BGB
References
in § 312 BGB

BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches RechtSchuldrecht

Schuldrecht AT

(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.
(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.
(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:
1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.
(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:
1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.
(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.
(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.
(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.
(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.
(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.
Source: BMJ
Imported:

Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB)

ZivilrechtBürgerliches RechtBGB AT

Prüfungsschema für die Stellvertretung bei Willenserklärungen (z.B. bei Vertragsschluss). Erforderlich ist die Abgabe einer eigenen Willenserklärung, dies muss in fremdem Namen geschehen und der Stellvertreter muss mit Vertretungsmacht handeln. Die Vertretungsmacht kann sich aus Gesetz, Rechtsgeschäft oder Rechtsschein ergeben.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung
  3. Eigene Willenserklärung
  4. Im fremden Namen
  5. Offenkundigkeitsprinzip
  6. Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht
  7. Mit Vertretungsmacht
  8. Gesetzliche Vertretungsmacht
  9. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)
  10. Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)
  11. Form der Vollmacht
  12. Rechtsscheinvollmachten
  13. Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
  14. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)
  15. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)
  16. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  17. Duldungsvollmacht
  18. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter
  19. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  20. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  21. Anscheinsvollmacht (str.)
  22. Anwendbarkeit
  23. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
  24. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  25. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  26. Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)
  27. Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand
  28. Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners
  29. Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts
  30. Kein Erlöschen der Vollmacht
  31. Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht
  32. Umfang einer Vollmacht
  33. Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)
  34. Missbrauch der Vollmacht
  35. Rechtsfolgen

 

Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Stellvertretung

  • Die Regeln über die Stellvertretung sind nur auf Willenserklärungen (WE) anwendbar, nicht aber auf Realakte wie die Übergabe. Hier kommen stattdessen Regelungen über mittelbaren Besitz, Besitzdienerschaft oder Geheißerwerb in Betracht. Siehe zur Unterscheidung die Übersicht: Rechtserhebliche Handlungen.
  • Die Stellvertretung ist unzulässig bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften.
    Beispiel: Eheschließung (§ 1311 BGB), Testament (§ 2064 BGB); Gesetz spricht dann meist von „persönlicher“ Abgabe der WE

Auf die Zulässigkeit der Stellvertretung ist im Rahmen eines Gutachtens nur einzugehen, sofern hieran Zweifel bestehen.

 

Eigene Willenserklärung

  • Stellvertreter muss eine eigene WE abgeben, d.h. Stellvertreter hat eigenen Entscheidungsspielraum
  • Anders der ≠ Bote, der nur eine fremde WE übermittelt. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont (siehe die Übersicht: Auslegung von WE bei § 133 BGB).
  • Bei Anfechtung ist auf Irrtum/Täuschung des Vertreters abzustellen (≠ Bote) 
  • Stellvertreter muss mindestens beschränkt geschäftsfähig sein (§ 165 BGB; ≠Bote)

 

Im fremden Namen

Offenkundigkeitsprinzip

  • WE muss erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben werden (Offenkundigkeitsprinzip).
  • Person des Vertretenen kann sich auch aus den Umständen ergeben (§ 164 I 2 BGB); bei unternehmensbezogenen Geschäften ist regelm. davon auszugehen, dass der Unternehmensinhaber berechtigt und verpflichtet werden soll.
  • Ausreichend ist die Bestimmbarkeit des Vertretenen.
  • Ob Eigen- oder Fremdgeschäft vorliegt, ist durch Auslegung nach verobjektiviertem Empfängerhorizont zu ermitteln (hierzu die Übersicht bei § 133 BGB); im Zweifel liegt ein Eigengeschäft vor (§ 164 II BGB).

Wer ist Vertragspartner bei Handeln unter fremden Namen?

