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BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches Recht

BGB AT

(1) Die Verjährung von Ansprüchen von Verbrauchern gegen Unternehmer wird auch gehemmt durch:
1.
die Zustellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Bezug auf einen Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmer nach den §§ 1, 2 oder 2a des Unterlassungsklagengesetzes oder nach § 8 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb an den Antragsgegner, wenn
a)
der Antrag durch eine Stelle nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes gestellt wurde und
b)
die Ansprüche der Verbraucher gegen den Unternehmer aufgrund der Zuwiderhandlung entstanden sind, gegen die sich der Unterlassungsanspruch richtet,
2.
die Erhebung einer Klage zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach Nummer 1 gegen den Unternehmer, wenn
a)
die Klage durch eine Stelle nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes erhoben wurde und
b)
die Ansprüche der Verbraucher gegen den Unternehmer aufgrund der Zuwiderhandlung entstanden sind, gegen die sich der Unterlassungsanspruch richtet,
3.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz für die Ansprüche von Verbrauchern, denen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, wenn die Verbraucher ihren Anspruch zum Verbandsklageregister anmelden,
4.
die Erhebung einer Abhilfeklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz für Ansprüche, die Gegenstand der Abhilfeklage sind, wenn die Verbraucher ihren Anspruch zum Verbandsklageregister anmelden.
Wurde dem Antragsgegner der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zugestellt, so tritt in Satz 1 Nummer 1 an die Stelle der Zustellung des Antrags die Einreichung des Antrags beim Gericht, sofern dem Antragsgegner die einstweilige Verfügung innerhalb eines Monats nach ihrer Verkündung oder nach ihrer Zustellung an den Antragsteller zugestellt wurde.
(2) Die Verjährung von Ansprüchen von Verbrauchern gegen Unternehmer wird auch gehemmt durch eine anhängige Verbandsklage im Sinne der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 409 vom 4.12.2020, S. 1) bei einem Gericht oder einer Behörde in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, die
1.
auf eine Unterlassungsentscheidung gerichtet ist, wenn
a)
die Klage von einer qualifizierten Einrichtung eingereicht wurde,
b)
Gegenstand der Klage eine Zuwiderhandlung des Unternehmers gegen solche Verbraucherschutzgesetze ist, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2020/1828 fallen, und
c)
die Ansprüche der Verbraucher aufgrund derjenigen Zuwiderhandlung des Unternehmers entstanden sind, gegen die sich die Klage richtet,
2.
auf eine Abhilfeentscheidung gerichtet ist, wenn
a)
die Klage von einer qualifizierten Einrichtung eingereicht wurde,
b)
die Ansprüche der Verbraucher Gegenstand der Klage sind und diese Ansprüche aufgrund einer Zuwiderhandlung des Unternehmers gegen solche Verbraucherschutzgesetze entstanden sind, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2020/1828 fallen, und
c)
die Verbraucher an der Klage teilnehmen.
(3) § 204 Absatz 2 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. Die Hemmung der Verjährung eines Anspruchs eines Verbrauchers nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie nach Absatz 2 Nummer 2 endet auch sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher nicht mehr an der Klage teilnimmt, insbesondere durch die Rücknahme der Anmeldung zum Verbandsklageregister.
(4) Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 3 sind auch auf solche Unternehmer anzuwenden, die nach § 1 Absatz 2 des Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetzes Verbrauchern gleichgestellt werden.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB)

ZivilrechtBürgerliches RechtBGB AT

Prüfungsschema für die Stellvertretung bei Willenserklärungen (z.B. bei Vertragsschluss). Erforderlich ist die Abgabe einer eigenen Willenserklärung, dies muss in fremdem Namen geschehen und der Stellvertreter muss mit Vertretungsmacht handeln. Die Vertretungsmacht kann sich aus Gesetz, Rechtsgeschäft oder Rechtsschein ergeben.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung
  3. Eigene Willenserklärung
  4. Im fremden Namen
  5. Offenkundigkeitsprinzip
  6. Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht
  7. Mit Vertretungsmacht
  8. Gesetzliche Vertretungsmacht
  9. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)
  10. Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)
  11. Form der Vollmacht
  12. Rechtsscheinvollmachten
  13. Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
  14. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)
  15. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)
  16. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  17. Duldungsvollmacht
  18. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter
  19. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  20. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  21. Anscheinsvollmacht (str.)
  22. Anwendbarkeit
  23. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
  24. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  25. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  26. Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)
  27. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand
  28. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  29. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  30. Kein Erlöschen der Vollmacht
  31. Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht
  32. Umfang einer Vollmacht
  33. Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)
  34. Missbrauch der Vollmacht
  35. Rechtsfolgen

