LobbyRG
References
in § 3 LobbyRG

LobbyRG  
Lobbyregistergesetz

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter stellen im Lobbyregister die folgenden Informationen bereit:
1.
wenn sie natürliche Personen sind
a)
Familienname, Vorname, optional der akademische Grad, optional der Künstler- oder Ordensname,
b)
Geburtsdatum und Geburtsort,
c)
Anschrift,
d)
elektronische Kontaktdaten,
e)
gegebenenfalls die Firma oder Bezeichnung des Unternehmens,
f)
Mitgliedschaften, die im Zusammenhang mit der Interessenvertretung stehen,
g)
Familienname, Vorname, optional der akademische Grad, optional der Künstler- oder Ordensname der Personen, die mit der Interessenvertretung nicht nur bei Gelegenheit betraut sind und die Interessenvertretung unmittelbar ausüben,
2.
wenn sie juristische Personen, Personengesellschaften oder sonstige Organisationen sind
a)
Firma, Name oder Bezeichnung der Organisation, deren Webseite, elektronische Kontaktdaten, Anschrift und gegebenenfalls die Anschrift und die elektronischen Kontaktdaten der Geschäftsstelle am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung,
b)
Rechtsform oder Art der Organisation,
c)
Familienname, Vorname, optional der akademische Grad, optional der Künstler- oder Ordensname und elektronische Kontaktdaten aller gesetzlichen Vertretungen oder sonstigen vertretungsberechtigen Personen,
d)
Familienname, Vorname, optional der akademische Grad, optional der Künstler- oder Ordensname der Personen, die mit der Interessenvertretung nicht nur bei Gelegenheit betraut sind und die Interessenvertretung unmittelbar ausüben,
e)
Mitgliederzahl, aufgeschlüsselt nach natürlichen Personen, juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Organisationen,
f)
Mitgliedschaften, die im Zusammenhang mit der Interessenvertretung stehen,
g)
optional für juristische Personen des öffentlichen Rechts die Angabe, mit der Wahrnehmung von Interessenvertretung im Sinne von § 1 Absatz 3 gesetzlich beauftragt zu sein,
3.
bei den in den Nummern 1 und 2 Buchstabe c und d aufgeführten natürlichen Personen ergänzend allgemeine Angaben
a)
über ein aktuell oder zuletzt wahrgenommenes Amt als Mitglied der Bundesregierung, das nicht länger als fünf Jahre zurückliegt,
b)
über ein aktuell oder zuletzt wahrgenommenes Amt als Parlamentarische Staatssekretärin oder Parlamentarischer Staatssekretär, das nicht länger als fünf Jahre zurückliegt,
c)
über eine aktuell oder zuletzt bestehende Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, die nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, sofern die Person nicht zugleich ein Amt nach Buchstabe a oder b wahrgenommen hat,
d)
über eine aktuell oder zuletzt ausgeübte Funktion für ein Mitglied des Deutschen Bundestages, die nicht länger als fünf Jahre zurückliegt,
e)
über eine aktuell oder zuletzt ausgeübte Funktion für eine Fraktion oder Gruppe im Deutschen Bundestag, die nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, oder
f)
über eine aktuell oder zuletzt ausgeübte Funktion oder ein aktuell oder zuletzt ausgeübtes Amt in der Bundesverwaltung, die oder das nicht länger als fünf Jahre zurückliegt,
sowie gegebenenfalls die Angabe des Zeitpunkts der Beendigung dieser Tätigkeit,
4.
Interessen- und Vorhabenbereiche sowie Beschreibung der zum Zweck der Interessenvertretung ausgeübten Tätigkeit,
5.
zur Darstellung der bezweckten Einflussnahme
a)
die Angabe der aktuellen, geplanten oder angestrebten Regelungsvorhaben auf Bundesebene oder auf Ebene der Europäischen Union, hinsichtlich derer gegenüber den Adressatinnen und Adressaten nach § 1 Absatz 1 und 2 Interessenvertretung betrieben wird, gegebenenfalls unter Angabe des Titels der geltenden Regelung, auf die sich die Interessenvertretung jeweils bezieht, sowie die Angabe der betroffenen Interessen- und Vorhabenbereiche nach Nummer 4 sowie
b)
grundlegende Stellungnahmen und Gutachten zu den angegebenen Regelungsvorhaben in anonymisierter und hinsichtlich des Textinhalts maschinenlesbarer Form, die gegenüber mindestens einer der Adressatinnen oder einem der Adressaten nach § 1 Absatz 1 und 2 abgegeben wurden, soweit sie innerhalb formalisierter Beteiligungsverfahren nicht veröffentlicht werden, unter Angabe des Zeitpunkts und einer abstrakten Bezeichnung der Adressatinnen und Adressaten nach § 1 Absatz 1 und 2; grundlegende Stellungnahmen und Gutachten sind insbesondere solche, die wesentliche Argumente oder Positionen in Bezug auf konkrete Regelungsvorhaben enthalten,
