StGB Strafgesetzbuch
Nichtvermögensdelikte
- 1.
- die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
- 2.
- unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
- 3.
- unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
- a)
- Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
- b)
- Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
- 4.
- diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
- 5.
- zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht,
- 6.
- eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
- 7.
- einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
- 8.
- eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.
- 1.
- durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht,
- 2.
- das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt,
- 3.
- dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt,
- 4.
- bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist,
- 5.
- eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet,
- 6.
- einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder
- 7.
- über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.
Brandstiftung (§ 306 I StGB)
Prüfungsschema zur Brandstiftung (§ 306 I StGB): Täter setzt bestimmte fremde Tatobjekte in Brand oder zerstört diese durch Brandlegung.
Nach h.M. ist die Brandstiftung Qualifikation zur Sachbeschädigung (§ 303 StGB).
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tatobjekt
- Fremdheit
- Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1-6)
- Nr. 1: Gebäude und Hütten
- Nr. 2: Betriebsstätten und technischen Einrichtungen
- Nr. 3: Warenlager oder Warenvorräte
- Nr. 4: Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge
- Nr. 5: Wälder, Heiden oder Moore
- Nr. 6: Land-, ernährungs-, forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
- Tathandlung
- Inbrandsetzen
- Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
- Kausalität und objektive Zurechnung
- Subjektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Strafzumessung
- Minder schwerer Fall (§ 306 II StGB)
- Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Qualifikationen
- Deliktart
- h.M.: Qualifikation zu § 303 StGB
- a.A.: Eigenständiges Grunddelikt
- Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB)
- Rechtsgut:
Eigentum (h.M.)
§ 306 I StGB ist nach h.M. Qualifikation zu § 303 StGB, da es das einzige Brandstiftungsdelikt ist, das (wie § 303 StGB) Fremdheit erfordert.
Aufgrund der Komplexität des Deliktes sollten beide Delikte jedoch getrennt geprüft werden.
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Tatobjekt
Fremdheit
Fremd = Nicht im Alleineigentum des Täters (Sache gehört zumindest auch einem anderen) und nicht herrenlos (vgl. § 959 BGB).
Katalogobjekt (Abs. 1 Nr. 1-6)
Die tauglichen Tatobjekte sind in Abs. 1 Nr. 1-6 abschließend aufgelistet. Wegen der hohen Strafandrohung (bis zu 10 Jahre) verlangt die h.M. bei allen Nrn. eine restriktive Auslegung der Tatbestandsmerkmale (teleologische Reduktion):
- Bedeutender Wert: > 1.000€, oder
- Gemeingefährlichkeit im Falle eines Brandes
z.B. Gefahr, dass ein in Brand gesetztes Tatobjekt ein weiteres Tatobjekt gefährden könnte
Nr. 1: Gebäude und Hütten
Gebäude = Jedes von Dach und Wänden begrenztes Raumgebilde, das (zumindest auch) zum Betreten durch Menschen (und nicht für den Schutz von Tieren oder Sachen wie bei § 303 StGB - restriktive Auslegung) bestimmt und fest mit dem Boden verbunden ist (auch: türen- und fensterlose Rohbauten, Geräteschuppen).
Hütte = Unbewegliches Bauwerk, das mangels Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit nicht als Gebäude gilt (z.B. Bau-/Marktbude, zum Aufenthaltsraum umgebauter Bauwagen (str.))
Nr. 2: Betriebsstätten und technischen Einrichtungen
Betriebsstätten = Sachgesamtheit von baulichen Anlagen und Inventar, das zur Fertigung und Produktion in einem gewerblichen Betrieb dient
Technische Einrichtung = Sachgesamtheit von beweglichen oder unbeweglichen Sachen, die in einem gewerblichen Betrieb zur Fertigung und Produktion eingesetzt wird
Nr. 3: Warenlager oder Warenvorräte
Warenlager = Lagerstätten von beweglichen Sachen, die zum gewerblichen Umsatz bestimmt sind
Warenvorräte = Gesamtheit, der in einem Warenlager eingelagerten beweglichen Sachen, die zum gewerblichen Umsatz bestimmt sind
Nr. 4: Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge
Kraftfahrzeuge = Zur Fortbewegung dienende Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden und nicht an Bahngleise gebunden sind (Legaldefinition in § 248b IV StGB)
Schienenfahrzeuge = Auf Schienen geführte Landfahrzeuge
Luftfahrzeuge = Zur Fortbewegung dienende Fahrzeuge, die in der Luft frei beweglich sind
Wasserfahrzeuge = Zur Fortbewegung auf dem Wasser dienende Fahrzeuge (nicht: Paddelboote mitten im See – restriktive Auslegung mangels Gemeingefährlichkeit, s.o.)
Nr. 5: Wälder, Heiden oder Moore
Wälder = Zusammenhängende, mit Bäumen bedeckte Bodenflächen, inklusive des Unterholzes und des übrigen Pflanzenwuchses
Heide = Offene Landschaft mit typischerweise Zwergsträuchern als Vegetation
Moor = Dauerhaftes Feuchtgebiet mit Torfboden und charakteristischer Vegetation
Nr. 6: Land-, ernährungs-, forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
Erzeugnisse = Sachen, deren unmittelbarer Produktionsprozess beendet ist, ohne dass sie weiterverarbeitet sind.