 

Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung

  • Die Regeln über die Stellvertretung sind nur auf Willenserklärungen (WE) anwendbar, nicht aber auf Realakte wie die Übergabe. Hier kommen stattdessen Regelungen über mittelbaren Besitz, Besitzdienerschaft oder Geheißerwerb in Betracht. Siehe zur Unterscheidung die Übersicht: Rechtserhebliche Handlungen.
  • Die Stellvertretung ist unzulässig bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften.
    Beispiel: Eheschließung (§ 1311 BGB), Testament (§ 2064 BGB); Gesetz spricht dann meist von „persönlicher“ Abgabe der WE

Auf die Zulässigkeit der Stellvertretung ist im Rahmen eines Gutachtens nur einzugehen, sofern hieran Zweifel bestehen.

 

Eigene Willenserklärung

  • Stellvertreter muss eine eigene WE abgeben, d.h. Stellvertreter hat eigenen Entscheidungsspielraum
  • Anders der ≠ Bote, der nur eine fremde WE übermittelt. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont (siehe die Übersicht: Auslegung von WE bei § 133 BGB).
  • Bei Anfechtung ist auf Irrtum/Täuschung des Vertreters abzustellen (≠ Bote) 
  • Stellvertreter muss mindestens beschränkt geschäftsfähig sein (§ 165 BGB; ≠Bote)

 

Im fremden Namen

Offenkundigkeitsprinzip

  • WE muss erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben werden (Offenkundigkeitsprinzip).
  • Person des Vertretenen kann sich auch aus den Umständen ergeben (§ 164 I 2 BGB); bei unternehmensbezogenen Geschäften ist regelm. davon auszugehen, dass der Unternehmensinhaber berechtigt und verpflichtet werden soll.
  • Ausreichend ist die Bestimmbarkeit des Vertretenen.
  • Ob Eigen- oder Fremdgeschäft vorliegt, ist durch Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont zu ermitteln (hierzu die Übersicht bei § 133 BGB); im Zweifel liegt ein Eigengeschäft vor (§ 164 II BGB).

Wer ist Vertragspartner bei Handeln unter fremden Namen?

  • Namenstäuschung
    Beispiel: Gast checkt unter falschem Namen in Standard-Hotelzimmer ein und zahlt bar. Dem Hotel ist der Name des Gastes gleichgültig.
    → Geschäft des Handelnden, wenn die Nutzung des falschen Namens keine Fehlvorstellung über die Identität auslöst (h.M.).

  • Identitätstäuschung
    Beispiel: Gast checkt unter dem Namen eines Stammgastes in Senior-Suite ein und wird vom Personal für diesen gehalten.
    → Geschäft des Namensträgers, wenn Verwendung beim Adressaten zur falschen Vorstellung über die Identität führt (h.M.). Regelm. liegt Stellvertretung ohne Vertretungsmacht vor (s.u.).

 

Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht

Bei Bargeschäften des täglichen Lebens ist dem Vertragspartner die Person des Vertragsschließenden regelm. gleichgültig, sodass eine Offenlegung der Stellvertretung nicht erforderlich ist.

 

Mit Vertretungsmacht

Die WE wird dem Vertretenen zugerechnet, wenn Stellvertreter mit Vertretungsmacht gehandelt hat.

 

Gesetzliche Vertretungsmacht

Die Vertretungsmacht kann sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben.

Beispiele:

  • Eltern vertreten ihre Kinder (§§ 1626, 1629 BGB)
  • Ehepartner vertreten sich gegenseitig bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 BGB)
  • Geschäftsführer vertritt die GmbH (§ 35 GmbHG); Vorstand vertritt die AG (§ 78 AktG); Gesellschafter vertreten OHG (§ 125 S. 1 HGB) oder GbR (§§ 714, 709 I BGB)

 

Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)

Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)

  • Vollmacht wird durch einseitige empfangsbedürftige WE gegenüb. Vertreter (Innenvollmacht, § 167 I Alt. 1 BGB) oder gegenüb. Geschäftspartner (Außenvollmacht, § 167 I Alt. 2 BGB) erteilt.
  • Der Bevollmächtigte kann wiederum Untervollmachten erteilen, die über den Umfang seiner Vollmacht nicht hinausgehen können.

