GOBT
Verweise
in § 96 GOBT

GOBT  
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Finanzvorlagen sind alle Vorlagen, die wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder ihres finanziellen Umfangs geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen des Bundes oder der Länder erheblich einzuwirken und die nicht Haushaltsvorlagen im Sinne des § 95 sind. Bei Zweifeln über den Charakter der Vorlagen entscheidet der Bundestag nach Anhörung des Haushaltsausschusses.
(2) Finanzvorlagen werden nach der ersten Beratung dem Haushaltsausschuss und dem Fachausschuss überwiesen. Werden Gesetzentwürfe durch die Annahme eines Änderungsantrags im Ausschuss zu Finanzvorlagen, hat der Ausschuss den Präsidenten hiervon in Kenntnis zu setzen. Dieser überweist die vom Ausschuss beschlossene Fassung dem Haushaltsausschuss; die Überweisung kann mit einer Fristsetzung verbunden sein.
(3) Finanzvorlagen von Mitgliedern des Bundestages müssen in der Begründung die finanziellen Auswirkungen darlegen. Der Präsident gibt der Bundesregierung Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen zu den Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen des Bundes und der Länder Stellung zu nehmen. Der Bericht des Haushaltsausschusses darf erst nach Eingang der Stellungnahme der Bundesregierung oder nach vier Wochen auf die Tagesordnung gesetzt werden.
(4) Soweit die Finanzvorlage auf die öffentlichen Finanzen des Bundes einwirkt, prüft der Haushaltsausschuss ihre Vereinbarkeit mit dem laufenden Haushalt und künftigen Haushalten. Ergibt die Prüfung des Haushaltsausschusses, dass die Vorlage Auswirkungen auf den laufenden Haushalt hat, legt er zugleich mit dem Bericht an den Bundestag einen Vorschlag zur Deckung der Mindereinnahmen oder Mehrausgaben vor; hat sie Auswirkungen auf die künftigen Haushalte, äußert sich der Haushaltsausschuss in seinem Bericht zu den Möglichkeiten künftiger Deckung. Hat die Bundesregierung zu der Vorlage Stellung genommen, äußert sich der Haushaltsausschuss in seinem Bericht zu dieser Stellungnahme. Kann der Haushaltsausschuss keinen Deckungsvorschlag machen, wird die Vorlage dem Bundestag vorgelegt, der nach Begründung durch einen Antragsteller lediglich über die Möglichkeit einer Deckung berät und beschließt. Wird die Möglichkeit zur Deckung auch vom Bundestag verneint, gilt die Vorlage als erledigt.
(5) Soweit die Finanzvorlage auf die öffentlichen Finanzen der Länder einwirkt, teilt der Haushaltsausschuss in seinem Bericht Art und Umfang der Einwirkungen mit.
(6) Ergibt der Bericht des Haushaltsausschusses, dass Mitglieder oder Beauftragte der Bundesregierung Bedenken gegen die finanziellen Auswirkungen der Vorlage, der Beschlüsse des federführenden Ausschusses oder des Deckungsvorschlages erheben, gibt der Präsident der Bundesregierung Gelegenheit zur Stellungnahme, soweit diese nicht bereits vorliegt. In diesem Fall kann der Bericht erst nach Eingang der Stellungnahme oder nach vier Wochen auf die Tagesordnung gesetzt werden. Hat die Bundesregierung Stellung genommen, soll der Haushaltsausschuss sich zu dieser Stellungnahme dem Bundestag gegenüber äußern.
(7) Werden in der zweiten Beratung Änderungen mit finanziellen Auswirkungen von grundsätzlicher Bedeutung oder erheblichem finanziellen Umfang beschlossen, erfolgt die dritte Beratung – nach vorheriger Beratung im Haushaltsausschuss – erst in der zweiten Woche nach der Beschlussfassung.
(8) Berichte des Haushaltsausschusses, die einen Deckungsvorschlag enthalten, können ohne Einhaltung der für die zweite Beratung von Gesetzentwürfen vorgeschriebenen Frist (§ 81 Absatz 1 Satz 2) beraten werden. Für Berichte, die keinen Deckungsvorschlag enthalten, kann die für die zweite Beratung vorgeschriebene Frist weder verkürzt noch aufgehoben werden, es sei denn, dass der Bundestag beschließt, gemäß § 80 Absatz 2 zu verfahren.
Quelle: BMJ
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Übersicht: Abgeordnetenrechte

Öffentliches RechtVerfassungsrechtStaatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

Übersicht über die Rechte der Bundestagsabgeordneten, wie etwa das Antrags-, Rede, Abstimmungs-, Frage-, Auskunfts- und Teilnahmerecht (Art. 38 I 2 GG), aber auch die Statusrechte aus Art. 46 ff. GG.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Freies und effektives Mandat (Art. 38 I 2 GG)
  3. Inhalt
  4. Herleitung
  5. Umfang
  6. Weisungs- und Auftragsfreiheit
  7. Gleichheitsrecht
  8. Assoziationsrecht
  9. Mitwirkungsrechte
  10. Antragsrecht
  11. Rederecht
  12. Abstimmungsrecht
  13. Fragerecht im Parlament
  14. Allgemeine Befragung der Bundesregierung
  15. Aktuelle Stunde
  16. Große Anfrage
  17. Auskunft
  18. Schriftliche Frage
  19. Kleine Anfrage
  20. Teilnahmerecht
  21. Beeinträchtigung
  22. Rechtfertigung
  23. Funktionsfähigkeit des Parlaments (Demokratieprinzip des Art. 20 I, II GG)
  24. Funktionsfähigkeit der Regierung und Gewaltenteilungsprinzip (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 II, III GG)
  25. Abgeordnetenrechte anderer MdBs (Art. 38 I 2 GG)
  26. Zulässig: Fraktionsdisziplin zu gewissen Punkten
  27. Unzulässig: Fraktionszwang
  28. Freiheitlich demokratische Grundordnung (s. Art. 18 S. 1, 20 IV, 21 II GG)
  29. Statusrechte, teilw.: Schutzrechte o. Privilegien
  30. Indemnität (Art. 46 I GG)
  31. Immunität (Art. 46 II GG)
  32. Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 47 S. 1 GG)
  33. Für Bundestagskandidaten: Urlaubsanspruch (Art. 48 I GG)
  34. Behinderungsverbot (Art. 48 II GG)
  35. Anspruch auf angemessene Entschädigung (Art. 48 III GG)

 

Die Rechte der Abgeordneten sind im Grundgesetz nicht explizit festgehalten. Ein Blick in die GOBT (Normen nachfolgend jeweils in Klammer dahinter) kann daher als Gedankenstütze dienen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive lässt sich jedoch alleine aus der Kodifizierung in dieser kein eigenständiges Argument ableiten (bloß verfassungsrechtlich irrelevantes Binnenrecht des Bundestages).

  • In der Klausur wird im Rahmen der Zulässigkeit i.d.R. das Organstreitverfahren (Art. 94 I Nr. 1 GG) – als statthafte Klageart zur Geltendmachung parlamentarischer Rechte gegenüber anderen Verfassungsorganen oder zur Verteidigung dieser Rechte – einschlägig sein.

  • In der Begründetheit empfiehlt es sich in der Regel – in Anlehnung an die Prüfung von Grundrechten – dreistufig zu prüfen: I. Inhalt; II. Beeinträchtigung; III. Rechtfertigung.

 

Freies und effektives Mandat (Art. 38 I 2 GG)

Inhalt

Herleitung

Freies Mandat der Abgeordneten: „…an Aufträge und Weisungen nicht gebunden…“ (Art. 38 I 2 GG).

 

Umfang

Weisungs- und Auftragsfreiheit

Erteilte 'Aufträge und Weisungen' gegenüber Abgeordneten, mit dem Ziel, sie zu bestimmten Handlungen zu verpflichten, verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot i.Sd. § 134 BGB und sind daher nichtig.

