Prüfungsschema zur Nachstellung (ugs. „Stalking“, § 238 StGB): Täter stellt einer Person unbefugt und wiederholt in einer Weise nach, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen.
Nachstellung = Handlungen, die darauf ausgerichtet sind, durch unmittelbare oder mittelbare Annäherungen an das Opfer in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen
Beispiel: Einseitig vom Täter ausgehende Verhaltensweisen, die auf eine ungewollte Kommunikation mit dem Opfer abzielen
Die Nachstellung muss in einer Variante des Abs. 1 Nr. 1 - 8 erfolgen:
Vor dem 01.10.2021 lautete das Tatbestandsmerkmal „beharrlich“ statt „wiederholt“. Durch die Ersetzung sollten nach dem Willen des Gesetzgebers die in der Praxis besonders schwer nachzuweisenden, in das Wort „beharrlich“ hineininterpretierten subjektiven Elemente (‚Besondere Hartnäckigkeit‘ und ‚Missachtung des Willens des Opfers‘) gestrichen werden.
Wiederholt = Verhalten von gewisser Häufigkeit und Kontinuität (obj. Element), das eine Gefahr der Wiederholung in sich birgt
Wie viele Handlungen exakt erforderlich sind, ist Frage des Einzelfalls (insb. der Intensität).
„Unbefugt“ ist echtes Tatbestandsmerkmal.
Unbefugt = Gegen den Willen des Opfers und ohne Befugnis.
Befugnis kann sich ergeben aus:
Zum 01.03.2017 wurde das Delikt vom Erfolgsdelikt (tatsächliche Beeinträchtigung der Lebensgestaltung erforderlich) zum Eignungsdelikt (lediglich Eignung zur Beeinträchtigung der Lebensgestaltung erforderlich).
Zum 01.10.2021 wurde das Tatbestandsmerkmal „schwerwiegend“ durch „nicht unerheblich“ ersetzt.
Wegen der steten Erweiterung der Strafbarkeit gehen daher Teile der Literatur von einem Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und somit von einer Verfassungswidrigkeit der Norm aus.
Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers = Für das Opfer negative, objektiv wahrnehmbare Änderungen der Lebensumstände
Nicht unerheblich = Oberhalb der Bagatellgrenze (= Grenze dessen, was das Opfer noch unter besonnener Selbstbehauptung hinzunehmen hat)
Eignung = Handlungen erzeugen zusammen betrachtet einen so hohen Druck auf das Opfer, dass ein objektivierter Anlass für eine Verhaltensänderung besteht.
Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (lat. dolus eventualis).
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Regelbeispiele werden etwa im Unterschied zu Qualifikationen nicht im Tatbestand, sondern nach der Schuld geprüft, da sie lediglich die Strafzumessung beeinflussen (daher auch: „Strafzumessungsregeln“). ‚Besonders schwere Fälle‘ wirken sich strafschärfend aus, ‚minder schwere Fälle‘ strafmildernd.
Erfolgsqualifikationen erfordern keinen Vorsatz, sondern lediglich ein subjektives Fahrlässigkeitselement (im Tatbestand) sowie ein subjektives Fahrlässigkeitselement (in der Schuld) → s. § 18 StGB. Man erkennt sie i.d.R. am Wortlaut: „verursacht“.
Ist Abs. 2 Nr. 1 („Verursachung einer Gesundheitsschädigung“) Regelbeispiel oder Erfolgsqualifikation?
e.A.: Regelbeispiel (wie die anderen Nummern in Abs. 2)
(pro) Wortlaut, der alle Nummern einleitet: „Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn…“
h.M.: Erfolgsqualifikation
(pro) Wortlaut: „verursacht“ in Nr. 1