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GG  
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Die Gesetze, die der Durchführung des Lastenausgleichs dienen, können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß sie auf dem Gebiete der Ausgleichsleistungen teils durch den Bund, teils im Auftrage des Bundes durch die Länder ausgeführt werden und daß die der Bundesregierung und den zuständigen obersten Bundesbehörden auf Grund des Artikels 85 insoweit zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise dem Bundesausgleichsamt übertragen werden. Das Bundesausgleichsamt bedarf bei Ausübung dieser Befugnisse nicht der Zustimmung des Bundesrates; seine Weisungen sind, abgesehen von den Fällen der Dringlichkeit, an die obersten Landesbehörden (Landesausgleichsämter) zu richten.
(2) Artikel 87 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
Quelle: BMJ
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LexMea

Spezielle Gleichheitssätze (Art. 3 II, III GG)

Prüfungsschema für die speziellen Gleichheitsgrundrechte, die es dem Staat nach h.M. verbieten, Männer und Frauen (Art. 3 II, III 1 GG) oder Personen wegen der sonstigen Merkmale in Art. 3 III GG ohne verfassungsrechtliche Rechtfertigung ungleich zu behandeln.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. (Un)Gleichbehandlung von Mann und Frau, Art. 3 II, III 1 Var. 1 GG
  3. Ungleichbehandlung
  4. Bestimmung der ungleich behandelten Männer und Frauen 
  5. Feststellung der Ungleichbehandlung
  6. Rechtfertigung 
  7. Ungleichbehandlung aufgrund der übrigen Kriterien des Art. 3 III GG
  8. Ungleichbehandlung 
  9. Rechtfertigung

 

  • Zweistufige Prüfung 
    Im Unterschied zu den Freiheitsgrundrechten erfolgt die Prüfung von Gleichheitsgrundrechten nicht dreistufig (Schutzbereich, Eingriff, Rechtfertigung), sondern stets zweistufig (Ungleichbehandlung, Rechtfertigung).
  • Konkurrenzen

    • Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)
      Nach h.Lit. gehen die speziellen Gleichheitsrechte aus Art. 3 II, III GG dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG als lex specialis vor (str. s. Problembox unten).

    • Andere spezielle Gleichheitssätze
      Sofern die jeweilige Frage inhaltlich durch noch speziellere Gleichheitsrechte geregelt ist, gehen diese Art. 3 II, III GG als lex specialis ebenfalls vor. Vorrangig zu prüfen sind daher:
      • Verbot der Ungleichbehandlung unehelicher Kinder (Art. 6 V GG)
      • Garantie der staatsbürgerlichen Gleichheit, insb. gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 GG)
      • Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 GG)
      • Wahlgleichheit (Art. 38 I 1 GG)
    • Verhältnis zu den Freiheitsgrundrechten
      Alle Freiheitsgrundrechte sind stets parallel anwendbar.

 

In welchem Verhältnis stehen die speziellen Gleichheitssätze (Art. 3 II, III GG) zum allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)?

  • h.Lit: Die speziellen Gleichheitssätze der Art. 3 II, III GG verdrängen als eigenständige Grundrechte den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG als lex specialis.
    → Im Aufbau werden zunächst die speziellen Gewährleistungen der Art. 3 II, III GG als eigenständige Grundrechte angeprüft und bei Ablehnung ggf. der allg. Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG als eigenständiges Grundrecht geprüft.

  • a.A. BVerfG: Nach Ansicht des BVerfG sind Art. 3 II und III GG hingegen keine eigenständigen Grundrechte, sondern Konkretisierungen des Art. 3 I GG, die i.R.d. Rechtfertigung der Prüfung nach Art. 3 I GG von Bedeutung sind.
    → Im Aufbau wird ein einheitliches Grundrecht aus Art. 3 GG geprüft und in der Rechtfertigung nach Art der Ungleichbehandlung differenziert.

 

(Un)Gleichbehandlung von Mann und Frau, Art. 3 II, III 1 Var. 1 GG

Art. 3 III 1 Var. 1 GG enthält das grundsätzliche Verbot der Ungleichbehandlung (Benachteiligung oder Bevorzugung) aufgrund des Geschlechts. Zusätzlich enthält Art. 3 II 2 GG mit der Vorgabe, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, einen staatlichen Gleichstellungsauftrag

Ungleichbehandlung

Bestimmung der ungleich behandelten Männer und Frauen 

Zunächst werden die ungleich behandelten Männer und Frauen identifiziert.

Feststellung der Ungleichbehandlung

Sodann wird festgestellt, ob bei wesentlich Gleichem eine Ungleichbehandlung vorliegt bzw. ob bei wesentlich Ungleichem eine Gleichbehandlung vorliegt. 

