Prüfungsschema für das den Bestand der zugeordneten vermögenswerten Positionen schützende Grundrecht der Eigentumsfreiheit als Abwehrrecht der Bürger gegen den Staat.
Art. 14 I GG schützt ‚das Erworbene‘ (den Bestand), Art. 12 I GG hingegen ‚den Erwerb‘ (das Verhalten).
Zielgerichtete Enteignungen unterliegen dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Art. 14 III GG. Abstrakt-generelle Inhalts- und Schrankenbestimmungen dagegen lediglich einem einfachen Gesetzesvorbehalt.
- Inhaltsverzeichnis
- Schutzbereich
- Persönlicher Schutzbereich
- Natürliche Personen
- Juristische Personen
- Sachlicher Schutzbereich
- Eingriff
- Rechtfertigung
- Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
- Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
- Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Formelle Verfassungsmäßigkeit
- Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
- Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
- Form: Ausfertigung und Verkündung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit
- Allgemeine materielle Anforderungen
- Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Angemessenheit
- Nur bei Enteignungen: Schranken-Schranken des Art. 14 III GG
- Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Schutzbereich
Persönlicher Schutzbereich
Natürliche Personen
Die Eigentumsgarantie ist ein ‚Jedermanngrundrecht‘ (auch ‚Menschenrecht‘), auf das sich alle natürlichen Personen – unabhängig von ihrer Nationalität – berufen können.
Juristische Personen
Siehe hierzu ausführlich die Übersicht: Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen (Art. 19 III GG).
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Inländische juristische Personen des Privatrechts können sich unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG grds. auf Art. 14 I GG berufen.
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Juristische Personen des Privatrechts mit Sitz in der EU können sich nach Ansicht des BVerfG ebenfalls auf Art. 14 I GG berufen
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Juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie gemischt-wirtschaftliche Unternehmen (wenn z.B. der Staat die Mehrheit der Anteile einer juristischen Person des Privatrechts hält) können sich nach Ansicht des BVerfG nicht auf Art. 14 GG berufen.
(pro) Systematik: Der Staat ist nach Art. 1 III GG Verpflichteter und kann daher nicht gleichzeitig Berechtigter sein (Konfusionsargument); Systematik/Telos: Juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen dem Staat nicht in einer (Bürgern vergleichbaren) grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüber (a.A. Teile der Lit.). Ausgenommen sind hiervon nach h.M. die grundrechtsdienenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Sachlicher Schutzbereich
Eigentum = Jede vermögenswerte Rechtsposition, die dem Einzelnen von der Rechtsordnung nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts zugeordnet ist.
Es handelt sich um einen ‚normgeprägten‘ Schutzbereich, der durch Normen der einfachen Rechtsordnung ausgestaltet wird. Der verfassungsrechtliche Begriff des Eigentums geht dabei über den zivilrechtlichen Begriff der §§ 903 BGB hinaus und schützt auch andere Ausschließlichkeitsrechte des Einzelnen. Art. 14 GG schützt nach h.M. nur konkrete Rechtspositionen, nicht aber das Vermögen insgesamt, sodass z.B. Geldzahlungspflichten grundsätzlich keinen Eingriff in das Grundrecht darstellen (str.).
Geschützt ist der Bestand und die positive Nutzung des Eigentums sowie die negative Eigentumsfreiheit (z.B. das Recht, Eigentum zu veräußern, nicht zu nutzen…).
Eingriff
Zuerst sollte das Vorliegen eines ‚klassischen Eingriffs‘ geprüft werden; nur wenn ein Merkmal nicht erfüllt ist, sollte auf den ‚modernen Eingriffsbegriff‘ eingegangen werden. Siehe hierzu ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte.
Eingriff = Jedes staatliche Handeln, das zur Beeinträchtigung des Schutzbereiches führt und nach dem …
- klassischen Eingriffsbegriff final, unmittelbar, rechtsförmig und zwangsförmig ist, bzw.
