StGB Strafgesetzbuch
Vermögensdelikte
- 1.
- verbirgt,
- 2.
- in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
- 3.
- sich oder einem Dritten verschafft oder
- 4.
- verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
- 1.
- wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
- 2.
- in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.
- 1.
- am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
- 2.
- nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
- a)
- Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
- b)
- Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
- c)
- Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
- d)
- Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
- e)
- Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
- f)
- Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie
2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1), - g)
- den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
- h)
- den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).
Schwere Brandstiftung mit Gesundheitsgefährdung (§ 306a II StGB)
Prüfungsschema zur schweren Brandstiftung (§ 306a II StGB): Bestraft wird, wer bestimmte Tatobjekte in Brand setzt oder durch Brandlegung zerstört und dabei einen anderen Menschen in die konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tatobjekt
- Tathandlung
- Inbrandsetzen
- Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
- Konkrete Gefahr der Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
- Kausalität
- Tatspezifischer Gefahrzusammenhang
- Subjektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Strafzumessung
- Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)
- Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Qualifikationen
- Deliktart
Konkretes Gefährdungsdelikt - Rechtsgut
- Leben und Gesundheit von Menschen
- Nicht: Eigentum
- Die schwere Brandstiftung nach § 306a II StGB ist ein eigenständiges, konkretes Gefährdungsdelikt. Es muss (anders als beim abstrakten Gefährdungsdelikt des § 306a I StGB) zu einer konkreten Gefahr einer Gesundheitsschädigung von Menschen gekommen sein.
- § 306a II StGB steht somit unabhängig und selbstständig neben § 306 I StGB und § 306a I StGB.
- Das Tatobjekt des § 306a II StGB muss nicht fremd sein (so beim - das Eigentum schützenden - Erfolgsdelikt § 306 I StGB).
Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB)
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Tatobjekt
-
Ein in § 306 I Nr. 1-6 genanntes Objekt → siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB).
-
Das Tatobjekt braucht nach h.M. nicht fremd zu sein.
(pro) Systematik: § 306a II StGB verweist nur auf „eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache“ und nicht etwa auf eine „Brandstiftung nach § 306“ – wie etwa § 306b I StGB dies tut.
Tathandlung
Inbrandsetzen
→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)
Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)
Konkrete Gefahr der Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
Gesundheitsschädigung = Hervorrufen / Steigern eines pathologischen Zustandes (entspricht § 223 I Alt. 2 StGB).
Konkrete Gefahr = Eintritt / Nichteintritt des schädigenden Ereignisses hängt lediglich vom Zufall ab
Kann auch ein Tatbeteiligter „anderer Mensch“ und somit taugliches Tatobjekt i.S.d. § 306a II StGB sein?
-
e.A.: (+) Ja, Beteiligte sind ebenfalls taugliches Tatobjekt
(pro) Wortlaut: Umfasst jeden beliebigen anderen -
a.A.: (-) Nein, Beteiligte sind kein taugliches Tatobjekt
(pro) Telos: Geringe Schutzwürdigkeit, da sie sich selbst auf die Seite des Unrechts stellen; Systematik: Keine objektive Zurechnung aufgrund eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des Beteiligten
Kausalität
Die Tathandlung darf nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die Gefahr der Gesundheitsschädigung in ihrer konkreten Gestalt entfiele (sine-qua-non-Formel).
Tatspezifischer Gefahrzusammenhang
Wie auch bei Erfolgsqualifikationen ist nach h.M. auch hier ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang erforderlich (Arg.: Wortlaut „dadurch“). Bei § 306a II muss gerade die einer Brandstiftungshandlung (Inbrandsetzung / Brandlegung) typischerweise anhaftende spezifische Gefahr sich in der konkreten Gefahr der Gesundheitsschädigung realisiert haben.
Beispiele: Gefahr von Verbrennungen oder einer Rauchvergiftung; Gefahr eines vorbeilaufenden Passanten bei der Explosion eines Brandsatzes durch Scherben der zerspringenden Fensterscheibe getroffen zu werden
Liegt ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang bei ‚Retterschäden‘ vor?
Problem: Rettungswillige begeben sich freiwillig und sehenden Auges in den Gefahrenbereich (zurück).
-
e.A.: (–) Retter nie umfasst
(pro) Systematik: Stets gefahrzusammenhangsausschließende eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Retter. -
h.M.: (+/–) Retter unter best. Umständen umfasst
(pro) Historie: Alte Fassung bis 1998 erforderte Anwesenheit des Opfers „zur Zeit der Tat“, was bei nach Inbrandsetzen/Brandlegung eintreffenden Rettern nicht der Fall ist. Gesetzgeber hat dieses Erfordernis jedoch bewusst gestrichen.
Differenzierung nach Art der Retter:-
Berufsretter (insb. Feuerwehr)
...sind grundsätzlich umfasst, da diese typischerweise nach Inbrandsetzen/Brandlegung tätig werden; berufliche Rettungspflicht spricht gegen eigenverantwortliche Selbstgefährdung; außer: Rettungsbemühungen sind von vornherein aussichtslos -
Private Retter
... sind nur umfasst, wenn diese aufgrund einer § 35 StGB ähnlichen Drucksituation handeln (insb. Rettung naher Angehöriger), da dann keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung, sondern faktischer Rettungszwang
-
Subjektiver Tatbestand
Mindestens Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich der Gefahr einer Gesundheitsschädigung (nicht bezüglich des Eintritts einer Gesundheitsschädigung).
Bei rein fahrlässiger Herbeiführung der Gefahr § 306d I StGB prüfen.
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Beachte dabei vorliegend jedoch folgendes Problem:
Ist eine Einwilligung in die schwere Brandstiftung nach § 306a II StGB möglich?
- h.M.: (+) Ja, Einwilligung möglich
(pro) Systematik: Da es sich um ein konkretes Gefährdungsdelikt bestimmter Personen handelt, kommt – in den Grenzen des § 228 StGB – auch deren rechtfertigende Einwilligung in Betracht. - a.A.: (-) Nein, Einwilligung nicht möglich
(pro) Systematik: Delikt schützt auch die Allgemeinheit
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Strafzumessung
Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)
Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
- vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h.
- bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.)
- bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr
Qualifikationen
-
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b II StGB
§ 306b II StGB stellt eine Qualifikation des § 306a StGB dar. Ist die Qualifikation erfüllt, können die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes geprüft werden. Aufgrund der Komplexität der Brandstiftungsdelikte empfiehlt sich jedoch i.d.R. eine getrennte Prüfung. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich in jedem Fall eine getrennte Prüfung, um die unterschiedlichen Ergebnisse besser festhalten zu können. -
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I StGB
§ 306b I StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden. -
Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB
§ 306c StGB stellt ebenfalls eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.
Siehe zur Systematik auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).
Siehe allgemein für den Unterschied zwischen Qualifikation und Erfolgsqualifikation die Übersicht: Qualifikation, Erfolgsqualifikation, besonders schwerer Fall.