BGB
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in § 312k BGB

BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches RechtSchuldrecht

Schuldrecht AT

(1) Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach dieser Vorschrift. Dies gilt nicht
1.
für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist, und
2.
in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen.
(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die
1.
den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen
a)
zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,
b)
zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,
c)
zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,
d)
zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,
e)
zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und
2.
eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.
(3) Der Verbraucher muss seine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern können, dass erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde.
(4) Der Unternehmer hat dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen. Es wird vermutet, dass eine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung dem Unternehmer unmittelbar nach ihrer Abgabe zugegangen ist.
(5) Wenn der Verbraucher bei der Abgabe der Kündigungserklärung keinen Zeitpunkt angibt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll, wirkt die Kündigung im Zweifel zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
(6) Werden die Schaltflächen und die Bestätigungsseite nicht entsprechend den Absätzen 1 und 2 zur Verfügung gestellt, kann ein Verbraucher einen Vertrag, für dessen Kündigung die Schaltflächen und die Bestätigungsseite zur Verfügung zu stellen sind, jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die Möglichkeit des Verbrauchers zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt.
Source: BMJ
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Vorliegen einer Willenserklärung

ZivilrechtBürgerliches RechtBGB AT

Prüfungsschema zu den objektiven (Erklärung, Rechtsbindungswille) und subjektiven Voraussetzungen (Handlungswille, potenzielles Erklärungsbewusstsein) für das Vorliegen einer Willenserklärung.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Objektiver / äußerer Tatbestand
  3. Objektive Erklärung
  4. Objektive Kundgabe eines Rechtsbindungswillen
  5. Ermittlung durch Auslegung
  6. Auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet
  7. Rechtsbindungswille
  8. Notwendiger Mindestgehalt (essentialia negotii)
  9. Subjektiver / innerer Tatbestand
  10. Handlungswille
  11. (Potenzielles) Erklärungsbewusstsein
  12. Geschäftswille (= subj. Rechtsbindungswille) nicht erforderlich

 

Im Rahmen eines Rechtsgutachtens ist auf die folgenden Punkte jeweils nur einzugehen, wenn deren Vorliegen problematisch erscheint.

Objektiver / äußerer Tatbestand

Objektive Erklärung

  • Es muss ein objektiv erkennbares Verhalten vorliegen.

    • Erklärung kann ausdrücklich erfolgen.
      Bsp.: Käufer erklärt, er möchte eine Saftpresse für 49 € kaufen.
    • Erklärung kann konkludent, d.h. durch schlüssiges Handeln, erfolgen.
      Bsp.: V nickt auf das Kaufangebot des K und packt die Ware ein.

  • Schweigen stellt grundsätzlich keine Erklärung dar; nur ausnahmsweise und unter besonderen Umständen kann dennoch eine Erklärung angenommen werden; z.B. in folgenden Fällen:
    • Vereinbarung, dass Schweigen als Erklärung gelten soll (siehe auch § 308 Nr. 5 BGB)
    • Schweigen bei Abstimmungen nach Aufforderung zu Gegenstimmen
    • Schweigen bei Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675g II BGB)
    • Schweigen bei etablierter Geschäftspraxis zwischen den Parteien, dass dies als Annahme gilt
    • bei reiner Vorteilhaftigkeit des anzubahnenden Rechtsgeschäfts
    • bei geringfügiger Abweichung von einem Angebot (s. aber § 150 II BGB)
    • Duldungsvollmacht
    • Schweigen nach kaufmännischem Bestätigungsschreiben (s. § 346 HGB)
    • Schweigen des Kaufmannes auf einen Geschäftsbesorgungsantrag (§ 362 HGB)

 

 

Objektive Kundgabe eines Rechtsbindungswillen

Ermittlung durch Auslegung

Der Inhalt einer Willenserklärung ist im Zweifel zunächst im Rahmen der Auslegung zu ermitteln.

  • Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist grundsätzlich gem. §§ 133, 157 BGB auf den verobjektivierten Empfängerhorizont abzustellen. Entscheidend ist, wie ein objektiver Dritter in der Situation des Empfängers die Erklärung verstanden hätte. Ein tatsächlich abweichender Wille des Erklärenden bleibt außer Acht. §§ 133, 157 BGB werden hierbei trotz ihres unterschiedlichen Regelungsgehalts als einheitlicher Auslegungsmaßstab verstanden.
  • Bei nicht-empfangsbedürftigen Willenserklärungen (z.B. Auslobung gem. § 657 BGB, Testament gem. § 1937 BGB) ist allein auf den wahren Willen abzustellen. Auslegungsmaßstab ist insofern § 133 BGB.
  • In besonderen Fällen gelten besondere Auslegungsmaßstäbe. Näher zur Auslegung die Übersicht: Auslegung von Willenserklärungen

 

Auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet

Rechtsbindungswille

Der durch Auslegung ermittelte, verobjektivierte Erklärungsgehalt muss auf die willentliche Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet sein (Rechtsbindungswille). Unerheblich ist, ob ein entsprechender Wille auch tatsächlich (subjektiv) vorlag.

  • Rechtsbindungswille bei Gefälligkeiten: Hier ist regelmäßig im Rahmen der Auslegung (s.o.) zu ermitteln, ob ein Rechtsbindungswille vorliegt. Das Fehlen einer Gegenleistung schließt eine rechtliche Bindung nicht aus (s. z.B. §§ 516, 598, 662 BGB) kann aber als Indiz gegen einen Rechtsbindungswillen sprechen. Als weitere Indizien können Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung der Angelegenheit herangezogen werden.

