StGB Strafgesetzbuch
Strafrecht AT
- 1.
- aus diesem Gesetz:
- a)
- Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
- b)
- Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
- c)
- Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
- d)
- Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
- e)
- gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
- f)
- Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
- 2.
- aus der Abgabenordnung:
- a)
- Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
- b)
- gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
- c)
- Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
- 3.
- aus dem Asylgesetz:
- a)
- Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
- b)
- gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
- 4.
- aus dem Aufenthaltsgesetz:
- a)
- Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
- b)
- Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
- 5.
- aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
- 6.
- aus dem Betäubungsmittelgesetz:
- a)
- Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
- b)
- Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
- 6a.
- aus dem Konsumcannabisgesetz:
- a)
- Straftaten nach einer in § 34 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
- b)
- Straftaten nach § 34 Absatz 4,
- 6b.
- aus dem Medizinal-Cannabisgesetz:
- a)
- Straftaten nach einer in § 25 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
- b)
- Straftaten nach § 25 Absatz 5,
- 7.
- aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
- a)
- Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
- b)
- Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
- 8.
- aus dem Waffengesetz:
- a)
- Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
- b)
- Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.
Schwere Brandstiftung mit Gesundheitsgefährdung (§ 306a II StGB)
Prüfungsschema zur schweren Brandstiftung (§ 306a II StGB): Bestraft wird, wer bestimmte Tatobjekte in Brand setzt oder durch Brandlegung zerstört und dabei einen anderen Menschen in die konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tatobjekt
- Tathandlung
- Inbrandsetzen
- Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
- Konkrete Gefahr der Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
- Kausalität
- Tatspezifischer Gefahrzusammenhang
- Subjektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Strafzumessung
- Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)
- Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Qualifikationen
- Deliktart
Konkretes Gefährdungsdelikt - Rechtsgut
- Leben und Gesundheit von Menschen
- Nicht: Eigentum
- Die schwere Brandstiftung nach § 306a II StGB ist ein eigenständiges, konkretes Gefährdungsdelikt. Es muss (anders als beim abstrakten Gefährdungsdelikt des § 306a I StGB) zu einer konkreten Gefahr einer Gesundheitsschädigung von Menschen gekommen sein.
- § 306a II StGB steht somit unabhängig und selbstständig neben § 306 I StGB und § 306a I StGB.
- Das Tatobjekt des § 306a II StGB muss nicht fremd sein (so beim - das Eigentum schützenden - Erfolgsdelikt § 306 I StGB).
Siehe auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB)
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Tatobjekt
-
Ein in § 306 I Nr. 1-6 genanntes Objekt → siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB).
-
Das Tatobjekt braucht nach h.M. nicht fremd zu sein.
(pro) Systematik: § 306a II StGB verweist nur auf „eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache“ und nicht etwa auf eine „Brandstiftung nach § 306“ – wie etwa § 306b I StGB dies tut.
Tathandlung
Inbrandsetzen
→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)
Ganze / teilweise Zerstörung durch Brandlegung
→ siehe Schema Brandstiftung (§ 306 I StGB)
Konkrete Gefahr der Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
Gesundheitsschädigung = Hervorrufen / Steigern eines pathologischen Zustandes (entspricht § 223 I Alt. 2 StGB).
Konkrete Gefahr = Eintritt / Nichteintritt des schädigenden Ereignisses hängt lediglich vom Zufall ab
Kann auch ein Tatbeteiligter „anderer Mensch“ und somit taugliches Tatobjekt i.S.d. § 306a II StGB sein?
-
e.A.: (+) Ja, Beteiligte sind ebenfalls taugliches Tatobjekt
(pro) Wortlaut: Umfasst jeden beliebigen anderen -
a.A.: (-) Nein, Beteiligte sind kein taugliches Tatobjekt
(pro) Telos: Geringe Schutzwürdigkeit, da sie sich selbst auf die Seite des Unrechts stellen; Systematik: Keine objektive Zurechnung aufgrund eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des Beteiligten
Kausalität
Die Tathandlung darf nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die Gefahr der Gesundheitsschädigung in ihrer konkreten Gestalt entfiele (sine-qua-non-Formel).
Tatspezifischer Gefahrzusammenhang
Wie auch bei Erfolgsqualifikationen ist nach h.M. auch hier ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang erforderlich (Arg.: Wortlaut „dadurch“). Bei § 306a II muss gerade die einer Brandstiftungshandlung (Inbrandsetzung / Brandlegung) typischerweise anhaftende spezifische Gefahr sich in der konkreten Gefahr der Gesundheitsschädigung realisiert haben.
