StGB Strafgesetzbuch
Strafrecht AT
- 1.
- jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
- a)
- sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
- b)
- unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
- c)
- den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
- der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
- 3.
- er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
- 4.
- die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB)
Prüfungsschema zum eigenständiges Sonderdelikt räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB): Täter eines Diebstahls (h.M.: oder Raubes) setzt, auf frischer Tat betroffen, ein qualifiziertes Nötigungsmittel ein, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten.
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Vortat
- Auf frischer Tat betroffen
- Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
- Subjektiver Tatbestand
- Besitzerhaltungsabsicht
- Vorsatz
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Qualifikation
- Deliktart
Eigenständiges raubähnliches Sonderdelikt - Rechtsgut
Eigentum und Willensbetätigungsfreiheit
Der räuberische Diebstahl ist keine Qualifikation zu § 242 StGB. Daher muss § 242 StGB in der Überschrift auch nicht mitgenannt werden.
Siehe auch die Übersicht: Räuberische Delikte (§§ 249 ff. StGB).
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Vortat
- Als Vortat kommen in Betracht:
- ein vollendeter Diebstahl (§ 242 StGB),
- nach h.M. über den reinen Wortlaut hinaus - auch ein vollendeter Raub (§ 249 StGB)
(pro) Systematik: Raub ist auch ein Diebstahl + noch mehr
- Der Täter muss an dieser Vortat beteiligt gewesen sein, als:
- h.L.: Täter
- Rspr.: Täter oder Gehilfe
(pro) Wortlaut nennt nur Delikt, keine bestimmte Täterform
Auf frischer Tat betroffen
Auf frischer Tat = Täter ist noch am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe und es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zur Vortat
Betroffen = Täter wird von einem anderen kurz nach der Wegnahme wahrgenommen
- Ein zeitlicher Zusammenhang besteht nach h.M.:
- ab unmittelbar nach der Wegnahme der Sache (Vollendung) und
- bis zur Sicherung der Sachherrschaft (Beendigung)
-
Beachte: Nur das Betroffensein muss „auf frischer Tat“ erfolgen, der Einsatz des Nötigungsmittels (s.u.) kann auch später bzw. entfernter erfolgen.
Ist der Täter auch betroffen, wenn er der Wahrnehmung durch Gewalt zuvorkommt?
Beispiel: T ist gerade ins Haus des A eingestiegen und hat eine goldene Armbanduhr eingesteckt, als er bemerkt, dass der A nur auf der Toilette war und gleich an ihm vorbeilaufen wird. Er versteckt sich hinter der Tür und schlägt den A von hinten nieder, noch bevor dieser den T wahrnimmt.
-
e.A.: (-) Nein, nicht betroffen, da er nicht wahrgenommen wird
(pro) Wörtliche Auslegung -
Rspr.: (+) Ja, betroffen, da beide aufeinandertreffen
(pro) Telos: Gefährlichkeit des Täters erhöht sich auch ohne, dass er wahrgenommen wird
Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
Anwendung von Gewalt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben → Wie beim Raub (§ 249 StGB).
Subjektiver Tatbestand
Besitzerhaltungsabsicht
Absicht (dolus directus 1. Grades), sich im Besitz des gestohlenen Guts zu halten.
- Täter muss sich selbst (nicht: einen Dritten) im Besitz der Beute halten wollen
(pro) Wortlaut z.B. im Unterschied zu § 242 StGB (dort: "oder einem Dritten") -
Besitzerhaltungsabsicht muss nicht das einzige Handlungsziel sein, darf aber nicht ganz hinter die Absicht, sich der Ergreifung zu entziehen (Selbstbegünstigung) zurückfallen.
- Scheidet i.d.R. aus, wenn der Täter nicht mehr im Besitz der Beute ist. Aber beachte: Bei mittäterschaftlicher Begehung wird der Besitz des Mittäters zugerechnet (§ 25 II StGB).
Vorsatz
Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich der sonstigen objektiven Tatbestandsmerkmale.
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Qualifikation
-
Schwerer räuberischer Diebstahl (§ 250 StGB) = Qualifikation
-
Räuberischer Diebstahl mit Todesfolge (§ 251 StGB) = Erfolgsqualifikation (§ 18 StGB)
Siehe allgemein zum Unterschied auch die Übersicht: Qualifikation, Erfolgsqualifikation, besonders schwerer Fall.
- Ist die Qualifikation erfüllt, empfiehlt es sich, die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes zu prüfen. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich eine getrennte Prüfung.
- Erfolgsqualifikationen sollten stets getrennt geprüft werden.