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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen, indem er wiederholt
1.
die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a)
Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b)
Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
4.
diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
5.
zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht,
6.
eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
7.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
8.
eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.
(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 7 wird die Nachstellung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1.
durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht,
2.
das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt,
3.
dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt,
4.
bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist,
5.
eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet,
6.
einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder
7.
über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Gefährliche Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 223, 224 StGB): Täter begeht die Körperverletzung auf besonders gefährliche Art und Weise.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Durch Beibringung von Gift oder
  3. Mittels Waffe oder gefährlichem Werkzeug (Nr. 1)
  4. Gefährliches Werkzeug
  5. Waffe
  6. Mittels
  7. Mittels hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)
  8. Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)
  9. Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) 

 

§ 224 enthält Qualifikationen zum Grundtatbestand § 223.

Ist der Grundtatbestand erfüllt, die Qualifikation hingegen nicht erfüllt, sollten beide getrennt geprüft werden, um zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Bei der Qualifikation wird dann im Tatbestand kurz auf die Verwirklichung des Tatbestandes des Grunddeliktes verwiesen.

Ist die Qualifikation erfüllt, sollten in der Klausur die objektiven Voraussetzungen direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Voraussetzungen nach dem subjektiven Tatbestand geprüft werden:

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) des Grunddelikts (§ 223 StGB)

b) der Qualifikation (§ 224 StGB)

2. Subjektiver Tatbestand

a) des Grunddelikts (§ 223 StGB)

b) der Qualifikation (§ 224 StGB)

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

 

Durch Beibringung von Gift oder

‚Gesundheitsschädlicher Stoff‘ ist Oberbegriff, ‚Gift‘ ein Beispiel hierfür. Eine Unterteilung ist teilw. schwer möglich und im Ergebnis irrelevant.

Die Wirkungen der Stoffe können jeweils auch nur vorübergehend sein. Eine dauerhafte Schädigung ist nicht erforderlich.

Gesundheitsschädliche Stoffe = Stoff, der durch mechanische oder thermische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist

  • Beispiel für mechanische Wirkungen: Schnitte in der Haut (durch Glassplitter)
  • Beispiel für thermische Wirkungen: Verbrennungen 

 

Stoffe = Jede Materie, egal ob fest (z.B. feine Glassplitter), flüssig (z.B. Säuren) oder gasförmig (z.B. Kohlenmonoxid) 

  • Beispiele für gesundheitsschädliche Stoffe: Feine Glassplitter, kochende Flüssigkeiten;
  • Strittig, da sie nicht selbst mechanisch oder thermisch wirken: Bakterien & Viren (etwa SARS-CoV-2 oder HIV).
  • Keine Stoffe (aber ggf. gefährliche Werkzeuge) sind insb.: Strahlen (z.B. Röntgenstrahlen oder radioaktive Strahlen) und elektrischer Strom 

 

Gift = Jeder organische oder anorganische Stoff, der durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist

  • Beispiele für chemisch-physikalische Wirkungen: Innere oder äußere Verätzungen, Reizungen, Hervorrufen von Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergische Schocks.
  • Beispiele für Gifte: Arsen, Zyankali, Giftgase, Arzneimittel in falscher Dosierung; Rauschmittel

 

Beibringung = In-Verbindung-Bringung des Stoffes mit dem Körper, sodass der Stoff seine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet

Beispiel: Einführen (Einatmung, Schlucken); Auftragen (Aufnahme über die Haut)

 

 

Mittels Waffe oder gefährlichem Werkzeug (Nr. 1)

‚Gefährliches Werkzeug‘ ist Oberbegriff, ‚Waffe‘ ein Beispiel hierfür.

Gefährliches Werkzeug

Im Unterschied zu § 244 I Nr. 1 a) StGB wird hier nicht auf ein bloßes „Beisichführen“, sondern auf die konkrete Verwendung („mittels“) abgestellt. Die Auslegung insb. des Begriffes „gefährliches Werkzeug“ ist daher hier deutlich weniger umstritten.

