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GG

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.
(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.
(5) Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin tragen Bund und Länder im Verhältnis 65 zu 35. Die Ländergesamtheit trägt solidarisch 35 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten entsprechend ihrer Einwohnerzahl; 65 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten tragen die Länder entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Quelle: BMJ
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LexMea

Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)

Prüfungsschema für das allgemeine Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 I GG, das es dem Staat verbietet, wesentlich Gleiches ungleich oder wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln, sofern hierfür keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung vorliegt.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. (Un-)Gleichbehandlung
  3. Bestimmung der rechtlich relevanten Person/Personengruppe/Situation 
  4. Feststellung der (Un-)Gleichbehandlung
  5. Rechtfertigung 
  6. Verfassungsmäßigkeit des (un)gleich behandelnden Gesetzes
  7. Formelle Verfassungsmäßigkeit
  8. Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
  9. Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
  10. Form: Ausfertigung und Verkündung
  11. Materielle Verfassungsmäßigkeit
  12. Willkürformel 
  13. Verhältnismäßigkeitsprüfung 
  14. Legitimes Differenzierungsziel und -kriterium
  15. Geeignetheit 
  16. Erforderlichkeit
  17. Angemessenheit
  18. Ggf. Verfassungsmäßigkeit des (un)gleich behandelnden Einzelaktes / Urteils

 

  • Zweistufige Prüfung
    Im Unterschied zu den Freiheitsgrundrechten erfolgt die Prüfung von Gleichheitsgrundrechten nicht dreistufig (Schutzbereich, Eingriff, Rechtfertigung), sondern stets zweistufig (Ungleichbehandlung, Rechtfertigung).
  • Konkurrenzen

    • Spezielle Gleichheitssätze
      Sofern die jeweilige Frage inhaltlich durch speziellere Gleichheitsrechte geregelt ist, gehen diese dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG als lex specialis grds. vor . Vorrangig zu prüfen sind daher:
      • Nach h.Lit. die speziellen Gleichheitsrechte aus Art. 3 II, III GG (str. s. Problembox unten)
      • Verbot der Ungleichbehandlung unehelicher Kinder (Art. 6 V GG)
      • Garantie der staatsbürgerlichen Gleichheit, insb. gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 GG)
      • Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 GG)
      • Wahlgleichheit (Art. 38 I 1 GG)
    • Freiheitsgrundrechte
      Die anderen Freiheitsgrundrechte sind neben den Gleichheitsrechten stets parallel anwendbar.

 

In welchem Verhältnis stehen die speziellen Gleichheitssätze (Art. 3 II, III GG) zum allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)?

  • h.Lit: Die speziellen Gleichheitssätze der Art. 3 II, III GG verdrängen als eigenständige Grundrechte den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG als lex specialis.
    → Im Aufbau werden zunächst die speziellen Gewährleistungen der Art. 3 II, III GG als eigenständige Grundrechte angeprüft und bei Ablehnung ggf. der allg. Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG als eigenständiges Grundrecht geprüft.

  • a.A. BVerfG: Nach Ansicht des BVerfG sind Art. 3 II und III GG hingegen keine eigenständigen Grundrechte, sondern Konkretisierungen des Art. 3 I GG, die i.R.d. Rechtfertigung der Prüfung nach Art. 3 I GG von Bedeutung sind.
    → Im Aufbau wird ein einheitliches Grundrecht aus Art. 3 GG geprüft und in der Rechtfertigung nach Art der Ungleichbehandlung differenziert.

 

(Un-)Gleichbehandlung

Bestimmung der rechtlich relevanten Person/Personengruppe/Situation 

Zunächst wird untersucht, ob es sich bei den verglichenen Personen / Personengruppen / Situation um wesentlich Gleiches oder Ungleiches handelt.

Hierzu wird ein gemeinsamer Oberbegriff (tertium comparationis) für beide gebildet.

Beispiel: Bürger A zahlt für den Kauf eines Grundstücks in Hannover mehr Grunderwerbssteuer als Bürger B in Braunschweig; Gemeinsamer Oberbegriff: Grundstückskäufer 

 

Feststellung der (Un-)Gleichbehandlung

Sodann wird festgestellt, ob bei wesentlich Gleichem eine Ungleichbehandlung vorliegt bzw. ob bei wesentlich Ungleichem eine Gleichbehandlung vorliegt. 

Die (Un-)Gleichbehandlung muss jeweils durch denselben Hoheitsträger erfolgen. 
Beispiel: Grunderwerbssteuer in Hannover und Braunschweig, jeweils durch das Land Niedersachsen; Nicht: Grunderwerbssteuer in Hannover und Stuttgart durch unterschiedliche Länder

Umfasst Art. 3 I GG Inländerdiskriminierungen beim Vergleich EU-Bürger/Inländer?

