BGB Bürgerliches Gesetzbuch
Schuldrecht AT
- 1.
- Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
- 2.
- Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
- 3.
- Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
- 4.
- Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
- 5.
- Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
- 6.
- Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
- 7.
- Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
- 8.
- Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
- 9.
- Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
- 10.
- Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
- 11.
- Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
- 12.
- Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
- 13.
- notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.
Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB)
Prüfungsschema für die Stellvertretung bei Willenserklärungen (z.B. bei Vertragsschluss). Erforderlich ist die Abgabe einer eigenen Willenserklärung, dies muss in fremdem Namen geschehen und der Stellvertreter muss mit Vertretungsmacht handeln. Die Vertretungsmacht kann sich aus Gesetz, Rechtsgeschäft oder Rechtsschein ergeben.
- Inhaltsverzeichnis
- Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung
- Eigene Willenserklärung
- Im fremden Namen
- Offenkundigkeitsprinzip
- Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht
- Mit Vertretungsmacht
- Gesetzliche Vertretungsmacht
- Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)
- Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)
- Form der Vollmacht
- Rechtsscheinvollmachten
- Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
- Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)
- Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)
- Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
- Duldungsvollmacht
- Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter
- Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
- Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
- Anscheinsvollmacht (str.)
- Anwendbarkeit
- Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
- Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
- Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
- Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)
- Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand
- Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
- Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
- Kein Erlöschen der Vollmacht
- Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht
- Umfang einer Vollmacht
- Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)
- Missbrauch der Vollmacht
- Rechtsfolgen
Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung
- Die Regeln über die Stellvertretung sind nur auf Willenserklärungen (WE) anwendbar, nicht aber auf Realakte wie die Übergabe. Hier kommen stattdessen Regelungen über mittelbaren Besitz, Besitzdienerschaft oder Geheißerwerb in Betracht. Siehe zur Unterscheidung die Übersicht: Rechtserhebliche Handlungen.
- Die Stellvertretung ist unzulässig bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften.
Beispiel: Eheschließung (§ 1311 BGB), Testament (§ 2064 BGB); Gesetz spricht dann meist von „persönlicher“ Abgabe der WE
Auf die Zulässigkeit der Stellvertretung ist im Rahmen eines Gutachtens nur einzugehen, sofern hieran Zweifel bestehen.
Eigene Willenserklärung
- Stellvertreter muss eine eigene WE abgeben, d.h. Stellvertreter hat eigenen Entscheidungsspielraum
- Anders der ≠ Bote, der nur eine fremde WE übermittelt. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont (siehe die Übersicht: Auslegung von WE bei § 133 BGB).
- Bei Anfechtung ist auf Irrtum/Täuschung des Vertreters abzustellen (≠ Bote)
- Stellvertreter muss mindestens beschränkt geschäftsfähig sein (§ 165 BGB; ≠Bote)
Im fremden Namen
Offenkundigkeitsprinzip
- WE muss erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben werden (Offenkundigkeitsprinzip).
- Person des Vertretenen kann sich auch aus den Umständen ergeben (§ 164 I 2 BGB); bei unternehmensbezogenen Geschäften ist regelm. davon auszugehen, dass der Unternehmensinhaber berechtigt und verpflichtet werden soll.
- Ausreichend ist die Bestimmbarkeit des Vertretenen.
- Ob Eigen- oder Fremdgeschäft vorliegt, ist durch Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont zu ermitteln (hierzu die Übersicht bei § 133 BGB); im Zweifel liegt ein Eigengeschäft vor (§ 164 II BGB).
Wer ist Vertragspartner bei Handeln unter fremden Namen?
-
Namenstäuschung
Beispiel: Gast checkt unter falschem Namen in Standard-Hotelzimmer ein und zahlt bar. Dem Hotel ist der Name des Gastes gleichgültig.
→ Geschäft des Handelnden, wenn die Nutzung des falschen Namens keine Fehlvorstellung über die Identität auslöst (h.M.). -
Identitätstäuschung
Beispiel: Gast checkt unter dem Namen eines Stammgastes in Senior-Suite ein und wird vom Personal für diesen gehalten.
→ Geschäft des Namensträgers, wenn Verwendung beim Adressaten zur falschen Vorstellung über die Identität führt (h.M.). Regelm. liegt Stellvertretung ohne Vertretungsmacht vor (s.u.).
Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht
Bei Bargeschäften des täglichen Lebens ist dem Vertragspartner die Person des Vertragsschließenden regelm. gleichgültig, sodass eine Offenlegung der Stellvertretung nicht erforderlich ist.
Mit Vertretungsmacht
Die WE wird dem Vertretenen zugerechnet, wenn Stellvertreter mit Vertretungsmacht gehandelt hat.
