BGB
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in § 275 BGB

BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches RechtSchuldrecht

Schuldrecht AT

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.
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Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)

StrafrechtStrafrecht AT

Prüfungsschema zum rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB): Täter nimmt eine Handlung vor, die geeignet, erforderlich und angemessen ist, um eine gegenwärtige Gefahr für wesentlich überwiegende Interessen abzuwenden.

Es handelt sich hierbei um einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Objektive Voraussetzungen
  3. Notstandslage
  4. Gegenwärtige Gefahr 
  5. Notstandsfähiges Rechtsgut
  6. Notstandshandlung
  7. Geeignetheit
  8. Erforderlichkeit
  9. Güter- und Interessenabwägung
  10. Angemessenheit
  11. Subjektive Voraussetzungen
  12. Kenntnis der Notstandslage
  13. Gefahrabwendungswille (str.)

 

Objektive Voraussetzungen

Notstandslage

Notstandslage i.S.d. § 34 StGB = Gegenwärtige Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut des Täters (Notstand) oder eines Dritten (Notstandshilfe)

 

Gegenwärtige Gefahr 

Gegenwärtige Gefahr i.S.d. § 34 StGB = Zustand, der bei ungehinderter Weiterentwicklung aus ex-ante Sicht eines objektiven Beobachters jederzeit in einen Schaden umschlagen kann (Schadenseintritt liegt nahe).

 

Notstandsfähiges Rechtsgut

Notstandsfähige Rechtsgüter i.S.d. § 34 StGB sind Individualrechtsgüter sowie Rechtsgüter der Allgemeinheit (h.M.) aller Art, unabhängig von ihrem Schutz durch strafrechtliche Vorschriften.

 

 

Notstandshandlung

Geeignetheit

Die Notstandshandlung muss geeignet sein, die drohende Gefahr für das Rechtsgut zu abzuwenden oder zumindest abzuschwächen.

 

Erforderlichkeit

Der Notstandshandelnde muss unter mehreren gleich geeigneten Abwehrmöglichkeiten die mildeste (i.e. die am wenigsten schädigende) wählen. Hierzu zählt grds. (im Unterschied zur Notwehr) auch die Flucht oder das Herbeirufen obrigkeitlicher Hilfe, da der Notstandshandelnde nicht als Verteidiger der Rechtsordnung auftritt, sondern nur als Verteidiger seines Rechtsgutes oder des eines Dritten.

 

Güter- und Interessenabwägung

  • Wesentliches Überwiegen des geschützten Interesses:
    Die rechtfertigenden Notstände (§ 34 StGB, § 16 OWiG, § 904 BGB und § 228 BGB) erfordern, anders als die Notwehr (§ 32 StGB), stets eine Güterabwägung. Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte wesentlich überwiegen (eindeutiger Wertüberhang). Zu berücksichtigen sind dabei als Wertungskriterien etwa der Rang der Rechtsgüter (Orientierung am Strafrahmen: Leben > Gesundheit > Freiheit > Vermögen), das Ausmaß der Verletzung, der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, die Größe der Rettungschancen und die Schutzwürdigkeit der betroffenen Personen (z.B. bei Verursachung der Gefahr).
    Ein Menschenleben kann als höchstes Rechtsgut niemals aufgewogen werden, auch nicht durch die Rettung mehrerer Menschenleben. Hier kommen allenfalls Entschuldigungsgründe, insbesondere entschuldigender Notstand (§ 35 StGB) und übergesetzlicher Notstand, in Betracht.

  • Besondere Abwägung bei Gefahrverursachung durch Beeinträchtigten:
    Sofern die Gefahr vom Beeinträchtigten selbst ausgeht, sollen dessen Rechtsgüter weniger schutzwürdig sein, sodass eine Rechtfertigung auch in Betracht kommt, so lange geschütztes und beeinträchtigtes Interesse nicht außer Verhältnis stehen (Rechtsgedanke des § 228 BGB).

    Bsp.: Ein unbekannter Stalker belästigt jahrelang ein Ehepaar und bricht mehrfach in das Schlafzimmer der Eheleute ein. Schließlich schießt der Ehemann dem Eindringling bei der Flucht ins Bein, um ihn zu stellen. (BGH, NJW 1979, 2053).

 

Angemessenheit

Die Tat muss nach § 34 S. 2 StGB ein angemessenes Mittel sein, um die Gefahr abzuwenden. Trotz missverständlicher Formulierung im Gesetz ist hier zu prüfen, ob die Notstandhandlung mit der Gesamtrechtsordnung in Einklang steht. Die Angemessenheit fehlt z.B. in folgenden Fällen:

  • Besondere Gefahrtragungspflichten 
    Bsp.: Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr

  • Besondere gesetzliche Vorgaben und Verfahren
    Der Täter kann sich nicht auf § 34 StGB berufen, wenn der Gesetzgeber besondere Verfahren zur Durchsetzung der Rechte geschaffen hat.
    Bsp.: Unschuldiger Strafgefangener muss gerichtliche Verfahren in Anspruch nehmen und darf nicht Wärter verletzen, um sich zu befreien.

  • Eingriff in unantastbare Freiheitsrechte
    Bsp.: Keine unfreiwillige Entnahme von Blut oder Organen am lebenden Patienten, um anderen Menschen zu retten.

  • Nötigungsnotstand
    Keine Rechtfertigung, wenn die Gefahr von der Nötigung durch einen Dritten ausgeht, da sonst wiederum keine Gegenwehr gegen den Notstandshandelnden durch Notwehr  (§ 32 StGB) erlaubt wäre ('Notwehrprobe').
    Bsp.: D droht T glaubhaft mit dem Tod, wenn diese nicht O zusammenschlägt. Bei Rechtfertigung des T durch § 34 StGB dürfte O keine Gegenwehr leisten (kein rechtswidriger Angriff i.S.d. § 32 StGB). Stattdessen kommt für T aber eine Entschuldigung nach § 35 StGB in Betracht.

 

 

Subjektive Voraussetzungen

Kenntnis der Notstandslage

Kenntnis der objektiven Umstände des Notstandes.

 

Gefahrabwendungswille (str.)

  • h.M.: Rettung muss primäres Motiv der Abwehrhandlung sein (Arg.: Wortlaut „um zu“)
  • a.A.: Keine spezielle Rettungsabsicht erforderlich

 

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