Beispiel: In Deutschland muss Margarine anders verpackt werden als Butter, um Verbraucher nicht zu verwirren. Wegen der EU-Warenverkehrsfreiheit gilt dies jedoch nicht für ausländische Margarine-Hersteller.

  • h.M.: (-) Keine Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger (EU und BRD)

  • a.A.: (+) Zuordnung der EU-Warenverkehrsfreiheit zur BRD, sodass die Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger erfolgt 

 

 

Rechtfertigung 

Es handelt sich beim allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG um kein striktes Differenzierungsverbot. (Un-)Gleichbehandlungen können gerechtfertigt sein.

Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu Art. 3 III GG, der ein Differenzierungsverbot aufgrund der dort aufgeführten Merkmale enthält und sonst überflüssig wäre.

Verfassungsmäßigkeit des (un)gleich behandelnden Gesetzes

Formelle Verfassungsmäßigkeit

→ Ausführlich hierzu das Prüfungsschema Gesetzgebungsverfahren.

Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung

 

Materielle Verfassungsmäßigkeit

Welcher Rechtfertigungsmaßstab ist i.R.d. Art. 3 I GG anzuwenden? 

Die Rechtsprechung der letzten Jahre ist diesbezüglich nicht einheitlich und befindet sich im Wandel.

  • e.A. (alt, heute kaum mehr vertreten): Stets lediglich Willkürkontrolle ('Willkürformel')
    Willkürformel: Die Differenzierung darf (nur) nicht willkürlich sein, d.h. es muss einen sachlich / sachbezogen einleuchtenden Grund für sie geben. Andersherum ausgedrückt ist die Ungleichbehandlung willkürlich, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.

  • a.A.: Stets Verhältnismäßigkeitsprüfung ('neue Formel')

    Eine Gruppe darf im Vergleich zu einer anderen Gruppe nicht anders behandelt werden, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. In der Prüfung bedeutet dies eine Verhältnismäßigkeitsprüfung.

  • h.M. (BVerfG heute): Nicht abstrakte, feste, sondern individuelle, stufenlose Maßstabsbildung zwischen lediglich Anwendung der Willkürformel bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung je nach Intensität der Ungleichbehandlung ('Stufenlos-Formel')
    Die Maßstabsbildung erfolgt im Sinne eines stufenlosen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes individuell und richtet sich nach der Intensität der Ungleichbehandlung. Der mögliche Maßstab reicht somit von der bloßen Anwendung der Willkürformel bei Ungleichbehandlungen von geringer Intensität bis hin zu einer vollumfänglichen Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Ungleichbehandlungen mit größerer Intensität.

 

Folgt man der h.M., lassen sich folgende Indizien zur Bestimmung der Intensität und somit des Maßstabes heranziehen:

 

Geringe Intensität

Willkürformel

Größere Intensität

Verhältnismäßigkeit

Personelle Auswirkung

Sachliche / sachbezogene Ungleichbehandlung

Personelle / personenbezogene Ungleichbehandlung

Beeinflussbarkeit

Betroffener kann Kriterium beeinflussen

Betroffener kann Kriterium nicht beeinflussen

Differenzierungskriterium

Neutrales Kriterium

Kriterium ähnelt jenen des Art. 3 III GG

Auswirkung auf Wahrnehmung anderer Grundrechte

Geringe Auswirkung

Größere Auswirkung

Beispiel für Ungleichbehandlung geringer Intensität: Bereich der Leistungsverwaltung, wie insb. Subventionen für best. Vorhaben

 

Willkürformel 

Willkürformel = Die Ungleichbehandlung ist willkürlich, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.

Andersherum ausgedrückt, muss zur Rechtfertigung lediglich irgendein sachlich / sachbezogen, einleuchtender Grund vorliegen.

 

Verhältnismäßigkeitsprüfung 
Legitimes Differenzierungsziel und -kriterium

Differenzierungsziel und -kriterium müssen verfassungsrechtlich legitim sein.

Geeignetheit 

Die (Un-)Gleichbehandlung muss geeignet sein, das Ziel zu erreichen.

Erforderlichkeit

Es darf kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels geben.

Angemessenheit

Die Intensität der (Un-)Gleichbehandlung muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der (Un-)Gleichbehandlung verfolgten Ziel stehen.

 

Ggf. Verfassungsmäßigkeit des (un)gleich behandelnden Einzelaktes / Urteils

 

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