Gesetzliche Vertretungsmacht
Die Vertretungsmacht kann sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben.
Beispiele:
- Eltern vertreten ihre Kinder (§§ 1626, 1629 BGB)
- Ehepartner vertreten sich gegenseitig bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 BGB)
- Geschäftsführer vertritt die GmbH (§ 35 GmbHG); Vorstand vertritt die AG (§ 78 AktG); Gesellschafter vertreten OHG (§ 125 S. 1 HGB) oder GbR (§§ 714, 709 I BGB)
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)
Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)
- Vollmacht wird durch einseitige empfangsbedürftige WE gegenüb. Vertreter (Innenvollmacht, § 167 I Alt. 1 BGB) oder gegenüb. Geschäftspartner (Außenvollmacht, § 167 I Alt. 2 BGB) erteilt.
- Der Bevollmächtigte kann wiederum Untervollmachten erteilen, die über den Umfang seiner Vollmacht nicht hinausgehen können.
Form der Vollmacht
- Grundsätzliche Formfreiheit
Erteilung bedarf grds. keiner Form (§ 167 II BGB); kann auch konkludent erteilt werden.
Beispiel: Einstellung als Einkaufsleiter bevollmächtigt regelm. zum Abschluss von Einkäufen für das Unternehmen - Formerfordernisse
- Für bestimmte Vollmachten finden sich aber ausnahmsweise gesetzliche Formvorschriften vor (z.B. §§ 492 IV, 1484 II, 1945 III BGB, § 2 II GmbHG, §§ 134 III, 135 AktG, § 80 ZPO, § 12 HGB); daneben existieren auch formelle Formvorschriften (z.B. § 29 GBO); sofern Eintragungspflichten bestehen (z.B. § 53 I HGB, § 64 BGB) sind diese nur deklaratorisch.
- Die Vollmacht ist auch ausnahmsweise formbedürftig, wenn sich der Vertretene rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise bindet, wie durch die Vornahme eines formgebundenen Rechtsgeschäfts; dies ist insb. bei unwiderruflichen Vollmachten zur Vornahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte der Fall, sodass sich die Formvorschrift auf die Vollmachtserteilung erstreckt (zur Unwiderruflichkeit s.u.).
Rechtsscheinvollmachten
Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)
Gesetzlich geregelte Fälle eines zurechenbaren Rechtsscheintatbestandes:
- Die Vollmacht wurde durch Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner erteilt, der Widerruf diesem aber nicht angezeigt (§ 170 BGB).
- Die (tatsächliche oder vermeintliche) Vollmacht wurde durch besondere Mitteilung oder öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, aber nicht in derselben Weise widerrufen (§ 171 BGB).
- Dem Dritten wurde vom Vertreter eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die dem Vollmachtgeber nicht zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wurde (§ 172 BGB).
- Erlöschen einer eintragungspflichtigen Vertretungsmacht wird nicht ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 I HGB).
- Bestehen einer Vertretungsmacht wird unrichtiger Weise ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 III HGB).
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)
Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Erlöschen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).
Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.
Duldungsvollmacht
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter
Geschäftsherr kennt und duldet Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters trotz Verhinderungsmöglichkeit.
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).
Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.
Anscheinsvollmacht (str.)
Anwendbarkeit
Stellt die Anscheinsvollmacht einen rechtlich anerkannten Fall der Vertretungsmacht dar?
-
h.M.: (+) Anscheinsvollmacht anerkannt
(pro) Telos: Vertrauensschutz im Rechtsverkehr; Mangel für Erklärungsempfänger nicht erkennbar.
(pro) Systematik: Auch bei ‚potentiellem Erklärungsbewusstsein‘ reicht fahrlässiges Verhalten (nach h.M.) für Fiktion einer WE aus; §§ 170 – 172 BGB zeigen, dass fahrlässiges Verhalten zum (Fort-)Bestand einer Vollmacht führen können. -
a.A.: (-) Anscheinsvollmacht nicht anerkannt
(pro) Systematik:
-
-
Privatautonomie; anders als bei Duldungsvollmacht hier keine Anknüpfung an Willensakt des Vertretenen; Fahrlässigkeit stellt keine WE dar.
-
Bei §§ 170 – 172 BGB besteht Anlass für Vertretenen zu besondere Sorgfalt; hier nicht
-
Gesetzgeber hat in §§ 177-179 BGB Regelungen für Vertreter ohne Vertretungsmacht geschaffen, die Dritten schützen.
-
Sorgfaltspflichtverletzungen sind durch SE zu kompensieren; in Betracht kommt Schadensersatz wegen c.i.c. gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB; Haftung des Geschäftsherrn auf Vertrauensschaden beschränkt.
