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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Vermögensdelikte

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit
1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.
(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Wer in den Fällen
1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Wer in den Fällen
1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Brandstiftung (§ 306 I StGB)

Prüfungsschema zur Brandstiftung (§ 306 I StGB): Täter setzt bestimmte fremde Tatobjekte in Brand oder zerstört diese durch Brandlegung.

Nach h.M. ist die Brandstiftung Qualifikation zur Sachbeschädigung (§ 303 StGB).

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Tatobjekt
  5. Fremdheit
  6. Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1-6)
  7. Nr. 1: Gebäude und Hütten
  8. Nr. 2: Betriebsstätten und technischen Einrichtungen
  9. Nr. 3: Warenlager oder Warenvorräte
  10. Nr. 4: Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge
  11. Nr. 5: Wälder, Heiden oder Moore
  12. Nr. 6: Land-, ernährungs-, forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
  13. Tathandlung
  14. Inbrandsetzen
  15. Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
  16. Kausalität und objektive Zurechnung
  17. Subjektiver Tatbestand
  18. Rechtswidrigkeit
  19. Schuld
  20. Strafzumessung
  21. Minder schwerer Fall (§ 306 II StGB)
  22. Tätige Reue (§ 306e StGB)
  23. Qualifikationen

 

 

§ 306 I StGB ist nach h.M. Qualifikation zu § 303 StGB, da es das einzige Brandstiftungsdelikt ist, das (wie § 303 StGB) Fremdheit erfordert.

Aufgrund der Komplexität des Deliktes sollten beide Delikte jedoch getrennt geprüft werden.

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

 

Tatobjekt

Fremdheit

Fremd = Nicht im Alleineigentum des Täters (Sache gehört zumindest auch einem anderen) und nicht herrenlos (vgl. § 959 BGB).

Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1-6)

Die tauglichen Tatobjekte sind in Abs. 1 Nr. 1-6 abschließend aufgelistet. Wegen der hohen Strafandrohung (bis zu 10 Jahre) verlangt die h.M. bei allen Nrn. eine restriktive Auslegung der Tatbestandsmerkmale (teleologische Reduktion):

  • Bedeutender Wert: > 1.000€, oder
  • Gemeingefährlichkeit im Falle eines Brandes
    z.B. Gefahr, dass ein in Brand gesetztes Tatobjekt ein weiteres Tatobjekt gefährden könnte

 

Nr. 1: Gebäude und Hütten

Gebäude = Jedes von Dach und Wänden begrenztes Raumgebilde, das (zumindest auch) zum Betreten durch Menschen (und nicht für den Schutz von Tieren oder Sachen wie bei § 303 StGB - restriktive Auslegung) bestimmt und fest mit dem Boden verbunden ist (auch: türen- und fensterlose Rohbauten, Geräteschuppen).

Hütte = Unbewegliches Bauwerk, das mangels Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit nicht als Gebäude gilt (z.B. Bau-/Marktbude, zum Aufenthaltsraum umgebauter Bauwagen (str.))

 

Nr. 2: Betriebsstätten und technischen Einrichtungen

Betriebsstätten = Sachgesamtheit von baulichen Anlagen und Inventar, das zur Fertigung und Produktion in einem gewerblichen Betrieb dient

Technische Einrichtung = Sachgesamtheit von beweglichen oder unbeweglichen Sachen, die in einem gewerblichen Betrieb zur Fertigung und Produktion eingesetzt wird

 

Nr. 3: Warenlager oder Warenvorräte

Warenlager = Lagerstätten von beweglichen Sachen, die zum gewerblichen Umsatz bestimmt sind

Warenvorräte = Gesamtheit, der in einem Warenlager eingelagerten beweglichen Sachen, die zum gewerblichen Umsatz bestimmt sind

 

Nr. 4: Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge

Kraftfahrzeuge = Zur Fortbewegung dienende Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden und nicht an Bahngleise gebunden sind (Legaldefinition in § 248b IV StGB)

Schienenfahrzeuge = Auf Schienen geführte Landfahrzeuge

Luftfahrzeuge = Zur Fortbewegung dienende Fahrzeuge, die in der Luft frei beweglich sind

Wasserfahrzeuge = Zur Fortbewegung auf dem Wasser dienende Fahrzeuge (nicht: Paddelboote mitten im See – restriktive Auslegung mangels Gemeingefährlichkeit, s.o.)

 

Nr. 5: Wälder, Heiden oder Moore

Wälder = Zusammenhängende, mit Bäumen bedeckte Bodenflächen, inklusive des Unterholzes und des übrigen Pflanzenwuchses

Heide = Offene Landschaft mit typischerweise Zwergsträuchern als Vegetation

Moor = Dauerhaftes Feuchtgebiet mit Torfboden und charakteristischer Vegetation

 

Nr. 6: Land-, ernährungs-, forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse

Erzeugnisse = Sachen, deren unmittelbarer Produktionsprozess beendet ist, ohne dass sie weiterverarbeitet sind.