6.
Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung, sofern diese Beschäftigten mindestens 10 Prozent ihrer Tätigkeit im Bereich der Interessenvertretung ausüben, ausgedrückt in Vollzeitäquivalenten auf der Grundlage von Schätzungen für die jeweiligen Beschäftigten, bezogen auf das letzte abgelaufene Geschäftsjahr,
7.
Beginn und Ende des laufenden sowie des letzten und des vorletzten abgelaufenen Geschäftsjahres,
8.
Finanzangaben, jeweils bezogen auf das letzte abgelaufene Geschäftsjahr, und zwar
a)
folgende Kategorien der Hauptfinanzierungsquellen in absteigender Reihenfolge ihres Anteils an den Gesamteinnahmen:
aa)
wirtschaftliche Tätigkeit,
bb)
öffentliche Zuwendungen,
cc)
Schenkungen und sonstige lebzeitige Zuwendungen,
dd)
Mitgliedsbeiträge und
ee)
Sonstiges,
b)
Angaben zu den jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung in Stufen von jeweils 10 000 Euro,
c)
Angaben zu einzelnen Zuwendungen und Zuschüssen der deutschen öffentlichen Hand, der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten oder von Drittstaaten, die den primären Unternehmens- und Organisationszweck betreffen, in Stufen von jeweils 10 000 Euro, sofern der Gesamtwert von 10 000 Euro bezogen auf eine Zuwendungsgeberin oder einen Zuwendungsgeber im jeweiligen Geschäftsjahr überschritten wird, und zwar
aa)
Name und Sitz der Zuwendungsgeberin oder des Zuwendungsgebers und
bb)
eine kurze Beschreibung der Leistung,
d)
Angaben zu Schenkungen und sonstigen lebzeitigen Zuwendungen von Dritten, und zwar
aa)
deren Gesamtsumme in Stufen von 10 000 Euro,
bb)
in Stufen von jeweils 10 000 Euro jeden Betrag unter Angabe von Familienname und Vorname, Firma oder Bezeichnung der Geberin oder des Gebers, der den Gesamtwert von 10 000 Euro bezogen auf eine Geberin oder einen Geber im jeweiligen Geschäftsjahr und zugleich 10 Prozent bezogen auf die jährliche Gesamtsumme nach Doppelbuchstabe aa übersteigt, sowie
cc)
eine kurze Beschreibung der Leistung,
e)
Angaben zu Mitgliedsbeiträgen, und zwar
aa)
deren Gesamtsumme in Stufen von 10 000 Euro und
bb)
Familienname und Vorname, Firma oder Bezeichnung der Beitragszahlerin oder des Beitragszahlers, wenn der jeweilige Mitgliedsbeitrag den Gesamtwert von 10 000 Euro bezogen auf eine Beitragszahlerin oder einen Beitragszahler im jeweiligen Geschäftsjahr und zugleich 10 Prozent bezogen auf die jährliche Gesamtsumme nach Doppelbuchstabe aa übersteigt,
f)
Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte von juristischen Personen, Personengesellschaften und Einzelkaufleuten. Soweit keine anderen Vorschriften bestehen und sofern die Gesamteinnahmen über 10 000 Euro liegen, müssen die Rechenschaftsberichte mindestens eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung umfassen. Sofern der Jahresabschluss oder der Rechenschaftsbericht des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres noch nicht vorliegt, kann der Jahresabschluss oder Rechenschaftsbericht des vorletzten abgelaufenen Geschäftsjahres bereitgestellt werden. Der Jahresabschluss oder Rechenschaftsbericht des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres ist unverzüglich nach seiner Aufstellung bereitzustellen.
(2) Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter, die die Interessenvertretung im Auftrag betreiben, stellen im Lobbyregister ergänzend zu den Angaben nach Absatz 1 die folgenden Informationen bereit:
1.
eine Beschreibung der beauftragten Interessenvertretung entsprechend den Angaben in Absatz 1 Nummer 4 und 5 Buchstabe a,
2.
Angaben zur Identität von Auftraggeberinnen und Auftraggebern, für welche die Interessenvertretung betrieben wird, auch wenn diese nicht selbst eintragungspflichtig sind, sofern nicht ein Fall des § 2 Absatz 4 vorliegt; Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c bis e und Nummer 2 Buchstabe a bis c gilt entsprechend,
3.
Angaben zu den für die jeweils beauftragte Interessenvertretung eingesetzten Personen oder Organisationen,
a)
wenn selbst betraute Personen eingesetzt werden, Angabe der Personen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe g oder Nummer 2 Buchstabe d, die für den jeweiligen Auftrag eingesetzt werden,
