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(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.
(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.
(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:
1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.
(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:
1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.
(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.
(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.
(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.
(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.
(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.
Quelle: BMJ
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LexMea

Wirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) (§§ 305 ff. BGB)

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Prüfungsschema für die Untersuchung, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nach §§ 305 ff. BGB Vertragsbestandteil geworden sind. Es müssen überhaupt AGB vorliegen und dies wirksam einbezogen worden sein (Einbeziehungskontrolle) und gewissen inhaltlichen Anforderungen standhalten (Inhaltskontrolle).

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle (§ 310 BGB)
  3. Vorliegen von AGB i.S.d. § 305 I BGB
  4. Für eine Vielzahl von Verträgen
  5. Vom Verwender einseitig gestellt
  6. Einbeziehung der AGB in den Vertrag / Einbeziehungskontrolle (§§ 305 II - 305 c BGB)
  7. Sonderfälle
  8. Einbeziehung ggü. Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 310 I 1 BGB)
  9. Einbeziehung durch Eisenbahnen, öff. Verkehrsbetriebe o. Bundesnetzagentur (§ 305a BGB)
  10. Einbeziehungen in sonstigen Fällen (§ 305 II, III BGB)
  11. Keine Einbeziehung von überraschenden Klauseln (§ 305c I BGB)
  12. Vorrang der Individualabrede (§ 305b BGB)
  13. Auslegung der Klausel (§§ 133, 157, 305c II BGB)
  14. Wirksamkeit der AGB / Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB)
  15. Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle (§ 307 III 1 BGB)
  16. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB)
  17. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB)
  18. Generalklausel: unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB)
  19. Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (§ 306 BGB)

 

Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle (§ 310 BGB)

  • Keine Anwendung im Erb-, Familien- und Gesellschaftsrecht, bei Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen (§ 310 IV 1 BGB).
  • Bei Arbeitsverträgen anwendbar unter Beachtung der Besonderheiten des Rechtsgebiets (§ 310 IV 2 BGB).

 

Vorliegen von AGB i.S.d. § 305 I BGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) = Für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags einseitig stellt (§ 305 I 1 BGB)

 

Vertragsbedingungen = Regelungen, die sich auf den Abschluss oder Inhalt eines Vertrages beziehen

 

Vorformuliert In jeglicher Form fixiert (BGH); auch eine geistige Fixierung soll ausreichen (BGH, str.); ausreichend soll auch sein, wenn die Klausel noch ergänzt werden muss und keine unbeeinflusste Ergänzung möglich ist oder wenn nur abschließende Wahlmöglichkeiten gegeben sind (str.)

Für eine Vielzahl von Verträgen

  • Grds. mindestens 3 Verwendungen (BGH)
    • Entscheidend ist die Verwendungsabsicht für eine entsprechende Anzahl, nicht die tatsächliche Anzahl der Verwendungen; mit entsprechender Absicht also auch bereits ab erster tatsächlicher Verwendung
    • Auch bei Verwendungsabsicht gegenüber demselben Vertragspartner.
    • Keine nachträgliche Qualifikation als AGB, wenn entgegen ursprünglichem Plan erneut verwendet wird; ggf. aber AGB hinsichtlich neuer Verträge.
  • Bei Verbraucherverträgen genügt die einmalige Verwendungsabsicht, wenn der Verbraucher keinen Einfluss auf die Formulierung nehmen konnte (§ 310 III Nr. 2 BGB).

 

Vom Verwender einseitig gestellt

Einseitig gestellt = nicht mit dem Vertragspartner ausgehandelt

  • Für jede Klausel gesondert festzustellen („soweit“)
  • Im Einzelnen ausgehandelt (§ 305 I 3 BGB), wenn... 
    • AGB auch von Gegenseite in Gestaltungswillen aufgenommen wurden
    • „Verwender den ‚gesetzesfremden‘ Kerngehalt der betroffenen Klausel ernsthaft zur Disposition stellt und der Verwendergegenseite Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt“ (BGH)
      • Möglichkeit Vertrag nicht abzuschließen, reicht nicht aus (str.)
      • Nicht bei ‚planmäßigem Entgegenkommen‘ (str.)
  • Auch gegeben bei der Verwendung eines Vertragsmusters (z.B. aus dem Internet) durch den Verwender; ausreichend soll dann auch die Mehrverwendungsabsicht des ursprünglichen Verfassers sein, auch wenn der Verwender nur einmal verwenden möchte (BGH, str.); jedoch nicht gegeben, wenn beide Parteien gleichermaßen auf ein Vertragsmuster verweisen.
  • Bei Verbraucherverträgen gelten AGB gegenüber Verbrauchern widerleglich als vom Unternehmer gestellt (§ 310 III Nr. 1 BGB).