  • Namenstäuschung
    Beispiel: Gast checkt unter falschem Namen in Standard-Hotelzimmer ein und zahlt bar. Dem Hotel ist der Name des Gastes gleichgültig.
    → Geschäft des Handelnden, wenn die Nutzung des falschen Namens keine Fehlvorstellung über die Identität auslöst (h.M.).

  • Identitätstäuschung
    Beispiel: Gast checkt unter dem Namen eines Stammgastes in Senior-Suite ein und wird vom Personal für diesen gehalten.
    → Geschäft des Namensträgers, wenn Verwendung beim Adressaten zur falschen Vorstellung über die Identität führt (h.M.). Regelm. liegt Stellvertretung ohne Vertretungsmacht vor (s.u.).

 

Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip: Geschäft für den, den es angeht

Bei Bargeschäften des täglichen Lebens ist dem Vertragspartner die Person des Vertragsschließenden regelm. gleichgültig, sodass eine Offenlegung der Stellvertretung nicht erforderlich ist.

 

Mit Vertretungsmacht

Die WE wird dem Vertretenen zugerechnet, wenn Stellvertreter mit Vertretungsmacht gehandelt hat.

 

Gesetzliche Vertretungsmacht

Die Vertretungsmacht kann sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben.

Beispiele:

  • Eltern vertreten ihre Kinder (§§ 1626, 1629 BGB)
  • Ehepartner vertreten sich gegenseitig bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 BGB)
  • Geschäftsführer vertritt die GmbH (§ 35 GmbHG); Vorstand vertritt die AG (§ 78 AktG); Gesellschafter vertreten OHG (§ 125 S. 1 HGB) oder GbR (§§ 714, 709 I BGB)

 

Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)

Erteilung der Vollmacht (§ 167 I BGB)

  • Vollmacht wird durch einseitige empfangsbedürftige WE gegenüb. Vertreter (Innenvollmacht, § 167 I Alt. 1 BGB) oder gegenüb. Geschäftspartner (Außenvollmacht, § 167 I Alt. 2 BGB) erteilt.
  • Der Bevollmächtigte kann wiederum Untervollmachten erteilen, die über den Umfang seiner Vollmacht nicht hinausgehen können.

 

Form der Vollmacht

  • Grundsätzliche Formfreiheit
    Erteilung bedarf grds. keiner Form (§ 167 II BGB); kann auch konkludent erteilt werden. 
    Beispiel: Einstellung als Einkaufsleiter bevollmächtigt regelm. zum Abschluss von Einkäufen für das Unternehmen
  • Formerfordernisse
    • Für bestimmte Vollmachten finden sich aber ausnahmsweise gesetzliche Formvorschriften vor (z.B. §§ 492 IV, 1484 II, 1945 III BGB, § 2 II GmbHG, §§ 134 III, 135 AktG, § 80 ZPO, § 12 HGB); daneben existieren auch formelle Formvorschriften (z.B. § 29 GBO); sofern Eintragungspflichten bestehen (z.B. § 53 I HGB, § 64 BGB) sind diese nur deklaratorisch.
    • Die Vollmacht ist auch ausnahmsweise formbedürftig, wenn sich der Vertretene rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise bindet, wie durch die Vornahme eines formgebundenen Rechtsgeschäfts; dies ist insb. bei unwiderruflichen Vollmachten zur Vornahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte der Fall, sodass sich die Formvorschrift auf die Vollmachtserteilung erstreckt (zur Unwiderruflichkeit s.u.).

