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StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Körperverletzung mit Todesfolge (§§ 223, 227 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Erfolgsqualifikation der Körperverletzung mit Todesfolge (§§ 223, 227 StGB): Täter verursacht die Körperverletzung vorsätzlich, den Tod der anderen Person jedoch nur fahrlässig (§ 18 StGB).

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Verweis auf das bereits geprüfte Grunddelikt des § 223 I StGB
  4. Eintritt einer schweren Folge 
  5. Kausalität und objektive Zurechnung
  6. Tatspezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Grunddelikt (§ 223 StGB) und schwerer Folge (§ 227 StGB)
  7. Objektive Fahrlässigkeitselemente (§ 18 StGB)
  8. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
  9. Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolges
  10. Rechtswidrigkeit
  11. Schuld
  12. Subjektive Fahrlässigkeitselemente (§ 18 StGB)
  13. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
  14. Subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolges
  15. Allg. Schuldelemente
  16. Strafzumessung bei minder schweren Fällen (Abs. 2)

 

 

Tatbestand

Verweis auf das bereits geprüfte Grunddelikt des § 223 I StGB

Siehe das Schema zur Körperverletzung (§ 223 StGB).

 

Eintritt einer schweren Folge 

Es muss der Tod der verletzten Person eingetreten sein.

 

Kausalität und objektive Zurechnung

Die Verwirklichung des Grunddeliktes muss kausal (conditio sine qua non) für die schwere Folge sein und der Täter muss durch die Verwirklichung des Grunddeliktes ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen haben, das sich in der konkret eingetretenen schweren Folge realisiert hat.

 

Tatspezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Grunddelikt (§ 223 StGB) und schwerer Folge (§ 227 StGB)

Der Täter muss den Tod „durch“ die Körperverletzung herbeiführen.

Eine Auffassung will auch bei Erfolgsqualifikationen den Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge über die Kriterien der „objektiven Zurechnung“ lösen.

Die h.L und die Rspr. bedienen sich hingegen des Kriteriums des „tatspezifischen Gefahrzusammenhangs“ und prüfen Fragen der objektiven Zurechnung dort. Wie dieser Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge („durch“) auszusehen hat, lässt sich für Erfolgsqualifikationen nicht abstrakt beantworten, sondern muss jeweils tatbestandsbezogen ermittelt werden (daher: „tatspezifischer Gefahrzusammenhang“; teilw. auch: „Unmittelbarkeitszusammenhang“).

 

Tatbestandspezifischer Gefahrzusammenhang = Gerade die dem Grunddelikt anhaftende spezifische Gefahr muss sich in der schweren Folge realisieren

 

Ist für die Ermittlung des tatspezifischen Gefahrzusammenhangs an die Gefahr der KV-Handlung oder des KV-Erfolgs anzuknpüfen?

  • e.A. (Rspr) Handlungslösung
    Zusammenhang zwischen Körperverletzungshandlung (auch ohne Körperverletzungserfolg) und fahrlässiger Tötung ausreichend.
    Beispiel: Opfer weicht Schlag aus und stürzt von Brüstung
    (pro) Wortlaut: „Körperverletzung“ umfasst begrifflich sowohl die Handlung als auch den Erfolg
    (pro) Systematik: Klammerzusatz „(§§ 223 bis 226a)“ verweist auch auf die dortigen Abs. 2, in denen jeweils der Versuch geregelt ist – der gerade keinen Erfolg voraussetzt; auch der erfolgsqualifizierte Versuch muss strafbar sein können („Hetzjagd von Guben“-Fall).
    (pro) Telos: Handlung kann genauso gefährlich sein wie die Verletzung selbst; Erfolgseintritt hängt oft ohnehin nur vom Zufall ab.

  • a.A. (Lit.) Erfolgslösung / Letalitätstheorie
    Zusammenhang zwischen Körperverletzungserfolg und fahrlässiger Tötung erforderlich.
    Beispiel: Opfer erleidet schweren Schlag auf den Kopf und stirbt an einer Hirnblutung
    (pro) Wortlaut: „Körperverletzung“ erfordert juristisch im Tatbestand auch einen Handlungserfolg
    (pro) Wortlaut: „Tod der verletzten Person“ setzt Körperverletzungserfolg voraus
    (pro) Systematik: Hohes Strafmaß erfordert eine restriktive Auslegung

 

Erfolgt eine Unterbrechung des tatspezifischen Gefahrzusammenhangs durch Dazwischentreten Dritter?

  • Ärztliche Behandlungsfehler
    • Fahrlässige Behandlungsfehler im Rahmen des nach allg. Lebenserfahrung Erwartbaren unterbrechen den Zusammenhang nicht.
    • Ab grober Fahrlässigkeit wird der Zusammenhang durchbrochen.

 

  • Missglückte Rettungsversuche
    Missglückte Rettungsversuche im Rahmen des nach allg. Lebenserfahrung Erwartbaren unterbrechen den Zusammenhang nicht.

 

Unterbrechung des tatspezifischen Gefahrzusammenhangs durch Dazwischentreten des Opfers?

  • e.A. Kriterium der Tatnähe:
    Tatnahe Opferreaktionen (= naheliegende und deliktstypische Reaktion) unterbrechen den Zusammenhang nicht. 
    Beispiel: Flucht auf viel befahrene Straße vor Täter
    → Tatferne Opferreaktionen unterbrechen den Zusammenhang
    Beispiel: Deutlich spätere Selbsttötung aufgrund einer aus den Körperverletzungsfolgen resultierenden Depression

  • e.A. Kriterium der Eigenverantwortlichkeit:
    Eigenverantwortliche Opferreaktionen nach autonomem Willensbildungsprozess unterbrechen den Zusammenhang. 
    → Nicht eigenverantwortliche Opferreaktionen unterbrechen den Zusammenhang nicht
    Beispiele: Handlungen während verletzungsbedingter Benommenheit, infolge von Panik oder aus Reflex

 

Objektive Fahrlässigkeitselemente (§ 18 StGB)

Objektive Sorgfaltspflichtverletzung

Die objektive Sorgfaltspflichtverletzung (Außer-Acht-Lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt) wird durch die Verwirklichung der vorsätzlichen Körperverletzung indiziert.

Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolges

Der konkrete Erfolg sowie die wesentlichen Züge des Kausalverlaufs müssen für einen Menschen in der konkreten Lage und sozialen Rolle des Handelnden objektiv voraussehbar gewesen sein. Vorhandenes Sonderwissen muss der Täter gegen sich gelten lassen (str.; a.A.: dann nicht mehr objektiv).

Nicht vorhersehbar sind regelmäßig völlig atypische Verläufe, die außerhalb jeder Lebenserfahrung liegen.

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Schuld

Subjektive Fahrlässigkeitselemente (§ 18 StGB)

Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung

Auch die subjektive Sorgfaltspflichtverletzung wird durch die Verwirklichung der vorsätzlichen Körperverletzung indiziert.

Subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolges

Der Erfolg sowie die wesentlichen Züge des Kausalverlaufs müssen für den Täter unter Berücksichtigung seiner persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse subjektiv voraussehbar gewesen sein.

Allg. Schuldelemente

Siehe für die allg. Fälle, in denen die Schuld entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung bei minder schweren Fällen (Abs. 2)

Erforderlich ist eine Gesamtabwägung aller relevanten Strafzumessungstatsachen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Strafmilderungsgrundes des § 213 Alt. 1 StGB (Provokation) ist zwingend von einem minder schweren Fall auszugehen.

 

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