StGB
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in § 76a StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.
(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.
(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.
(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind
1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
6a.
aus dem Konsumcannabisgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 34 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach § 34 Absatz 4,
6b.
aus dem Medizinal-Cannabisgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 25 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach § 25 Absatz 5,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.
Source: BMJ
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Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zu gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr (§ 315b StGB): Täter beeinträchtigt durch einen verkehrsfremden Eingriff (Tathandlung) abstrakt die Sicherheit des Straßenverkehrs und gefährdet dadurch konkret Leib / Leben einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Verkehrsfremder Eingriff
  5. Alternative 1: Zerstörung/Beseitigung/Entfernung von Anlagen o. Fahrzeugen (Abs. 1 Nr. 1)
  6. Alternative 2: Bereiten von Hindernissen (Abs. 1 Nr. 2)
  7. Auffangtatbestand: Ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff (Abs. 1 Nr. 3)
  8. Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
  9. Konkrete Gefährdung von Leib/Leben oder Sachen von bedeutendem Wert
  10. Leib / Leben
  11. Fremde Sache von bedeutendem Wert
  12. (Doppelte) Kausalität
  13. Subjektiver Tatbestand
  14. Vorsatz
  15. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination (Abs. 4)
  16. Fahrlässigkeit (Abs. 5)
  17. Rechtswidrigkeit
  18. Schuld
  19. Qualifikation (Abs. 3)

 

  • Deliktart
    Konkretes Gefährdungsdelikt
  • Rechtsgut
    Sicherheit des Straßenverkehrs (darüber mittelbar Eigentum und körperliche Unversehrtheit)

 

§ 315b StGB dient dem Schutz des Straßenverkehrs vor Eingriffen von außen (sog. verkehrsfremde Eingriffe), während § 315c StGB dem Schutz vor Eingriffen durch verkehrsinternes Verhalten dient.

Siehe hierzu auch die Übersicht: Verkehrsdelikte (§§ 315 ff. StGB).

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Verkehrsfremder Eingriff

Es muss sich bei sämtlichen Alternativen unter a) um einen verkehrsfremden Eingriff handeln (Arg.: Systematik der Verkehrsdelikte).

Verkehrsfremder Eingriff = Einwirkung in den Straßenverkehr, der von außen kommt und zu den Verkehrsvorgängen nicht in Beziehung steht

Kann der Täter mit seinem eigenen Auto einen verkehrsfremden Eingriff vornehmen?

  • e.A.: (-) Nein
    (pro) Systematische Unterteilung der Verkehrsdelikte in Eingriffe von innen und von außen, wobei § 315b StGB nur Eingriffe von außen umfasst. Eingriffe von innen und somit Fehlleistungen des Fahrzeugführers sind hingegen nicht umfasst.

 

  • h.M.: (+/-) Differenzierend
    • (-) Grundsätzlich nicht
      (pro) wie a.A. oben

    • (+) Ausnahme „verkehrsfeindlicher Inneneingriff“
      Anders ist dies, wenn das Kfz bewusst nicht mehr als Fortbewegungsmittel, sondern zweckentfremdet in verkehrsfeindlicher Willensrichtung oder als Waffe verwendet wird (Stichwort: Pervertierung des Straßenverkehrs)
      (pro) Auto dann nicht mehr bestimmungsgemäßer Teil des Innensystems

 

Alternative 1: Zerstörung/Beseitigung/Entfernung von Anlagen o. Fahrzeugen (Abs. 1 Nr. 1)

Anlagen = Feste, auf Dauer angelegte Einrichtungen, die dem Verkehr dienen

Beispiele: Leitplanken; Verkehrsschilder; Ampeln; die Straße selbst

 

Fahrzeuge = Alle im öffentlichen Verkehr vorkommenden Fortbewegungsmittel zur Beförderung von Personen oder Gütern

Beispiele: Kfz; Fahrräder; E-Scooter; Inline-Skates

 

Beseitigen =  Entfernen vom ursprünglichen Ort und Verbringen an einen Ort, an dem die zugewiesene Funktion nicht mehr erfüllt wird

Beschädigen / zerstören → wie bei der Sachbeschädigung (§ 303 StGB)

Beispiele: Nachhausenehmen eines 30km/h-Schildes; Durchtrennung eines Kfz-Bremsschlauchs; Wurf eines Schneeballs mit Steinen auf eine Windschutzscheibe

 

 

Alternative 2: Bereiten von Hindernissen (Abs. 1 Nr. 2)

Bereiten von Hindernissen = Jede Störung des regelmäßigen Verkehrsbetriebes oder die pflichtwidrige Unterlassung der Behebung einer solchen Störung

Beispiele: Spannen einer Slackline quer über eine Straße; Nichtbeseitigung einer hinterlassenen Öl- oder Benzinspur

 

Auffangtatbestand: Ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff (Abs. 1 Nr. 3)

Auffangtatbestand für Handlungen mit vergleichbarer Gefährlichkeit.

 

 

Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs

Es muss eine abstrakte Gefährdung des Straßenverkehrs vorliegen.