 

Rechtsscheinvollmachten

Gesetzliches Fortbestehen der erloschenen Vollmacht (§§ 170-173 BGB, § 15 HGB)
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand (§§ 170-172 BGB, 15 HGB)

Gesetzlich geregelte Fälle eines zurechenbaren Rechtsscheintatbestandes:

  • Die Vollmacht wurde durch Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner erteilt, der Widerruf diesem aber nicht angezeigt (§ 170 BGB).
  • Die (tatsächliche oder vermeintliche) Vollmacht wurde durch besondere Mitteilung oder öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, aber nicht in derselben Weise widerrufen (§ 171 BGB).
  • Dem Dritten wurde vom Vertreter eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die dem Vollmachtgeber nicht zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wurde (§ 172 BGB).
  • Erlöschen einer eintragungspflichtigen Vertretungsmacht wird nicht ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 I HGB).
  • Bestehen einer Vertretungsmacht wird unrichtiger Weise ins Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (§ 15 III HGB).
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners (§ 173 BGB)

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Erlöschen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Duldungsvollmacht
Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Dulden des Auftretens als Stellvertreter

Geschäftsherr kennt und duldet Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters trotz Verhinderungsmöglichkeit.

Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Anscheinsvollmacht (str.)
Anwendbarkeit

Stellt die Anscheinsvollmacht einen rechtlich anerkannten Fall der Vertretungsmacht dar?

  • h.M.: (+) Anscheinsvollmacht anerkannt
    (pro) Telos: Vertrauensschutz im Rechtsverkehr; Mangel für Erklärungsempfänger nicht erkennbar. 
    (pro) Systematik: Auch bei ‚potentiellem Erklärungsbewusstsein‘ reicht fahrlässiges Verhalten (nach h.M.) für Fiktion einer WE aus; §§ 170 – 172 BGB zeigen, dass fahrlässiges Verhalten zum (Fort-)Bestand einer Vollmacht führen können.

  • a.A.: (-) Anscheinsvollmacht nicht anerkannt
    (pro) Systematik:

    • Privatautonomie; anders als bei Duldungsvollmacht hier keine Anknüpfung an Willensakt des Vertretenen; Fahrlässigkeit stellt keine WE dar.

    • Bei §§ 170 – 172 BGB besteht Anlass für Vertretenen zu besondere Sorgfalt; hier nicht

    • Gesetzgeber hat in §§ 177-179 BGB Regelungen für Vertreter ohne Vertretungsmacht geschaffen, die Dritten schützen.

    • Sorgfaltspflichtverletzungen sind durch SE zu kompensieren; in Betracht kommt Schadensersatz wegen c.i.c. gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB; Haftung des Geschäftsherrn auf Vertrauensschaden beschränkt.

Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand: Anschein der Stellvertretung
  • Geschäftsherr kannte Auftreten des vermeintlichen Stellvertreters nicht, hätte es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können.
  • Auftreten von gewisser Dauer und Häufigkeit erforderlich (str..)
  • Zurechnung, aufgrund von Fahrlässigkeit; a.A.: aufgrund Beherrschbarkeit der eigenen Risikosphäre.
Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Allgemeine Rechtsscheinshaftung (str.)

Str. ob neben o.g. Tatbeständen noch generelle Rechtsscheinshaftung in Betracht kommt; die h.M. wendet den die Grundsätze jedenfalls im kaufmännischen Rechtsverkehr an.

Zurechenbarer Rechtsscheinstatbestand

Geschäftsherr setzt in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Vollmacht.

Schutzwürdiges Vertrauen des Geschäftspartners

Geschäftspartner hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von Fehlen der Vertretungsmacht (Gutgläubigkeit).

Kausalität des Vertrauens für Abschluss des Rechtsgeschäfts

Geschäftspartner hätte Rechtsgeschäft bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht abgeschlossen.