  • Rechtsbindungswille bei invitatio ad offerendum: Hier lädt der Erklärende den Empfänger lediglich zur Abgabe einer Willenserklärung ein. Ob lediglich eine invitatio ad offerendum oder ein rechtlich bindendes Angebot vorliegt, ist im Rahmen der Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist, ob ein Rechtsbindungswille vorlag. Gegen einen solchen Willen kann sprechen, dass der Erklärende über Vertragspartner oder Anzahl der abzuschließenden Verträge erst noch entscheiden wollte, z.B. um nicht an Konkurrenten zu verkaufen, oder um die Deckung durch den Warenbestand oder bei Vorleistung die Kreditwürdigkeit des Käufers zu überprüfen.

 

Notwendiger Mindestgehalt (essentialia negotii)

Die Erklärung muss alle für die Herbeiführung der Rechtsfolge notwendigen Merkmale (essentialia negotii) umfassen. Bei Verträgen müssen regelmäßig Vertragspartner, Leistung und Gegenleistung zu ermitteln sein.

  • Die essentialia negotii müssen nicht ausdrücklich bestimmt sein. Ausreichend ist, dass diese ggf. unter Heranziehung von weiteren Kriterien (z.B. Börsenpreis, Taxameterstand) bestimmbar sind.
  • Möglich ist auch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (§ 345 BGB)
  • Ein Angebot kann sich auch an unbestimmte Personen richten (offerta ad incertas personas), wenn im Einzelfall ein entsprechender Rechtsbindungswille durch Auslegung ermittelt werden kann.
    Bsp.: Aufstellung eines Süßigkeitenautomaten.

 

 

Subjektiver / innerer Tatbestand

Handlungswille

Handlungswille = Das Bewusstsein, überhaupt zu handeln.

  • Fehlt nur im Ausnahmefall, z.B. bei Handlungen im Schlaf, unter Hypnose, bei Bewusstlosigkeit oder bei willensbrechender Gewalt (vis absoluta).
  • Folge bei Fehlen: Handlungswille ist konstitutive Voraussetzung; ohne Handlungswille liegt keine Willenserklärung vor.

 

(Potenzielles) Erklärungsbewusstsein

Erklärungsbewusstsein = Das Bewusstsein, irgendeine rechtserhebliche Handlung vorzunehmen. Auf die Kenntnis der konkreten Folgen kommt es nicht an.

  • Fehlt, wenn Erklärender die Rechtserheblichkeit seiner Handlung verkennt. Bsp.: E hebt in der Weinversteigerung die Hand, um Freunde zu grüßen und verkennt, dass er damit ein Gebot abgibt.
  • Folge bei Fehlen: umstritten (s. Problembox)

Ist das Erklärungsbewusstsein konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung?

  • e.A. Erklärungstheorie: (–) Nein
    Bloße obj. Erklärung genügt; aber Anfechtung analog § 119 I Var. 2 BGB, wenn subj. Erklärungsbewusstsein fehlt.
    (pro) Empfänger kann Vorliegen des Erklärungsbewusstseins nicht erkennen, Wirksamkeit sollte daher von weiterer Erklärung gegenüber dem Empfänger abhängen; Systematik: Schutz des Erklärungsempfängers durch Ersatz des Vertrauensschadens gem. § 122 I BGB nach Anfechtung.
    (con) Vertragliche Bindung erfolgt gegen den Willen des Erklärenden.

  • a.A. Willenstheorie: (+) Ja
    Subj. Erklärungsbewusstsein ist stets erforderlich
    (pro) Systematik: Privatautonomie erfordert Anknüpfung an Willen rechtserheblich zu handeln; auch eine Scherzerklärung ist gem. § 118 BGB nichtig; Schutz des Erklärungsempfängers durch Ersatz des Vertrauensschadens gem. § 122 I BGB analog (es liegt ja keine Anfechtungssituation, sondern Nichtigkeit vor).
    (con) Empfänger kann das Vorliegen des Erklärungsbewusstseins nicht erkennen.

  • h.M. Lehre vom potenziellen Erklärungsbewusstsein: (+/-) Differenzierend
    Es ist nicht notwendigerweise tatsächliches, aber zumindest potenzielles Erklärungsbewusstsein erforderlich; d.h. der Erklärende muss die Rechtserheblichkeit gekannt oder wenigstens fahrlässig verkannt haben.
    (pro) Telos: Teilnahme am Rechtsverkehr erfordert Sorgfalt; Erklärender bei Fahrlässigkeit weniger schutzwürdig als Erklärungsempfänger.
    (con) Systematik: Knüpft vertragliche Bindung an Fahrlässigkeit statt an Willensakt.

 

Geschäftswille (= subj. Rechtsbindungswille) nicht erforderlich

Geschäftswille = Der Wille, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.

  • Fehlt, wenn ein Irrtum über die bestimmten Konditionen (insb. essentialia negotii) des Rechtsgeschäfts vorliegt.
  • Folge bei Fehlen: Ein Geschäftswille ist für das Vorliegen einer Willenserklärung nicht erforderlich.  Bei Auseinanderfallen von äußerem Rechtsbindungswillen (s.o.) und tatsächlichem Geschäftswillen kommt aber regelmäßig eine Anfechtung gem. §§ 119, 120, 123 BGB in Betracht.

 

 

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