BWO Bundeswahlordnung
Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht
bzgl. der einzelnen Änderungen vgl. Fußnote)
der Gemeindebehörde
über das Recht auf Einsicht in das
Wählerverzeichnis und die Erteilung von Wahlscheinen
am .................................
| 1. | Das Wählerverzeichnis zur Bundestagswahl für die Gemeinde - | ||||
| die Wahlbezirke der Gemeinde .................................................................................................................................................. | |||||
| wird in der Zeit vom ..............................................bis ................................................................................................................. (20. bis 16. Tag vor der Wahl) | |||||
| während der allgemeinen Öffnungszeiten | |||||
| ................................................................................................................................................................................................................................................................ | |||||
| (Ort der Einsichtnahme) | |||||
| für Wahlberechtigte zur Einsichtnahme bereitgehalten. Jeder Wahlberechtigte kann die Richtigkeit oder Vollständigkeit der zu seiner Person im Wählerverzeichnis eingetragenen Daten überprüfen. Sofern ein Wahlberechtigter die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Daten von anderen im Wählerverzeichnis eingetragenen Personen überprüfen will, hat er Tatsachen glaubhaft zu machen, aus denen sich eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses ergeben kann. Das Recht auf Überprüfung besteht nicht hinsichtlich der Daten von Wahlberechtigten, für die im Melderegister eine Auskunftssperre gemäß § 51 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes eingetragen ist. Das Wählerverzeichnis wird im automatisierten Verfahren geführt. Die Einsichtnahme ist durch ein Datensichtgerät möglich. Wählen kann nur, wer in das Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. | |||||
| 2. | Wer das Wählerverzeichnis für unrichtig oder unvollständig hält, kann in der Zeit vom 20. Tag bis zum 16. Tag vor der Wahl, | ||||
| spätestens am ........................................................................ bis ................................................... Uhr, bei der Gemeindebehörde (16. Tag vor der Wahl) | |||||
| Einspruch einlegen. | |||||
| Der Einspruch kann schriftlich oder durch Erklärung zur Niederschrift eingelegt werden. | |||||
| 3. | Wahlberechtigte, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, erhalten bis spätestens zum ......................................................................... | ||||
| ....................................................................... eine Wahlbenachrichtigung. (21. Tag vor der Wahl) | |||||
| Wer keine Wahlbenachrichtigung erhalten hat, aber glaubt, wahlberechtigt zu sein, muss Einspruch gegen das Wählerverzeichnis einlegen, wenn er nicht Gefahr laufen will, dass er sein Wahlrecht nicht ausüben kann. Wahlberechtigte, die nur auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen werden und die bereits einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen beantragt haben, erhalten keine Wahlbenachrichtigung. | |||||
| 4. | Wer einen Wahlschein hat, kann an der Wahl im Wahlkreis .............................................................................................................................................. (Nummer und Name) | ||||
| durchStimmabgabein einem beliebigenWahlraum(Wahlbezirk) dieses Wahlkreises | |||||
| oder | |||||
| durch | |||||
| Briefwahl | |||||
| teilnehmen. | |||||
| 5. | Einen Wahlschein erhält auf Antrag | ||||
| 5.1 | ein in das WählerverzeichniseingetragenerWahlberechtigter, | ||||
| 5.2 | einnichtin das WählerverzeichniseingetragenerWahlberechtigter, | ||||
| a) | wenn er nachweist, dass er ohne sein Verschulden die Antragsfrist auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis nach § 18 Abs. 1 der Bundeswahlordnung (bis zum .............................) oder die Einspruchsfrist gegen das Wählerverzeichnis nach § 22 Abs. 1 der Bundeswahlordnung (bis zum .............................) versäumt hat, | ||||
| b) | wenn sein Recht auf Teilnahme an der Wahl erst nach Ablauf der Antragsfrist nach § 18 Abs. 1 der Bundeswahlordnung oder der Einspruchsfrist nach § 22 Abs. 1 der Bundeswahlordnung entstanden ist, | ||||
| c) | wenn sein Wahlrecht im Einspruchsverfahren festgestellt worden und die Feststellung erst nach Abschluss des Wählerverzeichnisses zur Kenntnis der Gemeindebehörde gelangt ist. | ||||