Rechtfertigung 

Es handelt sich bei den speziellen Gleichheitssätzen grds. um strikte Differenzierungsverbote.

Ausgenommen hiervon sind lediglich:

    • Ungleichbehandlungen, die aufgrund objektiver biologischer und funktionaler Unterschiede zwischen Mann und Frau zwingend erforderlich sind, wie z.B. Mutterschutzurlaub
    • Ungleichbehandlungen zur Erfüllung des staatlichen faktischen Gleichstellungsauftrags aus Art. 3 II 2 GG wie z.B. Quotenregelungen (str.)
    • Kollidierendes Verfassungsrecht wie z.B. Art. 12a GG zum Wehr- und Zivildienst

In all diesen Fällen ist die Ungleichbehandlung einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung (Legitimes Ziel, Geeignetheit, zwingende Erforderlichkeit, Angemessenheit) zu unterziehen.

 

 

Ungleichbehandlung aufgrund der übrigen Kriterien des Art. 3 III GG

Ungleichbehandlung 

Die Diskriminierung muss „wegen“ eines sonstigen Merkmals des Art. 3 III GG erfolgen. Dies erfordert nach h.M., dass eines dieser Merkmale ursächlich für die Diskriminierung ist (Kausalitätstheorie).

 

  • Abstammung = Biologische Beziehung eines Menschen zu seinen Vorfahren
  • „Rasse“ = Gruppe mit bestimmten (tatsächlichen oder vermeintlichen) biologisch vererbbaren Merkmalen
    z.B. PoC, Sinti und Roma…

    [Anmerkung: Der Begriff „Rasse“ ist in den Rechtswissenschaften aufgrund seiner Historie der heftigen Kritik ausgesetzt und wird daher in Anführungszeichen geführt. Änderungsvorhaben sind bisher jedoch im Sand verlaufen, insb. mit dem Hinweis darauf, dass er lediglich dem Schutz der betreffenden Personengruppen diene.]

  • Sprache = Mutter- bzw. Elternsprache 
    z.B. dänische oder sorbische Minderheit in Deutschland

  • Heimat = Örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geografisch begrenzten, den Einzelnen mitprägenden Raum (Ort, Landschaft)
    z.B. Vertriebene und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg

  • Herkunft = Ständisch-soziale Abstammung und Verwurzelung
    z.B. Adel

  • Glaube und religiöse Anschauung = Wie bei Art. 4 GG; Glaube ist Oberbegriff für religiöse oder sonstige (auch antireligiöse) Weltanschauungen
    z.B. Evangelische Kirche, Islam…

  • Politische Anschauung = Ist weit zu verstehen, setzt jedoch deren Äußerung oder Betätigung voraus
    z.B. Partei- oder Gewerkschaftsmitgliedschaft

  • Behinderung = Die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht
    z.B. Down-Syndrom; auch psychische Krankheiten, wenn sie längerfristig und von einem gewissen Gewicht sind

 

Rechtfertigung

Sind Ungleichbehandlungen aufgrund der sonstigen Merkmale des Art. 3 zu rechtfertigen?

  • e.A.: (-) Nein
    Art. 3 III GG enthält strikte Differenzierungsverbote für die genannten Kriterien. Ungleichbehandlungen sind nicht zu rechtfertigen.
    (pro) Systematik: Separate Nennung in Abs. 3 III GG hätte sonst kaum eigenständige Bedeutung

  • h.M.: (+) Ja
    Wie auch bei der Ungleichbehandlung von Mann und Frau sind auch bei den übrigen Kriterien des Art. 3 III Differenzierungen zulässig.
    (pro) Wortlaut / Systematik: Ähnliche Forulierungen in Art. 3 I, II, III GG.
    In all diesen Fällen ist die Ungleichbehandlung jedoch einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen. Erforderlich ist daher: Legitimes Ziel, Geeignetheit, zwingende Erforderlichkeit, Angemessenheit. 
    Zulässig können demnach insb. sein:
    • Ungleichbehandlungen, zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur bei einer spezifischen Gruppe auftreten
    • Ungleichbehandlungen aufgrund kollidierenden Verfassungsrechts (wie insb. des staatlichen Schutzauftrags für die benannten Gruppen)

 

  • Sonderfall ‚Behinderung‘
    Beim Merkmal der ‚Behinderung‘ handelt es sich aufgrund seiner separaten Nennung in Art. 3 III 2 GG nach ganz h.M. um ein eingeschränktes Differenzierungsverbot, d.h. Benachteiligungen deswegen sind unzulässig, Bevorzugungen hingegen grds. zulässig.

 

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