 

Kein Erlöschen der Vollmacht

  • Widerruf
    • Die Vollmacht ist grds. jederzeit widerruflich; Widerruf durch einseitige empfangsbedürftige WE ebenso wie Erteilung gegenüb. dem Bevollmächtigten oder gegenüb. dem Geschäftspartner (§§ 168 S. 3, 167 I BGB).
    • Sonderfall: Unwiderrufliche Vollmacht
      • Vollmacht kann unwiderruflich erteilt werden (s. § 168 S. 2 BGB); h.M. fordert dann Erteilung durch Vertrag.
      • Nur bei legitimem Interesse des Bevollmächtigten z.B. weil dieser Gegenleistung erbringt; nicht bei Generalvollmachten.
      • Zum Formerfordernis bei Vollmacht zu formbedürftigen Rechtsgeschäften s.o.
  • Anfechtung der Vollmacht
    • Wegen der Widerruflichkeit kommt eine Anfechtung nur bei unwiderruflichen oder bereits ausgeübten Vollmachten in Betracht.
    • Die Anfechtung einer unwiderruflichen Vollmacht ist nach Maßgabe der allgemeinen Regeln anfechtbar.

Ist die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht möglich?

  • e.A.: (-) Nein, die ausgeübte Innenvollmacht ist grds. nicht anfechtbar
    Anfechtung nur möglich, wenn Mangel auf Vertretergeschäft durchschlägt.
    (pro) Systematik: Geschäftspartner würde sonst Ansprüche gg. Vertretenen verlieren; Geschäftspartner steht auch kein Schadensersatz aus § 122 BGB zu, da dieser nicht Anfechtungsgegner ist; Telos: Geschäftspartner ist schutzwürdiger als Vertretener.

  • h.M.: (+) Ja, die ausgeübte Innenvollmacht ist anfechtbar
    (pro) Systematik: Geschäftspartner wird durch Anspruch gg. Vertreter nach § 179 BGB geschützt und erhält Anspruch gegen Vertretenen analog § 122 BGB; Gutgläubiger Vertreter kann sich bei Vertretenem durch Schadensersatzanspruch nach § 122 BGB schadlos halten.

Ist die Anfechtung von Rechtsscheinsvollmachten möglich?

  • e.A.: (-) Nein, keine Anfechtung möglich
    (pro) Da die Erteilung nicht durch WE erfolgt, kommen Willensmängel nicht in Betracht

  • a.A.: (+) Ja, Anfechtung möglich
    (pro) Rechtsscheinsvollmacht soll nicht weiter reichen als tatsächliche Vollmacht.

 

Umfang und Beschränkungen der Vertretungsmacht

Umfang einer Vollmacht

  • Umfang der Vollmacht kann sich aus Gesetz ergeben oder vom Vertretenen bestimmt werden
  • Häufige Formen der Vollmacht
    • Generalvollmacht: berechtigt zur Vornahme sämtlicher Rechtsgeschäfte
    • Spezialvollmacht: berechtigt zur Vornahme eines bestimmten Rechtsgeschäfts
    • Prokura: gesetzlicher Umfang nach §§ 49 HGB
    • Handlungsvollmacht: gesetzliche Regelungen in § 54 HGB
    • Abschlussvertreter: gesetzliche Regelungen in § 55 HGB
    • Angestellte in Laden oder Warenlager: gesetzliche Regelungen in § 56 HGB

Verbot der Selbstkontrahierung und Mehrvertretung (§ 181 BGB)

  • Stellvertreter kann Vertrag im Namen des Vertretenen nicht mit sich selbst oder mit sich als Vertreter eines Dritten schließen, sofern Vertretener dies nicht gestattet hat
  • Beschränkung des § 181 BGB findet keine Anwendung (teleologische Reduktion), wenn Rechtsgeschäft für Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist

Missbrauch der Vollmacht

  • Keine Wirkung der Vollmacht, wenn Überschreiten der Vollmacht für Vertragspartner offensichtlich war (Evidenz, § 242 BGB)
  • Keine Wirkung der Vollmacht bei kollusivem Zusammenwirken von Vertreter und Geschäftspartner (§ 138 I BGB, a.A. § 177 I BGB)

 

 

Rechtsfolgen

Die Willenserklärung des Stellvertreters wird dem Vertretenen zugerechnet.

 

Last edited:
Documents
for Schuldrecht AT
notes
for § 312 BGB
No notes available.