| Wahlscheine können von in das Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten bis zum ..................................................................................., | |||||
| ........................................................................ 15.00 Uhr, bei der Gemeindebehörde mündlich, schriftlich oder elektronisch beantragt werden. (2. Tag vor der Wahl) | |||||
| Im Falle nachweislich plötzlicher Erkrankung, die ein Aufsuchen des Wahlraumes nicht oder nur unter nicht zumutbaren Schwierigkeiten möglich macht, kann der Antrag noch bis zum Wahltage, 15.00 Uhr, gestellt werden. Versichert ein Wahlberechtigter glaubhaft, dass ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist oder er ihn verloren hat, kann ihm bis zum Tagevorder Wahl, 12.00 Uhr, ein neuer Wahlschein erteilt werden. Nicht in das Wählerverzeichnis eingetragene Wahlberechtigte können aus den unter 5.2 Buchstabe a bis c angegebenen Gründen den Antrag auf Erteilung eines Wahlscheines noch bis zum Wahltage, 15.00 Uhr, stellen. Wer den Antrag für einen anderen stellt, muss durch Vorlage einerschriftlichen Vollmachtnachweisen, dass er dazu berechtigt ist. Ein Wahlberechtigter mit Behinderung kann sich bei der Antragstellung der Hilfe einer anderen Person bedienen. | |||||
| 6. | Mit dem Wahlschein erhält der Wahlberechtigte | ||||
| - | einen amtlichen Stimmzettel des Wahlkreises, | ||||
| - | einen amtlichen Stimmzettelumschlag, | ||||
| - | einen amtlichen, mit der Anschrift, an die der Wahlbrief zurückzusenden ist, versehenen roten Wahlbriefumschlag und | ||||
| - | ein Merkblatt für die Briefwahl. | ||||
| Die Abholung von Wahlschein und Briefwahlunterlagen für einen anderen ist nur möglich, wenn die Berechtigung zur Empfangnahme der Unterlagen durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird und die bevollmächtigte Person nicht mehr als vier Wahlberechtigte vertritt; dies hat sie der Gemeindebehörde vor Empfangnahme der Unterlagen schriftlich zu versichern. Auf Verlangen hat sich die bevollmächtigte Person auszuweisen. Ein Wahlberechtigter, der des Lesens unkundig oder wegen einer Behinderung an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich zur Stimmabgabe der Hilfe einer anderen Person bedienen. Die Hilfsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wahlberechtigten selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt. Unzulässig ist eine Hilfeleistung, die unter missbräuchlicher Einflussnahme erfolgt, die selbstbestimmte Willensbildung oder Entscheidung des Wahlberechtigten ersetzt oder verändert oder wenn ein Interessenkonflikt der Hilfsperson besteht. Die Hilfsperson ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung von der Wahl einer anderen Person erlangt hat. Bei der Briefwahl muss der Wähler den Wahlbrief mit dem Stimmzettel und dem Wahlschein so rechtzeitig an die angegebene Stelle absenden, dass der Wahlbrief dort spätestens am Wahltage bis 18.00 Uhr eingeht. Der Wahlbrief wird innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne besondere Versendungsform ausschließlich von .......... | |||||
| ................................, den .......................... Die Gemeindebehörde | |||||
| ................................................................... | |||||
Fraktionsausschluss eines Abgeordneten (h.M.: Art. 38 I 2 GG)
Prüfungsschema zur Zulässigkeit und Begründetheit eines Organstreitverfahrens von Bundestagsabgeordneten gegen einen Fraktionsausschluss.
- Inhaltsverzeichnis
- Zulässigkeit (Organstreitverfahren)
- Zuständigkeit (Art. 94 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)
- Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 94 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)
- Antragssteller: Abgeordnete/r
- Antragsgegnerin: Fraktion
- Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)
- Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)
- Durch das GG übertragenes Recht
- Eigenes Recht
- Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung
- Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
- Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)
- Frist, § 64 III BVerfGG
- Begründetheit
- Gewährleistungsinhalt
- Beeinträchtigung
- Rechtfertigung
- Rechtsgrundlage
- Formelle Voraussetzungen
- Zuständigkeit
- Verfahren
- Antrag
- Anhörung
- Sitzung und Abstimmung
- Materielle Voraussetzungen
- Vorliegen eines „wichtigen Grundes“
- Evidenz- und Willkürkontrolle
Zulässigkeit (Organstreitverfahren)
Zuständigkeit (Art. 94 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG)
Parteifähigkeit, teilw.: Beteiligtenfähigkeit (Art. 94 I Nr. 1, § 63 BVerfGG)
Antragssteller: Abgeordnete/r
Fraglich ist, ob Abgeordnete „Teile“ des Organs „Bundestag“ i.S.d. § 63 BVerfGG sind.
