BGB
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in § 312g BGB

BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches RechtSchuldrecht

Schuldrecht AT

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.
(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:
1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.
(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.
Source: BMJ
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Herausgabeanspruch (§ 985 BGB)

ZivilrechtBürgerliches RechtSachenrecht

Prüfungsschema zum Herausgabeanspruch (§ 985 BGB): Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, sofern dieser nicht gem. § 986 BGB zum Besitz berechtigt ist. Man spricht in diesem Fall von einem sog. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV) oder auch von einer sog. Vindikationslage. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Streitbefangener Gegenstand ist Sache
  3. Anspruchssteller ist Eigentümer
  4. Anspruchsgegner ist Besitzer 
  5. Kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB)
  6. Vorliegen eines Besitzrechtsverhältnisses
  7. Dingliche Besitzrechte
  8. Schuldrechtliche o.a. relative Besitzrechte 
  9. Sonderfälle: Vindikationslage trotz grundsätzlichen Besitzrechtsverhältnisses
  10. Der „nicht-so-berechtigte“-Besitzer (str.)
  11. Der „nicht-mehr-berechtigte“-Besitzer

 

 

Eine zentrale und hoch klausurrelevante Besonderheit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (EBV) besteht in dessen grundsätzlicher Ausschlussfunktion / Sperrwirkung für andere Ansprüche zwischen Eigentümern und Besitzern (insb. aus GoA, Deliktsrecht, Bereicherungsrecht).

Grund hierfür ist der Anspruch der §§ 987 ff. BGB, die Rechte zwischen Eigentümer und Besitzer abschließend zu regeln. Dies dient insb. dem Schutz des gutgläubigen, redlichen (d.h. unverklagten) Besitzers, der nach den §§ 987 ff. BGB nur sehr eingeschränkt haftet. 

Beachte jedoch, dass die h.M. von dieser grundsätzlichen Ausschlussfunktion eine Reihe von Ausnahmen für Fälle vorsieht, in denen diese Privilegierung nicht gerechtfertigt ist (Fremdbesitzerexzess, Rechtsfortwirkungsansprüche…). Die Anwendbarkeit anderer nicht-vertraglicher Anspruchsgrundlagen muss dann jedoch einleitend gesondert begründet werden.

 

Streitbefangener Gegenstand ist Sache

Der streitbefangene Gegenstand muss eine Sache i.S.d § 90 BGB sein. Dazu zählen bewegliche und unbewegliche Sachen.

 

 

Anspruchssteller ist Eigentümer

Der Anspruchsteller muss Eigentümer sein.

Beachte dabei die grundsätzliche Eigentumsvermutung des § 1006 BGB für bewegliche Sachen und des § 891 BGB für Grundstücke.

Eigentümer ist aber z.B. auch der i.d.R. besitzlose Sicherungseigentümer

Bei der Prüfung der Eigentümerstellung bietet sich eine chronologische Herangehensweise an, bei der vom letzten unstreitigen Eigentümer her begonnen wird.

 

 

Anspruchsgegner ist Besitzer 

Der Anspruchsgegner muss zum Zeitpunkt der Anspruchsstellung Besitzer der Sache sein.

Nach früher heftig umstrittener, heute jedoch herrschender Meinung kann dieser jede Art von Besitzstellung innehaben, also sowohl unmittelbaren Besitz nach § 854 BGB, als auch mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) oder fingierten Besitz (z.B. Erbenbesitz, § 857 BGB). Nach h.M. nicht Anspruchsgegner sein kann der Besitzdiener, sondern hier wegen des Wortlautes des § 855 BGB nur der Besitzherr.

Je nach Art des Besitzes können sich jedoch unterschiedliche Rechtsfolge des Anspruchs ergeben. Der Anspruch gegenüber dem mittelbaren Besitzer kann sich beispielsweise wahlweise auf die Herausgabe der Sache oder auf die Übertragung des mittelbaren Besitzes (nach § 870 BGB) richten.

 

 

Kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB)

Der Anspruchsgegner darf kein Recht zum Besitz haben (§ 986 BGB).

 

Sind die Besitzrechtsverhältnisse Einwendungen oder Einreden (im Sinne des materiellen Rechts)?

Siehe allgemein zum Unterschied die Übersicht: Rechtshindernde Einwendungen, rechtsvernichtende Einwendungen und rechtshemmende Einwendungen (Einreden).

  • m.M.: Einreden (i.S.d. materiellen Rechts = rechtshemmende Einwendungen)
    (pro) Wortlaut des § 986 I 1 BGB: „kann [...] verweigern“.
    Prüfung erfolgt nur, wenn sie vom Schuldner im Prozess eingebracht werden.

