StGB
Verweise
in § 56c StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,
1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen oder
6.
sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen (Therapieweisung).
(3) Die Weisung,
1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.
(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.
Quelle: BMJ
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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB): Täter entfernt sich als Beteiligter an einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort, ohne seine Identifikation vor Ort oder nachträglich zu ermöglichen oder vor Ort eine nach den Umständen angemessene Wartefrist hierfür einzuhalten.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Unfall im Straßenverkehr
  5. Täter: Unfallbeteiligter
  6. Tathandlung: Sich-entfernen vom Unfallort
  7. Subjektiver Tatbestand
  8. Rechtswidrigkeit
  9. Schuld
  10. Strafzumessung bei tätiger Reue (Abs. 4)

 

  • Rechtsgut
    Individuelles Feststellungsinteresse der Unfallbeteiligten und Geschädigten zum Zwecke der Durchsetzung oder Abwehr zivilrechtlicher Ansprüche (nur mittelbar das öffentliche Strafverfolgungsinteresse und der Straßenverkehr).

  • Deliktart
    Tätigkeitsdelikt; echtes Sonderdelikt

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Unfall im Straßenverkehr

Unfall im Straßenverkehr = Jedes plötzlich eintretende Ereignis, das mit den typischen Gefahren des öffentlichen Straßenverkehrs in ursächlichem Zusammenhang steht und einen nicht völlig unerheblichen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

Kein plötzlich eintretendes Ereignis (und somit kein Unfall) liegt nach h.M. vor, wenn der Täter das Fahrzeug nicht hauptsächlich als Fortbewegungsmittel, sondern ausschließlich als Werkzeug zur Verwirklichung eines sonstigen Erfolges nutzt.
z.B.: Bewusstes Überfahren des verhassten Nachbarn.

 

Öffentlich = Jeder Verkehrsraum, der mit Duldung der Verfügungsberechtigten von der Allgemeinheit, d.h. einem unbestimmten Personenkreis, tatsächlich benutzt wird.

Unerheblich sind also die Eigentumsverhältnisse oder die Widmung. Auch öffentlich sind z.B. private Parkhäuser oder Waschanlagen.

 

Täter: Unfallbeteiligter

Nur ein Unfallbeteiligter kann Täter sein (echtes Sonderdelikt).

Für sonstige Beteiligte kommt ggf. eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung gem. § 323c StGB in Betracht.

Unfallbeteiligter = Jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. (Legaldefinition in Abs. 5).

Unfallbeteiligter kann also z.B. auch der Passant oder Beifahrer sein, der den Fahrer abgelenkt hat.

Der Beteiligte muss jedoch nach e.A. (str.) zum Unfallzeitpunkt vor Ort gewesen sein
z.B. nicht der Nachbar, der das Bremskabel durchgeschnitten hat und später zum Unfallort hinzustößt

 

Tathandlung: Sich-entfernen vom Unfallort

Der Unfallbeteiligte erfüllt das Delikt entweder durch ...

  • die Entfernung ohne Ermöglichung der Feststellungen (Abs. 1 Nr. 1),
  • die Entfernung vor Ablauf der Wartefrist (Abs. 1 Nr. 2),
  • die fehlende Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach Ablauf der Wartefrist (Abs. 2 Nr. 1) oder
  • die fehlende Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach berechtigtem oder entschuldigtem Entfernen (Abs. 2 Nr. 2).

 

Subjektiver Tatbestand

  • Grds. bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) ausreichend.
  • Bei Tathandlungen nach Abs. 1 ist erforderlich, dass der Täter weiß, dass er (möglicherweise) einen Unfall im Straßenverkehr verursacht hat. Nicht ausreichend ist, dass der Täter dies hätte erkennen können oder müssen.

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht. Relevant können vorliegend insb. sein:

  • Rechtfertigender Notstand oder Fälle der rechtfertigenden Pflichtenkollision
    z.B. unmittelbare Fahrt ins Krankenhaus aufgrund eigener schwerwiegender Verletzungen oder derer anderer Unfallopfer. Diese gelten nach h.M. jedoch nicht für das Nichtermöglichen nachträglicher Feststellungen iSd Abs. 2.

  • Einwilligung
    Rechtliche Verortung str. (s. Problembox)

Wie ist es rechtlich zu werten ist, wenn das Opfer dem Entfernen vom Unfallort zustimmt?

  • e.A.: Tatbestandsausschließendes Einverständnis

  • h.M.: Rechtfertigende Einwilligung

Aber beachte: Eine mutmaßliche Einwilligung kommt nach h.M. nur bei engen persönlichen Beziehungen zum Opfer oder bei nur ganz geringfügigen Schäden in Betracht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung bei tätiger Reue (Abs. 4)

Das Gericht mildert gem. § 142 IV StGB die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann ganz hiervon absehen, wenn der Unfallbeteiligte nachträglich freiwillig die erforderlichen Feststellungen ermöglicht (tätige Reue).

Voraussetzung ist gem. § 142 IV StGB, dass ...

  • es sich um einen Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs handelt,
  • der Unfallbeteiligte dies innerhalb von 48 Stunden nach einem Unfall ermöglicht und
  • dass ein ausschließlich nicht bedeutender Sachschaden entstanden ist.

 

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