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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.
(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.
(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.
(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.
(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.
Quelle: BMJ
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LexMea

Fraktionsausschluss eines Abgeordneten (h.M.: Art. 38 I 2 GG)

Öffentliches RechtVerfassungsrechtStaatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

Prüfungsschema zur Zulässigkeit und Begründetheit eines Organstreitverfahrens von Bundestagsabgeordneten gegen einen Fraktionsausschluss. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit (Organstreitverfahren)
  3. Zuständigkeit (Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)
  4. Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)
  5.  Antragssteller: Abgeordnete/r
  6. Antragsgegnerin: Fraktion
  7. Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)
  8. Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)
  9. Durch das GG übertragenes Recht
  10. Eigenes Recht
  11. Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung
  12. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
  13. Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)
  14. Frist, § 64 III BVerfGG
  15. Begründetheit
  16. Gewährleistungsinhalt
  17. Beeinträchtigung
  18. Rechtfertigung
  19. Rechtsgrundlage
  20. Formelle Voraussetzungen
  21. Zuständigkeit
  22. Verfahren
  23. Antrag
  24. Anhörung
  25. Sitzung und Abstimmung
  26. Materielle Voraussetzungen
  27. Vorliegen eines „wichtigen Grundes“
  28. Evidenz- und Willkürkontrolle

 

Zulässigkeit (Organstreitverfahren)

Zuständigkeit (Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)

 

Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)

 Antragssteller: Abgeordnete/r

Fraglich ist, ob Abgeordnete „Teile“ des Organs „Bundestag“ i.S.d. § 63 BVerfGG sind.

Sind einzelne Bundestagsabgeordnete parteifähig im Organstreitverfahren?

§ 63 BVerfGG nennt als parteifähig: Oberste Bundesorgane wie u.a. den Bundestag, sowie „Teile dieser Organe“. Fraglich ist, ob einzelne Abgeordnete hierunter subsummierbar sind.

  • e.A. einzelne Abgeordnete sind Teile des Bundestages
    (pro) Wortlaut: Einzelner ist Teil des Ganzen.
  • Rspr. (BVerfGG) Nur „ständige Gliederungen“ (wie Fraktionen) sind Teile des Bundestages
    (pro) Systematik: § 22 I 2 BVerfGG sagt, dass „Teile“ von gesetzgebenden Körperschaften, wie dem Bundestag, sich von ihren Mitgliedern vertreten lassen können, sodass begrifflich „Teile“ mehr sind als einzelne Mitglieder.

In jedem Fall sind einzelne Abgeordnete „andere Beteiligte“ i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 HS 2 GG, die - z.B. in Art. 38 I 2 GG - mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Art. 93 GG ist als ranghöhere Norm maßgebend (lex superior-Grundsatz) mit der Folge der verfassungskonformen Auslegung des § 63 BVerfGG als lediglich beispielhaft.

 

Antragsgegnerin: Fraktion

Fraktionen sind in der GOBT (z.B. in §§ 12, 26, 35, 76, 101) mit eigenen Rechten ausgestattet.
Sie sind ständig vorhandene Gliederungen des Bundestages und somit gem. § 63 BVerfGG taugliche Antragsgegner. 
Sie sind auch andere Beteiligte i.S.v. Art. 93 I Nr. 1 HS 2 GG. 

 

 

Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)

  • Tauglicher Antrgsgegenstand ist gem. § 64 I BVerfGG jede „Maßnahme oder Unterlassung“
  • BVerfG: Nur „rechtserhebliche“ Maßnahmen oder Unterlassungen (ungeschriebene Voraussetzung)

Rechtserheblich = Geeignet, die Rechtsstellung des Antragstellers zu beeinträchtigen

  • Ein Fraktionsausschluss würde die Rechtsstellung von Abgeordneten beeinträchtigen, da deren Rechte ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion abhängen, z.B.:
    • Anteilige Verteilung der Redezeit (§ 35 GOBT)
    • Gesetzesentwürfe (§§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
    • Große Anfragen (§§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
    • Kleine Anfragen (§ 75 III GOBT)
    • Änderungsanträge zu Gesetzen (§ 85 I GOBT)
    • Anrufung des Vermittlungsausschusses (§ 89 GOBT)
    • Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)

 

Handelt es sich um eine verfassungsrechtlich rechtserhebliche oder um eine rein privatrechtliche Streitigkeit?

