StGB
Verweise
in § 66 StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
Quelle: BMJ
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Gefährliche Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zur Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung (§ 223, 224 StGB): Täter begeht die Körperverletzung auf besonders gefährliche Art und Weise.

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Durch Beibringung von Gift (Nr. 1)
  3. Mittels Waffe oder gefährlichem Werkzeug (Nr. 2)
  4. Gefährliches Werkzeug
  5. Waffe
  6. Mittels
  7. Mittels hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)
  8. Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)
  9. Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) 

 

 

§ 224 enthält Qualifikationen zum Grundtatbestand § 223.

Ist der Grundtatbestand erfüllt, die Qualifikation hingegen nicht erfüllt, sollten beide getrennt geprüft werden, um zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Bei der Qualifikation wird dann im Tatbestand kurz auf die Verwirklichung des Tatbestandes des Grunddeliktes verwiesen.

Ist die Qualifikation erfüllt, sollten in der Klausur die objektiven Voraussetzungen direkt nach dem objektiven Tatbestand des Grunddeliktes und die subjektiven Voraussetzungen nach dem subjektiven Tatbestand geprüft werden:

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) des Grunddelikts (§ 223 StGB)

b) der Qualifikation (§ 224 StGB)

2. Subjektiver Tatbestand

a) des Grunddelikts (§ 223 StGB)

b) der Qualifikation (§ 224 StGB)

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

 

Durch Beibringung von Gift (Nr. 1)

‚Gesundheitsschädlicher Stoff‘ ist Oberbegriff, ‚Gift‘ ein Beispiel hierfür. Eine Unterteilung ist teilw. schwer möglich und im Ergebnis irrelevant.

Die Wirkungen der Stoffe können jeweils auch nur vorübergehend sein. Eine dauerhafte Schädigung ist nicht erforderlich.

Gesundheitsschädliche Stoffe = Stoff, der durch mechanische oder thermische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist

  • Beispiel für mechanische Wirkungen: Schnitte in der Haut (durch Glassplitter)
  • Beispiel für thermische Wirkungen: Verbrennungen 

 

Stoffe = Jede Materie, egal ob fest (z.B. feine Glassplitter), flüssig (z.B. Säuren) oder gasförmig (z.B. Kohlenmonoxid) 

  • Beispiele für gesundheitsschädliche Stoffe: Feine Glassplitter, kochende Flüssigkeiten;
  • Strittig, da sie nicht selbst mechanisch oder thermisch wirken: Bakterien & Viren (etwa SARS-CoV-2 oder HIV).
  • Keine Stoffe (aber ggf. gefährliche Werkzeuge) sind insb.: Strahlen (z.B. Röntgenstrahlen oder radioaktive Strahlen) und elektrischer Strom 

 

Gift = Jeder organische oder anorganische Stoff, der durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist

  • Beispiele für chemisch-physikalische Wirkungen: Innere oder äußere Verätzungen, Reizungen, Hervorrufen von Überempfindlichkeitsreaktionen wie allergische Schocks.
  • Beispiele für Gifte: Arsen, Zyankali, Giftgase, Arzneimittel in falscher Dosierung; Rauschmittel

 

Beibringung = In-Verbindung-Bringen des Stoffes mit dem Körper, sodass der Stoff seine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet

Beispiel: Einführen (Einatmung, Schlucken); Auftragen (Aufnahme über die Haut)

 

 

Mittels Waffe oder gefährlichem Werkzeug (Nr. 2)

‚Gefährliches Werkzeug‘ ist Oberbegriff, ‚Waffe‘ ein Beispiel hierfür.

Gefährliches Werkzeug

Im Unterschied zu § 244 I Nr. 1 a) StGB wird hier nicht auf ein bloßes „Beisichführen“, sondern auf die konkrete Verwendung („mittels“) abgestellt. Die Auslegung insb. des Begriffes „gefährliches Werkzeug“ ist daher hier deutlich weniger umstritten.

