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GG  
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.
(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.
Quelle: BMJ
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LexMea

Übersicht: Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen (Art. 19 III GG)

Übersicht über die Grundrechtsfähigkeit inländischer und ausländischer juristischer Personen des Privatrechts und öffentlichen Rechts. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Juristische Personen
  3. Juristische Personen des Privatrechts
  4. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
  5. „Inländische" bzw. ausländische juristische Personen
  6. Wesensmäßige Anwendbarkeit

 

Gem. Art. 19 III GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

 

Juristische Personen

Juristische Personen des Privatrechts

  • Verfassungsautonome Auslegung; diese ist weiter als die des einfachen Rechts, denn sonst könnte der Gesetzgeber über das einfache Recht die Reichweite der Geltung der Grundrechte bestimmen; das einfache Recht (z.B. Zivilrecht) hat jedoch indizielle Funktion.
  • Verfassungsautonome Auslegung erfordert funktionale Betrachtung: Voraussetzung ist ‚Hinreichende Binnenorganisation‘.

Hinreichende Binnenorganisation = 

  • Zur Willensbildung fähig
  • Zur einheitlichen Vertretung nach außen fähig

Beispiele:

  • Privatrechtliche juristische Personen wie Verein (§§ 21ff. BGB) oder Stiftung (§§ 80 ff. BGB) und ihre Sonderformen (z.B. AG, GmbH).
  • Jede Personenmehrheit, die grundrechtstypisch gefährdet werden kann (z.B. auch OHG, Partnerschaft); nicht jedoch schlichte Personenmehrheiten (z.B. Kalles Kneipentreff; sporadische Lernrunde)

 

Juristische Personen des öffentlichen Rechts

  • Grundsätzlich nicht grundrechtsfähig (h.M.)
    (proSystematik: Der Staat kann nicht aus Art. 1 III GG Grundrechtsverpflichteter und gleichzeitig Grundrechtsträger sein (Konfusionsargument). Systematik/Telos: Juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen dem Staat nicht in einer (Bürgern vergleichbaren) grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüber. 
  • Ausnahmen:
    • Grundrechtsdienende Körperschaften
      Wenn die juristischen Personen des öffentlichen Rechts gerade dem Bürger zur Verwirklichung spezifischer Grundrechte dienen (sog. grundrechtsdienende Körperschaften) und sich ebenfalls in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden (dazu sogleich), da sie unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehören.
      Beispiele: Rundfunkanstalten, insb. in Bezug auf Art. 5 I 2 GG; Universitäten, insb. in Bezug auf Art. 5 III 1 GG; Kirchen / sonstige öffentlich-rechtliche Weltanschauungsgemeinschaften, insb. in Bezug auf Art. 4 I, 140 GG
    • Verfahrensgrundrechte
      Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich stets auf die Verfahrensgrundrechte berufen.
      Beispiele: Art. 19 IV, 101 I 2, 103 I GG

 

„Inländische“ bzw. ausländische juristische Personen

  • Art. 19 III GG eröffnet den Schutzbereich der Grundrechte ausweislich seines Wortlautes lediglich für „inländische" juristische Personen.

Wann gilt eine juristische Person als „inländisch"?

  • BVerfG: Sitztheorie
    Effektiver Sitz in Form der Hauptverwaltung / des tatsächlichen Aktionszentrums im Inland (und nicht ihres in der Satzung genannten Sitzes)
  • e.A.: Gründungs-/Satzungstheorie
    Gründung im Inland (z.B. als GmbH) oder in der Satzung genannter Sitz im Inland
  • Ausnahmen:
    • Verfahrensgrundrechte
      Eine Ausnahme gilt erneut für die Verfahrensgrundrechte (Art. 19 IV, 101 I 2, 103 I GG), die sämtlichen (auch nicht-EU) ausländischen juristischen Personen zugebilligt werden.
    • Juristische Personen mit Sitz in der Europäischen Union

Gilt eine Ausnahme für juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union?

  • e.A. (–) Nein
    (pro) Wortlaut „inländisch"
  • BVerfG: (+) Ja
    (pro): Systematik: Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten (Art. 26 II AEUV) und des europarechtlichen Diskriminierungsverbotes (Art. 18 AEUV), sofern ein „hinreichender Inlandsbezug" der ausländischen juristischen Person gegeben ist (z.B. diese wird in Deutschland tätig und kann hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden)

 

Folgefrage: Können sich juristische Personen aus anderen Mitgliedsstaaten der EU dann nur auf die Jedermanngrundrechte oder auch unmittelbar auf die Deutschengrundrechte berufen? 
Siehe hierzu parallel für natürliche Personen auch die Übersicht: Persönlicher Schutzbereich der Deutschengrundrechte (Art. 116 I GG)

  • BVerfG: Keine unmittelbare Berufung auf Deutschengrundrechte
    Dies gilt jedoch nicht für die Deutschengrundrechte; hier nur Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) als Auffanggrundrecht – allerdings mit dem gleichen Schutzgehalt wie das jeweilige Deutschengrundrecht 
  • a.A.: Dies gilt auch für die Deutschengrundrechte (z.B. Art. 12 I GG); unmittelbare Berufung auf diese möglich

 

Wesensmäßige Anwendbarkeit

Wesensmäßige Anwendbarkeit = Das Grundrecht ist seinem Wesen nach nicht nur auf Privatpersonen, sondern auch auf juristische Personen anwendbar, da es nicht an natürliche Qualitäten des Menschen bzw. das „Menschsein" an sich anknüpft

Wann sind Grundrechte wesensmäßig auf juristische Personen anwendbar?

  • BVerfG: Theorie des personalen Substrats
    Testfrage: Sind Gründung und Betätigung der juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung der hinter ihr stehenden natürlichen Personen, sodass ein staatlicher Eingriff in die Rechte der juristischen Person auch einen Durchgriff in die Rechte der hinter ihr stehenden Personen bedeuten würde (daher teilw. auch: Durchgriffstheorie)?
  • h.L.: Theorie der grundrechtstypischen Gefährdungslage
    Testfrage: Ist die juristische Person einer – einer natürlichen Person vergleichbaren – grundrechtstypischen Gefährdungslage aufgrund von freiheitsgefährdenden staatlichen Eingriffen ausgesetzt? 
  • Beispiele:
    • Keine wesensmäßige Anwendbarkeit auf juristische Personen
      • Menschenwürde (Art. 1 I 1 GG)
      • Leben, Gesundheit (Art. 2 II 1 GG)
      • Freiheit (Art. 2 II 2 GG)
      • Ehe, Familie (Art. 4 I GG)
    • Wesensmäßige Anwendbarkeit auf juristische Personen
      • Wirtschaftliche Betätigung (Art. 12 GG)
      • Eigentum (Art. 14 GG)
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