b)
wenn natürliche Personen oder juristische Personen, Personengesellschaften oder sonstige Organisationen als Unterauftragnehmerinnen oder Unterauftragnehmer eingesetzt werden und diese einen eigenen Registereintrag aufweisen, Angabe des entsprechenden Registereintrags,
c)
wenn natürliche Personen als Unterauftragnehmerinnen oder Unterauftragnehmer eingesetzt werden und diese keinen eigenen Registereintrag aufweisen, Angaben zu Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c bis e; Absatz 1 Nummer 3 gilt entsprechend,
d)
wenn juristische Personen, Personengesellschaften oder sonstige Organisationen als Unterauftragnehmerinnen oder Unterauftragnehmer eingesetzt werden und diese keinen eigenen Registereintrag aufweisen, Angaben gemäß Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c und Angaben nach Buchstabe d ausschließlich hinsichtlich der für die jeweils beauftragte Interessenvertretung eingesetzten natürlichen Personen; Absatz 1 Nummer 3 gilt entsprechend,
4.
von der Auftraggeberin oder dem Auftraggeber je Auftrag erhaltene Finanzmittel bezogen auf das letzte abgelaufene Geschäftsjahr in Stufen von jeweils 50 000 Euro.
(3) Die Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter haben Änderungen bei den Angaben nach den Absätzen 1 und 2 unverzüglich, abweichend davon bei den Angaben nach Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b spätestens bis Ende des Quartals, einzutragen. Abweichend von Satz 1 sind Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 Buchstabe e und f, Nummer 6 bis 8 sowie Absatz 2 Nummer 4 spätestens sechs Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres für das abgelaufene Geschäftsjahr zu aktualisieren. Bei der Aktualisierung nach Satz 2 ist zugleich der gesamte Registereintrag vollständig zu überprüfen und seine Richtigkeit gegenüber der registerführenden Stelle zu bestätigen.
(4) Durch jede Aktualisierung oder Änderung wird eine historische Version des jeweiligen Registereintrags im bis dahin vorhandenen Datenumfang erzeugt. Die historischen Versionen werden 18 Monate lang nach der jeweiligen Aktualisierung oder Änderung im Lobbyregister veröffentlicht und danach aus dem öffentlichen Register entfernt. Im Anschluss daran werden die Daten weitere 18 Monate bei der registerführenden Stelle gespeichert und danach gelöscht. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 bleiben die Angaben nach Absatz 1 Nummer 5 für acht Jahre im öffentlichen Register sichtbar, nachdem sie aus der aktuellen Eintragsversion entfernt werden. Anschließend werden diese Angaben gelöscht. Die Registerdaten sind vor der endgültigen Löschung dem gemäß § 5 Absatz 4 des Bundesarchivgesetzes zuständigen Archiv zur Übernahme als Archivgut anzubieten.
(5) Neben dem aktiven Lobbyregister wird eine Liste früherer Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter geführt und veröffentlicht. In diese Liste werden die Einträge derjenigen Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter mit dem zuletzt vorhandenen Datenbestand übertragen, die dem Deutschen Bundestag anzeigen, dass sie keine Interessenvertretung mehr betreiben oder in Auftrag geben, oder deren Eintrag gemäß § 4 Absatz 5 Satz 3 in diese Liste übertragen wird. Ab dem Zeitpunkt der Übertragung des Eintrags einer Interessenvertreterin oder eines Interessenvertreters in die Liste nach Satz 1 gilt diese Interessenvertreterin oder dieser Interessenvertreter nicht mehr als im Lobbyregister eingetragene Interessenvertreterin oder eingetragener Interessenvertreter. Die Entfernung aus der Liste erfolgt nach Ablauf von 18 Monaten, die Daten werden weitere 18 Monate bei der registerführenden Stelle gespeichert und danach gelöscht. Abweichend von Satz 4 bleiben Angaben nach § 3 Absatz 1 Nummer 5 für acht Jahre ab der Übertragung des Registereintrags in die Liste nach Satz 1 im öffentlichen Register sichtbar, bevor sie gelöscht werden. Die Registerdaten sind vor der endgültigen Löschung dem gemäß § 5 Absatz 4 des Bundesarchivgesetzes zuständigen Archiv zur Übernahme als Archivgut anzubieten.
Source: BMJ
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Fraktionsausschluss eines Abgeordneten (h.M.: Art. 38 I 2 GG)

Öffentliches RechtVerfassungsrechtStaatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

Prüfungsschema zur Zulässigkeit und Begründetheit eines Organstreitverfahrens von Bundestagsabgeordneten gegen einen Fraktionsausschluss. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Zulässigkeit (Organstreitverfahren)
  3. Zuständigkeit (Art. 94 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)
  4. Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 94 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)
  5.  Antragssteller: Abgeordnete/r
  6. Antragsgegnerin: Fraktion
  7. Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)
  8. Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)
  9. Durch das GG übertragenes Recht
  10. Eigenes Recht
  11. Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung
  12. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
  13. Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)
  14. Frist, § 64 III BVerfGG
  15. Begründetheit
  16. Gewährleistungsinhalt
  17. Beeinträchtigung
  18. Rechtfertigung
  19. Rechtsgrundlage
  20. Formelle Voraussetzungen
  21. Zuständigkeit
  22. Verfahren
  23. Antrag
  24. Anhörung
  25. Sitzung und Abstimmung
  26. Materielle Voraussetzungen
  27. Vorliegen eines „wichtigen Grundes“
  28. Evidenz- und Willkürkontrolle

 

 

Zulässigkeit (Organstreitverfahren)

Zuständigkeit (Art. 94 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)

 

Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 94 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)

 Antragssteller: Abgeordnete/r

Fraglich ist, ob Abgeordnete „Teile“ des Organs „Bundestag“ i.S.d. § 63 BVerfGG sind.

Sind einzelne Bundestagsabgeordnete parteifähig im Organstreitverfahren?