  • e.A. Rein verfassungsrechtlich
    (pro) Systematik: § 47 I AbgG: „Die Fraktionen wirken an der Erfüllung der Aufgaben des Deutschen Bundestages mit.“, sie haben mithin Teil an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt; 63 BVerfGG: Fraktionen sind ‚Teile des Organs‘ Bundestag.
  • a.A. Rein privatrechtlich
    (pro) Systematik: § 46 III AbgG: „Die Fraktionen sind nicht Teil der öffentlichen Verwaltung; sie üben keine öffentliche Gewalt aus.“; § 10 IV, V ParteiG, § 13 GVG: Für Klagen gegen einen Parteiausschluss steht der Zivilrechtsweg offen.
  • h.M. (BVerfG) Doppelfunktion der Fraktionen; nur arbeitsrechtliche Fragen sind dem Privatrecht zuzuordnen
    (pro) Vermittelnde Ansicht

 

Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)

Antragsteller muss (1.) in einem „durch das Grundgesetz übertragenen“, (2.) eigenen („er oder das Organ, dem er angehört“) Recht (3.) durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung möglicherweise „verletzt oder unmittelbar gefährdet“ sein (§ 64 I BVerfGG).

 

Durch das GG übertragenes Recht

Auf welche Rechte können Abgeordnete sich in Bezug auf den Fraktionsausschluss berufen?

 

  • Rechte aus Fraktions-GO oder GOBT: (–) da kein Verfassungsrecht

 

  • Recht aus Art. 21 GG
    • h.M. (–) Keine Berufung auf Art. 21 GG möglich
      (pro) Wortlaut: Keine rechtlich normierte Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG weiter zu verstehen, gibt kein spezifisches Recht bei spezifischen Institutionen des BT mitzuwirken
      (pro) Systematik: Abgeordnete sind nach Art. 38 I 2 HS 1 GG „Vertreter des ganzen Volkes“ und nicht nur der Partei; erhalten nach Listenwahl eigene Rechtsstellung (Systematik)
    • a.A. (+) Berufung auf Art. 21 GG möglich
      (pro) Telos: Enge faktische Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG erfolgt insb. über die Arbeit der Fraktionen im BT

 

  • Recht aus Art. 38 I 2 GG
    • e.A. (–) Keine Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
      (pro) Telos: Fraktionsbildung ist freiwilliger Zusammenschluss aus dem Willen freiwilliger Kooperation heraus; keine Rechtspflicht hierzu
    • h.M. (+) Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
      (pro) Systematik: Fraktionsbildung verschafft mehr Rechte (z.B. Stimme in Ausschüssen, § 57 II 1, GOBT; Redezeit, § 35 I GOBT; …)
      (pro) Telos: Fraktionsbildung dient der parlamentarischen Willensbildung (sog. „Mediatisierung“ durch Fraktionen) - Recht auf Aufnahme/Verbleib als Korrelat zu dieser Funktion

 

Eigenes Recht

Das Recht aus Art. 38 I 2 GG (h.M., s.o.) steht gerade einem jeden einzelnen Abgeordneten zu.

 

Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung

Im Unterschied zur Begründetheit ist keine vollständige Prüfung einer Rechtsverletzung nötig. Diese muss jedoch zumindest möglich erscheinen (Möglichkeitstheorie). Das Merkmal dient der Aussonderung ganz offensichtlich unbegründeter Fälle.

Hier auf die unter III. bezeichnete Maßnahme / Unterlassung abstellen und auf das gleiche Recht (Art. 38 I 2 GG) wie in der Begründetheit (s.u.).

Möglichkeit der Verletzung = Diese ist nicht von vornherein, unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (Möglichkeitstheorie)

Unmittelbare Rechtsgefährdung = Solch sachliche und zeitliche Konkretisierung, dass ohne Eingreifen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verletzung eintreten wird

 

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Kein leichterer / schnellerer Weg zur außergerichtlichen Durchsetzung der dargelegten Rechte, z.B. durch eigenes Handeln in anderen Verfahren wie parteiinterne Schlichtung.

 

Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)

  • Schriftform (§ 23 I 1 BVerfGG)
  • Begründung unter Bezeichnung der möglicherweise verletzten GG-Norm (§§ 23 I 2, 64 II BVerfGG)

 

Frist, § 64 III BVerfGG

  • Sechs Monate nach Kenntnis von der beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung (§ 64 III BVerfGG)
  • Berechnung nach §§ 187 ff. BGB

 

 

 

Begründetheit

Der Antrag ist begründet, soweit der Fraktionsausschluss gegen das Grundgesetz verstößt.