Sind einzelne Bundestagsabgeordnete parteifähig im Organstreitverfahren?
§ 63 BVerfGG nennt als parteifähig: Oberste Bundesorgane wie u.a. den Bundestag, sowie „Teile dieser Organe“. Fraglich ist, ob einzelne Abgeordnete hierunter subsummierbar sind.
- e.A. einzelne Abgeordnete sind Teile des Bundestages
(pro) Wortlaut: Einzelner ist Teil des Ganzen. - Rspr. (BVerfGG) Nur „ständige Gliederungen“ (wie Fraktionen) sind Teile des Bundestages
(pro) Systematik: § 22 I 2 BVerfGG sagt, dass „Teile“ von gesetzgebenden Körperschaften, wie dem Bundestag, sich von ihren Mitgliedern vertreten lassen können, sodass begrifflich „Teile“ mehr sind als einzelne Mitglieder.
In jedem Fall sind einzelne Abgeordnete „andere Beteiligte“ i.S.v. Art. 94 I Nr. 1 HS 2 GG, die - z.B. in Art. 38 I 2 GG - mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Art. 94 GG ist als ranghöhere Norm maßgebend (lex superior-Grundsatz) mit der Folge der verfassungskonformen Auslegung des § 63 BVerfGG als lediglich beispielhaft.
Antragsgegnerin: Fraktion
Fraktionen sind in der GOBT (z.B. in §§ 12, 26, 35, 76, 101) mit eigenen Rechten ausgestattet.
Sie sind ständig vorhandene Gliederungen des Bundestages und somit gem. § 63 BVerfGG taugliche Antragsgegner.
Sie sind auch andere Beteiligte i.S.v. Art. 94 I Nr. 1 HS 2 GG.
Antragsgegenstand, teilw. Streitgegenstand (§ 64 I BVerfGG)
- Tauglicher Antrgsgegenstand ist gem. § 64 I BVerfGG jede „Maßnahme oder Unterlassung“
- BVerfG: Nur „rechtserhebliche“ Maßnahmen oder Unterlassungen (ungeschriebene Voraussetzung)
Rechtserheblich = Geeignet, die Rechtsstellung des Antragstellers zu beeinträchtigen
- Ein Fraktionsausschluss würde die Rechtsstellung von Abgeordneten beeinträchtigen, da deren Rechte ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion abhängen, z.B.:
- Anteilige Verteilung der Redezeit (§ 35 GOBT)
- Gesetzesentwürfe (§§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
- Große Anfragen (§§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
- Kleine Anfragen (§ 75 III GOBT)
- Änderungsanträge zu Gesetzen (§ 85 I GOBT)
- Anrufung des Vermittlungsausschusses (§ 89 GOBT)
- Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)
Handelt es sich um eine verfassungsrechtlich rechtserhebliche oder um eine rein privatrechtliche Streitigkeit?
- e.A. Rein verfassungsrechtlich
(pro) Systematik: § 55 I AbgG: „Die Fraktionen wirken an der Erfüllung der Aufgaben des Deutschen Bundestages mit.“, sie haben mithin Teil an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt; Fraktionen sind nach h.M. ‚Teile des Organs‘ Bundestag nach § 63 BVerfGG. - a.A. Rein privatrechtlich
(pro) Systematik: § 54 III AbgG: „Die Fraktionen sind nicht Teil der öffentlichen Verwaltung; sie üben keine öffentliche Gewalt aus.“; § 10 IV, V PartG, § 13 GVG: Für Klagen gegen einen Parteiausschluss steht der Zivilrechtsweg offen. - h.M. (BVerfG) Doppelfunktion der Fraktionen; nur arbeitsrechtliche Fragen sind dem Privatrecht zuzuordnen
(pro) Vermittelnde Ansicht
Antragsbefugnis (§ 64 I BVerfGG)
Antragsteller muss (1.) in einem „durch das Grundgesetz übertragenen“, (2.) eigenen („er oder das Organ, dem er angehört“) Recht (3.) durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung möglicherweise „verletzt oder unmittelbar gefährdet“ sein (§ 64 I BVerfGG).
