StGB
Verweise
in § 92 StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt.
(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze
1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte und
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.
(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind
1.
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (Absatz 1),
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, einen Verfassungsgrundsatz (Absatz 2) zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.
Quelle: BMJ
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Nötigung (§ 240 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Nötigung (§ 240 StGB): Täter nötigt eine andere Person mit Gewalt oder Drohung zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen.

Es handelt sich um einen offenen Tatbestand, bei dem die Rechtswidrigkeit nicht durch den Tatbestand indiziert ist, sondern im Rahmen einer Verwerflichkeitsprüfung festgestellt werden muss.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Nötigungshandlung
  5. Gewalt
  6. Drohung mit einem empfindlichen Übel
  7. Nötigungserfolg
  8. Kausalität und objektive Zurechnung
  9. Subjektiver Tatbestand
  10. Rechtswidrigkeit
  11. Allgemeine Rechtfertigungsgründe
  12. Verwerflichkeitsprüfung (Abs. 2)
  13. Schuld
  14. Strafzumessung bei besonders schweren Fällen (Abs. 4)

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Nötigungshandlung

Gewalt

Welcher Gewaltbegriff liegt § 240 StGB zu Grunde?

  • e.A. (klassischer Gewaltbegriff)
    Jede körperliche Kraftentfaltung, durch die körperlich wirkender Zwang beim Opfer entsteht, um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.

  • a.A. (vergeistigter Gewaltbegriff)
    Jede körperliche Handlung (unabhängig vom Maß der Kraftentfaltung), durch die körperlich oder psychisch wirkender Zwang beim Opfer entsteht, um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
    (con) Systematik: Unbestimmtheit (Art. 103 II GG)

  • h.M. (moderner Gewaltbegriff)
    Jede - über die bloße Anwesenheit (Sitzblockade) hinausgehende - körperliche Handlung (unabhängig vom Maß der Kraftentfaltung), durch die körperlich wirkender Zwang beim Opfer entsteht, um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
    Beispiele nach h.M.: Schläge, Deodorant ins Auge sprühen, Beibringen von K.O.-Tropfen in Kaffee, Abstellen der Heizung des Mieters im Winter

 

Umfasste Erscheinungsformen

  • vis compulsiva = willensbeugende Gewalt 
    z.B. auf das Opfer zustürmen, sodass es aus dem Fenster springt und
  • h.M.: vis absoluta = willensbrechende Gewalt (str.)
    z.B. Fesseln des Opfers (a.A. hier keine selbstständige Nötigungshandlung des Opfers mehr)

 

Drohung mit einem empfindlichen Übel

Drohung = Ausdrückliches oder konkludentes Inaussichtstellen eines künftigen empfindlichen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt

Empfindliches Übel = Jeder Nachteil für das Opfer, der so erheblich ist, dass nicht erwartet werden kann, ihm in besonnener Selbstbehauptung standzuhalten

 Wann ist eine Drohung durch Unterlassen möglich?

  • e.A.: Angekündigtes Unterlassen muss eine Rechtspflicht zum Handeln verletzen (insb. bei Garantenstellung sowie vertraglicher oder gesetzlicher Handlungspflicht)

  • a.A.: Abhängig von der Verwerflichkeit des Unterlassens

 

Nötigungserfolg

Als Nötigungserfolg ist irgendein Handeln, Dulden oder Unterlassen gegen den Willen des Opfers erforderlich.

 

Kausalität und objektive Zurechnung

Gerade die dem Nötigungsmittel eigentümliche Kraft der Willensbeugung muss sich in der konkreten Handlung des Opfers niedergeschlagen haben.

 

Subjektiver Tatbestand

  • h.M.: Zumindest Eventualvorsatz (dolus eventualis)
  • a.A.: Absicht (dolus directus 1. Grades)

 

 

Rechtswidrigkeit

§ 240 StGB ist ein ‚offener Tatbestand‘, d.h. die Rechtswidrigkeit wird nicht bereits durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern muss positiv festgestellt werden.

Allgemeine Rechtfertigungsgründe

Zunächst sind die allg. Rechtfertigungsgründe zu prüfen. Greift ein solcher, kann eine Tat auch nicht nach Abs. 2 verwerflich sein. Siehe hierzu die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

Verwerflichkeitsprüfung (Abs. 2)

Die Verwerflichkeit ergibt sich weder aus einer isolierten Betrachtung des Mittels noch des Zweckes. Maßgeblich ist, eine Gesamtbetrachtung der Zweck-Mittel-Relation.

Verwerfliche Zweck-Mittel-Relation = Die Relation ist sozial unerträglich und wegen ihres grob anstößigen Charakters sozialethisch in besonderem Maße zu missbilligen.

  • Indizien dafür: Das Mittel (Handlung) ist nach einer anderen Norm selbst mit Strafe bedroht; Missachtung des Gewaltmonopols des Staates.
  • Indizien dagegen: Die Beeinträchtigung (Erfolg) hat Bagatellcharakter (Geringfügigkeitsprinzip); die Grundrechte des Täters überwiegen (z.B. Meinungs- oder Versammlungsfreiheit).

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung bei besonders schweren Fällen (Abs. 4)

  • Nötigung einer Schwangeren zum Schwangerschaftsabbruch (Nr. 1)
  • Missbrauch der Befugnisse oder Stellung als Amtsträger (Nr. 2)

 

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