 

Form der Vollmacht

  • Grundsätzliche Formfreiheit
    Erteilung bedarf grds. keiner Form (§ 167 II BGB); kann auch konkludent erteilt werden. 
    Beispiel: Einstellung als Einkaufsleiter bevollmächtigt regelm. zum Abschluss von Einkäufen für das Unternehmen
  • Formerfordernisse
    • Für bestimmte Vollmachten finden sich aber ausnahmsweise gesetzliche Formvorschriften vor (z.B. §§ 492 IV, 1484 II, 1945 III BGB, § 2 II GmbHG, §§ 134 III, 135 AktG, § 80 ZPO, § 12 HGB); daneben existieren auch formelle Formvorschriften (z.B. § 29 GBO); sofern Eintragungspflichten bestehen (z.B. § 53 I HGB, § 64 BGB) sind diese nur deklaratorisch.
    • Die Vollmacht ist auch ausnahmsweise formbedürftig, wenn sich der Vertretene rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise bindet, wie durch die Vornahme eines formgebundenen Rechtsgeschäfts; dies ist insb. bei unwiderruflichen Vollmachten zur Vornahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte der Fall, sodass sich die Formvorschrift auf die Vollmachtserteilung erstreckt (zur Unwiderruflichkeit s.u.).

 

Rechtsscheinvollmachten

Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)

Gesetzlich geregelte Fälle eines zurechenbaren Rechtsscheintatbestandes:

  • Die Vollmacht wurde durch Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner erteilt, der Widerruf diesem aber nicht angezeigt (§ 170 BGB).
  • Die (tatsächliche oder vermeintliche) Vollmacht wurde durch besondere Mitteilung oder öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, aber nicht in derselben Weise widerrufen (§ 171 BGB).
  • Dem Dritten wurde vom Vertreter eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die dem Vollmachtgeber nicht zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wurde (§ 172 BGB).
  • Erlöschen einer eintragungspflichtigen Vertretungsmacht wird nicht ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 I HGB).
  • Bestehen einer Vertretungsmacht wird unrichtiger Weise ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 III HGB).
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Erlöschen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Duldungsvollmacht
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter

Geschäftsherr kennt und duldet Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters trotz Verhinderungsmöglichkeit.

Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Anscheinsvollmacht (str.)
Anwendbarkeit

Stellt die Anscheinsvollmacht einen rechtlich anerkannten Fall der Vertretungsmacht dar?

  • h.M.: (+) Anscheinsvollmacht anerkannt
    (pro) Telos: Vertrauensschutz im Rechtsverkehr; Mangel für Erklärungsempfänger nicht erkennbar. 
    (pro) Systematik: Auch bei ‚potentiellem Erklärungsbewusstsein‘ reicht fahrlässiges Verhalten (nach h.M.) für Fiktion einer WE aus; §§ 170 – 172 BGB zeigen, dass fahrlässiges Verhalten zum (Fort-)Bestand einer Vollmacht führen können.

  • a.A.: (-) Anscheinsvollmacht nicht anerkannt
    (pro) Systematik:

    • Privatautonomie; anders als bei Duldungsvollmacht hier keine Anknüpfung an Willensakt des Vertretenen; Fahrlässigkeit stellt keine WE dar.

    • Bei §§ 170 – 172 BGB besteht Anlass für Vertretenen zu besondere Sorgfalt; hier nicht

    • Gesetzgeber hat in §§ 177-179 BGB Regelungen für Vertreter ohne Vertretungsmacht geschaffen, die Dritten schützen.

    • Sorgfaltspflichtverletzungen sind durch SE zu kompensieren; in Betracht kommt Schadensersatz wegen c.i.c. gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB; Haftung des Geschäftsherrn auf Vertrauensschaden beschränkt.

Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
  • Geschäftsherr kannte Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters nicht, hätte es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können.
  • Auftreten von gewisser Dauer und Häufigkeit erforderlich (str..)
  • Zurechnung, aufgrund von Fahrlässigkeit; a.A.: aufgrund Beherrschbarkeit der eigenen Risikosphäre.
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)

Str. ob neben o.g. Tatbeständen noch generelle Rechtsscheinshaftung in Betracht kommt; die h.M. wendet den die Grundsätze jedenfalls im kaufmännischen Rechtsverkehr an.

Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand

Geschäftsherr setzt in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Vollmacht.

Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Kein Erlöschen der Vollmacht

  • Widerruf
    • Die Vollmacht ist grds. jederzeit widerruflich; Widerruf durch einseitige empfangsbedürftige WE ebenso wie Erteilung gegenüb. dem Bevollmächtigten oder gegenüb. dem Geschäftspartner (§§ 168 S. 3, 167 I BGB).
    • Sonderfall: Unwiderrufliche Vollmacht
      • Vollmacht kann unwiderruflich erteilt werden (s. § 168 S. 2 BGB); h.M. fordert dann Erteilung durch Vertrag.
      • Nur bei legitimem Interesse des Bevollmächtigten z.B. weil dieser Gegenleistung erbringt; nicht bei Generalvollmachten.
      • Zum Formerfordernis bei Vollmacht zu formbedürftigen Rechtsgeschäften s.o.
  • Anfechtung der Vollmacht
    • Wegen der Widerruflichkeit kommt eine Anfechtung nur bei unwiderruflichen oder bereits ausgeübten Vollmachten in Betracht.
    • Die Anfechtung einer unwiderruflichen Vollmacht ist nach Maßgabe der allgemeinen Regeln anfechtbar.

Ist die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht möglich?

  • e.A.: (-) Nein, die ausgeübte Innenvollmacht ist grds. nicht anfechtbar
    Anfechtung nur möglich, wenn Mangel auf Vertretergeschäft durchschlägt.
    (pro) Systematik: Geschäftspartner würde sonst Ansprüche gg. Vertretenen verlieren; Geschäftspartner steht auch kein Schadensersatz aus § 122 BGB zu, da dieser nicht Anfechtungsgegner ist; Telos: Geschäftspartner ist schutzwürdiger als Vertretener.

  • h.M.: (+) Ja, die ausgeübte Innenvollmacht ist anfechtbar
    (pro) Systematik: Geschäftspartner wird durch Anspruch gg. Vertreter nach § 179 BGB geschützt und erhält Anspruch gegen Vertretenen analog § 122 BGB; Gutgläubiger Vertreter kann sich bei Vertretenem durch Schadensersatzanspruch nach § 122 BGB schadlos halten.

Ist die Anfechtung von Rechtsscheinsvollmachten möglich?

  • e.A.: (-) Nein, keine Anfechtung möglich
    (pro) Da die Erteilung nicht durch WE erfolgt, kommen Willensmängel nicht in Betracht

  • a.A.: (+) Ja, Anfechtung möglich
    (pro) Rechtsscheinsvollmacht soll nicht weiter reichen als tatsächliche Vollmacht.

 

Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht

Umfang einer Vollmacht

  • Umfang der Vollmacht kann sich aus Gesetz ergeben oder vom Vertretenen bestimmt werden
  • Häufige Formen der Vollmacht
    • Generalvollmacht: berechtigt zur Vornahme sämtlicher Rechtsgeschäfte
    • Spezialvollmacht: berechtigt zur Vornahme eines bestimmten Rechtsgeschäfts
    • Prokura: gesetzlicher Umfang nach §§ 49 HGB
    • Handlungsvollmacht: gesetzliche Regelungen in § 54 HGB
    • Abschlussvertreter: gesetzliche Regelungen in § 55 HGB
    • Angestellte in Laden oder Warenlager: gesetzliche Regelungen in § 56 HGB

Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)

  • Stellvertreter kann Vertrag im Namen des Vertretenen nicht mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten schließen, sofern Vertretener dies nicht gestattet hat
  • Beschränkung des § 181 BGB findet keine Anwendung (teleologische Reduktion), wenn Rechtsgeschäft für Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist

Missbrauch der Vollmacht

  • Keine Wirkung der Vollmacht, wenn Überschreiten der Vollmacht für Vertragspartner offensichtlich war (Evidenz, § 242 BGB)
  • Keine Wirkung der Vollmacht bei kollusivem Zusammenwirken von Vertreter und Geschäftspartner (§ 138 I BGB, a.A. § 177 I BGB)

 

 

Rechtsfolgen

Die Willenserklärung des Stellvertreters wird dem Vertretenen zugerechnet.

 

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