§ 63 BVerfGG nennt als parteifähig: Oberste Bundesorgane wie u.a. den Bundestag, sowie „Teile dieser Organe“. Fraglich ist, ob einzelne Abgeordnete hierunter subsummierbar sind.

  • e.A. einzelne Abgeordnete sind Teile des Bundestages
    (pro) Wortlaut: Einzelner ist Teil des Ganzen.
  • Rspr. (BVerfGG) Nur „ständige Gliederungen“ (wie Fraktionen) sind Teile des Bundestages
    (pro) Systematik: § 22 I 2 BVerfGG sagt, dass „Teile“ von gesetzgebenden Körperschaften, wie dem Bundestag, sich von ihren Mitgliedern vertreten lassen können, sodass begrifflich „Teile“ mehr sind als einzelne Mitglieder.

In jedem Fall sind einzelne Abgeordnete „andere Beteiligte“ i.S.v. Art. 94 I Nr. 1 HS 2 GG, die - z.B. in Art. 38 I 2 GG - mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Art. 94 GG ist als ranghöhere Norm maßgebend (lex superior-Grundsatz) mit der Folge der verfassungskonformen Auslegung des § 63 BVerfGG als lediglich beispielhaft.

 

Antragsgegnerin: Fraktion

Fraktionen sind in der GOBT (z.B. in §§ 12, 26, 35, 76, 101) mit eigenen Rechten ausgestattet.
Sie sind ständig vorhandene Gliederungen des Bundestages und somit gem. § 63 BVerfGG taugliche Antragsgegner. 
Sie sind auch andere Beteiligte i.S.v. Art. 94 I Nr. 1 HS 2 GG. 

 

 

Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)

  • Tauglicher Antrgsgegenstand ist gem. § 64 I BVerfGG jede „Maßnahme oder Unterlassung“
  • BVerfG: Nur „rechtserhebliche“ Maßnahmen oder Unterlassungen (ungeschriebene Voraussetzung)

Rechtserheblich = Geeignet, die Rechtsstellung des Antragstellers zu beeinträchtigen

  • Ein Fraktionsausschluss würde die Rechtsstellung von Abgeordneten beeinträchtigen, da deren Rechte ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion abhängen, z.B.:
    • Anteilige Verteilung der Redezeit (§ 35 GOBT)
    • Gesetzesentwürfe (§§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
    • Große Anfragen (§§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
    • Kleine Anfragen (§ 75 III GOBT)
    • Änderungsanträge zu Gesetzen (§ 85 I GOBT)
    • Anrufung des Vermittlungsausschusses (§ 89 GOBT)
    • Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)

 

Handelt es sich um eine verfassungsrechtlich rechtserhebliche oder um eine rein privatrechtliche Streitigkeit?

  • e.A. Rein verfassungsrechtlich
    (pro) Systematik: § 55 I AbgG: „Die Fraktionen wirken an der Erfüllung der Aufgaben des Deutschen Bundestages mit.“, sie haben mithin Teil an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt; Fraktionen sind nach h.M. ‚Teile des Organs‘ Bundestag nach § 63 BVerfGG.
  • a.A. Rein privatrechtlich
    (pro) Systematik: § 54 III AbgG: „Die Fraktionen sind nicht Teil der öffentlichen Verwaltung; sie üben keine öffentliche Gewalt aus.“; § 10 IV, V PartG, § 13 GVG: Für Klagen gegen einen Parteiausschluss steht der Zivilrechtsweg offen.
  • h.M. (BVerfG) Doppelfunktion der Fraktionen; nur arbeitsrechtliche Fragen sind dem Privatrecht zuzuordnen
    (pro) Vermittelnde Ansicht

 

Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)

Antragsteller muss (1.) in einem „durch das Grundgesetz übertragenen“, (2.) eigenen („er oder das Organ, dem er angehört“) Recht (3.) durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung möglicherweise „verletzt oder unmittelbar gefährdet“ sein (§ 64 I BVerfGG).