 

Gleichheitsrecht

Es herrscht grds. formale Gleichheit aller Abgeordneten. Eine Differenzierung findet grds. nicht statt.

 

Assoziationsrecht

Die Abgeordneten haben grundsätzlich das Recht, sich frei zu Fraktionen zusammenzuschließen und in diesen zu verbleiben. Siehe hierzu ausführlich das Schema Fraktionsausschluss eines Abgeordneten (h.M.: Art. 38 I 2 GG).

 

Mitwirkungsrechte

[Merkwort: Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Rechte ergeben das Merkwort „ARAFAT“.]

Antragsrecht

Grundsätzliches Recht, Anträge (Gesetzentwürfe, Änderungs- und Entschließungsanträge, Beschlussempfehlungen, Berichte, … vgl. § 75 GOBT) zu stellen, über die dann auch beraten und Beschluss gefasst werden muss.

 

Rederecht

Grundsätzliches Rederecht im Plenum und in den Ausschüssen.

 

Abstimmungsrecht

Grundsätzliches Abstimmungsrecht im Plenum und in den Ausschüssen.

 

Fragerecht im Parlament

Allgemeine Befragung der Bundesregierung

In Sitzungswochen entsendet die Bundesregierung Vertreter zu den wöchentlichen Sitzungen (i.d.R. die parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister der Bundesministerien) in den Bundestag, an die die Abgeordneten kurz gefasste Fragen richten können (vgl. §§ 105, 106 II GOBT).

Aktuelle Stunde

Spezifisch vom Parlament anberaumte Aussprache mit der Regierung (i.d.R. die Minister selbst) im Bundestag über ein bestimmtes bezeichnetes Thema von allgemeinem aktuellem Interesse (vgl. § 106 I GOBT).

Große Anfrage

Die große Anfrage kombiniert die kleine Anfrage mit einer aktuellen Stunde. Sie umfasst sowohl einen schriftlichen Fragenkatalog an die Bundesregierung (vgl. § 100 GOBT) als i.d.R. auch eine Aussprache mit jener im Parlament (vgl. § 101 ff. GOBT). Sie muss nach h.M. von mindestens 5% der MdBs gestellt werden (vgl. § 75 I f), 76 GOBT).

Nicht umfasst von Art. 38 I 2 GG ist hingegen die Möglichkeit, bestimmte Mitglieder der Regierung (bestimmte Minister oder den Bundeskanzler) herbeizuzitieren.
Dieses Recht ist in Art. 43 I GG geregelt (Zitierungsrecht) und erfordert nach h.M. einen Mehrheitsbeschluss – zu dem die Opposition in der Regel nicht in der Lage ist – sodass es in der Praxis kaum zur Anwendung kommt.

 

Auskunft

Schriftliche Frage

Recht eines jeden einzelnen Abgeordneten, kurze schriftliche Einzelfragen an die Bundesregierung zu stellen (vgl. § 105 GOBT).

 

Kleine Anfrage

Schriftlicher Fragenkatalog, in dem von der Bundesregierung Auskunft über einen bestimmt bezeichneten Bereich verlangt wird (vgl. § 104 I 1 GOBT). Im Unterschied zur großen Anfrage findet darüber keine Aussprache im Parlament statt (vgl. § 75 III GOBT). Sie muss jedoch nach h.M. ebenfalls von mindestens 5% der MdBs gestellt werden (vgl. § 75 I f), 76 GOBT).

 

Teilnahmerecht

Grundsätzliches Teilnahmerecht im Plenum und in den Ausschüssen.

 

 

 

Beeinträchtigung

Jede Verkürzung einer dieser Rechtspositionen löst eine verfassungsrechtliche Rechtfertigungspflicht aus. Je intensiver der Eingriff, desto gewichtiger müssen die entgegenstehenden Rechtspositionen (C.) sein.

