Prüfungsschema zum Raub (§ 249 StGB): Täter nimmt eine fremde bewegliche Sache mit Zueignungsabsicht und unter Anwendung von Gewalt oder besonderer Drohung (sog. qualifiziertes Nötigungsmittel) weg.
→ Siehe hierzu das Schema Diebstahl (§ 242 StGB).
Hier ggf. im Rahmen des „Bruchs“ den Raub von der räuberischen Erpressung abgrenzen (siehe hierzu ausführlich im Schema Erpressung, § 253 StGB):
Gewalt = Jede körperliche Handlung (unabhängig vom Maß der Kraftentfaltung), durch die unmittelbar oder mittelbar körperlich wirkender Zwang beim Opfer entsteht, um nach der Vorstellung des Täters einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden
Körperlicher Zwang nach h.M. auch gegenüber Schlafenden oder Bewusstlosen umfasst (z.B. Fesseln), sofern Täter dies tut, um erwarteten Widerstand zu überwinden (a.A.: von ihnen kein Widerstand zu erwarten).
Beispiele: Einsperren des Opfers (ist mittelbar körperlich wirkender Zwang); Schläge; Verabreichen eines Betäubungsmittels; Deo in die Augen sprühen (jeweils unmittelbar wirkender körperlicher Zwang)
Drohung = Ausdrückliches oder konkludentes Inaussichtstellen eines künftigen Übels für Leib oder Leben, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt
Intensität
Im Unterschied zu § 240 StGB nicht jedes Inaussichtstellen eines „empfindlichen Übels“, sondern nur eines Übels für Leib oder Leben des Opfers umfasst.
Zeitpunkt
Frühere Gewaltanwendung kann als aktuelle Drohung erneuter Gewalt während der Wegnahme weiterwirken.
Adressat
Androhung muss sich nicht gegen das Opfer / den Gewahrsamsinhaber, sondern kann sich auch gegen eine andere Person richten.
z.B. Messer an den Hals eines Kunden halten, um ohne Störung durch Kassierer die Kasse leer räumen zu können
Drohung muss für Vollendung vom Opfer bemerkt und ernst genommen werden (h.M.); irrelevant ist sodann, ob Täter die Drohung wirklich realisieren kann.
z.B. auch vom Opfer als echt empfundene Scheinwaffe
In welcher Beziehung müssen Gewalt/Drohung und Wegnahme zueinander stehen?
e.A.: Kausalzusammenhang
Gewalt/Drohung muss objektiv kausal für die Wegnahme sein.
(con) Kaum nachweisbar (Hätte Opfer ohne Gewalt Wegnahme verhindert?)
Rspr. (alt): Finalzusammenhang
Gewalt/Drohung muss nach der Vorstellung des Täters subjektiv als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme eingesetzt werden (→ Vorsatz bzgl. Kausalität).
(pro) Wortlaut: Nicht „durch…“, sondern „mit..“ / „unter...“
Rspr. (neuere Tendenz): Raubspezifische Einheit
Gewalt/Drohung muss nach der Vorstellung des Täters subjektiv als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme eingesetzt werden und es muss ein räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen Gewalt/Drohung und Wegnahme bestehen.
(pro) Systematik: Nur dann liegt das „typische Tatbild eines Raubes“ vor; sonst separate § 242 und § 240 StGB
Neben dem allgemeinen (Eventual-)Vorsatz ist die „Absicht … die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen“ erforderlich. Die Zueignung muss sich nicht objektiv vollziehen (überschießende Innentendenz).
Zueignungsabsicht = Absicht, Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen (= Enteignung + Aneignung)
Enteignungsvorsatz: Eventualvorsatz (dolus eventualis) ausreichend + auf Dauer angelegt
(→ Abgrenzung zur straflosen Gebrauchsanmaßung)
Aneignungsabsicht: Absicht (dolus directus 1. Grades) erforderlich + reicht, wenn vorübergehend
(→ Abgrenzung zu Sachbeschädigung)
Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich aller sonstigen objektiven Tatbestandsmerkmale.
Die Rechtswidrigkeit der Zueignung muss auch objektiv vorliegen, sie wird jedoch häufig erst i.R.d. subjektiven Tatbestands geprüft, da erst hier klar wird, worauf sich die Zueignung genau bezieht. Wird die Rechtswidrigkeit erst hier geprüft, muss dennoch weiterhin in ihre objektive und subjektive Komponente unterschieden werden.
Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung: Der materiellen Eigentumsordnung widersprechend und nicht durch einen fälligen und einredefreien Übereignungsanspruch gedeckt.
Subjektive Rechtswidrigkeit der Zueignung: Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der Rechtswidrigkeit der Zueignung.
Irrige Vorstellung eines Anspruchs ist nach h.M. Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB (a.A.: Verbotsirrtum gem. § 17 StGB).
Da ein qualifiziertes Nötigungsmittel eingesetzt wird, ist (im Unterschied zu § 240 StGB) keine besondere Verwerflichkeitsprüfung erforderlich. Der Einsatz eines solchen ist stets verwerflich. Die Rechtswidrigkeit wird daher durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Siehe allgemein zum Unterschied auch die Übersicht: Qualifikation, Erfolgsqualifikation, besonders schwerer Fall.