 

Durch das GG übertragenes Recht

Auf welche Rechte können Abgeordnete sich in Bezug auf den Fraktionsausschluss berufen?

 

  • Rechte aus Fraktions-GO oder GOBT: (–) da kein Verfassungsrecht

 

  • Recht aus Art. 21 GG
    • h.M. (–) Keine Berufung auf Art. 21 GG möglich
      (pro) Wortlaut: Keine rechtlich normierte Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG weiter zu verstehen, gibt kein spezifisches Recht bei spezifischen Institutionen des BT mitzuwirken
      (pro) Systematik: Abgeordnete sind nach Art. 38 I 2 HS 1 GG „Vertreter des ganzen Volkes“ und nicht nur der Partei; erhalten nach Listenwahl eigene Rechtsstellung (Systematik)
    • a.A. (+) Berufung auf Art. 21 GG möglich
      (pro) Telos: Enge faktische Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG erfolgt insb. über die Arbeit der Fraktionen im BT

 

  • Recht aus Art. 38 I 2 GG
    • e.A. (–) Keine Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
      (pro) Telos: Fraktionsbildung ist freiwilliger Zusammenschluss aus dem Willen freiwilliger Kooperation heraus; keine Rechtspflicht hierzu
    • h.M. (+) Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
      (pro) Systematik: Fraktionsbildung verschafft mehr Rechte (z.B. Stimme in Ausschüssen, § 57 II 1, GOBT; Redezeit, § 35 I GOBT; …)
      (pro) Telos: Fraktionsbildung dient der parlamentarischen Willensbildung (sog. „Mediatisierung“ durch Fraktionen) - Recht auf Aufnahme/Verbleib als Korrelat zu dieser Funktion

 

Eigenes Recht

Das Recht aus Art. 38 I 2 GG (h.M., s.o.) steht gerade einem jeden einzelnen Abgeordneten zu.

 

Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung

Im Unterschied zur Begründetheit ist keine vollständige Prüfung einer Rechtsverletzung nötig. Diese muss jedoch zumindest möglich erscheinen (Möglichkeitstheorie). Das Merkmal dient der Aussonderung ganz offensichtlich unbegründeter Fälle.

Hier auf die unter III. bezeichnete Maßnahme / Unterlassung abstellen und auf das gleiche Recht (Art. 38 I 2 GG) wie in der Begründetheit (s.u.).

Möglichkeit der Verletzung = Diese ist nicht von vornherein, unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (Möglichkeitstheorie)

Unmittelbare Rechtsgefährdung = Solch sachliche und zeitliche Konkretisierung, dass ohne Eingreifen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verletzung eintreten wird

 

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Kein leichterer / schnellerer Weg zur außergerichtlichen Durchsetzung der dargelegten Rechte, z.B. durch eigenes Handeln in anderen Verfahren wie parteiinterne Schlichtung.

 

Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)

  • Schriftform (§ 23 I 1 BVerfGG)
  • Begründung unter Bezeichnung der möglicherweise verletzten GG-Norm (§§ 23 I 2, 64 II BVerfGG)

 

Frist, § 64 III BVerfGG

  • Sechs Monate nach Kenntnis von der beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung (§ 64 III BVerfGG)
  • Berechnung nach §§ 187 ff. BGB

 

 

 

Begründetheit

Der Antrag ist begründet, soweit der Fraktionsausschluss gegen das Grundgesetz verstößt.

Gewährleistungsinhalt

Verweis auf Zulässigkeitsprüfung (A. IV. 1. oben). Siehe ausführlich hierzu auch die Übersicht: Abgeordnetenrechte.

Beeinträchtigung

Die tatsächlichen Rechte eines Abgeordneten hängen ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion ab, z.B.:

  • Anteilige Verteilung der Redezeit (vgl. § 35 GOBT)
  • Gesetzesentwürfe (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
  • Große Anfragen (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
  • Kleine Anfragen (vgl. § 75 III GOBT)
  • Änderungsanträge zu Gesetzen (vgl. § 85 I GOBT)
  • Anrufung des Vermittlungsausschusses (vgl. § 89 GOBT)
  • Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)

Daher stellt ein Fraktionsausschuss auch eine Beeinträchtigung der Abgeordnetenrechte aus Art. 38 I 2 GG dar.