  • h.M.: Einwendungen
    (pro) Wortlaut der Überschrift: „Einwendungen des Besitzers“; Systematik: Formulierung „Der Anspruch ist ausgeschlossen“ in den §§ 1004 II und 1007 III BGB. 
    Prüfung erfolgt vom Amts wegen auf Grundlage des Vortrags des Schuldners.

 

 

Vorliegen eines Besitzrechtsverhältnisses

Dingliche Besitzrechte

Dingliche Besitzrechte wirken absolut gegenüber jedermann und somit stets auch gegenüber dem Eigentümer.

Beispiele: Nießbrauch (§ 1036 I BGB); Pfandrecht (§§ 1205 ff. BGB)

Konstituiert ein Anwartschaftsrecht ein (dingliches) Besitzrecht?

  • Rspr.: Besitzrecht (-)
    (pro) Systematik: Anwartschaftsrecht ist kein dingliches Recht - es ist vom Verpflichtungsgeschäft abhängig

  • h.L.: Besitzrecht (+)
    (pro) Systematik: Anwartschaftsberechtigter hat bereits das im Eigentum inbegriffene Besitz- und Nutzungsrecht erhalten; Anwartschaftsrecht ist somit „wesensgleiches Minus“ zum dinglichen Vollrecht 

 

Schuldrechtliche o.a. relative Besitzrechte 

Bei den schuldrechtlichen / obligatorischen oder sonstigen relativen Besitzrechten ist grds. zusätzlich zu untersuchen, ob diese auch gerade dem Eigentümer gegenüber gelten.

  • Vertrag
    Insbesondere: Miete, Pacht, Leihe, Kauf

  • Familienrecht
    Recht zum Besitz jedes Ehegatten am Hausrat des Partners, vgl. § 1353 BGB

  • Echte berechtigte GoA (nicht etwa echte nichtberechtigte GoA)

 

Konstituiert ein Zurückbehaltungsrecht (z.B. §§ 273, 1000 BGB) ein obligatorisches Besitzrecht?

  • e.A.: Besitzrecht (+)
    (pro) Systematik: Auch Zurückbehaltungsrechte erlauben es dem Besitzer, die Sache zu behalten.

  • h.M.: Besitzrecht (-)
    (pro) Systematik: Ein Zurückbehaltungsrecht ist nicht lediglich Recht zum Besitz (da keine Einwendung, wie § 986 BGB dies nach h.M. ist), sondern selbstständiges Gegenrecht (Einrede); ein Zurückbehaltungsrecht hat i.d.R. eine andere Rechtsfolge als ein Recht zum Besitz (z.B. nach § 274 BGB nur die Erfüllung Zug-um-Zug).

 

Sonderfälle: Vindikationslage trotz grundsätzlichen Besitzrechtsverhältnisses

Der „nicht-so-berechtigte“-Besitzer (str.)

Hat der „nicht-so-berechtigte“-Besitzer ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB?

Fraglich ist, ob ein Besitzer, der sein Besitzrecht inhaltlich überschreitet, weiterhin ein Besitzrecht innehat.

Beispiel: A verleiht sein Motorrad an B, sodass dieser den Sommer über damit fahren darf; B zerstört das Motorrad vorsätzlich

  • e.A.: (-) Nein, kein Besitzrecht mehr
    (pro) Das konkret ausgeübte Besitzrecht ist nicht vom normativen Recht zum Besitz umfasst.

  • h.M.: (+) Ja, weiterhin bestehendes Besitzrecht
    Das Recht zum Besitz bleibt grundsätzlich bestehen.
    (pro) Systematik: Der Eigentümer ist durch vertragliche und deliktische Ansprüche ausreichend geschützt; die Haftungsprivilegien des berechtigten Besitzers wie z.B. § 606 BGB dürfen nicht durch §§ 987 ff. BGB unterlaufen werden.

 

Der „nicht-mehr-berechtigte“-Besitzer

Hat der „nicht-mehr-berechtigte“-Besitzer ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB?

Fraglich ist, ob ein Besitzer, der sein Besitzrecht zeitlich überschreitet, weiterhin ein Besitzrecht innehat.

Beispiel: A verleiht sein Motorrad an B, sodass dieser den Sommer über (bis Ende September) damit fahren darf; B gibt das Motorrad auch nach Ende September nicht zurück

  • e.A.: (+) Ja, weiterhin bestehendes Besitzrecht 
    (pro) Systematik: Der Eigentümer ist durch Rückabwicklungsvorschriften und deliktische Ansprüche hinreichend geschützt.

  • h.M.: (-) Nein, kein Besitzrecht mehr
    (pro) Systematik: Sonst bleibt § 985 BGB nur der Anwendungsbereich des unfreiwilligen Besitzverlustes, der bereits durch § 1007 II BGB geschützt ist.

 

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