Gefährliches Werkzeug = Jeder Gegenstand, der nach der Art seiner konkreten Verwendung dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen

  • Bespiele für gefährliche Werkzeuge: Gegen den Kopf geschwungene Hammer, in den Körper gerammte Bleistifte oder abgeschlagene Flaschen; gegen den Kopf getretene feste Schuhe
  • Nicht: Spritze oder Skalpell in der Hand des kundigen Arztes (teleologische Reduktion, da der kunstgerechte Einsatz von Arzt-Werkzeugen die Gefährlichkeit der Behandlung nicht erhöht, sondern umgekehrt eher verringert; str.)
  • Umfasst sind nach dem allg. Wortsinn ferner nur bewegliche Gegenstände, also z.B. nicht Steinböden, Hauswände gegen die Opfer geschlagen werden (str.; a.A. umfasst auch diese aufgrund ihrer Wirkungsähnlichkeit unter einer insb. teleologischen Auslegung)

 

Waffe

Waffe = Jeder Gegenstand, der nach seiner allgemeinen Art dazu bestimmt ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen

  • Beispiele für Waffen: Schusswaffen (Pistolen, Gewehre); Hieb-, Schlag-, Stoß- oder Stichwaffen, die bestimmt sind als Waffe eingesetzt zu werden
  • Nicht: Taschenmesser oder Schlachtermesser ( ggf. gefährl. Werkzeuge); § 1 II WaffG dient als Orientierung

 

‚Mittels‘

Die Tat muss „mittels“ Waffe / gef. Werkzeug erfolgen.

Mittels = als unmittelbare Folge 

Beispiel: Anfahren mit dem Kfz; nicht: Sturz danach

 

 

Mittels hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)

Überfall = Unvorhergesehener Angriff auf einen Ahnungslosen

Hinterlistig = Planmäßig berechnende Verdeckung der wahren Absichten, sodass die Abwehr des Opfers erschwert ist

Mittels = unmittelbare Folge (s.o.)

Beispiel: Heimliches Verabreichen von Betäubungsmitteln, Auflauern

 

 

Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)

Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich = Einverständliches Zusammenwirken von mindestens zwei Personen am Tatort, das sich gefahrerhöhend auswirkt

Die gesteigerte Gefährlichkeit ergibt sich aus der geschwächten Verteidigungsbereitschaft des Opfers und dem erhöhten Risiko gravierender Verletzungsfolgen. Keine gesteigerte Gefährlichkeit daher z.B. wenn sich zwei Opfer unabgesprochen gegen einen Täter verteidigen.

Es muss sich nicht um Mittäter handeln (so e.A.), aber zumindest um einen Beteiligten (h.M.).

  • Beispiel: A und B verabreden sich, den C zu verprügeln. Beide schlagen als Mittäter auf ihn ein.
  • Aber auch: Der Täter A bittet den Gehilfen B spontan den C festzuhalten, sodass er auf ihn einschlagen kann. 

Auch (noch) am Tatort wirken zwei Personen zusammen, wenn A auf dem Grundstück des Opfers steht und B vom Nachbargrundstück Informationen per SMS zusendet.

 

 

Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5) 

Genügt zur Strafbarkeit eine generelle Eignung der Behandlung des Opfers für eine Lebensgefahr oder ist eine konkrete Lebensgefährdung durch die Behandlung erforderlich? 

  • e.A.: Konkrete Lebensgefahr durch die Behandlung (ex-post) erforderlich 

  • h.M.: Objektive Geeignetheit der Behandlung für eine Lebensgefahr (ex-ante) ausreichend
    Beispiele für objektiv geeignete Handlungen: Hetzen eines Hundes auf einen Menschen; Werfen in eiskaltes Wasser; Tritte gegen den Kopf; Anfahren mit einem Pkw 

Beachte: Abzustellen ist nach beiden Ansichten auf die Art der Behandlung, nicht auf die dadurch verursachte Lage (z.B. nicht: Opfer liegt nach einem harmlosen Schlag auf einer viel befahrenen Straße; str.)

 

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