Prüfungsschema für das Grundrecht der Freiheit der Person (Art. 2 II 2, 104 GG) in Form der körperlichen Bewegungsfreiheit als Abwehrrecht der Bürger gegen den Staat.
Die Freiheit der Person ist ein ‚Jedermanngrundrecht‘ (auch ‚Menschenrecht‘), auf das sich alle natürlichen Personen – unabhängig von ihrer Nationalität – berufen können.
Juristische Personen können sich nicht auf die Freiheit der Person berufen, da diese nicht ihrem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar ist. Siehe hierzu auch das Schema Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen, Art. 19 III GG.
Freiheit der Person = Körperliche Bewegungsfreiheit in Form der positiven Freiheit, einen anderen Ort aufzusuchen sowie der (damit korrespondierenden) negativen Freiheit, an einem Ort zu verweilen oder einem Ort fernzubleiben.
Ist auch das Recht, einen bestimmten Ort aufzusuchen, vom Schutzbereich umfasst?
Beispiel: Absperrung eines Platzes für alle Personen
e.A. (+) Umfasst ist auch das konkrete Recht, einen bestimmten Ort aufzusuchen
(pro) Systematik: Eingriffe können gerechtfertigt werden, müssen dies aber auch.
(con) Systematik: Ausufern der grundrechtlichen Gewährleistung.
h.M. (–) Umfasst ist lediglich das abstrakte Recht, irgendeinen anderen Ort aufzusuchen
(pro) Systematik: Für das Aufsuchen eines bestimmten Ortes ist die Freizügigkeit gem. Art. 11 GG einschlägig.
Zuerst sollte das Vorliegen eines ‚klassischen Eingriffs‘ geprüft werden; nur wenn ein Merkmal nicht erfüllt ist, sollte auf den ‚modernen Eingriffsbegriff‘ eingegangen werden. Siehe hierzu ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte.
Eingriff = Jedes staatliche Handeln, das zur Beeinträchtigung des Schutzbereiches führt und nach dem …
Ist für einen Eingriff in die Freiheit der Person staatliche Zwangsanwendung nötig?
h.M.: (–) Bereits Ge- oder Verbote per se sind ein Eingriff
(pro) Systematik: Möglichkeit des Staates diese Ge- oder Verbote aufgrund seines Gewaltmonopols mit Zwang durchzusetzen.
a.A.: (+) Nur vollstreckte Ge- oder Verbote in Form von Maßnahmen des unmittelbaren körperlichen oder psychischen Zwangs sind Eingriffe
(pro) Historie: Klassischer Anwendungsfall war historisch die staatliche zwanghafte Gefängnisstrafe (vgl. habeas corpus).
Ist jedes Gebot, an einem bestimmten Ort zu erscheinen, ein Eingriff in die Freiheit der Person?
e.A.: (+) Jedes Gebot ist ein Eingriff
Je nach Intensität des Eingriffs ergeben sich unterschiedliche Rechtfertigungsanforderungen. Sämtliche Eingriffe werden als Freiheitsbeschränkungen bezeichnet. Die schwerste Form der Freiheitsbeschränkung stellen Freiheitsentziehungen dar. Lediglich für sie gelten die besonderen Schranken-Schranken des Art. 104 II – IV GG. Daher wird i.d.R. bereits auf Ebene des Eingriffs wie nachfolgend unterschieden in Freiheitsbeschränkungen und Freiheitsentziehungen.
Da diese Differenzierung erst auf Ebene der Rechtfertigung rechtlich relevante Auswirkungen entfaltet, kann sie auch erst dort vorgenommen werden.
Freiheitsbeschränkung = Jeder Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit
Beispiele: polizeiliches Anhalten für Alkoholkontrolle am Steuer; Mitnahme auf die Wache, um dort kurz (Faustregel: bis ca. 2-3 Stunden) die Identität festzustellen.
Freiheitsentziehung = Aufhebung der Bewegungsfreiheit nach jeder Richtung hin (räumlich) und für eine nicht nur kurzfristige Dauer (zeitlich)
Beispiele: Gefängnisstrafe; Hausarrest; infektionsschutzrechtliche Quarantäneanordnung; Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik.
Dass Art. 2 GG und Art. 104 GG die Normen so verstreut geregelt wurden, hat insb. historische Gründe: Art. 104 GG ist Umsetzung des angelsächsischen Rechtsinstituts habeas corpus, das gerade der Rechtsprechung aufträgt, Verhaftungen anzuordnen. Er steht daher in Abschnitt „IX. Die Rechtsprechung".
(→ Ausführlich hierzu das Prüfungsschema Gesetzgebungsverfahren)
Aufgrund ihrer besonderen Intensität erfordert die Freiheitsentziehung nach Art. 104 II - IV GG:
Legitimer Zweck
Grds. jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.
Geeignetheit
Das Ziel kann grundsätzlich durch das Mittel erreicht werden.
Erforderlichkeit
Es existiert kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels.
Angemessenheit
Hier liegt in aller Regel der Schwerpunkt der Klausur. Dies sollte bei der Zeiteinteilung unbedingt berücksichtigt werden.
Die Intensität des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Schutzes anderer Verfassungsgüter stehen.
Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.