Durch das GG übertragenes Recht
Auf welche Rechte können Abgeordnete sich in Bezug auf den Fraktionsausschluss berufen?
- Rechte aus Fraktions-GO oder GOBT: (–) da kein Verfassungsrecht
- Recht aus Art. 21 GG
- h.M. (–) Keine Berufung auf Art. 21 GG möglich
(pro) Wortlaut: Keine rechtlich normierte Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG weiter zu verstehen, gibt kein spezifisches Recht bei spezifischen Institutionen des BT mitzuwirken
(pro) Systematik: Abgeordnete sind nach Art. 38 I 2 HS 1 GG „Vertreter des ganzen Volkes“ und nicht nur der Partei; erhalten nach Listenwahl eigene Rechtsstellung (Systematik) - a.A. (+) Berufung auf Art. 21 GG möglich
(pro) Telos: Enge faktische Verbindung zwischen Fraktion und Partei; Mitwirkung an der „politischen Willensbildung“ i.S.d. Art. 21 I 1 GG erfolgt insb. über die Arbeit der Fraktionen im BT
- h.M. (–) Keine Berufung auf Art. 21 GG möglich
- Recht aus Art. 38 I 2 GG
- e.A. (–) Keine Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
(pro) Telos: Fraktionsbildung ist freiwilliger Zusammenschluss aus dem Willen freiwilliger Kooperation heraus; keine Rechtspflicht hierzu - h.M. (+) Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
(pro) Systematik: Fraktionsbildung verschafft mehr Rechte (z.B. Stimme in Ausschüssen, § 57 II 1, GOBT; Redezeit, § 35 I GOBT; …)
(pro) Telos: Fraktionsbildung dient der parlamentarischen Willensbildung (sog. „Mediatisierung“ durch Fraktionen) - Recht auf Aufnahme/Verbleib als Korrelat zu dieser Funktion
- e.A. (–) Keine Berufung auf Art. 38 I 2 GG möglich
Eigenes Recht
Das Recht aus Art. 38 I 2 GG (h.M., s.o.) steht gerade einem jeden einzelnen Abgeordneten zu.
Möglichkeit der Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie) / unmittelbaren Rechtsgefährdung durch die Maßnahme oder Unterlassung
Im Unterschied zur Begründetheit ist keine vollständige Prüfung einer Rechtsverletzung nötig. Diese muss jedoch zumindest möglich erscheinen (Möglichkeitstheorie). Das Merkmal dient der Aussonderung ganz offensichtlich unbegründeter Fälle.
Hier auf die unter III. bezeichnete Maßnahme / Unterlassung abstellen und auf das gleiche Recht (Art. 38 I 2 GG) wie in der Begründetheit (s.u.).
Möglichkeit der Verletzung = Diese ist nicht von vornherein, unter jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (Möglichkeitstheorie)
Unmittelbare Rechtsgefährdung = Solch sachliche und zeitliche Konkretisierung, dass ohne Eingreifen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verletzung eintreten wird
Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
Kein leichterer / schnellerer Weg zur außergerichtlichen Durchsetzung der dargelegten Rechte, z.B. durch eigenes Handeln in anderen Verfahren wie parteiinterne Schlichtung.
Form (§§ 23 I, 64 II BVerfGG)
- Schriftform (§ 23 I 1 BVerfGG)
- Begründung unter Bezeichnung der möglicherweise verletzten GG-Norm (§§ 23 I 2, 64 II BVerfGG)
Frist, § 64 III BVerfGG
- Sechs Monate nach Kenntnis von der beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung (§ 64 III BVerfGG)
- Berechnung nach §§ 187 ff. BGB
Begründetheit
Der Antrag ist begründet, soweit der Fraktionsausschluss gegen das Grundgesetz verstößt.
Gewährleistungsinhalt
Verweis auf Zulässigkeitsprüfung (A. IV. 1. oben). Siehe ausführlich hierzu auch die Übersicht: Abgeordnetenrechte.
