederherstellung der unmittelbar aus der Vortat stammenden Vorteile sichern; Systematik: bei vielen Zwischenhandlungen kein hinreichender Bezug mehr zur Vortat – Abgrenzung, ab wann keine Strafbarkeit mehr vorliegt, zu unscharf (aber: Bestimmtheitsgebot, Art. 103 II GG).
Absicht (dolus directus 1. Grades) im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzesmäßigen Zustands zu verhindern oder zu erschweren (a.A.: dolus directus 2. Grades ausreichend).
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Gem. § 257 III 1 StGB findet keine Bestrafung von Tätern statt, die selbst an der Vortat beteiligt waren.
Es ist ein Strafantrag erforderlich, wenn ...