Prüfungsschema zur Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 223, 224 StGB): Täter begeht die Körperverletzung auf besonders gefährliche Art und Weise.
§ 224 enthält Qualifikationen zum Grundtatbestand § 223.
Ist der Grundtatbestand erfüllt, die Qualifikation hingegen nicht erfüllt, sollten beide getrennt geprüft werden, um zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Bei der Qualifikation wird dann im Tatbestand kurz auf die Verwirklichung des Tatbestandes des Grunddeliktes verwiesen.
Ist die Qualifikation erfüllt, sollten in der Klausur die objektiven Voraussetzungen direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Voraussetzungen nach dem subjektiven Tatbestand geprüft werden:
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) des Grunddelikts (§ 223 StGB) b) der Qualifikation (§ 224 StGB) 2. Subjektiver Tatbestand a) des Grunddelikts (§ 223 StGB) b) der Qualifikation (§ 224 StGB) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld |
‚Gesundheitsschädlicher Stoff‘ ist Oberbegriff, ‚Gift‘ ein Beispiel hierfür. Eine Unterteilung ist teilw. schwer möglich und im Ergebnis irrelevant.
Die Wirkungen der Stoffe können jeweils auch nur vorübergehend sein. Eine dauerhafte Schädigung ist nicht erforderlich.
Gesundheitsschädliche Stoffe = Stoff, der durch mechanische oder thermische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist
Stoffe = Jede Materie, egal ob fest (z.B. feine Glassplitter), flüssig (z.B. Säuren) oder gasförmig (z.B. Kohlenmonoxid)
Gift = Jeder organische oder anorganische Stoff, der durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist
Beibringung = In-Verbindung-Bringung des Stoffes mit dem Körper, sodass der Stoff seine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet
Beispiel: Einführen (Einatmung, Schlucken); Auftragen (Aufnahme über die Haut)
‚Gefährliches Werkzeug‘ ist Oberbegriff, ‚Waffe‘ ein Beispiel hierfür.
Im Unterschied zu § 244 I Nr. 1 a) StGB wird hier nicht auf ein bloßes „Beisichführen“, sondern auf die konkrete Verwendung („mittels“) abgestellt. Die Auslegung insb. des Begriffes „gefährliches Werkzeug“ ist daher hier deutlich weniger umstritten.
Gefährliches Werkzeug = Jeder Gegenstand, der nach der Art seiner konkreten Verwendung dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen
Waffe = Jeder Gegenstand, der nach seiner allgemeinen Art dazu bestimmt ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen
Die Tat muss „mittels“ Waffe / gef. Werkzeug erfolgen.
Mittels = unmittelbare Folge
Beispiel: Anfahren mit dem Kfz; nicht: Sturz danach
Überfall = Unvorhergesehener Angriff auf einen Ahnungslosen
Hinterlistig = Planmäßig berechnende Verdeckung der wahren Absichten, sodass die Abwehr des Opfers erschwert ist
Mittels = unmittelbare Folge (s.o.)
Beispiel: Heimliches Verabreichen von Betäubungsmitteln, Auflauern
Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich = Einverständliches Zusammenwirken von mindestens zwei Personen am Tatort, das sich gefahrerhöhend auswirkt
Die gesteigerte Gefährlichkeit ergibt sich aus der geschwächten Verteidigungsbereitschaft des Opfers und dem erhöhten Risiko gravierender Verletzungsfolgen. Keine gesteigerte Gefährlichkeit daher z.B. wenn sich zwei Opfer unabgesprochen gegen einen Täter verteidigen.
Es muss sich nicht um Mittäter handeln (so e.A.), aber zumindest um einen Beteiligten (h.M.).
Auch (noch) am Tatort wirken zwei Personen zusammen, wenn A auf dem Grundstück des Opfers steht und B vom Nachbargrundstück Informationen per SMS zusendet.
Genügt zur Strafbarkeit eine generelle Eignung der Behandlung des Opfers für eine Lebensgefahr oder ist eine konkrete Lebensgefährdung durch die Behandlung erforderlich?
e.A.: Konkrete Lebensgefahr durch die Behandlung (ex-post) erforderlich
h.M.: Objektive Geeignetheit der Behandlung für eine Lebensgefahr (ex-ante) ausreichend
Beispiele für objektiv geeignete Handlungen: Hetzen eines Hundes auf einen Menschen; Werfen in eiskaltes Wasser; Tritte gegen den Kopf; Anfahren mit einem Pkw
Beachte: Abzustellen ist nach beiden Ansichten auf die Art der Behandlung, nicht auf die dadurch verursachte Lage (z.B. nicht: Opfer liegt nach einem harmlosen Schlag auf einer viel befahrenen Straße; str.)