Gefährliches Werkzeug = Jeder Gegenstand, der nach der Art seiner konkreten Verwendung dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen

  • Bespiele für gefährliche Werkzeuge: Gegen den Kopf geschwungene Hammer, in den Körper gerammte Bleistifte oder abgeschlagene Flaschen; gegen den Kopf getretene feste Schuhe
  • Nicht: Spritze oder Skalpell in der Hand des kundigen Arztes (teleologische Reduktion, da der kunstgerechte Einsatz von Arzt-Werkzeugen die Gefährlichkeit der Behandlung nicht erhöht, sondern umgekehrt eher verringert; str.)
  • Umfasst sind nach dem allg. Wortsinn ferner nur bewegliche Gegenstände, also z.B. nicht Steinböden, Hauswände gegen die Opfer geschlagen werden (str.; a.A. umfasst auch diese aufgrund ihrer Wirkungsähnlichkeit unter einer insb. teleologischen Auslegung)

 

Waffe

Waffe = Jeder Gegenstand, der nach seiner allgemeinen Art dazu bestimmt ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen

  • Beispiele für Waffen: Schusswaffen (Pistolen, Gewehre); Hieb-, Schlag-, Stoß- oder Stichwaffen, die bestimmt sind als Waffe eingesetzt zu werden
  • Nicht: Taschenmesser oder Schlachtermesser ( ggf. gefährl. Werkzeuge); § 1 II WaffG dient als Orientierung

 

Mittels

Die Tat muss „mittels“ Waffe / gef. Werkzeug erfolgen.

Mittels = unmittelbare Folge

Beispiel: Anfahren mit dem Kfz; nicht: Sturz danach

 

 

Mittels hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)

Überfall = Unvorhergesehener Angriff auf einen Ahnungslosen

Hinterlistig = Planmäßig berechnende Verdeckung der wahren Absichten, sodass die Abwehr des Opfers erschwert ist

Mittels = unmittelbare Folge (s.o.)

Beispiel: Heimliches Verabreichen von Betäubungsmitteln, Auflauern

 

 

Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)

Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich = Einverständliches Zusammenwirken von mindestens zwei Personen am Tatort, das sich gefahrerhöhend auswirkt

Die gesteigerte Gefährlichkeit ergibt sich aus der geschwächten Verteidigungsbereitschaft des Opfers und dem erhöhten Risiko gravierender Verletzungsfolgen. Keine gesteigerte Gefährlichkeit daher z.B. wenn sich zwei Opfer unabgesprochen gegen einen Täter verteidigen.

Es muss sich nicht um Mittäter handeln (so e.A.), aber zumindest um einen Beteiligten (h.M.).

  • Beispiel: A und B verabreden sich, den C zu verprügeln. Beide schlagen als Mittäter auf ihn ein.
  • Aber auch: Der Täter A bittet den Gehilfen B spontan den C festzuhalten, sodass er auf ihn einschlagen kann. 

Auch (noch) am Tatort wirken zwei Personen zusammen, wenn A auf dem Grundstück des Opfers steht und B vom Nachbargrundstück Informationen per SMS zusendet.

 

 

Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) 

Genügt zur Strafbarkeit eine generelle Eignung der Behandlung des Opfers für eine Lebensgefahr oder ist eine konkrete Lebensgefährdung durch die Behandlung erforderlich? 

  • e.A.: Konkrete Lebensgefahr durch die Behandlung (ex-post) erforderlich 

  • h.M.: Objektive Geeignetheit der Behandlung für eine Lebensgefahr (ex-ante) ausreichend
    Beispiele für objektiv geeignete Handlungen: Hetzen eines Hundes auf einen Menschen; Werfen in eiskaltes Wasser; Tritte gegen den Kopf; Anfahren mit einem Pkw 

Beachte: Abzustellen ist nach beiden Ansichten auf die Art der Behandlung, nicht auf die dadurch verursachte Lage (z.B. nicht: Opfer liegt nach einem harmlosen Schlag auf einer viel befahrenen Straße; str.)

 

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