Beeinträchtigung der Sicherheit = Steigerung der normalen Betriebsgefahr, d.h. Gefährdung des Verkehrs in seinem ungestörten Ablauf

Straßenverkehr = Jede Verkehrsart auf (h.M.: öffentlichen) Straßen, Wegen und Plätzen

Beispiele: Kfz-Verkehr auf Bundesstraßen, Fahrradfahren auf Fahrradwegen, Zufußgehen auf Gehwegen

Nach h.M. muss es sich um „öffentliche“ Straßen, Wege oder Plätze handeln.
(pro) Telos: Schutzzweck des § 315b StGB als gemeingefährliches Delikt ist der allg. Straßenverkehr

Öffentlich = Verkehrsraum wurde vom Verfügungsberechtigten für jedermann oder zumindest eine allgemein bestimmte Personengruppe zur Benutzung zugelassen

  • Beispiele: Öffentliches Parkhaus; Kundenparkhaus eines Kaufhauses
  • Nicht: Private Tiefgarage eines Wohnhauses, für die nur Bewohner einen Schlüssel haben

 

 

Konkrete Gefährdung von Leib/Leben oder Sachen von bedeutendem Wert

Während es bei b) um eine abstrakte Gefährdung des Straßenverkehrs geht, müssen hier bei c) konkrete Individualrechtsgüter gefährdet sein.

Konkrete Gefährdung = Kritische Situation, in der bei ungehindertem Fortgang jederzeit die Realisierung der Gefahr (hier: Schaden an Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremden Sachen) zu erwarten ist und dies nur noch vom Zufall abhängt (sog. „Beinaheunfall“)

Rspr.: Es muss sich zudem um eine verkehrsspezifische Gefährdung handeln

Verkehrsspezifische Gefährdung = Gefährdung, die - jedenfalls auch - auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist

 

Leib / Leben

Es muss sich um eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen handeln.

Sind auch Mittäter / Teilnehmer und sonstige Beifahrer vom Tatbestand umfasst (also „andere Menschen“ i.S.d. Abs. 1 a.E.)?

  • e.A.: (+) Ja, vom Tatbestand sind alle umfasst (aber ggf. rechtfertigende Einwilligung)
    (pro) Wortlaut: Nimmt keine Einschränkung vor.

  • h.M.: (+/-) Differenzierend
    Es sind nur die Beifahrer umfasst, die nicht selbst Mittäter oder Teilnehmer sind (z.B. Anstifter oder psychische Gehilfen).
    (pro) Telos: Nur diese sind schutzwürdig; andere gehören quasi zur Sphäre des Täters und sind daher nicht vom Schutzzweck umfasst.

  • a.A.: (-) Nein, alle nicht umfasst
    (pro) Telos: Nicht schutzwürdig; begeben sich alle selbst in die Tätersphäre.
    (con) Systematik: Umgeht Anforderungen der Einwilligung.

 

Fremde Sache von bedeutendem Wert

Es muss sich um eine konkrete Gefährdung von fremden Sachen von bedeutendem Wert handeln.

Sache = Jeder körperliche Gegenstand (vgl. § 90 BGB)

Fremd = Nicht im Alleineigentum des Täters (Sache gehört zumindest auch einem anderen) und nicht herrenlos (vgl. § 959 BGB)

  • h.M.: Das vom Täter selbst geführte Fahrzeug kommt nicht gleichzeitig als Tatmittel und als Tatobjekt in Betracht; auch wenn es im zivilrechtlichen Sinne ausnahmsweise fremd ist (str.)
    (pro) Die Eigentumsverhältnisse am selbst geführten Fahrzeug sind in der Breite zu unterschiedlich (z.B. Leasing, Kauf unter Eigentumsvorbehalt etc.) und für die Strafbarkeit nicht maßgeblich

Von bedeutendem Wert = Wirtschaftlicher Wert der Sache selbst sowie auch das Ausmaß des daran drohenden Schadens übersteigen ca.

  • Rspr.: 750€
  • h.L.: 1.300€
    (pro) Inflation

Beispiel: An einem 2.800€ teuren E-Bike droht ein Totalschaden (letztlich eingetretener Schaden kann auch geringer sein)

 

 

(Doppelte) Kausalität

  • Das Täterverhalten in Form des verkehrsfremden Eingriffs muss zunächst kausal für die abstrakte Straßenverkehrsgefährdung sein.

  • Die Straßenverkehrsgefährdung muss ferner kausal für die konkrete Gefährdung sein.

Nicht ausreichend ist eine unmittelbare Kausalität des Täterverhaltens für die konkrete Gefährdung (pro): Wortlaut „dadurch… und dadurch…“).

 

 

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz

  • Grds. mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. sämtlicher Tatbestandsmerkmale (also der Tathandlung, der abstrakten Straßenverkehrsgefährdung und der konkreten Gefährdung).
  • Rspr.: Beim verkehrsfeindlichen Inneneingriff zusätzlich mindestens bedingter Vorsatz bezüglich eines konkreten Schadenseintritts.

 

Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination (Abs. 4)

  • Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der Tathandlung und der abstrakten Straßenverkehrsgefährdung.
  • Fahrlässigkeit bzgl. der konkreten Gefährdung ausreichend.

 

Fahrlässigkeit (Abs. 5)

  • Fahrlässigkeit bzgl. sämtlicher Tatbestandsmerkmale ausreichend.
  • h.M.: Da beim verkehrsfeindlichen Inneneingriff eine bewusste Zweckentfremdung in verkehrsfeindlicher Willensrichtung oder als Waffe nötig ist, kommt Abs. 5 in diesen Fällen nicht in Betracht.

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Qualifikation (Abs. 3)

§ 315b III StGB erklärt über einen Verweis die Qualifikationen des § 315 III StGB (gilt direkt nur für Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr) für anwendbar.

 

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