-
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
- Geschäftsherr kannte Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters nicht, hätte es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können.
- Auftreten von gewisser Dauer und Häufigkeit erforderlich (str..)
- Zurechnung, aufgrund von Fahrlässigkeit; a.A.: aufgrund Beherrschbarkeit der eigenen Risikosphäre.
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).
Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.
Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)
Str. ob neben o.g. Tatbeständen noch generelle Rechtsscheinshaftung in Betracht kommt; die h.M. wendet den die Grundsätze jedenfalls im kaufmännischen Rechtsverkehr an.
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand
Geschäftsherr setzt in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Vollmacht.
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).
Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.
Kein Erlöschen der Vollmacht
- Widerruf
- Die Vollmacht ist grds. jederzeit widerruflich; Widerruf durch einseitige empfangsbedürftige WE ebenso wie Erteilung gegenüb. dem Bevollmächtigten oder gegenüb. dem Geschäftspartner (§§ 168 S. 3, 167 I BGB).
- Sonderfall: Unwiderrufliche Vollmacht
-
- Vollmacht kann unwiderruflich erteilt werden (s. § 168 S. 2 BGB); h.M. fordert dann Erteilung durch Vertrag.
- Nur bei legitimem Interesse des Bevollmächtigten z.B. weil dieser Gegenleistung erbringt; nicht bei Generalvollmachten.
- Zum Formerfordernis bei Vollmacht zu formbedürftigen Rechtsgeschäften s.o.
- Anfechtung der Vollmacht
-
- Wegen der Widerruflichkeit kommt eine Anfechtung nur bei unwiderruflichen oder bereits ausgeübten Vollmachten in Betracht.
- Die Anfechtung einer unwiderruflichen Vollmacht ist nach Maßgabe der allgemeinen Regeln anfechtbar.
Ist die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht möglich?
-
e.A.: (-) Nein, die ausgeübte Innenvollmacht ist grds. nicht anfechtbar
Anfechtung nur möglich, wenn Mangel auf Vertretergeschäft durchschlägt.
(pro) Systematik: Geschäftspartner würde sonst Ansprüche gg. Vertretenen verlieren; Geschäftspartner steht auch kein Schadensersatz aus § 122 BGB zu, da dieser nicht Anfechtungsgegner ist; Telos: Geschäftspartner ist schutzwürdiger als Vertretener. -
h.M.: (+) Ja, die ausgeübte Innenvollmacht ist anfechtbar
(pro) Systematik: Geschäftspartner wird durch Anspruch gg. Vertreter nach § 179 BGB geschützt und erhält Anspruch gegen Vertretenen analog § 122 BGB; Gutgläubiger Vertreter kann sich bei Vertretenem durch Schadensersatzanspruch nach § 122 BGB schadlos halten.
Ist die Anfechtung von Rechtsscheinsvollmachten möglich?
-
e.A.: (-) Nein, keine Anfechtung möglich
(pro) Da die Erteilung nicht durch WE erfolgt, kommen Willensmängel nicht in Betracht -
a.A.: (+) Ja, Anfechtung möglich
(pro) Rechtsscheinsvollmacht soll nicht weiter reichen als tatsächliche Vollmacht.
Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht
Umfang einer Vollmacht
- Umfang der Vollmacht kann sich aus Gesetz ergeben oder vom Vertretenen bestimmt werden
- Häufige Formen der Vollmacht
-
- Generalvollmacht: berechtigt zur Vornahme sämtlicher Rechtsgeschäfte
- Spezialvollmacht: berechtigt zur Vornahme eines bestimmten Rechtsgeschäfts
- Prokura: gesetzlicher Umfang nach §§ 49 HGB
- Handlungsvollmacht: gesetzliche Regelungen in § 54 HGB
- Abschlussvertreter: gesetzliche Regelungen in § 55 HGB
- Angestellte in Laden oder Warenlager: gesetzliche Regelungen in § 56 HGB
Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)
- Stellvertreter kann Vertrag im Namen des Vertretenen nicht mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten schließen, sofern Vertretener dies nicht gestattet hat
- Beschränkung des § 181 BGB findet keine Anwendung (teleologische Reduktion), wenn Rechtsgeschäft für Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist
Missbrauch der Vollmacht
- Keine Wirkung der Vollmacht, wenn Überschreiten der Vollmacht für Vertragspartner offensichtlich war (Evidenz, § 242 BGB)
- Keine Wirkung der Vollmacht bei kollusivem Zusammenwirken von Vertreter und Geschäftspartner (§ 138 I BGB, a.A. § 177 I BGB)
Rechtsfolgen
Die Willenserklärung des Stellvertreters wird dem Vertretenen zugerechnet.