- modernen Eingriffsbegriff (auch: ‚neuer Eingriffsbegriff‘) ein „funktionales Äquivalent" zu einem klassischen Eingriff darstellt.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Eingriff eines der folgenden Merkmale aufweist: besondere Intensität, besondere Finalität oder besondere Zurechenbarkeit (meist definiert als Kausalität plus Vorhersehbarkeit).
Die nachfolgende Differenzierung in eine Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung kann auch erst auf Ebene der Rechtfertigung vorgenommen werden, da sie erst dort rechtlich relevante Auswirkungen entfaltet. Art. 14 III GG enthält für „Enteignungen“ nämlich einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt, während Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 I 2 GG) lediglich unter einfachem Gesetzesvorbehalt stehen.
Wie wird zwischen ‚Enteignungen‘ (Art. 14 III GG) und ‚Inhalts- und Schrankenbestimmungen‘ (Art. 14 I 2 GG) abgegrenzt?
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e.A. BGH insb. im Staatshaftungsrecht (Sonderopfertheorie): Differenzierung nach der Intensität des Eingriffs
Besonders intensive Eingriffe sind Enteignungen.
(con) Systematik: Merkmal der „Intensität“ ist zu unbestimmt (aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 III GG abgeleitetes Bestimmtheitsgebot)
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h.M. BVerfG (Formale Theorie): Differenzierung nach der Form des Eingriffs
(pro) Systematik: Bestimmtheit und Rechtssicherheit aufgrund der formalen Kriterien
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Enteignung (Art. 14 III GG) = Der zielgerichtete, konkret-individuelle Entzug der Eigentumsposition (e.A.: zum Wohl der Allgemeinheit; a.A. bei gleichzeitiger Aneignung auf Seiten des Staates) durch Gesetz (Legalenteignung) oder Verwaltungshandeln auf Grund eines Gesetzes (Administrativenteignung).
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Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 I 2 GG) = Die abstrakt-generelle Auferlegung von an das Eigentum anknüpfenden Rechten und Pflichten.
Rechtfertigung
Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind durch einfache Gesetze möglich (einfacher Gesetzesvorbehalt).
Enteignungen dürfen nur unter den besonderen Bedingungen des Art. 14 III GG (dazu unten) vorgenommen werden (qualifizierter Gesetzesvorbehalt).
Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Formelle Verfassungsmäßigkeit
Detailliert: Siehe Schema Gesetzgebungsverfahren
Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung
Materielle Verfassungsmäßigkeit
Allgemeine materielle Anforderungen
Siehe zu der hier knapp gehaltenen Aufzählung ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte.
- Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG)
- Aufbauhinweis: Das Zitiergebot wird teilweise auch unter dem Punkt „formelle Verfassungsmäßigkeit" geprüft.
- Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG)
- Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)
- Bestimmtheitsgebot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG)
- Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG)
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- Echte Rückwirkung
- Unechte Rückwirkung
Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
Legitimer Zweck
Grds. jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.
Geeignetheit
Das Ziel kann grundsätzlich durch das Mittel erreicht werden.
Erforderlichkeit
Es existiert kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels.
Angemessenheit
Hier liegt in aller Regel der Schwerpunkt der Klausur. Dies sollte bei der Zeiteinteilung unbedingt berücksichtigt werden.
- Die Intensität des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Schutzes anderer Verfassungsgüter stehen.
- Unverhältnismäßige Eingriffe in Form von Inhalts- und Schrankenbestimmungen können doch rechtmäßig sein, wenn sie Übergangs- und Ausgleichsbestimmungen zur Abmilderung der Belastung enthalten (sog. „ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung“)
Nur bei Enteignungen: Schranken-Schranken des Art. 14 III GG
- Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig (Art. 14 III 1 GG).
- Gesetz muss selbst Art und Ausmaß der Entschädigung regeln (‚Junktimklausel‘, Art. 14 III 2 GG)
Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.