  • Landwirtschaftliche Erzeugnisse = Sich aus dem planmäßigen Betreiben von Ackerbau und Viehzucht ergebende pflanzliche und tierische Erzeugnisse
  • Ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse = Landwirtschaftliche Erzeugnisse, die einen gewissen Bearbeitungsgrad erfahren haben (z.B. unbearbeitete Milch)
  • Forstwirtschaftliche Erzeugnisse = Sich aus der planmäßigen Nutzung von Waldflächen ergebend (z.B. ganze Baumstämme)

 

Anlagen = Feste, auf Dauer installierte Einrichtungen, die der Erzeugung und Verarbeitung von Produkten der genannten Wirtschaftszweige dienen.

  • Landwirtschaftliche Anlagen = Insb. bestellte Felder sowie andere landwirtschaftliche Produktionsstätten (z.B. Gewächshäuser, Strohlager)
  • Ernährungswirtschaftliche Anlagen = Insb. der Tierproduktion dienende Stätten (z.B. Koppeln, Ställe)
  • Forstwirtschaftliche Anlagen = Insb. Holzlagerstätten, Aufforstungsflächen

 

 

Tathandlung

§ 306 I StGB ist Erfolgsdelikt. Die Tathandlung muss daher jeweils kausal und objektiv zurechenbar zu einer Beeinträchtigung des Tatobjekts geführt haben.

Inbrandsetzen

Inbrandsetzen = Ein wesentlicher Teil des Tatobjekts wird derart vom Feuer ergriffen, dass er auch nach Entfernen oder Erlöschen des Zündstoffs selbstständig weiterbrennen kann.

  • Wesentlicher Teil = Teil, der nicht jederzeit entfernt werden kann, ohne dass das Objekt in seiner bestimmungsgemäßen Funktion beeinträchtigt würde (z.B. tragende Wände eines Gebäudes, Treppen; nicht: Möbel, Gardinen)

 

Wann ist das Inbrandsetzen im strafrechtlichen Sinne vollendet?

  • Rspr: Vollendung bereits, wenn sich der Brand auf wesentliche Teile ausbreiten kann.

  • a.A.: Vollendung erst, wenn sich der Brand tatsächlich auf wesentliche Teile ausgebreitet hat.
    (pro) Systematik: Für andere Fälle Versuchsstrafbarkeit (§ 23 I StGB) ausreichend

 

Ist ein im strafrechtlichen Sinne ein Inbrandsetzen bereits brennender Gebäude möglich?

Option 1: Inbrandsetzen an noch nicht brennender Stelle

  • h.M.: (+) Erneutes ‚Inbrandsetzen‘ → eigene Täterschaft
    (pro) Hat eigenständigen erheblichen Unwertgehalt; erschwert Rettung / Flucht
  • a.A.: (-) Kein eigenständiges Inbrandsetzen → ggf. (sukzessive) Beihilfe

 

Option 2: Verstärken / Intensivieren des Brandes an bereits brennender Stelle

  • h.M.: (-) Kein eigenständiges ‚Inbrandsetzen‘ → ggf. (sukzessive) Beihilfe
    (pro) Hat keinen eigenständigen erheblichen Unwertgehalt; erschwert Rettung / Flucht i.d.R. nicht zusätzlich; i.d.R. keine Tatherrschaft (kein ‚in den Händen halten‘)
  • a.A.: (+) Erneutes ‚Inbrandsetzen‘ → eigene Täterschaft

 

Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung

Wesentlicher Teil: s.o.

Brandlegung = Jede auf das Verursachen eines Brandes gerichtete Handlung

  • Kein „Feuer“ notwendig
  • Zum Brand muss es nicht kommen, es genügt, wenn die zerstörende Wirkung des Brandmittels eintritt; z.B. Brandbeschleuniger explodiert; Schwelbrände; Verrußung; Rauch; umfasst sind auch objektiv zurechenbare Folgeschäden wie insb. Löschschäden

Ganzes oder teilweises Zerstören = Vernichtung der Existenz oder wesentliche Beschädigung selbstständiger, für die Gesamtfunktion wesentlicher Teile, sodass die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig oder zumindest für einzelne Aufgaben ausgeschlossen ist

  • Rspr.: Teilweises Zerstören muss ‚von Gewicht‘ sein (restriktive Auslegung, s.o.)
    z.B. tage-/wochenlange Unbewohnbarkeit einer Unterwohnung

 

 

Kausalität und objektive Zurechnung

 

 

Subjektiver Tatbestand

Mindestens Eventualvorsatz (dolus eventualis)

Bei rein fahrlässiger Herbeiführung ist § 306d I StGB als eigenständiges Fahrlässigkeitsdelikt i.V.m. § 306 I StGB zu prüfen.

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

Beachte vorliegend: 

  • h.M.: Schutzgut des § 306 I StGB ist das Eigentum, sodass der Täter dabei auch aufgrund einer rechtfertigenden Einwilligung sämtlicher Eigentümer gerechtfertigt sein kann.
  • a.A.: Alle Brandstiftungsdelikte tragen ein gemeingefährliches Element in sich, sodass das Rechtsgut nicht disponibel ist und eine Einwilligung somit ausscheidet.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung

Minder schwerer Fall (§ 306 II StGB)

Tätige Reue (§ 306e StGB)

  • Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
  • vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h.
    • bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.)
    • bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr

 

 

Qualifikationen

  • Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I StGB
    § 306b I StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.
  • Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB
    § 306c StGB stellt ebenfalls eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.

Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).

 

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