StGB Strafgesetzbuch
Nichtvermögensdelikte
- 1.
- durch seine Vermittlung oder
- 2.
- durch Gewähren oder Verschaffen von Gelegenheit
Prüfungsschema zur Untreue (§ 266 StGB): Täter verletzt eine Vermögensbetreuungspflicht (Treuebruchtatbestand) oder missbraucht eine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen (Missbrauchstatbestand) und fügt der Person, deren Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Vermögensnachteil zu.
Die Untreue enthält zwei alternative Tatbestände:
Missbrauchstatbestand (Alt. 1)
Der Missbrauchstatbestand schützt fremdes Vermögen vor den Gefahren, die aus einer rechtlich begründeten Dispositionsbefugnis im Außenverhältnis beruhen. Die h.M. sieht Alt. 1 als speziellen Unterfall (lex specialis) der Alt. 2 an, sodass dieser zuerst zu prüfen ist.
Treuebruchtatbestand (Alt. 2)
Der Treuebruchtatbestand schützt fremdes Vermögen vor den Gefahren, die aus einer aus einem tatsächlichen Treueverhältnis resultierenden Dispositionsbefugnis im Innenverhältnis beruhen.
Beide erfordern - im Unterschied zu den meisten anderen Vermögensdelikten - keine besondere Absicht (z.B. Bereicherungsabsicht). Die Untreue stellt eine zivilrechtliche Pflichtverletzung unter Strafe. Die h.M. fordert daher eine restriktive Auslegung der Tatbestandsmerkmale (sonst zu weit / unbestimmt und daher verfassungswidrig wg. Art. 103 II GG).
Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten = Rechtliche Möglichkeit im Außenverhältnis, Vermögensrechte eines anderen wirksam zu ändern, zu übertragen, aufzuheben oder mit Verbindlichkeiten zu belasten
Amtsträger, denen gewisse Dienstgeschäfte zugewiesen sind
z.B. Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB); handelsrechtliche Vollmachten (§§ 48 ff., 54, 55, 125 ff. HGB); Geschäftsführung (§ 35 ff. GmbHG, § 82 AktG)
Ist die Vermögensbetreuungspflicht Tatbestandsvoraussetzung des Missbrauchstatbestandes (Alt. 1)?
h.M.: (+) Ja
(pro) Telos: Restriktive Auslegung zur Vorbeugung einer Ausuferung der Alt. 1; Wortlaut und Systematik: „und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat“ bezieht sich auf beide Alternativen, denn Alt. 1 = spezieller Unterfall (lex specialis) der Alt. 2.
a.A.: (–) Nein
(pro) Wortlaut und Systematik: Satzteil sagt nur, dass Geschädigter betreuter Vermögensträger sein muss; Alt. 1. und Alt. 2 sind selbstständige Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen, sodass der Satzteil nur für Alt. 2 gilt.
Vermögensbetreuungspflicht als zusätzliches Kriterium sorgt dafür, dass nicht jede zivilrechtliche Pflichtverletzung gleich strafrechtlich erfasst wird.
Kennzeichen der Vermögensbetreuungspflicht:
Vermögensbetreuungspflicht muss „Hauptgegenstand“ (d.h. muss typischer und wesentlicher Inhalt) des Treueverhältnisses sein und nicht bloße Nebenpflicht (etwa aus schuldrechtlichen Austauschverträgen wie Miet-, Kauf- oder Darlehensverträgen).
Die Pflicht muss fremdnützig sein und darf sich nicht auf eigene Kerninteressen beziehen.
Dem Pflichtigen muss ein gewisses Maß an Selbstständigkeit über das „Ob“ und „Wie“ der betreffenden Geschäfte eingeräumt sein.
Die Pflicht muss von erheblicher/m Art / Umfang / Dauer sein.
Missbrauch = Überschreiten des internen Dürfens im Rahmen des externen Könnens; h.M.: durch eine gravierende und evidente Pflichtverletzung
(Arg.: Gebotene restriktive Auslegung; z.B. nicht bereits Strafbarkeit einer wenig pfleglichen Behandlung eines ausgeliehenen Buches)
Internes Dürfen = Grenzen des Innenverhältnisses (hier: tatbestandsausschließendes Einverständnis prüfen, da dann vom internen Dürfen umfasst)
Externes Können = Begründung eines rechtswirksamen Außenverhältnisses mittels rechtsgeschäftlichen oder hoheitlichen Handelns (nicht nur tatsächlichen Handelns: dann ggf. Alt. 2)
s.o. (also Hauptpflicht / Fremdnützigkeit / Selbstständigkeit / Erheblichkeit)
Kann eine Vermögensbetreuungspflicht auch bei gesetzes- oder sittenwidrigen Geschäften bestehen (sog. Ganovenuntreue)?
Beispiel: A gibt dem B die bei einem Bankraub erbeuteten 100.000€ um diese zu „waschen“. Der B überweist das Geld stattdessen auf sein eigenes schweizer Treuhandkonto.
e.A. Juristische Treuepflichttheorie
§ 266 StGB findet keine Anwendung auf gesetzes- oder sittenwidrige Treueverhältnisse
(pro) Systematik: Einheit der Rechtsordnung → kein strafrechtlicher Schutz, wenn auch das Zivilrecht keinen gewährt (§§ 134, 138 BGB)
a.A. Faktische Treuepflichttheorie
§ 266 findet Anwendung auf sämtliche faktischen Treueverhältnisse
(pro) Kein straffreier Raum im Ganovenbereich
Vermögensbetreuungspflichtverletzung = Jedes tatsächliche Handeln oder Unterlassen, das im Widerspruch zur Treuepflicht steht
Beide Tatbestandsalternativen (Treuebruchtatbestand) und (Missbrauchstatbestand) jeweils erfordern zusätzlich die Zufügung eines Vermögensnachteils.
Kriterium der Zufügung eines Vermögensnachteils (erforderlich für Alt. 1 und Alt.2) entspricht jenem des Vermögensschadens beim Betrug (§ 263 StGB) → ausführlich hierzu beim Schema dort; d.h. insb.:
Erforderlich ist demnach eine ...
Besonderheit hier: Kein Vermögensschaden, wenn der Täter objektiv durchgehend genügend Eigenmittel zur Kompensation des Nachteils bereithält und subjektiv ausgleichsbereit ist
Zumindest bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis); keine besondere Absicht (z.B. Bereicherungsabsicht) erforderlich
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Abs. 2 verweist auf die Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle in § 263 III StGB. Ausführlich hierzu das Schema Betrug, § 263 StGB.
Abs. 2 verweist auch auf die Ausschlussklausel des § 243 II StGB. Dies bedeutet, dass ein besonders schwerer Fall (nach 1.) ausgeschlossen ist, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.
Abs. 2 erklärt die Strafantragserfordernisse der § 247 und § 248a StGB für sinngemäß (gelten direkt nur für Diebstahl und Unterschlagung) anwendbar:
Haus- und Familienhehlerei
In den Fällen des § 247 (Haus- und Familienhehlerei) ist zwingend ein Strafantrag erforderlich (absolutes Antragsdelikt).
Geringwertige Sachen
In den Fällen des § 248a StGB (geringwertige Sachen) ist entweder ein Strafantrag oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung erforderlich (relatives Antragsdelikt). Entscheidend ist der objektive Verkehrswert. Bei mehreren Sachen wird der Wert addiert. Umstritten ist die (Gesamt-)Wertschwelle (BGH: 25 €; a.A. 50 €).