StGB Strafgesetzbuch
Nichtvermögensdelikte
- 1.
- (weggefallen)
- 2.
- eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
- 3.
- eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
- 4.
- einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
- 5.
- eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens der Aggression (§ 13 des Völkerstrafgesetzbuches),
- 6.
- einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234 bis 234b, 239a oder 239b,
- 7.
- eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
- 8.
- einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
- 1.
- von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
- 2.
- von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,
Räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB)
Prüfungsschema zur Qualifikation der räuberischen Erpressung (§ 253 StGB): Täter begeht die Erpressung (§ 253 StGB) durch Gewalt oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (Einsatz eines sog. qualifizierten Nötigungsmittels).
- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
- Gewalt gegen eine Person
- Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
- Nötigungserfolg
- Vermögensverfügung (str.)
- Vermögensnachteil
- Kausalität zwischen Nötigung und Vermögensnachteil
- Subjektiver Tatbestand
- Bereicherungsabsicht
- Vorsatz
- Objektive und subjektive Rechtswidrigkeit der Bereicherung
- Objektive und subjektive Stoffgleichheit
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Qualifikationen
Setzt der Täter ein qualifiziertes Nötigungsmittel ein, sollte direkt mit einer integrierten Prüfung der räuberischen Erpressung nach §§ 253, 255 StGB begonnen - und nicht zuerst isoliert die Erpressung alleine nach § 253 StGB geprüft werden. So bleibt z.B. die nur für die (einfache) Erpressung, aufgrund des besonders verwerflichen Nötigungsmittels jedoch nicht für die räuberische Erpressung erforderliche Verwerflichkeitsprüfung in der Rechtswidrigkeit erspart.
- Deliktart
Qualifikation zum Grundtatbestand der Erpressung (§ 253)
Siehe auch die Übersicht: Räuberische Delikte (§§ 249 ff. StGB) - Rechtsgut
Vermögen (Vermögensschädigungselement des Delikts); Willensfreiheit (Nötigungselement des Delikts).
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
Während bei der einfachen Erpressung (§ 253 StGB) jedes Nötigungsmittel des § 240 StGB ausreicht, ist bei der räuberischen Erpressung der Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels (§ 249 I StGB) erforderlich.
Gewalt gegen eine Person
-
Gewalt gegen eine Person → Wie im Schema Raub (§ 249 StGB).
-
Einziger Unterschied bei Gewalt nach h.L.: Die Erpressung erfordert eine willensgesteuerte Vermögensverfügung des Opfers (s.u.), weshalb nur vis compulsiva (= willensbeugende Gewalt; z.B. Schwitzkasten, bis Opfer das Diebesgut ‚freiwillig‘ loslässt; Schreckschüsse zu Duldung der Wegnahme) nicht aber vis absoluta (= willensausschließende Gewalt; z.B. Bewusstlosschlagen oder Fesseln des Opfers) umfasst ist.
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
→ Definition wie im Schema Raub (§ 249 StGB).
Nötigungserfolg
Handeln, Dulden oder Unterlassen des Geschädigten.
Vermögensverfügung (str.)
→ Siehe zum Streit um das Erfordernis einer Vermögensverfügung, sowie den etwaigen Voraussetzungen das Schema Erpressung (§ 253 StGB).
Vermögensnachteil
→ Definition wie im Schema Betrug (§ 263 StGB).
Kausalität zwischen Nötigung und Vermögensnachteil
Die Nötigung muss kausal für den Vermögensvorteil sein (Wortlaut: „dadurch“).
Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn
-
das Opfer auch ohne die Nötigung über sein Vermögen verfügt hätte
-
die Nötigung alleine zur Sicherung des bereits Erlangten („Sicherungserpressung“) und nicht zur Erlangung eines neuen Vermögensvorteils erfolgt (dann § 242 StGB und § 240 StGB separat)
Subjektiver Tatbestand
Bereicherungsabsicht
Absicht (dolus directus 1. Grades) sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern.
Bereicherungsabsicht = Streben nach einem Vermögensvorteil (= Mehrung des wirtschaftlichen Wertes der eigenen Vermögenslage)
Vorsatz
Mind. bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale.
Objektive und subjektive Rechtswidrigkeit der Bereicherung
Die Rechtswidrigkeit muss auch objektiv vorliegen, sie wird jedoch häufig erst i.R.d. subjektiven Tatbestands geprüft, da erst hier klar wird, worauf sich die Bereicherung genau bezieht. Wird die Rechtswidrigkeit erst hier geprüft, muss dennoch weiterhin in ihre objektive und subjektive Komponente unterschieden werden.
-
Objektive Rechtswidrigkeit der Bereicherung: Der materiellen Eigentumsordnung widersprechend und nicht durch einen fälligen und einredefreien Übereignungsanspruch gedeckt.
-
Subjektive Rechtswidrigkeit der Bereicherung: Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der Rechtswidrigkeit der Bereicherung.
Irrige Vorstellung eines Anspruchs ist nach h.M. vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB (a.A.: Verbotsirrtum gem. § 17 StGB).
Objektive und subjektive Stoffgleichheit
- Objektive Stoffgleichheit: Die erstrebte Bereicherung muss Kehrseite des Schadens sein, d.h. unmittelbar aus dem Vermögensnachteil des Genötigten stammen („Stoffgleichheit“).
- Subjektive Stoffgleichheit: Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bzgl. der Stoffgleichheit von Schaden und Bereicherung.
Rechtswidrigkeit
Im Unterschied zum Grundtatbestand des § 253 StGB ist die Qualifikation kein ‚offener Tatbestand‘, d.h. die Rechtswidrigkeit wird – aufgrund des Einsatzes eines qualifizierten Nötigungsmittels – durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert und muss nicht positiv festgestellt werden. (Arg.: „rechtswidrig“ nicht im Tatbestand genannt.)
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Qualifikationen
Der Wortlaut, dass der Täter „gleich einem Räuber zu bestrafen“ ist, enthält nach h.M. nicht nur einen Verweis auf den Strafrahmen des § 249 StGB, sondern auch auf die Raubqualifikationen (außer § 252 StGB).
Dies führt dazu, dass die räuberische Erpressung (als Qualifikation) selbst wieder (getrennt zu prüfende) Qualifikationen enthält.
-
§§ 255, 250 StGB: Schwere räuberische Erpressung → Qualifikation
- §§ 255, 251: Räuberische Erpressung mit Todesfolge → Erfolgsqualifikation