Beeinträchtigung
Die tatsächlichen Rechte eines Abgeordneten hängen ganz maßgeblich von der Mitgliedschaft in einer Fraktion ab, z.B.:
- Anteilige Verteilung der Redezeit (vgl. § 35 GOBT)
- Gesetzesentwürfe (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I a) GOBT)
- Große Anfragen (vgl. §§ 76 I i.V.m. § 75 I f) GOBT)
- Kleine Anfragen (vgl. § 75 III GOBT)
- Änderungsanträge zu Gesetzen (vgl. § 85 I GOBT)
- Anrufung des Vermittlungsausschusses (vgl. § 89 GOBT)
- Insb.: Stimmrecht in Ausschüssen (BVerfGE 80, 188)
Daher stellt ein Fraktionsausschuss auch eine Beeinträchtigung der Abgeordnetenrechte aus Art. 38 I 2 GG dar.
Können auch Private/Parteien in die Rechte der Abgeordneten eingreifen?
- e.A.: (-) Nein
(pro) Grds. können nur staatliche Hoheitsträger eingreifen - h.M.: (+) Ja
(pro) Wortlaut Art. 38 I 2 GG: Frei von (jeglichen) Aufträgen o. Weisungen; Systematik: Art. 48 II 2 GG zeigt (als spezielle Ausprägung von Art. 38 I 2 GG), dass das Mandat auch vor Privaten geschützt wird.
Rechtfertigung
Rechtsgrundlage
Welche Rechtsgrundlage kommt für den Fraktionsausschluss in Betracht?
- e.A. § 10 GOBT
(con) Wortlaut: Nur Bildung und nicht Ausschluss geregelt; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht - a.A. § 10 IV, V PartG
(con) Wortlaut: Geltung nur für Parteien und nicht für Fraktionen; Systematik: Nur Binnenrecht und kein Verfassungsrecht - h.M. Art. 38 I 2 GG
(pro) Telos: Recht der anderen Fraktionsmitglieder auf Effektivierung ihres Mandats durch funktionierende Fraktionszusammenarbeit
Formelle Voraussetzungen
Zuständigkeit
Fraktionsversammlung, nicht nur der Vorstand
Verfahren
Antrag
Durch Fraktionsvorstand oder aus der Mitte der Fraktion
Anhörung
Schriftliche Ankündigung des Ausschlusses, Anhörung des Abgeordneten & Gelegenheit zur Stellungnahme und Weiterleitung dieser an die gesamte Fraktion.
Sitzung und Abstimmung
- Rechtzeitige Ladung unter Angabe des geplanten Fraktionsausschlusses als Grund
- (Zumindest Gelegenheit zur) Anwesenheit in der Ausschlusssitzung (str.)
- Abstimmung
- Geheime Abstimmung (str.)
- Einfache Mehrheit (str.; a.A.: 2/3 Mehrheit)
Materielle Voraussetzungen
Vorliegen eines „wichtigen Grundes“
Aufgrund der Freiheit des Mandats (Art. 38 I 2 HS 2 GG) und des sich daraus ableitenden grundsätzlichen Verbotes des Fraktionszwangs ist ein „wichtiger Grund“ erforderlich. Da es sich beim Fraktionsausschluss somit nicht um eine Strafmaßnahme für vergangenes Verhalten handeln darf, muss aufgrund vergangenen Verhaltens erkennbar sein, dass keine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist (Prognose).
Anerkannt als wichtige Gründe sind:
- Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört
- Keine politische Übereinstimmung mehr
- Arbeit der Fraktion wird durch den Abgeordneten ineffektiv oder aufwendiger
- Einheitliches Auftreten der Fraktion nach Außen nachhaltig gestört (str.; wohl nicht bereits bei einzelner Abstimmung „gegen die Fraktion“ oder unliebsamer Wortmeldung im BT; hier oft Unterscheidung in zulässige Fraktionsdisziplin und unzulässigen Fraktionszwang)
Evidenz- und Willkürkontrolle
Der Fraktion kommt dabei ein eigener Ermessensspielraum zu, das BVerfG beschränkt sich auf eine Evidenz- und Willkürkontrolle. Dabei wird insb. untersucht:
- Zutreffende Tatsachen
- Erhebliche Tatsachen (h.M.: auch außerparlamentarisches Verhalten, nicht rein privates, gänzlich unpolitisches)
- Keine Ermessensfehler: Insb. Verhältnismäßigkeit – z.B. Abmahnung ausreichend?