Beispiele: Gefahr von Verbrennungen oder einer Rauchvergiftung; Gefahr eines vorbeilaufenden Passanten bei der Explosion eines Brandsatzes durch Scherben der zerspringenden Fensterscheibe getroffen zu werden
Liegt ein tatspezifischer Gefahrzusammenhang bei ‚Retterschäden‘ vor?
Problem: Rettungswillige begeben sich freiwillig und sehenden Auges in den Gefahrenbereich (zurück).
-
e.A.: (–) Retter nie umfasst
(pro) Systematik: Stets gefahrzusammenhangsausschließende eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Retter. -
h.M.: (+/–) Retter unter best. Umständen umfasst
(pro) Historie: Alte Fassung bis 1998 erforderte Anwesenheit des Opfers „zur Zeit der Tat“, was bei nach Inbrandsetzen/Brandlegung eintreffenden Rettern nicht der Fall ist. Gesetzgeber hat dieses Erfordernis jedoch bewusst gestrichen.
Differenzierung nach Art der Retter:-
Berufsretter (insb. Feuerwehr)
...sind grundsätzlich umfasst, da diese typischerweise nach Inbrandsetzen/Brandlegung tätig werden; berufliche Rettungspflicht spricht gegen eigenverantwortliche Selbstgefährdung; außer: Rettungsbemühungen sind von vornherein aussichtslos -
Private Retter
... sind nur umfasst, wenn diese aufgrund einer § 35 StGB ähnlichen Drucksituation handeln (insb. Rettung naher Angehöriger), da dann keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung, sondern faktischer Rettungszwang
-
Subjektiver Tatbestand
Mindestens Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich der Gefahr einer Gesundheitsschädigung (nicht bezüglich des Eintritts einer Gesundheitsschädigung).
Bei rein fahrlässiger Herbeiführung der Gefahr § 306d I StGB prüfen.
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Beachte dabei vorliegend jedoch folgendes Problem:
Ist eine Einwilligung in die schwere Brandstiftung nach § 306a II StGB möglich?
- h.M.: (+) Ja, Einwilligung möglich
(pro) Systematik: Da es sich um ein konkretes Gefährdungsdelikt bestimmter Personen handelt, kommt – in den Grenzen des § 228 StGB – auch deren rechtfertigende Einwilligung in Betracht. - a.A.: (-) Nein, Einwilligung nicht möglich
(pro) Systematik: Delikt schützt auch die Allgemeinheit
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Strafzumessung
Minder schwerer Fall (§ 306a III StGB)
Tätige Reue (§ 306e StGB)
- Täter löscht Brand (auch mit Hilfe Dritter) freiwillig selbst oder bemüht sich freiwillig und ernsthaft darum…
- vor Eintritt eines erheblichen Schadens, d.h.
- bei Sachwerten: Mindestens 2.500€ zur Schadensbereinigung (str.)
- bei Personenschäden: Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr
Qualifikationen
-
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b II StGB
§ 306b II StGB stellt eine Qualifikation des § 306a StGB dar. Ist die Qualifikation erfüllt, können die objektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Qualifikationsmerkmale direkt nach dem subjektiven Tatbestand des Grunddeliktes geprüft werden. Aufgrund der Komplexität der Brandstiftungsdelikte empfiehlt sich jedoch i.d.R. eine getrennte Prüfung. Liegt eine Qualifikation nahe, ist diese aber letztlich nicht erfüllt, empfiehlt sich in jedem Fall eine getrennte Prüfung, um die unterschiedlichen Ergebnisse besser festhalten zu können. -
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I StGB
§ 306b I StGB stellt eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden. -
Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB
§ 306c StGB stellt ebenfalls eine Erfolgsqualifikation zu § 306 I, § 306a I und II StGB dar. Letztere sollten zunächst gesondert geprüft werden. Bei der Prüfung der Erfolgsqualifikation kann dann darauf verwiesen werden.
Siehe zur Systematik auch die Übersicht: Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB).
Siehe allgemein für den Unterschied zwischen Qualifikation und Erfolgsqualifikation die Übersicht: Qualifikation, Erfolgsqualifikation, besonders schwerer Fall.