 

Einbeziehung der AGB in den Vertrag / Einbeziehungskontrolle (§§ 305 II - 305 c BGB)

Sonderfälle

Einbeziehung ggü. Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 310 I 1 BGB)

  • § 305 II, III gelten nicht gegenüber Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 310 I 1 BGB).
  • Insofern bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsschlusses (§§ 145ff, §§ 133, 157 BGB); auch kaufmännisches Bestätigungsschreiben (s. § 346 HGB).
  • Insbes. ist ausdrücklicher Hinweis auf AGB entbehrlich.

Einbeziehung durch Eisenbahnen, öff. Verkehrsbetriebe o. Bundesnetzagentur (§ 305a BGB)

Beachte die Sonderformen für Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen sowie Beförderungsbedingungen der öffentlichen Verkehrsbetriebe (§ 305a Nr. 1 BGB) sowie bestimmte von der Bundesnetzagentur veröffentlichten AGB (§ 305a Nr. 2 BGB).

 

Einbeziehungen in sonstigen Fällen (§ 305 II, III BGB)

In den Regelfällen ist erforderlich:

  • Ausdrücklicher Hinweis oder Aushang (§ 305 II Nr. 1 BGB) und
  • Möglichkeit der Kenntnisnahme in zumutbarer Weise (§ 305 II Nr. 2 BGB) und
  • Einverständnis der anderen Partei
    • Ausdrücklich oder konkludent (§ 305 II BGB a.E.)
    • Kann auch im Voraus erklärt werden (§ 305 III BGB)

 

Keine Einbeziehung von überraschenden Klauseln (§ 305c I BGB)

Klauseln werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht (§ 305c I BGB).

 

Vorrang der Individualabrede (§ 305b BGB)

Individuell verhandelte Vertragsklauseln, die selbst keine AGB nach § 305 I BGB darstellen, haben Vorrang vor den wirksam einbezogenen AGB-Klauseln.

 

Auslegung der Klausel (§§ 133, 157, 305c II BGB)

  • Zur Auslegung von Willenserklärungen siehe die Übersicht: Auslegung von Willenserklärungen.
  • Zweifel bei der Auslegung von AGB-Klauseln gehen zulasten des Verwenders (‚contra proferentem-Regel, § 305c II BGB); welche Auslegung zulasten des Verwenders geht, ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Bei der Feststellung, ob eine überraschende Klausel vorliegt (§ 305c I BGB, s.u.) und im Rahmen der Inhaltskontrolle wird die Klausel regelmäßig möglichst nachteilig für den Vertragspartner auszulegen sein, da dies eher zur Nichteinbeziehung oder zur Unwirksamkeit führt; sofern die Klausel wirksam ist, ist sie im Rahmen der Anwendung dagegen möglichst günstig für den Vertragspartner auszulegen.
  • Fernliegende, untypische und vom Verwender offensichtlich nicht bedachte Auslegungsalternativen sollen außer Acht bleiben können.

    Beispiel: Der Haftungsausschluss für Sachmängel ist wirksam, obwohl der Wortlaut keine Ausnahme für übernommene Garantien macht. 

 

 

Wirksamkeit der AGB / Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB)

Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle (§ 307 III 1 BGB)

  • Die Inhaltskontrolle findet insgesamt nur Anwendung auf Klauseln, die von gesetzlichen Bestimmungen abweichen (§ 307 III 1 BGB).
  • Die Klauselverbote des § 308 Nr. 1, 2-9 BGB und des § 309 BGB finden keine direkte Anwendung auf AGB, die gegenüber Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden (§ 310 I 1 BGB). Hier findet insb. die Generalklausel des § 307 BGB Anwendung, wobei die §§ 308, 309 BGB nach Ansicht des BGH Indizwirkung für eine unangemessene Benachteiligung entfalten sollen (str., s.u.) und somit wertend herangezogen werden.
  • Sofern bei Bauverträgen mit Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen auf die gesamte VOB/B Bezug genommen wird, finden § 307 I, II, § 308 Nr. 1a u. 1b BGB keine Anwendung, sodass die VOB/B insgesamt als wirksam anzusehen ist. Dies gilt nach Ansicht des BGH nicht, sobald von einzelnen Vorschriften abgewichen wird.

