StGB
Verweise
in § 330d StGB

StGB  
Strafgesetzbuch

StrafrechtStrafrecht BT

Nichtvermögensdelikte

(1) Im Sinne dieses Abschnitts ist
1.
ein Gewässer:
ein oberirdisches Gewässer, das Grundwasser und das Meer;
2.
eine kerntechnische Anlage:
eine Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe;
3.
ein gefährliches Gut:
ein Gut im Sinne des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter und einer darauf beruhenden Rechtsverordnung und im Sinne der Rechtsvorschriften über die internationale Beförderung gefährlicher Güter im jeweiligen Anwendungsbereich;
4.
eine verwaltungsrechtliche Pflicht:
eine Pflicht, die sich aus
a)
einer Rechtsvorschrift,
b)
einer gerichtlichen Entscheidung,
c)
einem vollziehbaren Verwaltungsakt,
d)
einer vollziehbaren Auflage oder
e)
einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, soweit die Pflicht auch durch Verwaltungsakt hätte auferlegt werden können,
ergibt und dem Schutz vor Gefahren oder schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf Menschen, Tiere oder Pflanzen, Gewässer, die Luft oder den Boden, dient;
5.
ein Handeln ohne Genehmigung, Planfeststellung oder sonstige Zulassung:
auch ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung, Planfeststellung oder sonstigen Zulassung.
(2) Für die Anwendung der §§ 311, 324a, 325, 326, 327 und 328 stehen in Fällen, in denen die Tat in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen worden ist,
1.
einer verwaltungsrechtlichen Pflicht,
2.
einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren,
3.
einer Untersagung,
4.
einem Verbot,
5.
einer zugelassenen Anlage,
6.
einer Genehmigung und
7.
einer Planfeststellung
entsprechende Pflichten, Verfahren, Untersagungen, Verbote, zugelassene Anlagen, Genehmigungen und Planfeststellungen auf Grund einer Rechtsvorschrift des anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder auf Grund eines Hoheitsakts des anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union gleich. Dies gilt nur, soweit damit ein Rechtsakt der Europäischen Union oder ein Rechtsakt der Europäischen Atomgemeinschaft umgesetzt oder angewendet wird, der dem Schutz vor Gefahren oder schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf Menschen, Tiere oder Pflanzen, Gewässer, die Luft oder den Boden, dient.
Quelle: BMJ
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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

StrafrechtStrafrecht BTNichtvermögensdelikte

Prüfungsschema zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB): Täter entfernt sich als Beteiligter an einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort, ohne seine Identifikation vor Ort oder nachträglich zu ermöglichen oder vor Ort eine nach den Umständen angemessene Wartefrist hierfür einzuhalten.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Unfall im Straßenverkehr
  5. Täter: Unfallbeteiligter
  6. Tathandlung: Sich-entfernen vom Unfallort
  7. Subjektiver Tatbestand
  8. Rechtswidrigkeit
  9. Schuld
  10. Strafzumessung bei tätiger Reue (Abs. 4)

 

  • Rechtsgut
    Individuelles Feststellungsinteresse der Unfallbeteiligten und Geschädigten zum Zwecke der Durchsetzung oder Abwehr zivilrechtlicher Ansprüche (nur mittelbar das öffentliche Strafverfolgungsinteresse und der Straßenverkehr).

  • Deliktart
    Tätigkeitsdelikt; echtes Sonderdelikt

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Unfall im Straßenverkehr

Unfall im Straßenverkehr = Jedes plötzlich eintretende Ereignis, das mit den typischen Gefahren des öffentlichen Straßenverkehrs in ursächlichem Zusammenhang steht und einen nicht völlig unerheblichen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

Kein plötzlich eintretendes Ereignis (und somit kein Unfall) liegt nach h.M. vor, wenn der Täter das Fahrzeug nicht hauptsächlich als Fortbewegungsmittel, sondern ausschließlich als Werkzeug zur Verwirklichung eines sonstigen Erfolges nutzt.
z.B.: Bewusstes Überfahren des verhassten Nachbarn.

 

Öffentlich = Jeder Verkehrsraum, der mit Duldung der Verfügungsberechtigten von der Allgemeinheit, d.h. einem unbestimmten Personenkreis, tatsächlich benutzt wird.

Unerheblich sind also die Eigentumsverhältnisse oder die Widmung. Auch öffentlich sind z.B. private Parkhäuser oder Waschanlagen.

 

Täter: Unfallbeteiligter

Nur ein Unfallbeteiligter kann Täter sein (echtes Sonderdelikt).

Für sonstige Beteiligte kommt ggf. eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung gem. § 323c StGB in Betracht.

Unfallbeteiligter = Jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. (Legaldefinition in Abs. 5).

Unfallbeteiligter kann also z.B. auch der Passant oder Beifahrer sein, der den Fahrer abgelenkt hat.

Der Beteiligte muss jedoch nach e.A. (str.) zum Unfallzeitpunkt vor Ort gewesen sein
z.B. nicht der Nachbar, der das Bremskabel durchgeschnitten hat und später zum Unfallort hinzustößt

 

Tathandlung: Sich-entfernen vom Unfallort

Der Unfallbeteiligte erfüllt das Delikt entweder durch ...

  • die Entfernung ohne Ermöglichung der Feststellungen (Abs. 1 Nr. 1),
  • die Entfernung vor Ablauf der Wartefrist (Abs. 1 Nr. 2),
  • die fehlende Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach Ablauf der Wartefrist (Abs. 2 Nr. 1) oder
  • die fehlende Ermöglichung nachträglicher Feststellungen nach berechtigtem oder entschuldigtem Entfernen (Abs. 2 Nr. 2).

 

Subjektiver Tatbestand

  • Grds. bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) ausreichend.
  • Bei Tathandlungen nach Abs. 1 ist erforderlich, dass der Täter weiß, dass er (möglicherweise) einen Unfall im Straßenverkehr verursacht hat. Nicht ausreichend ist, dass der Täter dies hätte erkennen können oder müssen.

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht. Relevant können vorliegend insb. sein:

  • Rechtfertigender Notstand oder Fälle der rechtfertigenden Pflichtenkollision
    z.B. unmittelbare Fahrt ins Krankenhaus aufgrund eigener schwerwiegender Verletzungen oder derer anderer Unfallopfer. Diese gelten nach h.M. jedoch nicht für das Nichtermöglichen nachträglicher Feststellungen iSd Abs. 2.

  • Einwilligung
    Rechtliche Verortung str. (s. Problembox)

Wie ist es rechtlich zu werten ist, wenn das Opfer dem Entfernen vom Unfallort zustimmt?

  • e.A.: Tatbestandsausschließendes Einverständnis

  • h.M.: Rechtfertigende Einwilligung

Aber beachte: Eine mutmaßliche Einwilligung kommt nach h.M. nur bei engen persönlichen Beziehungen zum Opfer oder bei nur ganz geringfügigen Schäden in Betracht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Strafzumessung bei tätiger Reue (Abs. 4)

Das Gericht mildert gem. § 142 IV StGB die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann ganz hiervon absehen, wenn der Unfallbeteiligte nachträglich freiwillig die erforderlichen Feststellungen ermöglicht (tätige Reue).

Voraussetzung ist gem. § 142 IV StGB, dass ...

  • es sich um einen Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs handelt,
  • der Unfallbeteiligte dies innerhalb von 48 Stunden nach einem Unfall ermöglicht und
  • dass ein ausschließlich nicht bedeutender Sachschaden entstanden ist.

 

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