Gewährleistungsinhalt

Verweis auf Zulässigkeitsprüfung (A. IV. 1. oben). Siehe ausführlich hierzu auch die Übersicht: Abgeordnetenrechte.

Beeinträchtigung

Die tatsächlichen Rechte eines Abgeordneten hängen ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion ab, z.B.:

  • Anteilige Verteilung der Redezeit (vgl. § 35 GOBT)
  • Gesetzesentwürfe (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
  • Große Anfragen (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
  • Kleine Anfragen (vgl. § 75 III GOBT)
  • Änderungsanträge zu Gesetzen (vgl. § 85 I GOBT)
  • Anrufung des Vermittlungsausschusses (vgl. § 89 GOBT)
  • Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)

Daher stellt ein Fraktionsausschuss auch eine Beeinträchtigung der Abgeordnetenrechte aus Art. 38 I 2 GG dar.

 

Können auch Private/Parteien in die Rechte der Abgeordneten eingreifen?
  • e.A.: (-) Nein
    (pro) Grds. können nur staatliche Hoheitsträger eingreifen
  • h.M.: (+) Ja
    (pro) Wortlaut Art. 38 I 2 GG: Frei von (jeglichen) Aufträgen o. Weisungen; Systematik: Art. 48 II 2 GG zeigt (als spezielle Ausprägung von Art. 38 I 2 GG), dass das Mandat auch vor Privaten geschützt wird.

 

Rechtfertigung

Rechtsgrundlage

Welche Rechtsgrundlage kommt für den Fraktionsausschluss in Betracht?

  • e.A. § 10 GOBT
    (con) Wortlaut: Nur Bildung und nicht Ausschluss geregelt; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht
  • a.A. § 10 IV, V PartG
    (con) Wortlaut: Geltung nur für Parteien und nicht für Fraktionen; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht
  • h.M. Art. 38 I 2 GG
    (pro) Telos: Recht der anderen Fraktionsmitglieder auf Effektivierung ihres Mandats durch funktionierende Fraktionszusammenarbeit

 

 

Formelle Voraussetzungen

Zuständigkeit

Fraktionsversammlung, nicht nur der Vorstand

Verfahren
Antrag

Durch Fraktionsvorstand oder aus der Mitte der Fraktion

Anhörung

Schriftliche Ankündigung des Ausschlusses, Anhörung des Abgeordneten & Gelegenheit zur Stellungnahme und Weiterleitung dieser an die gesamte Fraktion.

Sitzung und Abstimmung
  • Rechtzeitige Ladung unter Angabe des geplanten Fraktionsausschlusses als Grund
  • (Zumindest Gelegenheit zur) Anwesenheit in der Ausschlusssitzung (str.)
  • Abstimmung
    • Geheime Abstimmung (str.)
    • Einfache Mehrheit (str.; a.A.: 2/3 Mehrheit)

 

 

Materielle Voraussetzungen

Vorliegen eines „wichtigen Grundes“

Aufgrund der Freiheit des Mandats (Art. 38 I 2 HS 2 GG) und des sich daraus ableitenden grundsätzlichen Verbotes des Fraktionszwangs ist ein „wichtiger Grund“ erforderlich. Da es sich beim Fraktionsausschluss somit nicht um eine Strafmaßnahme für vergangenes Verhalten handeln darf, muss aufgrund vergangenen Verhaltens erkennbar sein, dass keine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist (Prognose).

Anerkannt als wichtige Gründe sind:

  • Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört
  • Keine politische Übereinstimmung mehr
  • Arbeit der Fraktion wird durch den Abgeordneten ineffektiv oder aufwendiger
  • Einheitliches Auftreten der Fraktion nach Außen nachhaltig gestört (str.; wohl nicht bereits bei einzelner Abstimmung „gegen die Fraktion“ oder unliebsamer Wortmeldung im BT; hier oft Unterscheidung in zulässige Fraktionsdisziplin und unzulässigen Fraktionszwang)

 

Evidenz- und Willkürkontrolle

Der Fraktion kommt dabei ein eigener Ermessensspielraum zu, das BVerfG beschränkt sich auf eine Evidenz- und Willkürkontrolle. Dabei wird insb. untersucht:

  • Zutreffende Tatsachen
  • Erhebliche Tatsachen (h.M.: auch außerparlamentarisches Verhalten, nicht rein privates, gänzlich unpolitisches)
  • Keine Ermessensfehler: Insb. Verhältnismäßigkeit – z.B. Abmahnung ausreichend?
 
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