- Landwirtschaftliche Erzeugnisse: Sich aus dem planmäßigen Betreiben von Ackerbau und Viehzucht ergebende pflanzliche und tierische Erzeugnisse
- Ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse: Landwirtschaftliche Erzeugnisse, die einen gewissen Bearbeitungsgrad erfahren haben (z.B. unbearbeitete Milch)
- Forstwirtschaftliche Erzeugnisse: Sich aus der planmäßigen Nutzung von Waldflächen ergebend Erzeugnisse (z.B. ganze Baumstämme)
Anlagen = Feste, auf Dauer installierte Einrichtungen, die der Erzeugung und Verarbeitung von Produkten der genannten Wirtschaftszweige dienen.
- Landwirtschaftliche Anlagen: Insb. bestellte Felder sowie andere landwirtschaftliche Produktionsstätten (z.B. Gewächshäuser, Strohlager)
- Ernährungswirtschaftliche Anlagen: Insb. der Tierproduktion dienende Stätten (z.B. Koppeln, Ställe)
- Forstwirtschaftliche Anlagen: Insb. Holzlagerstätten, Aufforstungsflächen
Tathandlung
§ 306 I StGB ist Erfolgsdelikt. Die Tathandlung muss daher jeweils kausal und objektiv zurechenbar zu einer Beeinträchtigung des Tatobjekts geführt haben.
Inbrandsetzen
Inbrandsetzen = Ein wesentlicher Teil des Tatobjekts wird derart vom Feuer ergriffen, dass er auch nach Entfernen oder Erlöschen des Zündstoffs selbstständig weiterbrennen kann.
-
Wesentlicher Teil: Teil, der nicht jederzeit entfernt werden kann, ohne dass das Objekt in seiner bestimmungsgemäßen Funktion beeinträchtigt würde (z.B. tragende Wände eines Gebäudes, Treppen; nicht: Möbel, Gardinen)
Wann ist das Inbrandsetzen im strafrechtlichen Sinne vollendet?
-
Rspr: Vollendung bereits, wenn sich der Brand auf wesentliche Teile ausbreiten kann.
-
a.A.: Vollendung erst, wenn sich der Brand tatsächlich auf wesentliche Teile ausgebreitet hat.
(pro) Systematik: Für andere Fälle Versuchsstrafbarkeit (§ 23 I StGB) ausreichend
Ist ein im strafrechtlichen Sinne ein Inbrandsetzen bereits brennender Gebäude möglich?
Option 1: Inbrandsetzen an noch nicht brennender Stelle
- h.M.: (+) Erneutes ‚Inbrandsetzen‘ → eigene Täterschaft
(pro) Hat eigenständigen erheblichen Unwertgehalt; erschwert Rettung / Flucht - a.A.: (-) Kein eigenständiges Inbrandsetzen → ggf. (sukzessive) Beihilfe
Option 2: Verstärken / Intensivieren des Brandes an bereits brennender Stelle
- h.M.: (-) Kein eigenständiges ‚Inbrandsetzen‘ → ggf. (sukzessive) Beihilfe
(pro) Hat keinen eigenständigen erheblichen Unwertgehalt; erschwert Rettung / Flucht i.d.R. nicht zusätzlich; i.d.R. keine Tatherrschaft (kein ‚in den Händen halten‘) - a.A.: (+) Erneutes ‚Inbrandsetzen‘ → eigene Täterschaft
Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
Brandlegung = Jede auf das Verursachen eines Brandes gerichtete Handlung
- Kein „Feuer“ notwendig
- Zum Brand muss es nicht kommen, es genügt, wenn die zerstörende Wirkung des Brandmittels eintritt; z.B. Brandbeschleuniger explodiert; Schwelbrände; Verrußung; Rauch; umfasst sind auch objektiv zurechenbare Folgeschäden wie insb. Löschschäden
Ganzes oder teilweises Zerstören = Vernichtung der Existenz oder wesentliche Beschädigung selbstständiger, für die Gesamtfunktion wesentlicher Teile, sodass die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig oder zumindest für einzelne Aufgaben ausgeschlossen ist
- Rspr.: Teilweises Zerstören muss ‚von Gewicht‘ sein (restriktive Auslegung, s.o.)
z.B. tage-/wochenlange Unbewohnbarkeit einer Unterwohnung
Kausalität und objektive Zurechnung
Subjektiver Tatbestand
Mindestens Eventualvorsatz (dolus eventualis)
Bei rein fahrlässiger Herbeiführung ist § 306d I StGB als eigenständiges Fahrlässigkeitsdelikt i.V.m. § 306 I StGB zu prüfen.
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Beachte vorliegend:
- h.M.: Schutzgut des § 306 I StGB ist das Eigentum, sodass der Täter dabei auch aufgrund einer rechtfertigenden Einwilligung sämtlicher Eigentümer gerechtfertigt sein kann.
-
a.A.: Alle Brandstiftungsdelikte tragen ein gemeingefährliches Element in sich, sodass das Rechtsgut nicht disponibel ist und eine Einwilligung somit ausscheidet.
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Strafzumessung
Minder schwerer Fall (§ 306 II StGB)
Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
- vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h.
- bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.)
- bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr
Qualifikationen
- Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I StGB
§ 306b I StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden. -
Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB
§ 306c StGB stellt ebenfalls eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.
Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).