 

Können auch Private/Parteien in die Rechte der Abgeordneten eingreifen?
  • e.A.: (-) Nein
    (pro) Grds. können nur staatliche Hoheitsträger eingreifen
  • h.M.: (+) Ja
    (pro) Wortlaut Art. 38 I 2 GG: Frei von (jeglichen) Aufträgen o. Weisungen; Systematik: Art. 48 II 2 GG zeigt (als spezielle Ausprägung von Art. 38 I 2 GG), dass das Mandat auch vor Privaten geschützt wird.

 

Rechtfertigung

Rechtsgrundlage

Welche Rechtsgrundlage kommt für den Fraktionsausschluss in Betracht?

  • e.A. § 10 GOBT
    (con) Wortlaut: Nur Bildung und nicht Ausschluss geregelt; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht
  • a.A. § 10 IV, V PartG
    (con) Wortlaut: Geltung nur für Parteien und nicht für Fraktionen; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht
  • h.M. Art. 38 I 2 GG
    (pro) Telos: Recht der anderen Fraktionsmitglieder auf Effektivierung ihres Mandats durch funktionierende Fraktionszusammenarbeit

 

 

Formelle Voraussetzungen

Zuständigkeit

Fraktionsversammlung, nicht nur der Vorstand

Verfahren
Antrag

Durch Fraktionsvorstand oder aus der Mitte der Fraktion

Anhörung

Schriftliche Ankündigung des Ausschlusses, Anhörung des Abgeordneten & Gelegenheit zur Stellungnahme und Weiterleitung dieser an die gesamte Fraktion.

Sitzung und Abstimmung
  • Rechtzeitige Ladung unter Angabe des geplanten Fraktionsausschlusses als Grund
  • (Zumindest Gelegenheit zur) Anwesenheit in der Ausschlusssitzung (str.)
  • Abstimmung
    • Geheime Abstimmung (str.)
    • Einfache Mehrheit (str.; a.A.: 2/3 Mehrheit)

 

 

Materielle Voraussetzungen

Vorliegen eines „wichtigen Grundes“

Aufgrund der Freiheit des Mandats (Art. 38 I 2 HS 2 GG) und des sich daraus ableitenden grundsätzlichen Verbotes des Fraktionszwangs ist ein „wichtiger Grund“ erforderlich. Da es sich beim Fraktionsausschluss somit nicht um eine Strafmaßnahme für vergangenes Verhalten handeln darf, muss aufgrund vergangenen Verhaltens erkennbar sein, dass keine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist (Prognose).

Anerkannt als wichtige Gründe sind:

  • Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört
  • Keine politische Übereinstimmung mehr
  • Arbeit der Fraktion wird durch den Abgeordneten ineffektiv oder aufwendiger
  • Einheitliches Auftreten der Fraktion nach Außen nachhaltig gestört (str.; wohl nicht bereits bei einzelner Abstimmung „gegen die Fraktion“ oder unliebsamer Wortmeldung im BT; hier oft Unterscheidung in zulässige Fraktionsdisziplin und unzulässigen Fraktionszwang)

 

Evidenz- und Willkürkontrolle

Der Fraktion kommt dabei ein eigener Ermessensspielraum zu, das BVerfG beschränkt sich auf eine Evidenz- und Willkürkontrolle. Dabei wird insb. untersucht:

  • Zutreffende Tatsachen
  • Erhebliche Tatsachen (h.M.: auch außerparlamentarisches Verhalten, nicht rein privates, gänzlich unpolitisches)
  • Keine Ermessensfehler: Insb. Verhältnismäßigkeit – z.B. Abmahnung ausreichend?
 
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