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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
Quelle: BMJ
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LexMea

Nachstellung / „Stalking“ (§ 238 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Nachstellung (ugs. „Stalking“, § 238 StGB): Täter stellt einer Person unbefugt und wiederholt in einer Weise nach, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Nachstellung
  5. Katalogvariante (Abs. 1 Nr. 1 – 8)
  6. Wiederholt
  7. Unbefugt
  8. Eignung, die Lebensgestaltung des Opfers nicht unerheblich zu beeinträchtigen
  9. Subjektiver Tatbestand
  10. Rechtswidrigkeit
  11. Schuld
  12. Strafzumessung: Besonders schwere Fälle (Abs. 2 Nr. 2 – 7)
  13. Erfolgsqualifikationen (Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3)
  14. Verursachung eines Todes (Abs. 3)
  15. Verursachung einer Gesundheitsschädigung (Abs. 2 Nr. 1)

 

  • Deliktart
    Eignungsdelikt (bis 2017 noch: Erfolgsdelikt; daher e.A.: jetzt verfassungswidrig wg. Bestimmtheitsgebot)
  • Rechtsgut
    Entschließungs- und Handlungsfreiheit (in Form der Lebensgestaltungsfreiheit) des Opfers; körperliche Unversehrtheit und Leben

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Nachstellung

Nachstellung = Handlungen, die darauf ausgerichtet sind, durch unmittelbare oder mittelbare Annäherungen an das Opfer in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen

Beispiel: Einseitig vom Täter ausgehende Verhaltensweisen, die auf eine ungewollte Kommunikation mit dem Opfer abzielen

 

Katalogvariante (Abs. 1 Nr. 1 – 8)

Die Nachstellung muss in einer Variante des Abs. 1 Nr. 1 - 8 erfolgen:

  • Nr. 1: Aufsuchen räumlicher Nähe
  • Nr. 2: Versuche der Kontaktherstellung
  • Nr. 3: Veranlassung Dritter zum Eingriff in die Lebensgestaltung des Opfers
  • Nr. 4: Bedrohungen
  • Nr. 5: Cyberstalking
    (Beispiel: Unbefugter Zugriff auf Daten, E-Mails oder Social-Media-Konten)
  • Nr. 6: Verbreiten von Abbildungen
  • Nr. 7: Verbreiten von Inhalten, die geeignet sind, das Opfer verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen
    (Beispiel: Fake Social-Media-Account mit dem Namen des Opfers, über den zu sexueller Gewalt an Kindern kommuniziert wird)
  • Nr. 8: Andere mit Nrn. 1-7 vergleichbare Handlungen (= Auffangtatbestand) 
    Beispiele: Sexuelle Belästigungen; tätliche Angriffe

 

Wiederholt

Vor dem 01.10.2021 lautete das Tatbestandsmerkmal „beharrlich“ statt „wiederholt“. Durch die Ersetzung sollten nach dem Willen des Gesetzgebers die in der Praxis besonders schwer nachzuweisenden, in das Wort „beharrlich“ hineininterpretierten subjektiven Elemente (‚Besondere Hartnäckigkeit‘ und ‚Missachtung des Willens des Opfers‘) gestrichen werden.

Wiederholt = Verhalten von gewisser Häufigkeit und Kontinuität (obj. Element), das eine Gefahr der Wiederholung in sich birgt

Wie viele Handlungen exakt erforderlich sind, ist Frage des Einzelfalls (insb. der Intensität).

 

Unbefugt

„Unbefugt“ ist echtes Tatbestandsmerkmal.

Unbefugt = Gegen den Willen des Opfers und ohne Befugnis.