 

 

 

Rechtfertigung

Eingriffe in die Abgeordnetenrechte können, wie alle anderen Eingriffe in verfassungsrechtliche Güter auch, durch kollidierende verfassungsrechtliche Rechtspositionen gerechtfertigt sein. In Frage kommen dabei insb. (jedoch nicht abschließend):

 

Funktionsfähigkeit des Parlaments (Demokratieprinzip des Art. 20 I, II GG)

  • z.B. Mindestquoren für gewisse Anträge (vgl. die 5%-Klausel in § 76 GOBT)
  • z.B. Begrenzungen der Redezeiten bzw. pauschale Verteilung nach Fraktionsgröße (vgl. § 35 GOBT)
  • z.B. Kein Stimmrecht fraktionsloser Abgeordneter in den Ausschüssen (sog. beratende Ausschussmitglieder, vgl. § 57 II 2 GOBT)
  • z.B. Durchbrechung der formalen Gleichheit durch Wahl von Präsidium, Ausschussvorsitzenden u.a.

 

Funktionsfähigkeit der Regierung und Gewaltenteilungsprinzip (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 II, III GG)

  • z.B. Begrenzung des Fragerechts gegenüber der Bundesregierung
  • z.B. Begrenzung des Fragerechts sowie des Auskunftsrechts von Untersuchungsausschüssen im Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung sowie aus Gründen des Staatswohls

 

Abgeordnetenrechte anderer MdBs (Art. 38 I 2 GG)

Zulässig: Fraktionsdisziplin zu gewissen Punkten
  • (pro) Systematik: Art. 21 GG (Recht der politischen Parteien) als Art. 38 I 2 GG entgegenstehendes Verfassungsgut; Wähler richten Wahlentscheidung nach Partei aus (unstrittig bei Zweitstimme)
  • (pro) Historie: Starke parteienstaatliche Prägung des politischen Systems der BRD
Unzulässig: Fraktionszwang
  • Abgrenzung z.T. schwierig
  • Regelmäßig gegeben, bei
    • mehr als nur unverbindlicher Einflussnahme
    • Einsatz von Druckmitteln / Zwangsmaßnahmen

 

Freiheitlich demokratische Grundordnung (s. Art. 18 S. 1, 20 IV, 21 II GG)

z.B. Beobachtung eines Abgeordneten durch Verfassungsschutz zum Schutz freiheitlich demokratischer Grundordnung 

 

 

Statusrechte, teilw.: Schutzrechte o. Privilegien

Indemnität (Art. 46 I GG)

Indemnität = Schutz von Abgeordneten davor, auf Grund einer Abstimmung oder im Bundestag getätigten Äußerungen gerichtlich / dienstlich verfolgt oder anderweitig zur Verantwortung gezogen werden.

  • Gilt nicht für verleumderische Beleidigungen iSd § 187 StGB (Art. 46 I 2 GG)
  • Umfasst zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit

 

Immunität (Art. 46 II GG)

Immunität = Schutz von Abgeordneten davor, ohne vorherige Genehmigung des Bundestages (Aufhebung) auf Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden.

  • Dies gilt nicht, wenn die Verhaftung bei Begehung der Tat oder am Folgetag erfolgt
  • Schutzbereich umschließt Handlungen im und außerhalb des Bundestages sowie Verfahren, die dem Abgeordneten vor Übernahme des Mandats anhingen

 

Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 47 S. 1 GG)

Abgeordnete haben ein Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf Personen und Tatsachen, die ihnen während des Mandats anvertraut wurden. Die Beschlagnahmung von Schriftstücken ist ebenfalls unzulässig.

 

Für Bundestagskandidaten: Urlaubsanspruch (Art. 48 I GG)

 

Behinderungsverbot (Art. 48 II GG)

Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben.

 

Anspruch auf angemessene Entschädigung (Art. 48 III GG)

Abgeordnete haben Anspruch auf eine ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung, die durch das Parlament selbst festgelegt wird und sich zurzeit an den Bezügen eines obersten Bundesrichters orientiert.

 

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