BGB Bürgerliches Gesetzbuch
Schuldrecht AT
- 1.
- (Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
- 1a.
- (Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
- 1b.
- (Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
- 2.
- (Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
- 3.
- (Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
- 4.
- (Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
- 5.
- (Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
- a)
- dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
- b)
- der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
- 6.
- (Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
- 7.
- (Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
- a)
- eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
- b)
- einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
- 8.
- (Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
- a)
- den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
- b)
- Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
- 9.
- (Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
- a)
- für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
- b)
- für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
- aa)
- beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
- bb)
- berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Übergesetzlicher entschuldigender Notstand
Prüfungsschema zum Entschuldigungsgrund des stark umstrittenen übergesetzlichen Notstands. Hiernach soll nicht bestraft werden, wer durch eine Straftat noch rettet, was zu retten ist oder wenigstens das geringere Übel verursacht.
- Inhaltsverzeichnis
- Objektive Voraussetzungen
- Subsidiarität
- Notstandslage
- Gegenwärtige Gefahr
- Notstandsfähiges Rechtsgut
- Notstandshandlung
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Ethische Gesamtabwägung
- Unzumutbarkeit der Gefahrhinnahme (§ 35 I 2 StGB analog)
- Subjektive Voraussetzung
- Kenntnis der Notstandslage
- Gefahrabwendungswille
Der übergesetzlich entschuldigende Notstand ist nicht im StGB normiert und daher insg. umstritten:
-
Die h.L. erkennt ihn unter engen Voraussetzungen an.
-
Die Rspr. hat die Anerkennung offengelassen.
Objektive Voraussetzungen
Subsidiarität
Handlung ist nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt oder nach § 35 StGB entschuldigt.
Notstandslage
Notstandslage i.S.d. übergesetzliche Notstands = Gegenwärtige Lebensgefahr (str.; a.A.: auch Gefahr für Freiheit einer großen Anzahl von Menschen)
Gegenwärtige Gefahr
Gegenwärtige Gefahr i.S.d. übergesetzlichen Notstandes = Zustand, der bei ungehinderter Weiterentwicklung aus ex-ante Sicht eines objektiven Beobachters jederzeit in einen Schaden umschlagen kann (Schadenseintritt liegt nahe)
- Zeitliche Komponente
Mit Verwirklichung der Gefahr ist alsbald zu rechnen.
Die Definition ist erheblich weiter als bei der Notwehr (§ 32 StGB); sie gleich wie beim rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) sowie beim entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB).
Notstandsfähiges Rechtsgut
Es muss sich nach h.M. um eine Lebensgefahr handeln (str.; a.A.: auch Gefahr für Freiheit einer großen Anzahl von Menschen).
Notstandshandlung
Geeignetheit
Die Notstandshandlung muss geeignet sein, die Gefahr für das Rechtsgut zu beenden oder zumindest abzuschwächen.
Erforderlichkeit
Der Notstandshandelnde muss unter mehreren gleich geeigneten Abwehrmöglichkeiten die mildeste (i.e. die am wenigsten schädigende) wählen.
Ethische Gesamtabwägung
Die Notstandshandlung muss bei einer ethischen Gesamtabwägung im Vergleich zu der gegenwärtigen Lebensgefahr das wesentlich geringere Übel darstellen. (Im Unterschied zum rechtfertigenden Notstand bei § 34 auch quantitative Abwägung von Leben gegen Leben möglich.).
Nach e.A. zudem erforderlich ist eine Gefahrengemeinschaft (str.) der von außen Bedrohten und der durch die Notstandshandlung Bedrohten. Beispiel: Letzter Bergsteiger am Seil wird abgeschnitten; nicht: Zug wird auf unbeteiligte Dritte umgeleitet
Unzumutbarkeit der Gefahrhinnahme (§ 35 I 2 StGB analog)
- Keine pflichtwidrige Gefahrverursachung durch den Täter selbst
- Keine Gefahrtragungspflicht kraft besonderen Rechtsverhältnisses
Beispiele: Polizei, Feuerwehr, Bademeister - Keine sonstige Gefahrtragungspflicht (§ 35 I 2 nicht abschließend (‚namentlich‘))
Subjektive Voraussetzung
Kenntnis der Notstandslage
Gefahrabwendungswille