Befugnis kann sich ergeben aus:

  • Tatbestandsausschließendem Einverständnis des Opfers; hier jedoch nicht: aus rechtfertigender Einwilligung
  • Amtlicher Befugnisnorm (z.B. Gerichtsvollzieher) oder
  • Pressefreiheit aus Art. 5 I GG (Abwägung mit allg. Persönlichkeitsrecht)

 

Eignung, die Lebensgestaltung des Opfers nicht unerheblich zu beeinträchtigen

Zum 01.03.2017 wurde das Delikt vom Erfolgsdelikt (tatsächliche Beeinträchtigung der Lebensgestaltung erforderlich) zum Eignungsdelikt (lediglich Eignung zur Beeinträchtigung der Lebensgestaltung erforderlich).

Zum 01.10.2021 wurde das Tatbestandsmerkmal „schwerwiegend“ durch „nicht unerheblich“ ersetzt.

Wegen der steten Erweiterung der Strafbarkeit gehen daher Teile der Literatur von einem Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und somit von einer Verfassungswidrigkeit der Norm aus.

Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers = Für das Opfer negative, objektiv wahrnehmbare Änderungen der Lebensumstände

Nicht unerheblich = Oberhalb der Bagatellgrenze (= Grenze dessen, was das Opfer noch unter besonnener Selbstbehauptung hinzunehmen hat)

Eignung = Handlungen erzeugen zusammen betrachtet einen so hohen Druck auf das Opfer, dass ein objektivierter Anlass für eine Verhaltensänderung besteht.

  • Indizien: Intensität, zeitliche Dauer oder Häufigkeit; erst recht tatsächlich eingetretene Änderungen der Lebensumstände
  • Beispiel: Der/die unsportliche Ex-Freund*in tritt nach der Bitte um Kontaktsperre extra in den Verein ein, in dem das Opfer seit Jahren (daher Austritt oberhalb der Bagatellgrenze) mehrmals wöchentlich Sport treibt und unternimmt bei jedem Training (zeitliche Dichte) Versuche der körperlichen Kontaktaufnahme (Intensität). Verhalten ist geeignet, Opfer zum Austritt (objektiv wahrnehmbare Änderung der Lebensumstände) zu bewegen.

 

Subjektiver Tatbestand

Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (lat. dolus eventualis).

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

 

Strafzumessung: Besonders schwere Fälle (Abs. 2 Nr. 2 – 7)

Regelbeispiele werden etwa im Unterschied zu Qualifikationen nicht im Tatbestand, sondern nach der Schuld geprüft, da sie lediglich die Strafzumessung beeinflussen (daher auch: „Strafzumessungsregeln“). ‚Besonders schwere Fälle‘ wirken sich strafschärfend aus, ‚minder schwere Fälle‘ strafmildernd.

 

 

Erfolgsqualifikationen (Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3)

Erfolgsqualifikationen erfordern keinen Vorsatz, sondern lediglich ein subjektives Fahrlässigkeitselement (im Tatbestand) sowie ein subjektives Fahrlässigkeitselement (in der Schuld) → s. § 18 StGB. Man erkennt sie i.d.R. am Wortlaut: „verursacht“.

Verursachung eines Todes (Abs. 3)

  • Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person durch mind. Fahrlässigkeit (§ 18 StGB)
  • Rspr.: Der erforderliche tatbestandsspezifische Gefahrzusammenhang ist auch bei Dazwischentreten des Opfers in Form der Selbsttötung (Suizid) zu bejahen, wenn das Verhalten des Opfers motivational auf die Verwirklichung des Grundtatbestands zurückzuführen ist und diese Motivation für sein selbstschädigendes Verhalten handlungsleitend war.

 

Verursachung einer Gesundheitsschädigung (Abs. 2 Nr. 1)

Ist Abs. 2 Nr. 1 („Verursachung einer Gesundheitsschädigung“) Regelbeispiel oder Erfolgsqualifikation?

  • e.A.: Regelbeispiel (wie die anderen Nummern in Abs. 2)
    (pro) Wortlaut, der alle Nummern einleitet:  „Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn…“

  • h.M.: Erfolgsqualifikation
    (pro) Wortlaut: „verursacht“ in Nr. 1

 

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