 

Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB)

Die in § 309 BGB aufgelisteten Arten von Klauseln sind unwirksam, ohne dass es einer Abwägung im Einzelfall bedarf; zu den einzelnen Klauselverboten, s. § 309 BGB. 

Da die Prüfung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 309 BGB ohne Wertung vorgenommen werden kann, empfiehlt es sich, die Normen ‚von hinten nach vorne' zu prüfen und mit § 309 zu beginnen, bevor § 308 und anschließend § 307 BGB geprüft werden.

 

Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB)

Die Wirksamkeit der in § 308 BGB aufgelisteten Klauseln hängt von einer Wertung des Einzelfalls ab; zu den einzelnen Klauselverboten, s. § 308 BGB.

 

Generalklausel: unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB)

Bestimmungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“ (§ 307 I 1 BGB).

Hierbei sind die Interessen des Verwenders umfassend gegen die der typischerweise beteiligten Vertragspartner abzuwägen. Im Rahmen dieser Einzelfallabwägung sind zu berücksichtigen:

  • Vorliegen einer Benachteiligung
    Die Klausel muss im Verhältnis zum dispositiven Recht nachteilig für den Vertragspartner sein. Der Nachteil muss von einigem Gewicht sein (h.M.).
    Bsp.: Verfallsklausel in Arbeitsverträgen, die Lohnansprüche nach wenigen Wochen ausschließt. 
  • Unangemessenheit der Benachteiligung
    Verwender verfolgt einseitig seine Interessen und nimmt keine hinreichende Rücksicht auf den Vertragspartner; umfassende Würdigung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der Verkehrsanschauung; bei Verbraucherverträgen sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (§ 310 III Nr. 3 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung liegt regelmäßig in folgenden Fällen vor:

    • Unvereinbarkeit mit Leitbildfunktion des dispositiven Rechts, § 307 II Nr. 1 BGB
      Wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (Leitbildfunktion des dispositiven Rechts, § 307 II Nr. 1 BGB).
    • Einschränkung von Kardinalspflichten, § 307 II Nr. 2 BGB
      Wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (‚Kardinalspflichten‘), so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 II Nr. 2 BGB); Kardinalspflichten sind jedenfalls die gegenseitigen Hauptleistungspflichten, der BGH definiert sie als Pflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertrauen darf“
      Bsp.: Mieter darf generell keine Hunde oder Katzen halten. Ein einzelfallbezogener Genehmigungsvorbehalt soll dagegen wirksam sein (BGH).
    • Verstoß gegen Transparenzgebot
      Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist (Transparenzgebot, § 307 I 2 BGB)
      Bsp.: Unzulässig ist Verwendung von Fachbegriffen, die keine fest umrissene Bedeutung haben; hierzu sollen auch die von BGH selbst verwendeten Begriffe der ‚wesentlichen Vertragspflichten‘ oder ‚Kardinalspflichten‘ gehören (BGH, str.); zulässig ist dagegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie ‚wichtiger Grund‘ oder ‚Fehlschlagen der Nacherfüllung‘

 

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (§ 306 BGB)

  • Nichtigkeit der jeweiligen Klausel
    Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit einzelner Klauseln führt zur Nichtigkeit der jeweiligen Klausel und lässt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen grds. unberührt (§ 306 I BGB verdrängt als lex specialis § 139 BGB); sofern sich eine Klausel verständlich und sinnvoll in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil trennen lässt, bleibt der wirksame Teil bestehen; Teilnichtigkeit soll auch gelten, wenn die unwirksame Klausel eine Hauptleistungspflicht betrifft (str.), Lückenfüllung dann regelm. über § 316 BGB.

  • Verbot der geltungserhaltenden Reduktion
    Unwirksame Klauseln werden nicht auf ein noch zulässiges Maß reduziert, da dies die Verwendung unangemessen benachteiligender AGB begünstigen würde (st. Rspr.).

  • Lückenfüllung
    Anstelle der nicht einbezogenen und unwirksamen Klauseln treten grds. die gesetzlichen Vorschriften (§ 306 II BGB).

  • Ausnahmsweise Nichtigkeit des gesamten Vertrags
    Nur, wenn das Festhalten für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 306 III BGB).

 

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